Plague Town
Originaltitel: Plague Town
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: David Gregory
Darsteller: Josslyn DeCrosta, Erica Rhodes, David Lombard, Lindsay Goranson, James Warke, Catherine McMorrow, Elizabeth Bove, Michael Donaldson, Daniel Martin Berkey u.a.
David Gregory war bisher eher als Chronist des Horrorfilmes bekannt und hat im Zuge dessen Bücher zum Thema verfasst und war an Dokumentationen und Making Ofs zu Genrefilmen beteiligt. Dabei schien in ihm auch der Wunsch zu wachsen, Angelesenes und autodidaktisch zum Thema Gelerntes anzuwenden. Die Folge: Plague Town, sein wirklich hochinteressantes Langfilmregiedebüt, in dem er beweist, dass er die Regeln des Genres verstanden hat und hervorragend bedienen kann.
Im Ergebnis dieser Bemühungen geht es um die amerikanische Kleinfamilie Monahan. Diese ist unterwegs in Irland und versucht Risse im Familienidyll zu kitten. Sowohl der Vater als auch die Stiefmutter bekommen die beiden Töchter im Teenageralter nicht unter Kontrolle. Die eine wendet sich nach außen hin in Richtung Emo / Gothic (ich habe die beiden Strömungen vereint, wie pöse ;-) ) und kapselt sich von der Familie ab, die andere nagelt alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Inwiefern da ein Familienausflug etwas richten kann ... man weiß es nicht. Auf jeden Fall verpasst die mittels öffentlicher Verkehrsmittel reisende Familie einen Anschlussbus und sitzt auf einmal in der irischen Einöde fest. Kurz vor Einbruch des Abends will man noch eine Schlafstelle aufgetan haben, unterschätzt aber die Weitläufigkeit der irischen Insel. Alles was man findet, ist ein verlassen am Wegesrand parkendes, französisches Auto. Man beschließt, darin die Nacht zu verbringen. Irgendwann beschließt Robin, ein Engländer, den man unterwegs aufgegabelt hat und der der promiskuitiven Teenagerin ins Netz ging, der Familie ein festes Dach über dem Kopf zu besorgen. Gemeinsam mit seiner „großen“ Liebe bricht er auf und gemeinsam tut man einen irischen Einsiedler auf. Dieser schießt Robin das halbe Gesicht weg und Plague Town startet durch ...
Allerdings hat nun die eigentliche Geschichte hinter dem Film komplett Pause und die narrative Struktur des Filmes mutiert zu einem Flickenteppich aus verschiedenen, höchst effektiven Terrorszenarien. Diese reichen von herzhaften, effektiven, etwas amateurig aussehenden, dabei aber höchst intensiv nachwirkenden Splattereinlagen über Sequenzen purer Orientierungslosigkeit und Angst bis zu märchenhaft schön anmutenden Einlagen um eine sphärische Schönheit namens Rosemarie. Diese Sequenzen haben allesamt eines gemeinsam: Sie wissen allesamt nachhaltig zu verstören. Wollte man handlungstechnisch umschreiben, was passiert, müsste man von missgebildeten Kindern berichten, die Jagd auf die Touristenfamilie machen, ohne dass sich dafür ein wirklicher Grund erkennen ließe. Einer nach dem anderen beißt ins Gras, steht wieder auf, wird erneut gemeuchelt und irgendwann weiß man gar nicht mehr, was eigentlich erzählt werden soll. Dafür greifen eben die bereits erwähnten Terrorszenen gar formidabel. Und obwohl Schmalhans Küchenchef war und man dem Film in so gut wie jeder Einstellung ansieht, dass er nichts kosten durfte, ist die Wirkung erstaunlich. Die Kamera wackelt, reißt dem Zuschauer den Boden unter den Füßen weg, die Einstellungen geraten frisch und innovativ und der etwas verwaschen wirkende Videolook macht das Gefühl der Beklemmung und Orientierungslosigkeit (sowohl der Akteure, was die Lokalitäten angeht, als auch des Zuschauers, der bei der kryptischen Handlungsführung nicht mehr mitkommt) perfekt und gereicht dem Film immer zum Vorteil.
In den letzten zehn Minuten fällt David Gregory wieder ein, dass er dem Zuschauer noch ein paar Erklärungen schuldig ist und er beginnt wieder mit dem Storytelling. Dabei entzaubert er definitiv ein paar der handlungstechnischen Rätsel, klärt aber letztlich nicht alles auf und überlässt der Phantasie des Zuschauers das Zusammenreimen des großen Ganzen. Dann schießt er einen nett aussichtlosen Showdown aus der Hüfte, hängt eine den Film trefflich abrundende, ebenfalls offene, definitiv in Richtung Unhappy Ending tendierende Schlusssequenz an und lässt einen Zuschauer zurück, der erst einmal kräftig durchschnaufen muss.
Zu perfekt griffen vor allem im Mittelteil die Terrorsequenzen ineinander. Zu gelungen geriet die sparsame, aber ungemein effektive technische Umsetzung. Zu stark war der unheimlich dräuende Soundtrack und zu nihilistisch wird die ganze Chose insgesamt dargereicht. Klar, das Genre erfindet Gregory mit seinem unheimlichen und beunruhigenden Streifen definitiv nicht neu, die Darsteller sind nicht in allen Belangen wirklich souverän, die im Raum hängenden Fragezeichen werden nicht jedem gefallen und etwas mehr involvierende Charakterzeichnung hätte dem Film gut getan. Aber alleine die Tatsache, dass man im Mittelteil doch extrem mit den Charakteren mit leidet, obwohl sie einem ungemein fremd erscheinen, zeigt nur, dass hier einiges absolut richtig gemacht wurde. Gerade für Fans von Streifen wie The Texas Chainsaw Massacre oder The Hills Have Eyes ganz sicher eine interessante Abwechslung zur derzeit grassierenden, immer beliebiger und langweiliger geratenden Schwemme an Nachahmern.
Die deutsche DVD kommt von Splendid Home Entertainment, ist mit einer FSK 18 uncut, was angesichts der frappierenden Splattereinlagen verwundert, und kann aufgrund des Ausgangsmaterials im technischen Bereich nicht wirklich punkten. Die DVD kann beispielsweise hier erworben werden.
In diesem Sinne:
freeman
Plague Town
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