Brücke nach Terabithia

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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Brücke nach Terabithia

Beitrag von LivingDead » 05.05.2008, 19:11

Brücke nach Terabithia

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Originaltitel: Bridge to Terabithia
Herstellungsland: USA
Produktionsjahr: 2007
Regie: Gabor Csupo
Drehbuch: Jeff Stockwell, David Paterson
Darsteller: Josh Hutcherson, AnnaSophia Robb, Erin Annis, Tyler Atfield, Katrina Cerio, Robert Patrick

Die noch recht junge Filmproduktionsgesellschaft Walden Media („In 80 Tagen um die Welt“) befindet sich seit ihrer Gründung stets in der Kritik der Werterelativisten, welche der Gesellschaft immer wieder Konservativismus vorwerfen.
Was auf den ersten Blick noch recht positiv klingt, bekommt schnell seine Schattenseiten: So hat sich die Walden Media das Ziel gesetzt Jugendliche und Kinder durch ihre Filme näher an die Literatur heran zu bringen, da es sich bei einem Großteil der Produktionen um Romanverfilmungen handelt. Des Weiteren beansprucht die Walden Media einen nicht unerheblichen erzieherischen Grundgedanken für sich und arbeitet deshalb oftmals nahe mit Schulen, Bibliotheken, Museen und kirchlichen Gruppen zusammen. Dadurch erhofft sich die Gesellschaft eine Übermittlung von Werten und möchte somit erzieherisch auf die Zielgruppe Kinder einwirken. Gerade dieser Umstand lässt die Kritiker stets aufhorchen, was schließlich mit dem recht schwachen „Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia“ seinen Höhepunkt fand. Der bis dato erfolgreichste Film der Walden Media war zugleich auch der umstrittenste: Ein Waffen verteilender Weihnachtsmann, Gewalt als einzige Lösung zum Sieg, so wie diverse mehr oder weniger subtile christliche Doktrinen waren Anstoß genug, um haufenweise herbe Kritiken zu ernten.

Die Romanverfilmung des 1977 erschienenen Jugendromans„Die Brücke nach Terabithia“ befand sich ebenfalls im Sperrfeuer zahlreicher Kritiker. Auch hier sollten die jugendlichen Zuschauer angeblich durch allerlei subtil in die Handlung eingefädelter christlicher Wertvorstellungen indoktriniert werden.
Doch nicht nur das. Auch die Werbekampagne war eine einzige große Luftblase. Anscheinend in der Hoffnung auf der anhaltenden Fantasy-Welle mitschwimmen zu können, wurde „Die Brücke nach Terabithia“ als großer Fantasyfilm im Stile eines „Narnia“ oder „Eragon“ angepriesen, mit etlichen Fabelwesen, Schlössern, Riesen und Trollen. Nach dem goutieren des Filmes wurde das Publikum aber schnell eines besseren belehrt… denn entgegen der fälschlichen Vermarktung handelt es sich weder um einen Fantasyfilm, noch um ein großes Effektspektakel. Vielmehr ist „Terabithia“ ein Jugendfilm alter Schule, einfühlsam erzählt und mit nur wenigen Effect-Shots versehen.
Erwartungsgemäß gingen die Besucherzahlen nach einem phänomenalen Start in den USA schnell zurück. In Deutschland lief der Film dann nur noch kurze Zeit in wenigen Lichtspielhäusern.

Auch wenn die Geschichte eines Sprösslings armer Eltern mit nur wenigen Freunden, welcher in der neuen Klassenkameradin eine Freundin findet nicht gerade neu ist, so ist die Inszenierung geradezu fantastisch anachronistisch geraten. Filme dieser Machart gibt es in Hollywood kaum noch; höchstens in europäischen Gefilden lassen sich noch vereinzelt echte Jugendfilme finden, welche völlig ernsthaft und ohne Körperflüssigkeitswitzchen daherkommen und das Thema erwachsen werden mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandeln. Einer der wenigen wirklich guten Vertreter dieser Gattung ist die kongeniale King-Adaption „Stand by Me“.
Natürlich kann „Terabithia“ qualitativ nicht mit dem erstgenannten mithalten. Dazu gestaltet sich der Film phasenweise zu vorhersehbar und einige Storyfragmente sind schon ziemlich abgedroschen.

Zudem wirken einzelne Szenen aufgesetzt und lassen deutlich negativ spüren, dass die Walden Media ihre Finger im Spiel hatte. So gibt es eine wirklich fürchterliche Sequenz in einer Kirche, welche im Kontext einfach keinen Sinn ergibt und völlig für sich steht, ohne ersichtlichen Zusammenhang zum Rest des Filmes. Auch einige Dialoge wirken arg gekünstelt, wenn Sätze wie „Auch coole Mädchen gehen in die Kirche“ fallen. Da diese Szenen dann aber so zusammenhanglos zum Rest des Filmes stehen, lassen sie sich letztlich auch umso leichter ausklammern. Doch ärgerlich ist das ganze schon, wenn man sich einmal vor Augen führt, wie meisterlich sich der Rest des Filmes gestaltet.

Denn bei aller Kritik handelt es sich bei „Die Brücke nach Terabithia“ um einen verdammt guten Jugendfilm alter Schule. Es geht um Kinder auf dem Sprung zum erwachsen werden. Es geht um die Sorgen der Erwachsenen, die sich in der heutigen Zeit selbst auf die Kinder übertragen. Aber es geht auch um die Fantasie der Kinder, welche sich dadurch ein Refugium erschaffen, um diesen Sorgen zu entkommen. Der Film stellt ein geradezu ideales Medium dar, um diese Fantasiewelten in bewegte Bilder zu transferieren. Zwar machen diese Szenen nur einen Bruchteil der Laufzeit aus, doch (trotz einiger schwach getrickster Effects der WETA-Leute („Der Herr der Ringe“)) baut sich dadurch immer wieder eine Dynamik auf, die nur wenige Filme dieser Art in den letzten Jahren erreichen konnten. Immer weiter dringt Regie-Neuling Gabor Csupo in die Fantasiewelten der Kinder ein, ohne dass die Fantasyelemente Überhand nehmen. Vielmehr wirken die Szenen als Exil vor dem Alltag und den vielen Nöten, welcher er mit sich bringt. So zeigt Csupo im Anschluss an die Traumszenen meist abgewrackte Autos oder Schrott und lässt die heitere Stimmung schnell wieder umschwanken. Überhaupt beweist der Film im bitteren letzten Akt, dass er alles andere als ein Gute-Laune-Film für zwischendurch ist.

Gabor Csupo fängt da an, wo artverwandte Jugendfilme wie „My Girl – Meine erste Liebe“, „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers“ oder auch „Hearts in Atlantis“ aufhörten. Eine absolut zeitlose Geschichte (der Film könnte ebenso in der Achtzigern oder gar Sechzigern spielen) verpackt in ein märchenhaftes Ambiente und eine redliche Geschichte mit ehrlichen Emotionen, auch wenn manch eine Szene aufgesetzt wirkt. Doch insgesamt handelt es sich bei „Terabithia“ um einen nicht zu verachtenden Höhepunkt dieses Sujets, und sollte von jedem gesehen werden, der auch nur einigermaßen was mit dem Genre anfangen kann, oder einmal wieder einen Jugendfilm alter Schule genießen möchte. Menschelnder erlebt man Hollywood kaum noch…
:liquid7:,5

Die DVD bietet eine äußerst zufriedenstellende Bild- und Tonqualität sowie einige Extras wie Darstellerinfos und Interviews.
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von freeman » 05.05.2008, 21:28

Wow, sehr coole Kritik mit viel Gemoser zu Walden Media ... schön mal alles gebündelt. Top! Und nebenher ein Robert Patrick Review mehr! Was wollen wir mehr! Auf Premiere schau ich mir den auch sicher mal an ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von StS » 06.05.2008, 08:03

freeman hat geschrieben:Wow, sehr coole Kritik mit viel Gemoser zu Walden Media ... schön mal alles gebündelt. Top! Und nebenher ein Robert Patrick Review mehr! Was wollen wir mehr! Auf Premiere schau ich mir den auch sicher mal an ...
Jip, dem schließe ich mich an - nur dass ich bis zur Free-TV-Ausstrahlung warten werde... :wink:

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Beitrag von kami » 06.05.2008, 08:34

Klingt eigentlich alles so gut, dass ich vielleicht die 6€ für die DVD bei MÜLLER investieren werde.

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Beitrag von SFI » 06.05.2008, 14:50

Den werde ich mir mal ausleihen!
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Beitrag von LivingDead » 06.05.2008, 22:35

Danke! Ist definitiv ein sehenswerter Streifen und in jdem Falle die 6€ beim Müller wert.

Und btw. der Film dürfte auch was für den EatenAlive sein... ;)
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von EatenAlive » 07.05.2008, 21:33

LivingDead hat geschrieben: Und btw. der Film dürfte auch was für den EatenAlive sein... ;)
Khihi, ich hab den Film auch schon im Auge, vor allem da "Mean Creek" irgendwie der letzte brauchbare Film in dem Bereich war. Mich stört aber tatsächlich, dass Walden Media den produziert hat. Die von dir genannten Beispiele stoßen mir jetzt schon sauer auf...
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Beitrag von LivingDead » 07.05.2008, 22:07

Jo, und "Mean Creek" habe ich immer noch nicht gesehen... Gleich mal wieder in den Einkaufskorb bei Amazon geworfen. ;)

Aber wie gesagt: Es sind vielleicht 3 bis 4 Szenen, in denen die Walden Media überdeutlich rauskommt, insgesamt aber überwiegt eindeutig das Positive; manch einem werden die Szenen gar überhaupt nicht auffallen. Also: Nicht entmutigen lassen, ansehen. Lohnt sich! :)
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von EatenAlive » 26.05.2008, 19:30

Gestern übrigens gesehen und ich war positiv überrascht. Aber diese Kirchenszene, inklusive des darauffolgenden Gesprächs, ist ja mal so blöde. Vor allem weil sie sich richtig störend auf den Film auswirkt und inhaltlich gar nicht passt. Über einige moralische Aussagen, die einem von hinten rum aufgedrückt werden, könnte man auch streiten. Trotzdem sehr netter Film und ich kann mich dem Review nur anschließen.

:liquid7:
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Beitrag von freeman » 01.01.2009, 22:25

Ich seh es wie der Lebende Tote: Die Kirchenszene und diverse Diskussionen zum Thema komm ich in den Himmel oder in die Hölle sind erstaunlicherweise so selten dämlich in den Film eingebunden, dass sie einerseits zwar nicht in den Kontext des Filmes passen, andererseits aber auch gar nicht weiter stören, weil sie dem sehr anrührenden und einfühlsamen, erstaunlich ernsten und traurigen Rest nicht für einen Cent schaden können. Ich war mehr als angetan von dieser kleinen Coming of Age Geschichte mit sehr sympathischen Figuren und einer erstaunlich reifen Storyline. Ein erstaunlicher Streifen, fürwahr ...
:liquid7:

In diesem Sinne:
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Beitrag von kami » 05.01.2009, 23:42

freeman hat geschrieben:Ich seh es wie der Lebende Tote: Die Kirchenszene und diverse Diskussionen zum Thema komm ich in den Himmel oder in die Hölle sind erstaunlicherweise so selten dämlich in den Film eingebunden, dass sie einerseits zwar nicht in den Kontext des Filmes passen, andererseits aber auch gar nicht weiter stören, weil sie dem sehr anrührenden und einfühlsamen, erstaunlich ernsten und traurigen Rest nicht für einen Cent schaden können. Ich war mehr als angetan von dieser kleinen Coming of Age Geschichte mit sehr sympathischen Figuren und einer erstaunlich reifen Storyline. Ein erstaunlicher Streifen, fürwahr ...
:liquid7:
Hab den vor geraumer Zeit gesehen, war sehr gefesselt und hab mir auch die eine oder andere Zähre aus dem Auge gedrückt. Die Kirchenszene ist mir entweder nicht negativ aufgefallen oder hab sie schon verdrängt.
Gute :liquid8:

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Beitrag von Ed Hunter » 06.01.2009, 01:34

Schließe mich den :liquid7: an, schöner, einfühlsamer Kinder-/Jugendfilm, auch wenn das Storyprinzip nicht gerade neu ist (musste sofort an "Sidekicks" und "Pan's Labyrinth") denken.

Was ich mich allerdings frage ist

[Achtung Spoiler wer den Film nicht kennt soll bitte nicht weiterlesen]

Welchen Sinn und Zweck verfolgen die Autoren mit dem Tod des Mädchens abgesehen davon, dass man sich im Folgenden mit Themen wie Verlust, Tod usw. auseinandersetzen kann?
Im Grunde ist der Film ja als die Macht der Fantasie positiv portraitierend angelegt, würde diese Aussage durch den durch die "Existenz" der "Parallelwelt" verursachten Tod des Mädchens aber imo demontieren, nur um zum Schluss doch wieder zur Ursprungsmessage zurückzukehren???
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Beitrag von freeman » 06.01.2009, 08:55

Ich denke, dass der Tod der Hauptanstoß für den Jungen war, dass er sich fortan WIRKLICH dem Thema Fantasie öffnete, ohne eben immer von dem Mädchen angestoßen werden zu müssen. Bei ihm zündelte die Fantasie irgendwie immer auf Sparflamme (selbst in den Zeichnungen, in denen er ja auch nur das malte, was er dank des Mädchens "sah"), bis ihm der Katalysator entrissen wurde, was eben imo zur richtigen Initialzündung wurde ... so hab ichs verstanden ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von kami » 06.01.2009, 09:17

freeman hat geschrieben:Ich denke, dass der Tod der Hauptanstoß für den Jungen war, dass er sich fortan WIRKLICH dem Thema Fantasie öffnete, ohne eben immer von dem Mädchen angestoßen werden zu müssen. Bei ihm zündelte die Fantasie irgendwie immer auf Sparflamme (selbst in den Zeichnungen, in denen er ja auch nur das malte, was er dank des Mädchens "sah"), bis ihm der Katalysator entrissen wurde, was eben imo zur richtigen Initialzündung wurde ... so hab ichs verstanden ...
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Beitrag von Ed Hunter » 06.01.2009, 12:19

Allright, klingt einleuchtend, danke. :)
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