Catacombs
Originaltitel: Catacombs
USA: 2007
Regie: Tomm Coker, David Elliot
Darsteller: Shannyn Sossamon, Alecia Moore, Emil Hostina, Sandi Dragoi, Mihai Stanescu, Cabral, Radu Micu, Mihnea Manoliu u.a.
Victoria reist auf Einladung ihrer Schwester Carolyn nach Paris. Hier soll Victoria endlich mal wieder leben und aus ihrem Schneckenhaus herauskommen. Also schleift ihre Schwester sie zu einer Undergroundparty, die auch wirklich im Untergrund stattfindet. Und zwar genau da, wo vor 200 Jahren sieben Millionen Franzosen aus Platzgründen im größten Massengrab der Welt bestattet wurden. Diese morbide Örtlichkeit erstreckt sich in einem schier unendlichen Stollensystem unter einem großen Teil von Paris. Doch hier ruhen nicht nur die Gebeine von Millionen Toten. Auch ein seltsames Wesen, herangezogen in der dunklen Welt der Katakomben und abgerichtet aufs Töten, soll hier sein Unwesen treiben. Als Victoria und Carolyn sich von der Party entfernen, werden sie von diesem Wesen, das sich hinter einer Ziegenkopfmaske verbirgt, angegriffen. Nur Victoria überlebt den Angriff und irrt fortan in dem endlosen Tunnelsystem umher ...
Im Grunde ist Catacombs ein Creep oder Decent Abklatsch. Das U-Bahnsystem bzw. das Höhlensystem wird durch ein unterirdisches Stollennetzwerk ersetzt und der eklige Freak, bzw. die unmenschlichen Höhlenwesen werden durch einen Typ mit Ziegenkopfmaske vertreten. Das sind dann im Grunde auch schon die wesentlichsten Unterschiede. Auch und vor allem qualitätsmäßig gesehen, denn Catacombs schlägt sich absolut beachtlich und zieht sich mehr als schadlos aus der Affäre. Einen großen Anteil daran hat das grenzgeniale Setting und der darum lancierte – wahre – Mythos des größten Massengrabes der Welt unter der Stadt der Liebe. Dieser Mythos in Verbindung mit den teilweise komplett schwarzgehaltenen Bildern, bei denen man als Zuschauer minutenlang auf einen schwarzen Bildschirm starrt, erschafft eine absolut bedrückende, sich permanent durch den Film ziehende Atmosphäre der Ausweglosigkeit, die beständig am Nervenkostüm des Zuschauers zerrt und fast vollkommen auf dämliche und billige Schockeffekte verzichtet und auch plakatives Soundspurgerumpel komplett außen vor lässt. In diesem Bereich des Spannungsaufbaus funktioniert Catacombs trotz Minimalstory und kaum vorhandener Figurenzeichnung absolut hervorragend, ist aber in anderen Bereichen mit einigen Defiziten geschlagen.
Zum einen schlägt der coole Killer im Streifen viel zu selten zu. Im Grunde sogar nur am Anfang. Dieser Angriff hat es aber in sich und macht eigentlich hungrig auf mehr. Doch Catacombs nutzt nur die Ahnung, dass da etwas ist, um Spannung aufzubauen. Ein zwei Auftritte mehr, hätten das Gesamtbild aber trefflich abgerundet. Problematisch ist auch der Umstand, dass Catacombs irgendwann ziemlich redundant ist, sprich, im Grunde nichts Neues passiert und das Drehbuch immer wieder dasselbe erzählt: Figur stolpert durch Gänge, findet Ausgang, Ausgang verschlossen, Figur stolpert durch Gänge, findet Ausgang und so weiter und so fort. Man kann sich vermutlich ausmalen, für wie lange dies wirklich mitzureißen vermag, vor allem, wenn einen die klaustrophobische Atmosphäre des Streifens nicht erreicht. Hier könnte dann Langeweile vorprogrammiert sein.
Ein weiteres Problem ist das Ende des Filmes, das einen, seit Fincher und Co. leider nicht mehr neuen, Storytwist lanciert, der im Zuschauer ein sehr zwiespältiges „Och nöö, oder?“ Gefühl hervorruft. Glücklicherweise packen die Drehbuchautoren von Catacombs auf diesen Twist noch einen weiteren, sehr schwarzhumorigen Schlussakt, der in seiner ziemlich harten Konsequenz noch einmal ordentlich zu punkten versteht. Nicht ganz unproblematisch ist die Hauptfigur Victoria. Von ihr erfährt man - obwohl sie ab Minute 20 die einzige Figur des Filmes darstellt!!! - leider überhaupt nichts, was es vor allem zu Beginn schwer macht, sich in ihre Situation einzufühlen, zumal sie sich teils grenzdebil verhält und trotz des Wissens, von einem Killer gejagt zu werden, mit lautem Geschrei und Hallo Gerufe immer wieder schön ihren Standort verrät. Glücklicherweise bekommt die wie immer wunderschöne und immer intensiver aufspielende Shannyn Sossamon ihre Rolle bald in den Griff und wandelt sich zum zupackenden Powergirlie. Und das genau zum richtigen Zeitpunkt und damit kurz bevor ihre anfängliche Debilität zu nerven beginnt. Dennoch wäre es schön gewesen, noch mehr von ihrer Figur zu erfahren, wissend, dass dies freilich dem coolen „Schlussgag“ geschadet hätte. Die restlichen Darsteller ziehen sich achtbar aus der Affäre, sind aber letztlich ziemlich egal. So egal, dass weder Pink in ihrer ersten größeren Rolle noch die Tatsache, dass die meisten Franzosen scheinbar rumänische Eltern hatten (gedreht wurde in Bukarest), auffallen.
Ein absolut zweischneidiges Schwert ist die Optik von Catacombs. Die Momente totaler Dunkelheit rocken ungemein und wurden in dieser Konsequenz bisher auch eher selten eingesetzt. Die einzigen Lichtquellen sind Taschenlampen und ihr begrenzter Strahlradius, der obendrein durch die scheinbar lichtschluckenden Gänge noch einmal eingeschränkt wird. Szenen, in denen Victoria scheinbar mehrere Meter weit vom Betrachter entfernt ist und ihre winzige Silhouette nur von dem Taschenlampenkegel erleuchtet wird, während beide von einer großen Fläche alles umschließender Dunkelheit umgeben sind, entfalten geradezu eine suggestive Wirkung. Ebenso die Szenen, in denen Victoria vollkommen verzweifelt im Lichtkegel der Taschenlampe sitzt, vor und zurück wippt und schreit, während der Regisseur jedweden Sound von der Tonspur tilgt und nur eindrückliche Musikstücke hören lässt, sitzen auf den Punkt. Kurzum: Catacombs ist über weite Strecken ein inszenatorischer Kraftakt mit einer beeindruckenden Wirkung. Leider prangt schon auf dem Cover der Hinweis: Von den Produzenten von Saw. Und diese haben scheinbar ordentlich darauf gedrückt, dass eben auch der ziemlich kurzatmige Inszenierungsstil der Reihe seinen Weg in Catacombs findet. Dementsprechend folgen auf Momente beklemmender Ruhe Einlagen purer Hysterie, inszeniert im wilden Bildgewitterstyle der Folterreihe, bei dem es teils anstrengend gerät, zu erkennen, was da eigentlich gerade passiert. Beide Inszenierungsformen stehen eher behindernd nebeneinander, als dass sie sich gegenseitig ergänzen, was einen optisch komplett runden Eindruck unmöglich macht. Schade. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.
Was bleibt ist ein kleiner, trotz aller Probleme ungemein feiner Schocker, der mit einem aktiveren Killer, etwas mehr Eigenständigkeit in Sachen Optik und Story und einer greifbareren Hauptfigur mühelos in die Reihe der Genreprimusse hätte aufsteigen können. So bleibt ein optisch teils sehr starker, über weite Strecken ungemein spannender und intensiver Grusler, der weit über dem gewohnten DTV Horrorschrott anzusiedeln ist.
Die DVD von UFA / Universum ist mit einer FSK 16 uncut.
In diesem Sinne:
freeman
Catacombs
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