
Originaltitel: Ip Man
Produktionsjahr: 2008
Herstellungsland: Hongkong
Regie: Wilson Yip
Darsteller: Donnie Yen, Simon Yam
Anno 2005 drehte der bis dato unbekannte Regisseur Wilson Yip (unbekannt für mich jedenfalls ;-) )sein extrem mitreißendes Action-Brett Sha Po Long (aka Killzone). Die Zutaten waren u.a. eine sauber durchdachte Story, überzeugende Darsteller und Fights, bei denen einem das Wasser im Munde zusammen floss. Außerdem öffnete dieser Film (zumindest für mich) meine Augen für einen Martial-Arts-Star der mir bis dato doch recht unbekannt war und nur als kleiner Ableger von Blade im 1. Sequel des Vampir-Jägers im Gedächtnis blieb – Donnie Yen. Ein Mann der genauso viele Gesichtsausdrücke besitzt wie ein Chuck Norris oder ein Steven Seagal und auch schon nicht mehr zur jüngeren Garde zählt. Aber seine Darstellung und seine Fähigkeiten zu kämpfen haben mich vollends überzeugt, so dass ich mich auf den nächsten Streifen (Flash Point) wahrlich freute – und auch hier wurde ich nicht enttäuscht. Und welcher Name tauchte auch bei diesem Film wieder auf? Genau Wilson Yip.
Es folgte eine 3. Zusammenarbeit der beiden in einem Film, der ein wenig gewöhnungsbedürftig war und in welchem Donnie Yen diesmal mehr Raum für seine jüngeren Kollegen einräumte und er sich doch etwas zurückhielt – Dragon Tiger Gate. Dieser Film war nun nicht gerade das Highlight von den 3 Streifen, war aber doch spaßig anzuschauen.
Anno 2008 kam es zu einer erneuten Vereinigung der beiden Männer und die Trailer im Internet versprachen ein kleines Meisterwerk in Zeiten in denen Martial-Arts-Filme förmlich aus dem Boden hinaus gestampft werden, seit ein kleiner Thailänder das Licht der Filmwelt erblickte.
Je näher der Termin zur Veröffentlichung heran rückte, umso mehr hab ich mich mit der Thematik des Filmes vertraut gemacht – und hab mich gefreut wie Bolle. Es sollte ein Biopic sein. Über eine Martial-Arts-Legende. Mit Drama Elementen. Und vielen Fights.
Dieses Konstrukt gab es doch schon ein paar Jahre vorher und das Resultat dieses Filmes (Fearless) war phänomenal. Die einzige Sache ist nur – (wie gesagt) Donnie Yens schauspielerische Fähigkeiten sind recht begrenzt. Aber gut – egal, Jet Li ist auch kein Marlon Brando und sein Beitrag war trotzdem genial.
Um was geht es nun beim vorliegenden Film – genau, da es ein Biopic ist und der Film „Ip Man“ heißt, wird es dann wohl um diesen gehen. Aber nur – wer ist das? Noch nie gehört. Und wäre meine Neugierde nicht so groß gewesen und hätte zudem das Cover der DVD es nicht schon verraten, wäre ich beim Abspann umso erstaunter gewesen. Denn Ip Man war der Trainer eines gewissen Bruce Lee, Gründer des Jeet Kun Do. Um es anders auszudrücken – die Legende Bruce Lee wurde durch eine andere Legende ausgebildet. Der Kreis schließt sich. Alles hat seinen Anfang. Und auch wenn Ip Man das Wing Chun nicht erfunden hat, so gilt er als Großmeister dieser Kampfsport-Art und hat es quasi berühmt gemacht. Denn Wing Chun galt damals als eine Verteidigungsvariante für Frauen.
Interessant also. Das einzige Problem eines Biopics besteht jedoch noch darin, dass das Leben um der Person oft verfälscht wird, die Darsteller nicht glaubhaft rüberkommen bzw. gar keine Bindung mit ihrem Charakter haben. Punkte, die einen vielleicht doch etwas Zweifel aufkommen lassen könnten. Aber da wir uns Männer eh nicht zu viele Gedanken machen, wird die DVD in den Player reingeschmissen und los geht’s…
“If wealth and honor do not dissipate you, poverty and low status do not make you move from your principles, authority and might do not distort you, then you can be called a great man.”
Der Film spielt in den 40-er Jahren in Foshan, China, während der japanischen Belagerung. Es ist die letzte große Zeit der Kung-Fu-Schulen und alter Werte wie Freundschaft, Loyalität, Familie und Ehre.
Ip Man lebt mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn zurückgezogen in einer doch recht prunkvollen Residenz. Ihm widerstrebt es Schüler auszubilden und trainiert lieber für sich allein. Er ist sehr ehrenhaft, stets freundlich, besonnen und hilfsbereit. Zum Anfang des Filmes „stört“ der Meister des neueröffneten Liu Fist Clubs das Essen im Kreise der Familie und bittet um einen Sparringskampf mit Ip Man, da er in der Stadt gehört hat, dass dieser ein exzellenter Meister des Wing Chun sei. Sehr angetan von diesem Wunsch ist Ip Man nicht – schickt ihn aber dennoch nicht weg, sondern bitte ihn rein und lässt ihn dann sogar mit am Tisch der Familie mit essen. Danach folgt ein erster Martial-Arts-Eye-Candy der Güteklasse A. Ip Man besiegt seinen Gegner klar und deutlich – nur schlägt er nicht zu, sondern täuscht nur an! Rasend schnell und unglaublich choreographiert, so dass dieser „Fight“ einfach nur noch Lust auf mehr macht.
Gut eine viertel Stunde später kommt es zum ersten großen Kampf. Ein Kämpfer namens Jin kommt nach Foshan um mit den großen Meistern der verschiedenen Kung-Fu-Schulen zu üben. Natürlich bleibt es nicht dabei, sondern er besiegt sie in toll choreographierten Kämpfen und macht sich anschließend über diese lustig. Als er hört, dass es einen unbesiegbaren Wing-Chun-Meister in der Stadt gibt, möchte er sich auch mit diesem Messen und begibt sich zur Residenz.
Ip Man ist natürlich nicht begeistert als Jin an seiner Tür klopft, auch gerade deshalb, da seine Frau ihm verboten hat zu kämpfen und sich mehr um seinen Sohn kümmern soll. Aber nicht nur Jin steht in seinem Haus, sondern so ziemlich die halbe Stadt will sich das nicht entgehen lassen. Als dann der Kämpfer das gesamte Volk von Foshan verpönt und Ip Man als einen feigen Mann bezeichnet, der unter den Pantoffeln seiner Frau steht drehte diese sich von Ip Man mit folgenden Worten weg: „Don’t break my things“. Dieser Satz erinnerte mich an den 2. Rocky-Film als Adrian nach der Geburt im Krankenhaus liegt und Rocky mit den Worten „Just do me one favour – Win!“ von der Leine lässt, schlägt mein Kämpferherz wie afrikanische Trommeln und mein Grinsen wird immer größer.
„Dad, Mum said if you don’t start fighting everything in the house will be broken.”
Zum Anfang des Kampfes verteidigt sich Ip Man “nur” – und einige Sachen gehen dann doch zu Bruch. Als dann der kleine Kirps auf seinem Dreirad an Ip Man mit o.g. Worten vorbeifährt ist die Leine auch bei diesem Los und der Meister zeigt was er wirklich draufhat. Ich möchte nicht zu viel auf die Kämpfe eingehen, aber jeder der sich diesen Film ansieht, versteht was ich meine, wenn ich sage – Donnie Yen rockt wie nie zuvor! Anscheinend ist der Mann selber ein Meister des Wing Chun.
Nach der Belagerung der japanischen Truppen beginnt der dramatische Teil des Filmes. Armut und Leid stehen an der Tagesordnung. Angesehene Kung-Fu-Meister müssen ihre Schulen schließen und selbst auch wie jeder andere Mitbürger Foshans für einen Sack Reis hart arbeiten, betteln oder sämtliche Sachen verkaufen. Eine Zeit in der Schusswaffen schneller zum Einsatz kommen als man mit den Augen zwinkern kann – eine Zeit, in der sämtliche o.g. Werte anscheinend nicht mehr existieren und es nur ums nackte Überleben geht.
Auch ein Ip Man zieht in eine kleine Hinterhof-Wohnung, muss sich um seine kranke Frau kümmern und sein letztes Hab und Gut verscherbeln. Als dann nichts mehr da ist, zieht er schweren Herzens los und sucht sich Arbeit. Und in Zeiten wie diesen ist es auch für einen ehemals hoch angesehenen Meister nicht leicht Beschäftigung zu finden – wenn da nicht ein Besitzer eines Kohle-Werkes ihn erkennt und ihn mitnimmt. Dort angekommen findet er auch viele alte Bekannte Gesichter wieder – wie z.b. der Meister des Liu Fist Clubs.
Eines Tages erscheint ein Jeep der japanischen Armee und neben den Soldaten steigt auch der ehemalige Polizist Foshans mit aus – Verräter gibt’s halt überall ;-) . Ein japanischer General namens Miura hat gehört, dass es in Foshan viele Meister des chinesischen Kung Fu gab und möchte das natürlich sehen. Deshalb bietet er jedem an einen Sack Reis zu gewinnen, wenn er gegen einen Japaner antritt und gewinnt. Da die Armut wie schon gesagt sehr groß ist, klingt dieses Angebot für einige sehr verlockend, weshalb dann auch ein Freund Ip Mans mitfährt.
Dort angekommen können die Freiwilligen sehen, dass der Meister des Liu Fist Club 3 Gegner besiegt hat und dafür auch wirklich 3 Säcke Reis bekommt. Anschließend möchte der General selber gegen 3 chinesische Meister kämpfen, was in einem Kampf mündet der auch wieder auf hohem Niveau choreographiert wurde und man denkt „Wow diese kleine Kampfsau ist mir noch nie aufgefallen, behalt ich aber im Auge…“. Ums kurz zu machen – der Kumpel von Ip Man wird im Kampf getötet.
„Everyone has to make their own choices…“
Am folgenden Tag wundert sich Ip Man wieso sein Freund nicht bei der Arbeit ist – und als die japanischen Soldaten wieder einreiten fährt er schließlich mit, um zu erfahren was passiert ist. Man sieht wieder wie der Meister des Liu Fist Club gegen 3 Gegner antritt – diesmal gleichzeitig. Dieses Mal wird er jedoch übel zugerichtet und nach dem Kampf auf der Matte vom kleinen Handlanger des General Miura erschossen – unehrenhaft, feige und sinnlos. Das sieht sogar der General so und warnt ihn, dass wenn er noch einmal dieWaffe in der Arena zieht, er selber sterben wird. Alte Werte gibt es anscheinend doch noch.
Danach folgt ein Highlight wie es im Buche steht – Ip Man will nun auch kämpfen – gegen 10 Gegner gleichzeitig!!! Und diese haben keine Chance! Es werden Arme ausgekugelt, Beine gebrochen und einem Gegner wird quasi der Brustkorb und einem Anderen der Kopf so schnell und gnadenlos förmlich weich geklopft, wie man es normalerweise mit einem Stück Schnitzel macht!
An dieser Stelle möchte ich nun nicht mehr weiter auf die Story eingehen um ganz einfach nicht alles vorwegzunehmen – nur so viel: Jeder, aber wirklich jeder Kampf in diesem Film hat seine volle Berechtigung! Die Fights wurden nicht sinnlos eingefügt, sondern passen einfach zu der Situation. Und auch wurde der Film nicht um die Fights herumgesponnen, sondern es passt einfach wirklich zusammen! Im Grunde läuft es „nur noch“ auf den Kampf zwischen dem General und Ip Man hinaus, nebenbei gibt es noch eine Nebenstory, die aber ebenfalls seine volle Berechtigung hat, so dass die Laufzeit von 106 Minuten nie langweilig wird und sich ruhige, dramatische Momente mit knallvollen Kämpfen abwechseln.
Das Leben von Ip Man während seiner Zeit wird würdig dargestellt. Er eröffnet seine erste Schule und lehrt den Bewohnern, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss und für seine Freiheit förmlich kämpfen soll. Klingt beim Lesen etwas platt – wird aber doch sehr episch dargestellt.
Die Darsteller überzeugen vollends. Keiner overactet wie man so schön sagt und jeder füllt seine Rolle mit Leben. Und auch die Skepsis, die ich hatte, dass Donnie Yen etwas blass wirken könnte, wurden bereits nach den ersten 5 Minuten quasi zerstört. Die Rolle des ehrenhaften Ip Man passt einfach zu ihm, ich könnte mir keinen anderen Schauspieler vorstellen und wenn man genau hinschaut erkennt man doch einige Übereinstimmungen im Aussehen ;-). Was mich nach der Sichtung des Making Of mehr als nur verwunderte – Donnie Yen hat nie Wing Chun trainiert, er wusste nicht einmal so wirklich wer Ip Man ist, sondern hat die Rolle übernommen, weil er ein großer Fan von Bruce Lee ist! Erst zur Vorbereitung auf die Dreharbeiten hat er bei Wing-Chun Meistern trainiert – und zwar beim ältesten Sohn von Ip Man höchstpersönlich. Dieser stand dem Team auch jederzeit zur Seite und nach dem Training sagt er selber, dass es erstaunlich ist, was Donnie Yen im Martial-Arts-Bereich in so kurzer Zeit gelernt hat (er beherrscht alle 108 Techniken am Wooden Man Dummy perfekt!). Die nächste Überraschung kommt mit General Miura – bzw. dem Schauspieler. Warum er nie aufgefallen ist? ER KONNTE KEIN MARTIAL-ARTS! Er hat alles gelernt bzw. lernen müssen! Von beiden Darstellern eine großartige Leistung vor der ich meinen imaginären Hut ziehe.
Und nun noch einmal zum Herzstück des Filmes – die Kämpfe! Nicht unnötig brutal, aber eine nötige Härte ist vorhanden. Die verschiedenen Kampfstile der Gegner werden wunderschön hervorgehoben. Kein Kampf wurde einfach nur hineingequetscht. Kein Kampf gleicht dem Anderen. Um der ganzen Sache die Krone aufzusetzen, wurden die großartigen Kämpfe von keinem anderen als Sammo Hung choreographiert – selbst ein Kenner des Wing-Chun-Faches! Ihm ist es zu verdanken, dass wirklich jeder Kampf anders wirkt und keine Langeweile aufkommt! Um die Sache abzurunden wurde Wirework nur spärlich eingesetzt und fällt nicht weiter auf. In Zeiten von Tony Jaa und co. nicht überraschend, aber was diesen Film von Tony Jaa’s unterscheidet ist der Fakt, dass die Kämpfe nie sinnlos in die Länge gezogen werden und das keine Horden von Gegnern nach und nach ins Bild gerannt kommt. Versteht mich nicht falsch – ich liebe „Revenge of the Warrior“, aber dieser angesprochene Realismus beflügelt doch irgendwie mein Herz.
Die Kostüme und das Setting passen einfach in den Film, so dass man sich in die damalige Zeit wunderschön zurückversetzen kann. Zum Anfang sind die Farben noch sehr hell und strahlend gehalten, als Anekdote, dass damals noch wirklich alles gut war. Nach der Belagerung wirkt alles sehr trist und grau um der Armut und dem Elend noch mehr Aussagekraft zu verleihen. Und auch die Musik leistet seinen perfekten Anteil zum Film. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Punkt. Aus. Ende.
Ob sich alles so abgespielt hat, kann ich nicht sagen. Die Biographie von Ip Man blendet fast seine Zeit in Foshan aus. Laut Regisseur Wilson Yip ist es bewiesen, dass Ip Man einen japanischen General besiegt hat. Da Ip Ching (Ip Mans ältester Sohn) als Begleiter zur Verfügung stand, gehe ich davon aus, dass das Leben von seinem Vater ihm entsprechend umgesetzt wurde. Die Aussage des Filmes kommt auf eindringliche Art und Weise gut rüber: Werte wie Familie, Freundschaft, Loyalität und Ehre müssen aufrecht erhalten bleiben. Kämpfe für deine Freiheit – sei es wirklich Hand-To-Hand oder „nur“ durch deine Taten. Jeder muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Lauf nicht weg und keinem nach, sondern tu was du für richtig hälst.
Fazit:
Was soll ich sagen? Die 4. Zusammenarbeit von Wilson Yip und Donnie Yen ist das bisher beste Ergebnis des Duos! Ein Film, welcher dem wahren Ip Man einfach nur gerecht wird. Liest man sich das Buch „Ip Man – Protrait of a Kung-Fu Master“ (geschrieben von Ip Ching, dem ältesten Sohn) durch, erkennt man letztendlich die große Hürde, die die beiden bewältigt haben. Ip Man war ein großer Mann, ein großer Kämpfer, einfach eine Legende!
Ich glaube man merkt mir an, dass dieser Film für mich jedenfalls einfach nur grandios ist - deshalb gibts auch volle

In Deutschland erscheint der Film erst noch und wird mit FSK 18 in der Ofdb gelistet. In Großbritannien gibt es eine 2-Disc-Special-Edition mit englischer Tonspur und reichlich Bonusmaterial. Das Bild ist nahezu perfekt und auch der Ton ist super abgestimmt.
Außerdem erscheint ein 2. Teil nächsten Jahr – was auch einfach nur logisch ist, denn das eigentliche Schaffen von Ip Man begann in Hong-Kong nach seiner Foshan-Zeit. Und worauf sich jeder Freund des Filmes freuen darf – es wird ein Kampf zwischen Donnie Yen und Sammo Hung geben. Wir dürfen gespannt sein!
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freeman ist Meister des Wing Chun:
Ip Man
In Foshan, einer Stadt auf dem chinesischen Festland, kommen alle Meister der verschiedensten Kampfsportarten zusammen, um hier ihre Schulen aufzubauen und ihre Kenntnisse weiterzugeben. So wird die Stadt alsbald zum Zentrum der chinesischen Kampfkunst. In der Stadt lebt auch Ip Man, der vermutlich größte Wing Chun Meister aller Zeiten. Doch er betreibt „seinen“ Sport mehr oder weniger nur, um sich selbst fit zu halten, an eine Karriere als Lehrmeister denkt er nicht im Geringsten. Dennoch wird er von allen Meistern geachtet und hofiert. Doch dann greifen die Japaner China an und besetzen das Land. Ip Man wird aus seinem Haus vertrieben und lebt fortan - wie das Gros der Chinesen - in tiefstem Elend. Als er sieht, was die Besatzer mit seinen Landsleuten alles anstellen, beginnt Ip Man, der sich vorher aus allem heraushielt, umzudenken. Er lehrt „seinen“ Leuten die chinesischen Kampfkünste und gibt ihnen Hoffnung, gegen die Besatzer zu bestehen. Als Höhepunkt stellt er sich selbst dem größten Karatemeister der japanischen Armee ...
Ip Man erzählt alles andere als eine neue Story. Die Chinesen haben nämlich schon einige Filme umgesetzt, die allesamt die gleiche Story von den ruchlosen Besatzern (Kolonialherren, Japaner, ...) erzählen, die das Land knechten und ausbeuten und denen man nur Herr werden kann, indem man ihnen mit den traditionellen Kampfkünsten begegnet und die Besatzer damit auf Gebieten düpiert, in denen sie selbst meinen, die ultimativen Könner zu sein. Dies war schon Thema in „Once upon a Time in China“, aber auch in neueren Streifen wie „Fist of Legend“ oder „Fearless“. Dass Filmen mit diesem Thema ein stärkerer Patriotismus eigen ist, dürfte dabei nicht verwundern, fällt aber hier und da auch in Ip Man etwas negativ auf. Erstaunlicherweise wird in Ip Man aber ausgerechnet der Chef der bösen Japaner sehr interessant (weil menschlich und ehrenhaft) gezeichnet.
Ein weiterer negativer Punkt, der am Storytelling von Ip Man auffällt, ist, dass man erstaunlich wenig über die Figur Ip Man selbst erfährt. Zwar hakt der Film diverse Stationen im Leben des später als Lehrer von Bruce Lee berühmt gewordenen Kampfsportmeisters ab, blendet aber dessen Motive und Beweggründe für seinen Lebensstil weitgehend aus. Auch sein Verhältnis zu seiner Familie wird nur oberflächlich angerissen und zu keinem echten Ende gebracht. Obendrein erscheint Ip Man als perfekter Mensch, der keinerlei echte Ecken und Kanten gehabt zu haben scheint und auch nur bedingt an sich selbst zu zweifeln schien. Die Folge ist das Gefühl, einer doch extrem stark idealisierten Biographie zuzuschauen, die die Geschichte doch arg beschönigt.
ABER – und damit zu des Pudels Kern – schon Filme wie „Der Patriot“ von Roland Emmerich oder Mel Gibsons „Braveheart“ haben hinlänglich bewiesen, dass derartige Geschichtsbeschönigungen nicht zwingend einen schlechten Film zur Folge haben müssen. Ganz im Gegenteil, sind es doch gerade eben genannte Filme, die trotz etwas oberflächlicher Herangehensweise an ihre Figuren ungemein mitreißen und den Zuschauer bis ins Mark involvieren. Und genau dieses Kunststück gelingt auch Ip Man, bei dem man am Ende komplett geschafft im Fernsehsessel in sich zusammensackt, weil man gerade 100 Minuten vor der Glotze mitgefightet und mitgefiebert hat.
Das liegt samt und sonders am Kill Zone Dreamteam Wilson Yip (Regie), Simon Yam und Donnie Yen (Hauptdarsteller) und Sammo Hung (Actionregie). Jeder (abgesehen vom etwas zu passiv aufgestellten Simon Yam) leistet erneut großartiges für das Gelingen des gemeinsamen Filmprojektes. Wilson Yip für seinen Teil inszeniert sehr straff und schnell und findet nach einem etwas belanglos anmutenden Einstieg genau den richtigen Ton, um die Zustände deutlich zu dramatisieren und seinem Film ordentlich Spannung einzuhauchen. Auch optisch findet Yip genau die richtigen Bilder, um vom glücklichen Leben vor der Besatzung (deutlich farbigere Bildkompositionen) zum Elend unter japanischer Herrschaft (farbentzogene, fast schwarz weiß anmutende Bilder) überzublenden. Obendrein hat er ein fantastisches Gespür für die optimale Platzierung der sehr häufig auf den Zuschauer niedergehenden Kampfsporteinlagen, die sich im Laufe des Filmes auch deutlich im Ton verschieben und ordentlich an Härte zulegen.
Diese Actionszenen wurden samt und sonders von Sammo Hung inszeniert, der hier wahrhaft meisterliche Szenen vollkommener Körperbeherrschung abfeuert und immer genau das richtige Maß für die gebotene Härte, den Grad an spektakulären Aktionen und die Länge der Fights hat, denn in Ip Man wird extrem unvorhersehbar zwischen knackig kurzen, extrem effektiven Fights und verspielten, fast schon poetisch schön anmutenden Kampfszenen hin und her gewechselt. Optisch ist seine Actioninszenierung dann wirklich über alle Zweifel erhaben. So ungemein dynamische Fights hat man lange nicht mehr so edel bebildert auf der Leinwand gesehen. Obendrein verzichtet Sammo Hung recht häufig auf das in China in letzter Zeit etwas inflationär zum Einsatz kommende Wirework und optische Spielereien wie megaedle Zeitlupen flicht er spektakulär ins wilde Kampfsporttreiben ein.
Dabei kann er sich vor allem auf den Hauptdarsteller Donnie Yen voll und ganz verlassen. Dieser tritt hier vollkommen uneitel hinter die Figur des Ip Man zurück. So gibt es beispielsweise in seinen formvollendeten Fighteinlagen keine einzige seiner typischen Donnie Yen Manierismen. Dementsprechend sucht man den Dropkick sowie diverse Highflykicks vollkommen vergebens. Yen stellte für den Film alles auf die fließende Wing Chun Kampfsportart um und wirkte in noch keinem seiner Kampfsportfilme so grazil und anmutig wie in diesem Film. Dafür hat er sichtlich auch Muskeln abtrainiert, wirkt er teilweise doch richtiggehend hager. Aber es hat sich gelohnt. Denn seine Actionszenen stellen aktuell auch das so gefeierte Actionkino aus Thailand mühelos in den Schatten. Alleine sein irrer Kampf gegen zehn Karatekas, bei dem er nicht ein einziges Mal getroffen wird!!!, legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Vom knackig kurzen, genial choreographierten Schlussfight ganz zu schweigen.
Darstellerisch kommt Yen die Tatsache entgegen, dass man eben von Ip Man als Menschen nicht so viel erfährt. So muss der Darsteller, der niemals zur Creme de la Creme der darstellenden Zunft gehören wird, „nur“ sein über die Jahre angehäuftes und ihm vor allem in den letzten Jahren förmlich zufliegendes Charisma wirken lassen, um Ip Man für den Zuschauer funktionieren zu lassen. Und dies klappt gar prächtig. Die anderen Darsteller in Ip Man spielen auf den Punkt und lassen sich sehr selten beim Overacting erwischen, bleiben aber durchweg ziemlich unterentwickelt, was eben vor allem für den Edelmimen Simon Yam ziemlich nachteilige Folgen hat, wirkt er doch durchweg komplett unterfordert.
Ip Man endet, als der Meister nach Hongkong übersetzt, wo er dem Kampfsportstil Wing Chun zum Durchbruch verhelfen und ihn in die Welt hinaustragen wird. Es wäre schön gewesen, auch von diesem Lebensabschnitt mehr zu erfahren. (Vielleicht ist dies ja Thema im aktuell in Produktion befindlichen zweiten Teil?) Doch auch so ist Ip Man ein rundum gelungener Streifen, der zwar letztlich erstaunlich wenig über Ip Man preisgibt, aber absolut hervorragend unterhält, einen packt, in die Handlung hineinzieht und mit wahnsinnig tollen Kampfsporteinlagen förmlich hypnotisiert. Verpackt in tolle Bilder und getragen von einem wirklich souveränen Donnie Yen gelingt den Chinesen so seit langem mal wieder eine echte Stilbombe, die definitiv eine Marke im Genre setzt. Unbedingt hervorheben muss man dahingehend auch den genialen Soundtrack von Maestro Kenji Kawai (Schöpfer des Ghost in the Shell Scores), der wirklich in jeder Szene den richtigen Ton trifft und dank einer grandiosen Maintheme auch einige echte Gänsehautmomente zu generieren versteht. Kurzum: Ip Man ist vielleicht keine Biographie im eigentlichen Sinne, aber er ist eine Involvierungsbombe sondergleichen, was so manchen „Fehler“ locker glatt bügelt.

Die deutsche DVD kommt von Splendid Home Entertainment, ist mit einer FSK 18 Freigabe uncut, kommt im hübschen Schuber und hat einige nette Extras an Bord!
In diesem Sinne:
freeman