Ils (aka "Them")
Ils (aka "Them")
Originaltitel: Ils
Herstellungsland: Frankreich
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: David Moreau & Xavier Palud
Darsteller: Olivia Bonamy, Michaël Cohen, ...
Trailer:
http://german.imdb.com/title/tt0465203/trailers
David Moreau und Xavier Palud – diese Namen sollten sich Genre-Fans unbedingt merken, denn ihrem vorliegenden Erstlingswerk „Ils“ (internationaler Titel: „Them“) nach zu urteilen, einem gradlinigen, spannenden sowie handwerklich hochwertigen Horror-Thriller, wird man in Zukunft definitiv noch eine Menge von ihnen hören. Hollywood hat bereits aufgehorcht und sie mit der Inszenierung des „the Eye“-Remakes betraut, einem Projekt, dem ich allein ihretwegen nun doch eine Chance geben werde – trotz einer haarsträubenden Fehlbesetzung der Hauptrolle (mit „Schaufensterpuppe“ Jessica Alba) sowie der Tatsache, dass jenes Engagement für die Regisseure einen schöpferischen Rückschritt darstellt. Mal abwarten, wie sich alle Vor- und Nachteile des Arbeitens in der Traumfabrik auf ihr Schaffen auswirken – diese kleine französische Produktion hier, ihres Zeichens ein klarer Beweis für das beachtliche Talent des kreativen Gespanns, kann uns zumindest keiner mehr verfälschen oder nehmen…
Der Film eröffnet in Form einer vorbildlich konstruierten und umgesetzten, nichtsdestotrotz angesichts ihrer Beschaffenheit recht konventionell anmutenden Pre-Credits-Sequenz, die nur oberflächlich mit der eigentlichen Handlung in Verbindung steht: Auf einer einsamen nächtlichen Landstraße in den Wäldern nahe Snagov, etwa 40 km nördlich von Bukarest gelegen, verunglückt ein Familienwagen mit einer Mutter und ihrer jugendlichen Tochter an Bord – zwar passiert dem Fahrzeug sowie seinen beiden Insassen dabei nichts gravierendes, aber der Motor lässt sich fortan nicht mehr starten, weshalb Mom zuerst aussteigt, um einen Blick unter die Motorhaube zu werfen, dann plötzlich spurlos verschwindet. Verängstigt schließt sich der Teen, in Folge eines Nachsehens und dem Hören merkwürdiger Geräusche, im Innenraum ein und ruft per Handy um Hilfe, nur um in der Warteschleife der örtlichen Polizeistation zu landen, während ein Wolkenbruch-artiger Regenschauer einsetzt und jemand damit beginnt, Dreckklumpen gegens Auto zu werfen. Geschickt wird die Spannungsschraube immer weiter angezogen – bis der Punkt erreicht ist, den sich im Grunde genommen jeder denken kann…
Im Anschluss an diesen 10-minütigen Einstieg, der effektiv einen düsteren wie unheilschwangeren Basis-Ton aufzubauen vermag, werden die zwei Hauptcharaktere nun in etwa demselben Zeitumfang präsentiert bzw etabliert: Kürzlich erst sind Clementine (Olivia Bonamy) und Lucas (Michael Cohen) nach Rumänien gezogen, wo sie sich ein geräumiges altes Herrenhaus in der dicht bewaldeten Gegend außerhalb der Landeshauptstadt kauften, welches künftig schrittweise renoviert werden soll. Nachdem sie, eine Grundschullehrerin, zum Feierabend hin nach Hause zurückkehrt, wo er, ein von dort aus per Laptop arbeitender Autor, bereits auf ihr Eintreffen wartet, verleben sie einen gemütlichen Abend vorm Fernseher, bevor post Mitternacht schließlich das Bett aufgesucht wird. Um 3:45 Uhr ist es mit der Idylle jedoch schlagartig vorüber: Erweckt von einem Geräusch draußen, macht Clementine Lucas auf dieses sowie ihre damit verbundenen Sorgen aufmerksam, worauf sie gemeinsam der Sache nachgehen – und gerade noch mitbekommen, wie jemand ihren Wagen stiehlt. Dies markiert allerdings erst den Auftakt zu einer ganzen Reihe den restlichen Verlauf bestimmender, dem Zuschauer keine Chance mehr auf eine Verschnaufpause gewährender Ereignisse: Die Stromversorgung bricht zusammen, eine oder mehrere Personen versuchen sich Zutritt zum Haus zu verschaffen, was ihnen auch relativ zügig gelingt, und Lucas wird gar von einem der nie direkt zu sehenden, sich in den Schatten bewegenden Eindringlinge verwundet. Fortan ist es den Liebenden zweifelsfrei bewusst, dass es sich bei „denen“ nicht nur um „einfache Einbrecher“ handelt, sondern sie ernsthaft um ihr Leben fürchten müssen – ein gnadenloses „Katz&Maus“-Spiel beginnt, welches sich schon bald nicht mehr auf die begrenzte Örtlichkeit ihres Heims beschränkt…
Hauptsächlich funktioniert „Ils“ so gut, weil gar nicht erst versucht wurde, das simpel gestrickte Konzept künstlich anzureichern: Ohne einer ausgeschmückten Hintergrundgeschichte, welche sowieso nicht von unmittelbarem Belangen gewesen wäre, setzt der Showdown im Prinzip nach gerade mal etwas mehr als einem Stundendrittel ein – und zwar in Gestalt einer ausgedehnten Hetzjagd, welche die Lauflänge von ohnehin nur rund 75 Minuten bündig ausfüllt, ohne je Leerlauf entstehen oder Langeweile aufkeimen zu lassen. Das straffe Tempo verhindert Atempausen, es fehlt jeglicher auflockernder Humor, eine kribbelnde Spannung wird konstant gehalten, also nicht bloß punktuell. Sub-Plots sucht man vergebens, es gibt keinerlei „Füllsel-Sequenzen“ – ausschließlich Clementine und Lucas stehen im Zentrum der Betrachtung. In genialer Perfektion wird nicht eine Einstellung sinnlos verschwendet, die Kamera begleitet die Protagonisten permanent, weshalb man nie wirklich mehr weiß oder sieht als sie – höchstens mal einen dunklen Schatten hinter ihren Rücken. Inspiriert gewählte Perspektiven und Schnittfolgen unterstützen dieses beunruhigende Feeling dienlich. Die Größe der alten Villa, inklusive all ihrer Anbauten, Ebenen und verhältnismäßig schmalen, verwinkelten Korridoren, fördert die unangenehme Unsicherheit, was wohlmöglich hinter der nächsten Ecke lauern mag. Als sich die Geschehnisse nach draußen in die Wälder sowie später noch in die Tunnel der Kanalisation verlagern, bleibt dieses begrenzende Gefühl erhalten, da die Dunkelheit kaum Bildinformationen außerhalb des engen Sichtfelds preisgibt – ferner gesellt sich eine die Panik und Verzweiflung nährende empfundene Orientierungslosigkeit hinzu…
Man leidet förmlich mit ihnen, stellt sich die gleichen Fragen – mit wem oder was sehen sie sich da eigentlich konfrontiert, wieso tun „die“ das, wo liegen ihre Intentionen? Gekonnt wird mit der Erwartungshaltung des Zuschauers gespielt: „Sie“ werden bis kurz vorm Schluss nie direkt gezeigt – bestenfalls erhascht man einen flüchtigen Blick auf die unscharfe Silhouette eines Kapuze-tragenden Individuums, was den Terror unweigerlich auf eine psychologische Ebene hebt. Dieses Verborgenhalten ihrer Identität ist eine zweifellose Stärke des Werks – dementsprechend erstaunt reagiert man in dem Moment, als jenes Geheimnis gelüftet wird: Einige dürften sich enttäuscht vor den Kopf gestoßen fühlen, andere werden die Auflösung gewiss als das würdigen, was sie ist – nämlich eine geradezu schockierende Offenbarung, die optimal mit dem umfassenden Kontext harmoniert und darüber hinaus noch unerwarteten Tiefsinn zum Vorschein bringt, welcher einen Hauch „Hostel“ und „Funny Games“ atmet. Nach diesem ernüchternden Reality-Check, bei dem alles förmlich einige Sekunden lang still zu stehen scheint, setzt sich der Verlauf wieder in Bewegung und nimmt augenblicklich sein bis dato gefahrenes hohes Tempo erneut auf – nur um kurz darauf mehr oder minder plötzlich zu enden: Die finale Einstellung ist herrlich zurückhaltend ins Bild gerückt sowie in ihrer unkonventionellen Art genau entgegengesetzt der Einleitung ausgerichtet worden. Texttafeln erinnern daran, dass es sich um die Abwandlung einer wahren Begebenheit handelt, was umso ungemütlichere Empfindungen hervorruft – schließlich kann man sich in der heutigen Zeit recht mühelos ausmalen, dass die Umstände gar nicht mal so abwegig sind. Einerseits fühlt man sich auf eine gewisse Weise etwas hängen gelassen, auf der anderen sollte man aber im Zuge einiger Überlegungen rasch einsehen, dass die vorliegende Lösung zum Vorangegangenen sehr gut passt und daher adäquat gewählt wurde.
Dem Publikum wird nur knapp 10 Minuten Zeit gewährt, die Hauptfiguren im Alltag kennenzulernen, bevor die „Gewalteinwirkung von außen“ sie unabwendbar in eine passivere Rolle zwingt – dank der gebotenen Informationen sowie etlicher Szenen der entspannten Zweisamkeit am Aband reichen diese im Vorfeld allerdings aus, um eine Verbindung zu ihnen aufzubauen, die verhindert, dass uns ihre Schicksale egal sind. Die Chemie zwischen Olivia Bonamy („Bloody Mallory“) und Michael Cones („Cavalcade“) stimmt, sie agieren absolut glaubwürdig und verleihen ihren Parts auf der Basis ihrer gemeinsamen Leiden zusätzliche Substanz – besonders Bonamy verkörpert die verspürte Angst restlos überzeugend. Glücklicherweise spricht ihnen das Skript einleuchtende bzw nachvollziehbare Reaktionen zu, so dass man selbst dann nicht genervt aufstöhnen muss, wenn sie sich zum Beispiel trennen, um speziellen Geräuschen nachzugehen oder für ihre Flucht die Route über den unübersichtlichen Dachboden wählen. Man merkt deutlich, dass den Filmemachern die Mechanismen des Genres sehr vertraut sind, weshalb es ihnen möglich war, Klischees zwar zu verwenden (wie der von selbst angehende Fernseher oder ein merkwürdiger Anruf), sie diese jedoch nicht überstrapazieren sowie ihre Einbindung geschickt variieren – Timing und Gewichtung passen schlichtweg. Nur der Ansatz entspricht einer klassischen „Haunted House“-Story – angereichert mit diversen Elementen gängiger Slasher-, traditioneller Suspense- und moderner Terror-Movies, wird diese Route binnen kurzem verlassen und entwickelt sich entlang (nahezu) unvorhersehbarer Bahnen. Die Regie ist wunderbar straff – eine Tatsache, welche die Gegebenheit, dass die eigentliche Handlung des Streifens ziemlich dünn ausgefallen ist, vorteilhaft kaschiert. Dennoch bildet der Mangel an echter Substanz einen Kritikpunkt – wenn auch den einzigen gewichtigen. Das glanzvoll funktionierende Endprodukt resultiert hier aus der findigen Kombination der einzelnen Zutaten: Moreau und Palud erschufen einige richtig gelungene Set-Pieces (z.B. in einem dunklen Raum, dicht behängt mit an der Decke befestigten Plastikfolien) und kraftvolle Schockeffekte (Stichwort: Schlüsselloch) – aber erst das Sound-Design, bestehend aus einem schön zurückhaltenden Score und etlichen seltsamen Geräuschen, die vor dem Hintergrund der Stille hochgradig creepy wirken, sowie die hervorragende (HD-) Kameraarbeit vollenden den erzeugten ungemütlich-atmosphärischen Eindruck. Ähnlichkeiten zum Indie-Meilenstein „the Blair Witch Project“ bestehen (u.a.) darin, dass menschliche (Ur-) Ängste angesprochen werden (in diesem Fall: das Eindringen von Personen in die Privatsphäre des eigenen Zuhauses, unbekannte Angreifer/Verfolger, Paranoia, Klaustrophobie etc) und es zwei Newcomern ausgezeichnet gelungen ist, aus minimalen Ressourcen ein maximales Ergebnis zu generieren.
Fazit: „Ils“ ist ein gradliniger, stylischer, nervenaufreibender, einen perfekten Spannungsbogen aufweisender Pulstreiber, der sich weder auf Gore noch künstlich arrangierte Horror-Images verlassen muss, um Schrecken und Gänsehaut zu verbreiten…
In Deutschland ist der Film inzwischen auf DVD zu haben - und zwar aus dem Hause "McOne". Zusätzlich zu der üblichen Trailer-Sammlung lassen sich als Bonusmaterial u.a. ein "Making Of" sowie eine Fotogalerie auf der DVD finden...
Holy Moly, der war mal richtig effektiv, dieser kleine dreckige Franzosenreißer! Im Grunde hat der Film nur einen Fehler: Er geht nach 50 Minuten aus dem herrlichen Haussetting heraus und verlagert den Horror aus der "Sicherheit" des eigenen Heimes in den weitläufigen Wald, was für einen ziemlichen Spannungsabfall sorgt. Dennoch vermag sich der Film erneut zu fangen und präsentiert ein wirklich garstiges Ende. Bedenkt man, dass die ganze Geschichte auf wahren Ereignissen beruhen soll, läuft es einem gleich nochmal eiskalt den Rücken runter. Sauber!
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
Ich hab den nu auch mal gesehen und stimme mit ein in den positiven Tenor. Straff, intensiv, unheimlich, mitreißend. Das Etikett "Based on a true story" mag ich eigentlich nicht, ich finde, dass das normalerweise die Phantasie abwürgt, hier aber hilft es dabei, dass man bei dem Ende nen kalten Schauer kriegt. Denn ohne den "Based on a true story"-Hinweis hätte ich das Ende wahrscheinlich doof gefunden. Wenn man sich dann aber überlegt, dass sowas wirklich mal passiert sein soll... Hammer. Leider spoilert der deutsche Titel das schon halb raus.
Im Haus war die Klaustrophobie zwar am stärksten, aber einen Spannungsabfall hab ich danach trotzdem nicht erkennen können. Die Bilder aus dem dunklen Wald waren schon ziemlich beunruhigend.
Schöner fieser kleiner Streifen.
Im Haus war die Klaustrophobie zwar am stärksten, aber einen Spannungsabfall hab ich danach trotzdem nicht erkennen können. Die Bilder aus dem dunklen Wald waren schon ziemlich beunruhigend.
Schöner fieser kleiner Streifen.
Naja, bei mir ist das so: Stell ich mir vor, jemand wird in nem Haus gejagt, ist das einfach spannender als in nem weitläufigen Wald. Irgendwann läuft man dem Verfolger halt in die Arme, einfach weil alles begrenzt ist ... und der Wald? Hier greifen doch dann immer wieder nur Langweilerklischees ... klar: 1000 Quadratmeter Wald und dennoch steht der Killer IMMER genau vor dem Gejagten usw. Das ist für mich genauso spannend wie ne Boots- oder Flugzeugverfolgungsjagd im Vergleich zu ner Autoverfolgungsjagd ... da trifft unbegrenzter Raum auf die Enge der Straße ...Im Haus war die Klaustrophobie zwar am stärksten, aber einen Spannungsabfall hab ich danach trotzdem nicht erkennen können. Die Bilder aus dem dunklen Wald waren schon ziemlich beunruhigend.
Deshalb gingen da bei Them dann bei mir die Spannungskerzen kurz aus ...
In diesem Sinne:
freeman
Ich hab aber ein Labyrinthtrauma. Als Kind bin ich mal alleine aufm Jahrmarkt in so ein Spiegellabyrinth gegangen und hatte panische Angst, dass ich da nie wieder rauskomme und da nun leben müsse.freeman hat geschrieben:Labyrinth ist nicht ... ich wiederhole NICHT - gruslig ... ausser es ist aus Spiegeln und die Frisur sieht mal wieder scheiße aus ;-)
- daemonicus
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Naja, also 8 finde ich dann doch etwas übertrieben bewertet. Der erste Teil geht noch in Ordnung, aber im Haus treten dann doch Längen zu Tage. Ab der Kanalisation fand ich es sehr langweilig und sowas von cliché-triefend, dass es schon etwas ärgerlich war. Nach dem letzten eingeblendeten Satz (die Aussage eines Täters) hab ich nur noch auf Annett Louisan gewartet. Nach King of the Hill und Ils kann ich den kleinen Hype um Eden Lake noch weniger verstehen. Insgesamt noch unterhaltsam. gute
Schließe mich dem Kollektiv an: Simpel, aber spannend, wenn auch mit einigen Längen, dafür beeindruckt das schockierende Ende. Den ähnlich gelagerten Hollywoodfilm "The Strangers" fand ich allerdings ein klein bißchen besser.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
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