
Originaltitel: RocknRolla
Herstellungsland: Großbritannien
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Guy Ritchie
Produktion: Joel Silver
Darsteller: Gerard Butler, Gemma Arterton, Jamie Campbell Bower, Tom Wilkinson, Jeremy Piven, Thandie Newton, Mark Strong, Idris Elba, Ludacris, Tom Hardy, Toby Kebbell, Karel Roden


Der dunkle Strom der Metasymbolik ist versiegt. Getrocknete Lava verkrustet da altbekannte Strukturen. Diese Gangster-Groteske sprengt sich wie ein Hulk aus der “Revolver”-Schicht, die beim bedauernswerten Publikum auf Granit stieß. Mit einer Kehrwende in die Anfangstage heißt es also: Back to the Business, Baby. Eine neue Generation von alten schrägen Gestalten ist herangewachsen, repräsentativ angeführt von einem aschfahlen Gerard Butler, der ohne seinen Spartanerbart irgendwie schmucklos wirkt. So wie der restliche Cast, eine krude Ansammlung von leeren Hülsen, abgesehen vielleicht von Toby Kebbell und Mark Strong, ins Szenenbrett geworfen und fast stochastisch miteinander kollidierend. Dies ist die neue Schneekugel des Guy Ritchie - schauen wir zu, in welchen Mustern die Schneeflocken zu Boden wandern.




“RocknRolla” hat seine ganz großen Momente - einer von ihnen ist die letzte Szene, die den Film an sich zwar nochmal abwertet, ihm aber die Ehre zugesteht, der Vorbereiter für etwas Besonderes werden zu können. Heraushebenswert ist es auch, dass ein Guy Ritchie - sofern er in seinem Metier operiert - selbst im Stand By-Modus immer noch Originale schafft, die nie in die dritte Klasse absteigen. Vermutlich wird sich der Brite niemals in den eigenen Schwanz beißen, und wenn er noch so oft seine Grundzutaten neu aufwärmt; etwas, das ja beim “Snatch”-Erfolg schon im Übermaß gemacht wurde. Nein, “RocknRolla” steckt in Sachen Eigennote sämtliche Epigonen locker in die Tasche, stammen sie nun aus USA, Mexiko oder Großbritannien.
Es gibt wieder diverse Momente, in denen man dieser schon im Trailer so abgegriffen wirkenden Fun-Ballade Meisterschaft attestieren möchte - kleine Dinge, die aber unglaublich pointiert wiedergegeben werden. Der psychologische Sinn einer Handrücken-Ohrfeige etwa, und mit ihr die Umkehrung des heterosexuellen Männerbildes im Gangster-Milieu. Oder Szenenmontagen von comichafter Urgewalt, wenn zwei Männer sich durch die Straßen jagen und an ihre physischen Extreme gehen, während die Schritte immer kleiner, die Atemzüge immer scharrender werden.
Nur sind das aus dem Zusammenhang gerissene, herbe Duftmarken ohne Urquell. Zusammenhang? Den gibt es eigentlich gar nicht, auch wenn der Plot spinnenetzartig einen abbildet. Das aber eben wie immer, und so fragt man mit Recht: So kohärent, so in sich geschlossen und unentrückt die Plörre aus Bewegtbildern ihren pointierten Soundtrack und ihre Gangsterfloskeln abfeuert... wo ist die Einbettung in den filmkulturellen Gesamtzusammenhang?




Wie also steht es mit der Weiterentwicklung, möchte man den Marionettenmeister des Milieus der bösen Jungs fragen - als Auftakt einer ganzen Armada von existentiellen Fragen. Wo möchte Guy Ritchie hin? Wieso traut sich Guy Ritchie zuerst auf neue Pfade und kehrt dann doch mit eingekniffenem Schwanz zurück ins Haus von Herrchen Zuschauer? Ist sich Guy Ritchie seiner Rückschritte bewusst? Kalkuliert Guy Ritchie bewusst damit, dass die Zuschauer Stagnation mit “guter, alter Schule” verwechseln könnten? Oder glaubt Guy Ritchie gar, sich weiterzuentwickeln? Sind neue Schauspieler und neue Farbfilter (“RocknRolla” ist ein sepiafarbener Film) Grund genug, einen neuen Film zu drehen?
“RocknRolla” geht die Wege eines Add-On, der “More of the Same”-Mappe nachtänzelnd und sich als mehrwertlose Erweiterung allermindestens zu einem losen Trilogieabschluss mit “Lock, Stock” und “Snatch” erhebend. Vielleicht überrascht es deshalb so sehr, dass Guy Ritchie sein neuestes Werk am Ende zum Prequel runterspielt und ihm damit seine Eigenständigkeit verwehrt. Nicht ohne Grund. Der Regisseur weiß, was viele Zuschauer nicht wissen oder nicht wissen möchten: “RocknRolla” ist der sicheren Knete verpflichtet. Erfolg gibt letztlich Recht und entspricht der Prämisse eines RocknRolla, alles haben zu wollen. Und wenn sein Film einschlägt, ist Guy Ritchie der einzig wahre RocknRolla.

Die Standard-Warner-DVD (paar wenige Extras wie AK, nicht verwendete Szene und Stadttour mit dem Regisseur) kommt frei ab 16 uncut im handelsüblichen Amaray ohne Booklet und wurde schon bei Erscheinen günstig abgetreten. Für BluRay-Jünger erschien ein limitiertes Steelbook.