
Originaltitel: 'A' gai waak
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1983
Regie: Jackie Chan
Darsteller: Jackie Chan, Sammo Hung, Hak Suen Lau, Mars, Dick Wei, Isabella Wong, Yuen Biao u.a.
Jahre, bevor Jet Li mit “Once Upon A Time In China” ein hervorragendes historisches Martial Arts-Epos über das China des ausgehenden 19. Jahrhunderts abdrehte, legte Jackie Chan bereits mit “Project A” einen Film über die gleiche Zeit vor, der sich zwar von der viel stärker auf Comedy behafteten Grundrichtung her vollkommen anders orientiert, jedoch, was Sets, Kostüme und Szenarien betrifft, durchaus mit Lis Vorzeigewerk zu vergleichen ist.
Es war Chans zweite Regiearbeit nach seinem eher unrühmlichen Ausflug in die USA mit dem Minuten-Auftritt in “Auf dem Highway ist die Hölle los”. Mit der Enttäuschung eines gescheiterten Vorhabens im Nacken, kehrte er also in die Heimat zurück und gewann mit “Project A” nach “Dragon Lord” nun schon zum zweiten Mal hintereinander den Hong Kong Filmaward für die beste Actionchoreografie - und wurde darüber hinaus als bester Darsteller nominiert.
Der deutsche Titel “Der Superfighter” ist mehr als verwirrend, denn hier wird man auf einen klassischen Martial Arts-Eastern à la “Sie nannten ihn Knochenbrecher” vorbereitet, bis man dann verdutzt feststellt, dass es sich um einen Kostümfilm handelt. Wir sehen Marineoffiziere, Generäle, Polizisten und nicht zuletzt die Piraten in epochengerechter Ausstattung durch recht authentische Sets wandern und miteinander interagieren in Form von Kommunikation (wo sich die Comedy entfaltet) und Aktion (wo die Fights und Stunts in Gang kommen).
Die Handlung soll historische Begebenheiten reflektieren und bezugnehmend auf Chans Filmkonzept modifiziert werden, wirkt dadurch oberflächlich betrachtet sogar recht komplex, ist aber in Wirklichkeit in nur wenigen Sätzen nachzuerzählen. Es geht darum, dass Hongkong zur Jahrhundertwende ständig von Piraten belagert wird, die sich im Hafengebiet breit machen und die Anwohner mit ihren Waffenschmuggleraktivitäten terrorisieren. Als Maßnahme wird die Marine aufgelöst und ihre Mitglieder, darunter Dragon Ma (Jackie Chan), werden zu Polizisten umgeschult. So weit die Grundhandlung; Nebenplots um Verschwörungen an der Regierungsspitze und persönliche Eskapaden zwischen den einmal mehr auftrumpfenden Buddys Jackie Chan und Sammo Hung würzen die ganze Angelegenheit.
Besonders attraktiv wirkt das stetige Wechseln der höchst abwechslungsreichen Locations in Verbindung mit ebenso vielfältigen Kampfchoreografien. Den Anfang macht eine aufwendige Kneipenschlägerei schon in den ersten Minuten, wo Stühle, Tische und Teller voller Spaghetti als Waffe missbraucht werden und nach knapp zehn Minuten das komplette Lokal demoliert ist. Wie schon in “Dragon Lord” stehen weniger leichtfüßige Moves im Fokus, sondern möglichst harte und realistische Action, die darauf bedacht ist, nichts verschönend darzustellen. Wenn ein Darsteller mitten in der Luft mit aller Wucht von einem zerberstenden Holzstuhl getroffen wird, kann man die Schmerzen wahrlich mitfühlen. Das hatte leider zum Teil auch Konsequenzen; der dreifach abgedrehte Stunthöhepunkt rund um das Durchbrechen der Glasscheibe eines Uhrenturms* hätte für Chan durchaus bitter enden können.
Obgleich die spektakulärsten Stunts erst im zweiten und dritten Drittel vollzogen werden, bleibt die Konsequenz auch der klassischen Ausbildungssequenz erhalten, die kurz darauf folgt. Eine solche bereitet in der Regel überwiegend psychisch Schmerzen, und selbst das kann sie in diesem Fall nicht, weil es sich nun einmal um eine Komödie handelt und der psychische Druck, der durch den Ausbilder (Yuen Biao) ausgeübt wird, in humorgeschwängerten Elementen ihr Ventil findet. Und doch wird hier auch mal eine Handgranate in die Mitte der Kadetten geworfen und ein Kadett weggezerrt unter dem Vorwand, er werde nun wegen eines eher kleinen Ungehorsams erschossen.
Die Jagd durch die verwinkelten Straßen des Hafengeländes sind jedoch als Höhepunkt des Filmes zu bezeichnen. Wenn Jackie Chan nur mit Hilfe seines Fahrrads einen Weg durch die engen Gassen findet, die überall von Männern versperrt sind, die ihn suchen, so wird sich jeder Fan guter Stunts gleich heimisch fühlen. Im Wechsel mit Sammo Hung wird zudem die Comedy außerordentlich gut mit dem physischen Humor verwoben, wobei Hung immer wieder aufs neue mit seiner Gelenkigkeit in Relation zu seiner Körperfülle überrascht. Der Mann hat es einfach raus, was Situationskomik anbelangt, und zusammen mit Jackie Chan bildet er ein mehr als unterhaltsames Zweigespann, dessen Aktivitäten man unentwegt folgen könnte. Überhaupt: Ganz allgemein fällt das Acting aller Beteiligten überdurchschnittlich gut aus. Die Gags wirken weniger wild, unüberlegt und provisorisch, sondern sind ganz offenbar allesamt durchkonzipiert worden und unter professioneller Handhabung entstanden. Chan und alle anderen lassen nicht mehr unartikuliert ihre Gesichtsmuskeln spielen; jede Grimasse hat, wenn man so will, ihren Zweck und ist grundsätzlich auf einen treffenden Gag ausgelegt. Das soll nun kein Freifahrtschein für obligatorische Hasser der Chan-Comedy sein, gleich in die Videothek zu rennen und sich den Film zuzulegen; sie werden auch diesmal nicht auf ihre Kosten kommen. Chan bleibt Chan - zur Freude seiner Anhänger.
Was die Piraten betrifft, die erst gegen Ende aus den Untiefen der Gewässer auftauchen, hat die deutsche Synchronisation dem Zuschauer ein tumbes Ei ins Nest gelegt, über das er sich freuen oder ärgern kann, je nach Gemüt. Deren Sprachstil ist nämlich so klischeebehaftet, dass es fern jeglichen Geschmacks ist; zusammen mit dem exotischen Aussehen der Bösewichte ergibt sich ein ziemlich verrücktes Finale, das zudem von Chans Undercover-Aktion lebt. Der hierin enthaltene Dialog ist dabei ein Klassiker: Wenn ein Neuankömmling Chans Verkleidung entlarvt und Chan dies merkt, fällt er dem Piraten immer wieder so ins Wort, dass die Tarnung gegenüber den anderen Piraten aufrechterhalten wird - das hat was von einem Martial Arts-Fight mit einem Wechselspiel aus Angriff und Konter... in Dialogform.
“Project A” ist somit ein herausragend konstruiertes, komödiantisch brillantes Abenteuerspektakel vor historischer Kulisse, das einen Jackie Chan in Höchstform zu bieten hat - als Regisseur UND als Schauspieler - sowie viele sehr gute weitere Haupt- und Nebendarsteller, die sich als Matrosen, Polizisten oder Piraten durch eine sehr schön eingefangene Hafenstadt wuseln und in Aufeinandertreffen alles kurz und klein machen, was ihnen in die Hände kommt. Nach “Dragon Lord” mehr denn je auf Stunts und konsequente Härte vertrauend, gibt Chan dem Zuschauer genau das, was er will: uneingeschränkte Unterhaltung.

Mittlerweile ist der Film als dritter Teil der "Jackie Chan Collection" erschienen; wahlweise im limitierten Metallschuber. Freigegeben ist er ab 12, dank einer Neuprüfung jedoch ungeschnitten und sogar länger als die alte FSK 16-Fassung; die beiden größeren unsynchronisierten Stellen befinden sich gleich zu Beginn des Films im Rahmen der Kneipenprügelei.
(* Der Stunt war als Hommage an den vielfach zitierten Stummfilmklassiker “Ausgerechnet Wolkenkratzer” gedacht, der unter anderem von Chan auch wieder in “Shanghai Knights” im Finale am Ziffernblatt des Big Ben aufgegriffen wurde.)
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Projekt B

Originaltitel: 'A' gai waak juk jaap / Project B
Herstellungsland: Hong Kong
Erscheinungsjahr: 1987
Regie: Jackie Chan
Darsteller: Jackie Chan, Michael Chan Wai Man, John Cheung, Maggie Cheung, Ricky Hui, Regina Kent, Rosamund Kwan, David Lam, Carina Lau, Lau Siu Ming, Hai-Sheng Lee, Sam Lui, Mars, Tai Bo, Bill Tung
Tja, wer “A” sagt, muss wohl auch “B” sagen. Die Erfahrung muss man nicht nur im Sequel-wütigen Hollywood der Gegenwart machen, sondern überall und zu jeder Zeit, in der Filme Kasse machen. Dass das 80er-Jahre-Hong Kong da keine Ausnahme macht, hat Jackie Chan mehr als genug unter Beweis gestellt: “Powerman”, “Police Story” und die “Arm der Götter”-Reihe, sie alle gingen mindestens in eine zweite Runde. Der Herr ist damals ziemlich oft in ein und dieselbe Rolle gesprungen und meist wurde dabei nicht viel Zeit verplempert.
Zwischen “Project A” und “Project B” liegen immerhin vier Jahre, ein Entwicklungszeitraum, den es natürlich nicht unbedingt gebraucht hat. Der Hauptdarsteller benötigt üblicherweise nicht viel Einfühlungszeit für seine Rolle, immerhin spielt er nur sich selbst, und die Story schließt ganz einfach ans Ende des Vorgängers an und wendet sich dann zwanglos einem neuen Bereich zu. Waren in Teil 1 stänkernde Piraten an der Bucht des Hong Kongs Anfang des 20. Jahrhunderts das Problem, sind es nun korrupte Polizisten. Dragon Ma (Chan) ist inzwischen selbst vom Adjutanten zum Polizeichef befördert worden und hat nun allerhand damit zu tun, einerseits seinen korrumpierenden Kollegen das Handwerk zu legen und andererseits rebellische Revolutionäre zu beschwichtigen. Und dann kommen auch noch die besiegten Piraten zurück und wollen sich rächen...
Nicht gerade ein meisterhaftes Skript, das herhalten muss, um die Reihe fortzuführen. Aber: Das geht vollkommen in Ordnung, denn von einem Film dieser Reihe erwartet man vor allem gute Stunts. Schließlich hatte “Project A” mit dem Uhrenturm-Sprung den wohl größten Stunt in Jackie Chans Karriere zu bieten. Auch sonst lagen alle Stärken in dem dynamischen Kulissenwechsel mit variantenreicher Kampf- und Stuntarbeit in einer Vollendung, die mir begeisterte Anerkennung abringen konnte.
Doch da liegt auch schon der erste Hund in der Pfanne: Sammo Hung und Yuen Biao hingen wohl gerade in den Dreharbeiten zu “Operation Eastern Condors” und konnten deswegen für “Project B” nicht mehr reaktiviert werden. Das ist zunächst mal wie ein Überraschungsei ohne Spannung und Spiel, wie die heilige Dreifaltigkeit ohne den Vater und den Sohn, kurz: Es ist nicht hinnehmbar. Der energiegeladene Dreierkampf im Schlussakt gegen die Piraten gehörte damals immerhin zu den Highlights. Weil das Showbiz aber weitergehen muss, fehlen nun Hung und Biao im Cast, und sie fehlen ganz eindeutig auch auf der Leinwand. Ohne jede Erklärung, wo sie nun plötzlich hin sind, versagen sich Chan als Regisseur dadurch viele Wege und Möglichkeiten, die Kampfchoreographien und das Handlungsgerüst attraktiver zu gestalten. Es ist nur halb so viel Spaß, einen Jackie Chan ohne seine rechte und linke Faust losziehen zu sehen, wenn man weiß, dass diese Konstellation vorher gegeben war. Für ein Sequel, das natürlicherweise das “Bigger & Better”-Prinzip befolgen will, ein kleiner Rückschlag.
Mit den Piraten, einem Überbleibsel der Serie, wusste man wohl auch nicht mehr so recht was anzufangen. Sie haben für den eigentlichen Plot keinen Zweck, werden aber trotzdem wieder zurückgebracht. Darauf hätte man konsequenterweise besser verzichtet. Anfangs gibt es ein paar kurze Racheschwüre gegen Dragon Ma, dann eine im Gesamtverhältnis kleinere Kampfszene und schon weicht der Piratenspuk wieder dem viel wichtiger erscheinenden Problem rund um die bestechlichen Cops. Zumal die Seeräuber wieder mit einer Synchronisation ausgestattet wurden, die suggeriert, dass es gleich nach den Dreharbeiten zum nächsten Ligaspiel des HSV geht - mit einem Holsten in der Pranke. Yo ho, Kameraden.
Ansonsten ist “Project B” ähnlich wirr konstruiert wie sein Vorgänger: Es gibt hübsch viele verschiedene Parteien, Jeder-gegen-Jeden-Situationen und allerlei Schauplätze in einem kontinuierlichen und 1:1 übernommenen historischen Produktionsdesign. Zwischendrin kann man auch schnell mal den Faden verlieren, da die Szenen sehr direktional und kognitiv aufeinander aufbauen und man als unvorbelasteter Zuschauer nicht immer in der Lage ist, sagen zu können, was Chan nun genau im Sinn hatte, als er diese und jene Szene drehte.
Beispiele dafür sind zwei der größeren Szenen, die Verwechslungskomödie mit Action verbinden: Die Amulett-Diebstahl-Sequenz sowie das Versteckspiel in Maggie Cheungs Haus. Gleichzeitig sind das Handlungszentren, in denen viele latente Figurenkonstellationen ans Tageslicht gebracht werden und die vor allem viel Zeit schlucken. An Stuntakrobatik kommt dabei nicht sehr viel zum Tragen, so dass man rückblickend auf den Gedanken kommen könnte, “Project B” setze mehr auf Situationskomik mit sehr dezentem Einsatz von körperlicher Betätigung, ein Rezept, das hier eigentlich nur durchschnittlich gut funktioniert.
Dem wäre auch so, würde das Tempo zum Ende hin nicht ordentlich zunehmen und schließlich doch noch in einem atemberaubenden Finale kulminieren. Egal was Chan hier auch auffährt, nichts davon kann freilich noch die Uhrenturmszene toppen, für die er vier Jahre zuvor noch sein Leben riskiert hat, doch am Abgrund gerannt wird hier auch - im wortwörtlichen Sinne. Ein Bambusgerüst dient als Grundlage für einen fulminanten Abschluss einer Abfolge von durchaus kreativen Actionszenen mit Einbezug fast aller zum Genre gehörenden Elemente: Zweikampf, Verfolgungsjagd, Massenaufläufe, waghalsige Lauf- und Sprungmanöver, Schusswaffenduelle und Missbrauch von Gegenständen als Waffe - zur Vollendung hätte eigentlich nur noch eine zünftige Explosion gefehlt.
Im Gesamteindruck nutzt Jackie Chan im Sequel zu seinem Regie-Zweitling nicht ganz dessen Räume und verfehlt die Möglichkeit, noch mehr mit der Umgebung zu spielen. Die Piraten weiß er ohnehin nicht mehr allzu gut in den Plot einzubinden und Hung und Biao fehlen sehr, obwohl Bill Tung als verrückter Polizeikommissar die Lücke auf einer anderen Position ausgezeichnet zu stopfen weiß. Actionelemente gibt es jedenfalls reichlich und in guter Qualität, ohne einen der ganz großen Kieferverrenker vorweisen zu können. Wäre der humoristische Part noch eine Spur origineller geworden, hätte man trotz aller Mängel rundum zufrieden sein können - so reicht es zumindest für gehobenen Durchschnitt.

Nach der geschnittenen "Masterpiece Edition" schob Splendid noch eine ungeschnittene neue Version mit untertitelten O-Ton-Szenen einer Gesamtlaufzeit von ca. 8 Minuten nach. Auf dem Cover ist vermerkt: "Neue ungeschnittene Fassung! Uncut - Digitally Remastered - Neues Bild".