
Originaltitel: Far Cry
Herstellungsland: Deutschland / Kanada
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Uwe Boll
Darsteller: Til Schweiger, Emmanuelle Vaugier, Natalia Avelon, Michael Paré, Craig Fairbrass, Udo Kier, Mike Dopud, Carrie Genzel, Anthony Bourdain, Ralf Moeller
Der weithin verkündete Eigenanspruch und die Wirklichkeit ... selten klafften beide weiter auseinander als in Uwe Bolls wundervollen, selten eigenkritischen DVD - Audiokommentaren. Da werden Vergleiche mit den Großen des Filmbusiness heraufbeschworen, auf die man nie kommen würde. Die arg dünnen und selten mit Bedeutung aufgeladenen Storys sind auf einmal mehrebenenartige Meisterwerke (die Ausführungen zum Ende von Alone in the Dark auf zugehöriger DVD seien genannt) und technisch sind sie eh das Allergrößte. Böse kann man Uwe für diese Ausführungen aber nie sein, vor allem, da er in weniger euphorischen Momenten beweist, dass er definitiv weiß, wie der Filmhase läuft und was man unternehmen muss, um seine „Traumprojekte“ umzusetzen. So auch im Falle von Far Cry, von dem sich uns Uwe schon weit vor Veröffentlichung des Games die Filmrechte sicherte, um einen coolen Actioner auf die Beine zu stellen. Ob es geklappt hat? Ein Vergleich zwischen Eigenanspruch und filmischer Realität soll es zeigen.

Zur Story hat Uwe zu berichten, dass er wohl selten näher an einer Spielvorlage dran war als bei Far Cry und dass er sich wünschen würde, dass die Fans dies akzeptieren. Viel Gejammer gab es denn im Umfeld von Far Cry auch gar nicht, wobei man aber auch mutmaßen könnte, dass sich die meisten Spielfans den Streifen wohl eher vorsorglich gleich gar nicht angetan haben. Immerhin war man ja dank House of the Dead, Bloodrayne und Schwerter des Königs definitiv gewarnt. Obendrein muss man auch feststellen, dass Uwe sich gar nicht erst die Mühe gemacht hat, die dünne bis gar nicht vorhandene Story des Games irgendwie aufzublasen. Was das dem Zuschauer bringen soll, dem ja dank des Mediums Film auch noch das interaktive und damit einzig interessante Moment der Spielvorlage genommen wurde, dass weiß Gott Uwe allein. Zumindest hat er Recht, wenn er behauptet, dass die Story sehr geradlinig von Punkt A nach Punkt B gelangt und sich keinerlei Abschweife von der Grundgeschichte gönnt. Selbige ist mit „Mad Scientist, der am liebsten auf seiner Mad Scientist Insel Soldaten zu willenlosen Kampfmaschinen umfunktioniert, macht das Schiff des Ex Soldaten Jack Carver kaputt, dem daraufhin gewaltig der Kamm schwillt“ treffend und erschöpfend umschrieben und schert sich einen Dreck um Figurenzeichnung, Logik, Spannung oder Plausibilität. Das war aber auch nie Uwes Anspruch, wie er unumwunden zugibt. Ehrlich isser ja, der Uwe.
Um was geht es denn dann? Zitat Uwe: „Unterhaltung und Fun“. Bekommt man das? Bedingt. Zunächst mal stellt Uwe Unterhaltung offensichtlich gleich mit hölzernen Dialogen, etwas steifem Schauspiel und holpernden Actionszenen. Vor allem letztere gehen erstaunlich häufig auf den Zuschauer nieder, gerne auch in von Uwe Boll als Kick Ass Actionszenen bezeichneten Momenten. Diese Kick Ass Actionszenen sind letztendlich aber doch deutlich kleiner konzipiert, als sie das sein sollten, wollte man sie als wirklich rockend oder ass kickend umschreiben. Die Gründe dafür liefert Uwe in seinem Kommentar: Das liebe Geld. Und man glaubt es unbesehen, denn echte Höhepunkte sind eher Mangelware. So explodiert mal Carvers maroder Kahn, mal ein Hummer und mal ein Schnellboot, aber irgendwie mutet das alles eine ganze Ecke zu verhalten, ja sogar zahm an, um Kick Ass Action zu sein. Was man Uwe aber zugute halten MUSS, ist, dass er inzwischen deutlich weniger selbstverliebt in seine Highlightszenen geht. Zwar schwärmt er im Kommentar mal von einem Effekt, in dessen Verlauf sich verschiedene Probanten im Bild unterschiedlich schnell bewegen (einer in Zeitlupe, einer normalschnell), aber Uwe verwendet diese Einlage nicht wie gewohnt bis zum Erbrechen, sondern nur zweimal. Vermutlich auch, weil der Effekt seit Matrix nicht mehr ganz so neu ist ;-).

Ärgerlich in Bezug auf die Action ist der lahme, unspezifische, kraftlose und seltsam zerfahrene Showdown, der ein Schlussbild präsentiert, in dem der Held mit seinem Love Interest von der Insel des Bäddies mittels maroden Kahn wegtuckert und irgendwie noch alles beim Alten ist. Sprich: Der Bäddie lebt, die Insel steht nicht in Flammen, die Versuchskaninchen des Mad Scientist sind auch noch quicklebendig ... wozu also die gerade abgespulten 90 Minuten? Uwe? Der kann leider nicht mehr antworten, denn er verlässt den ohnehin schwachen Kommentar dieser Scheibe schon 20 Minuten vor Schluss. Ob ihm das Ende selbst auch nicht gefällt?
Nunja, zumindest gefiel ihm diesmal seine Schauspielriege. Erneut kommen diverse Regulars (beispielsweise Michael Pare in einer 30 Sekunden Szene) von Uwe zum Einsatz, die er auch feinziseliert allesamt dem geneigten Zuschauer vorstellt und dabei fast schon imdb.com Qualitäten im Herunterbeten der gemeinsamen Projekte beweist. Besonders erfreute ihn an Far Cry die Zusammenarbeit mit den ganzen deutschen Darstellern. Leider revanchierte er sich dafür nicht mit sonderlich ausgereiften Figuren. Stattdessen gibt es wüste Reißbrettfiguren, was aber freilich fürs Genre selbst gar nicht mal so unpassend ist. Und hey, die Schecks vom Uwe kommen immer pünktlich und lieber in ner Trashgranate dabei, als aufm Amt stempeln gehen. So dachten wohl Natalia Avelon als osteuropäische Killerbitch, Udo Kier in einer Standgasperformance als Mad Scientist (Uwe: „Wir spielten im Hintergrund Wagner, damit klar wird, er ist ein halber Nazi!“), Ralf Moeller als Killerklotz und Til Schweiger als Jack Carver. Besonders in letzteren hat sich Uwe definitiv verliebt. So allürenfrei sei noch keiner gewesen. Und letztlich liegt Uwe mit dieser Besetzung auch gar nicht so falsch. Denn in Deutschland gibt es ja abgesehen vom Til niemanden, der dem Typus des Actionhelden auch nur ansatzweise nahe kommen würde. Auf jeden Fall keinen, der einen sechs Millionen RomCom Hit hatte und auch die Frauen ins Kino bringt. Also zumindest auf dem Papier, denn im Kino war ja dennoch keiner. Am Til liegt’s dabei aber nicht. Der gibt sich sichtlich Mühe, muss aber immer gegen genau dieses RomCom Image angehen und verliert doch deutlich. Sprich, letztlich nimmt man ihm die Rolle nicht wirklich ab. Dennoch muss man konstatieren, dass alle vier genannten Darsteller im Rahmen ihrer Möglichkeiten ordentlich agieren und auch Emmanuelle Vaugier, die für das Eye Candy zuständig ist, schlägt sich gut. Problematisch wird es bei Chris Coppola und damit dem witzigen Sidekick im Film. Der Uwe findet den Dicken ja absolut zum Schießen. Ein Comedy-Talent sei er, ein Chris Farley, allerdings scheint der Uwe da einen recht eigenen Humor zu haben, denn zum Schießen ist an Chris nichts! Gar nichts. Eher ist er enorm nervig in seiner Rolle. Aber Humor ist ja, wenn man trotzdem lacht.

Apropos: Der Uwe erklärt uns in seinem Audiokommentar auch immer mal, dass sein Film allgemein ganz witzig sei und tolle Running Gags habe. Leider greift bei dieser Aussage wieder der Einleitungssatz der Review bzw. die Feststellung von gerade eben: Der Uwe hat wohl einen recht eigenen Humor. Darunter fällt wohl auch das Äußere der Soldatenmutanten, das Uwe wie folgt umschreibt: „Wir haben bei den Kerlen einfach alle Haare entfernt und sie weiß angemalt.“ Und ja, so sieht’s leider auch aus. Genau in den Momenten rutscht dann auch die Inszenierung allgemein ins Trashige ab, wirkt ansonsten aber recht sauber und wertig. Vom gelungenen Soundtrack ganz zu schweigen. Viel zu schimpfen hat Uwe über die FSK, blendet dabei aber ein wenig aus, dass es immer noch der Verleih ist, der entscheidet, ob er einen Film kürzt oder eine höhere Einstufung riskiert. Splendid ging auf Nummer sicher, Uwe ist sauer und der Zuschauer fragt sich, was Splendid da wohl gesehen hat, denn vom Härtegrad her ist Far Cry schon lächerlich und ging ja bei DVD Start auch uncut ab 16 durch. Dumm gelaufen ... vor allem für die Wenigen, die sich echt ins Kino getraut haben.

Was bleibt, ist ein Film, den Pro7 bei Verkaufsgesprächen wohl als schlechten Witz und Zumutung bezeichnet haben soll. Wenn der Uwe da wütend schnaubt, kann man das sogar verstehen, denn sooooo übel ist Far Cry dann wahrlich nicht. Leider ist er aber auch nicht das, was Uwe darin sehen will. Denn durchweg unterhaltsam ist Far Cry dann auch nicht. Er zeigt aber einen Uwe Boll, der langsam aber sicher dazuzulernen scheint, auch was das Herz eines Filmes angeht. Klar, die Witze greifen nicht wirklich, die Action wirkt ein wenig luschig, die Story ist ein Hohn und die Darsteller werden wenig bis gar nicht gefordert, eine Katastrophe sieht dann aber doch deutlich anders aus. Ein Eindruck, den der auf der DVD befindliche Trailer zu Tunnel Rats nur unterstreicht, denn der scheint wirklich ein richtig guter Film geworden zu sein! Mal sehen, wie sehr bei diesem Film Eigenanspruch und filmische Realität auseinander klaffen werden. Eines ist zumindest klar: Bei Far Cry ist die Lücke noch da ... weithin sichtbar.

Die deutsche DVD kommt uncut mit einer FSK 16 von Splendid und hat neben dem gewohnt coolen Audiokommentar („Kümmer du dich mal um die Hunde, ich geh mal Pinkeln) auch einige weitere nette Specials an Bord.
In diesem Sinne:
freeman