The Cell 2
Originaltitel: The Cell 2
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Tim Iacofano
Darsteller: Tessie Santiago, Chris Bruno, Frank Whaley, Bart Johnson, Elizabeth Barondes, Charles Halford, Amee Walden
Hunde und Zuschauer müssen draußen bleiben
“Sieben” hat seine Spuren hinterlassen. Man versucht sie zu verdecken. Mit unschuldigem weißen Schnee sind die tristen Felder der amerikanischen Einöde bedeckt, und doch klingt David Finchers Serienkiller-Referenz mit jeder Note durch. Die Perspektive ist die gleiche; aus dem Hubschrauber heraus. Das Anliegen ist das gleiche; dem Täter auf die Spur zu kommen.
Hier geht “The Cell 2" ein einziges Mal den Weg über seinen Vorgänger. Das eher uninspirierte Anknüpfen an bewährte Genretraditionen verbindet beide. Letztendlich sind “The Cell” und “The Cell 2" aber zwei grundverschiedene Filme mit grundverschiedenen Absichten. Tarsem Singh wollte Künstler sein und illustrierte das Innenleben des Serienkillers in bester Milchmädchenpsychologie frei nach Hitchcocks “Spellbound” - das hier dagegen ist nun billig gedrehte kommerzielle Ausbeutung auf niederstem Niveau.
La Lopez, mit einem wenigsekündigen Stock Footage-Auftritt birgt sie das Highlight von “The Cell 2", wird durch Eva-Longoria-Lookalike Tessie Santiago beerbt, die sich als Ex-Opfer durch den klassischen Stell-dich-deinen-Ängsten-und-gewinne-dabei-Parcours schmachtet. Umgarnt wird sie von Polizisten und Mördern, guten und bösen Jungs eben, klassischen Männergruppen.
Sexuell geladen ist hier aber nichts, auch nicht der Drang des Psychopathen, sich eine Frau nach der anderen zu schnappen, zu töten und ständig wiederzubeleben. Motivlosigkeit steht im Raum, wird auch gar nicht hinterfragt. Statt dessen wird 78 Minuten (so lange dauert die Qual, bis sie durch einen von Behind the Scenes-Sequenzen unterbrochenen Abspann auf 89 Minuten geplustert wird) die Ermittlungsschiene geritten. Eine solche wohlgemerkt ohne jegliches Countdown-Gefühl. Fast fragt man sich, wieso es alle so eilig haben.
Technisch also auf billigem TV-Niveau, die Schauspieler unterklassig, ein gedankenloses Oberflächenskript, gegen das jedes Spiegelei mehr Tiefe aufweist, doch der eigentliche Höhepunkt der Unverfrorenheit liegt ganz woanders. Gewöhnliche schlechte dtv-Sequels haben sich längst darauf spezialisiert, die Qualitäten der Filme, die sie parasitär bewohnen, effekthascherisch auszuschlachten. Bei einer Fortsetzung zu “The Cell” hätte es gar keine Frage sein dürfen, dass Tarsem Singhs Drang zur visuellen Ästhetik und der Ausschmückung seiner mise-en-scènes Ziel des Beutezugs hätte werden müssen. Da es für ein niedrig budgetiertes Projekt schwierig sein dürfte, eine solch optische Pracht nachzuahmen, wie “The Cell” sie zweifelsohne bot, wäre allein diese Herausforderung schon einen neugierigen Blick wert gewesen.
Doch “The Cell 2" macht das Unglaubliche und weigert sich schlicht und einfach, sich in die Synapsen des Killers einzuklinken. Rund eine Stunde lang gibt es außer der Schnitzeljagd und der Folter eines Opfers nichts zu sehen, und als sich Jäger und Gejagter endlich auf einer abstrakten Wahrnehmungsebene gegenüberstehen, hat das eher was von einem noch dazu vollkommen ungruseligen “Nightmare on Elm Street”-Allgemeinplatz. Der fehlenden Tiefenzeichnung im Skript wird auf visueller Ebene entsprochen, indem man eben keine Gruselkammern aus der Vorstellungswelt des Täters erschafft. Zuschauer müssen, Hunde die sie sind, draußen bleiben.
Es gibt also schlussendlich nicht den geringsten Grund, sich durch “The Cell 2" zu quälen. Mag hier und da bei einem dtv-Sequel der Neugierde-Effekt obsiegen, wie die Motive des Originals aufgenommen wurden, so hält sich diese Fortsetzung gleich ganz von den Bilderwelten des Tarsem Singh fern. Das Knochengehäuf, das bei dem erbärmlichen Versuch übrig bleibt, ist den Namen nicht wert, der auf das Cover gedruckt ist.
