
Originaltitel: Gwong Dung siu lou fu
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1971
Regie: Ngai Hoi Fung
Darsteller: Jackie Chan, Bob Tuan, Ha Sing, Dean Shek, Simon Yuen Siu Tin, Tien Feng, Kwan Yung Moon, Hon Gwok Choi, Chan Hung Lit, Kwan Chung, Yuen Biao, Chiang Kam
Ja, wo soll man bei dieser Vergewaltigung des Sehnervs eigentlich anfangen? Vielleicht bei der Ursache allen Übels: den äußeren Umständen der Entstehung.
Wir haben es hier bestenfalls mit einer Zelluloidruine zu tun, die von einem betrunkenen Witzbold mit Kleister zusammengesetzt wurde in dem Wunsch, dem großen Bruce Lee ein Ebenbild zu erschaffen. “Der Meister mit den gebrochenen Händen”, auf der ganzen Welt übrigens in Dutzenden und Aberdutzenden von Synonymen zu Hause, entstand im Jahr 1971, also zwei Jahre vor Bruce Lees Tod. Wie inzwischen bekannt sein dürfte, sollte Jackie Chan später in seine Fußstapfen gedrängt werden, um sich rebellisch wieder herauszubefördern und seinen eigenen, im Nachhinein höchst erfolgreichen Weg zu gehen.
Was diesen Film nun auszeichnet, überhaupt besprochen zu werden, das ist die Tatsache, dass es sich um Jackie Chans erste Hauptrolle handelt. Schon seit dem Alter von sieben Jahren (Filmdebüt als Knirps in “Big an Little Wong Tin-Bar” von 1962) besuchte der kleine Chan auf Druck seiner Eltern die Peking-Oper-Schule und kam damit sogleich in Kontakt mit dem Filmgeschäft, wo er es dann im Zuge der Bruce Lee-Euphorie in diesem Mitläufer einer Welle, wie sie Chan später selber noch verursachen sollte, zum Hauptdarsteller-Debüt brachte. Zum Glück kann sich der Mensch steigern...
Mitten in diesen lauwarmen Versuch, etwas vom Kuchen abzukriegen, schlich sich dann auch noch der Bankrott ein, so dass man gezwungen war, die Produktion abzubrechen. Wenn nun Jackies späterer Erfolg irgendeinen Nachteil gehabt hat, dann den, dass diese Mumie von Film wieder ausgegraben und 1978 veröffentlicht wurde, nachdem Jackie es zum Star gebracht hatte. Und als wäre das nicht genug, schnibbelte man aus ein paar erfolgreicheren Streifen noch ein paar Fragmente ab (“Drunken Master” hat’s erwischt) und fügte sie an den “Meister mit den gebrochenen Händen” wie Dr. Frankenstein Leichenteile an seine Kreatur - handelt es sich hier womöglich um eine verkappte Hommage an die Universal-Monsterfilme?
Jackies Rolle wurde derweil von einem Double ausgeweitet, und dies teilweise deutlich sichtbar. Die besten Voraussetzungen für einen herrlichen Filmabend.
Wie sieht nun das Resultat aus? Ganz so, wie man es erwarten würde. Die wenigen Storyfragmente, die man noch erkennen kann in dem Schnittewirrwarr, lesen sich wie ein Klischee, das sich zwei Männer im Westen aus der Nase ziehen, wenn sie über Easternfilme sprechen. In der total undramatischen Einleitung sehen wir, wie ein böser Mann einen Gehilfen beim alltäglichen Training bösartig kaltmacht. Rote Soße breitet sich über den niedergemetzelten Mann aus, der, wie sich kurz darauf herausstellt, Vater ist. Der Sohn ist Little Jackie, ein vorlauter Bengel, der sich (hüpfend und trällernd) geschworen hat, Papi zu rächen, wenn er groß ist. Also will er kämpfen lernen, aber er hat kein Geld. Da kommt unser guter alter Simon Yuen, bekannt aus den Drunken Master-Filmen, doch goldrichtig, denn nett wie der alte Kauz ist (und wo er ja eh nichts anderes zu tun hat), bildet er den Bengel gratis aus - und bekommt sogar noch einen Hühnerschenkel als Beilage. Ein hammermäßiger Schnitt führt uns zum erwachsenen Jackie, bereit, seinem Feind endlich die Quittung zu geben.
So bekannt die Story, so gering die Überraschung: Der Regisseur kümmert sich nicht um alternative Wege, sondern bevorzugt den Weg der Tradition. So weit, so zufriedenstellend, könnte man sagen; nur beschreitet er den Weg dermaßen holprig, dass es wahrlich keine Freude mehr ist, auch nicht für Narren der Eastern-Gilde. Die Charakterzeichnung des “Bösen” wird sträflich außer Acht gelassen, während auf der anderen Seite in Jackies Augen nie wirkliche Rachegelüste zu erkennen sind, sondern eher so etwas wie eine lockere “Carpe Diem”-Attitüde. Nebenbei wird im Restaurant gejobbt und einfach irgendwie vor sich hingelebt. Der alte Simon Yuen ist da auch keine Hilfe, denn er entpuppt sich mehr denn je als Kichererbse, gibt dämliche Sprüche von sich und scheint irgendwie in einer Parallelwelt mit Glücksbärchis und herzförmigen Bäumen zu leben.
Jackie selbst ist auffällig Bruce Lee-like gestylt, wirkt in manchen Einstellungen abgesehen von seinem Michkartonlächeln wie ein komplett anderer Schauspieler mit seinen gezupften Augenbrauen, der Schminke an den Augen und dem zarten Flaum an den Mundwinkeln. In dem Versuch der (mit Sicherheit durch die Regie geforderten) Lee-Kopie entsteht eine unstete Grundstimmung, die vergeblich versucht, einen auf ernst zu machen, während in Jackie immer wieder der Clown hervorkommt. Die “Popeye”-Hommage kommt sogar so unerwartet, dass man ihren Sinn nicht so recht erschließen kann.
Das wirkt sich auch auf die noch auffallend unausgegorenen Martial Arts aus. Zunächst versucht der Regisseur ausgerechnet hier, mit Perspektiven zu spielen und innovativ zu sein, was - mit Verlaub - in den meisten Fällen kläglich misslingt (abgesehen von einem Kamera-Move, der wahrscheinlich durch Zufall ganz nett geworden ist). Auch Jackie selbst zeigt sich trotz des sichtbaren Potenzials noch ein wenig steif, gerade was die Stellungswechsel betrifft, die nicht immer in einem Fluss kommen, sondern kurze Pausen beinhalten. Das mag jedoch auch mit der schwachen Kampfchoreografie zusammenhängen, die in der Regel unmotiviert vom einen Stil zum anderen wechselt und nie wirklich überraschen kann. Über weite Strecken zäh und zu durchsichtig, gibt es zu Anfang sogar noch deutlich erkennbare Schnitte innerhalb der Choreografie mit lächerlich geringen Intervallen. Der Ehrenrettung halber sei noch angemerkt, dass einiges zumindest selbstironisch wirkt, so wie Chiang Kams (der Klops) “neuer Stil”, der dann wohl auch beinhaltet, sich wie ein Käfer auf dem Rücken zu winden, wenn man hinfällt. Das mag wenigstens den Trashfan versöhnlich stimmen.
Dazu ist dann auch das Ultimate Final Battle zu zählen, bei dem Goodie und Baddie mit verbundenen Augen aufeinander zuschleichen, mit ihren Füßen Kreisel ziehen und den Gegner irritieren wollen. Wenn man nach ein paar brauchbaren Moves sucht, dann sollte man sich diesen Endkampf ansehen, der von allen noch am erträglichsten ist. Dramaturgisch pfeift aber auch der aus dem letzten Loch. Das angestrebte Gefühl der Rache ist beim Zuschauer ungefähr so stark wie das auf jemanden, der mir ein Tic Tac gestohlen hat, ohne es zu bezahlen, sprich: es ist zu vernachlässigen. Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass zunächst noch zwei Handlanger aus dem Weg geräumt werden müssen, dass es noch eine finale Trainingseinheit bei Kerzenschein gibt und dass Jackie beim Kampf in Flashbacks wieder die Tipps einfallen, die der alte Mann ihm bei den Sessions gegeben hat.
Kurzum: “Der Meister mit den gebrochenen Händen” ist ein zu vernachlässigendes Klischee von einem Martial Arts-Eastern, der vollkommen bruchstückhaft-fragmentarisch daherkommt und wirklich nichts weiter ist als eine alte Tasse, die auf dem Boden zerschellt ist und von einem Mann mit zwei linken Händen wieder zusammengeklebt wurde. Interessant nur für Chan-Allessammler und Cineasten, die sehen wollen, welchem Müll sich der große Jackie Chan enthoben hat, um die Welt zu erobern mit seiner Revolutionierung des Genres.

Auf DVD gibt es den Film sowohl in einer 18er- als auch in einer 12er-Fassung von MIB - beide sind geschnitten. Letztere erschien kürzlich auch in der Zeitschrift "SFT" zusammen mit "Out of Time".