
Original Titel: Two and a half Men
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2003
Regie: Gary Halvorson, Pamela Fryman, James Widdoes, Jeffrey Melman, Rob Schiller, Andy Ackerman, Ted Wass, Andrew D. Weyman, Robert Berlinger, Jerry Zaks, Jean Sagal, Gail Mancuso, Asaad Kelada, Lee Aronsohn, Jon Cryer, James Burrows, Jay Sandrich
Darsteller: Charlie Sheen, Jon Cryer, Angus T. Jones, Marin Hinkle, Holland Taylor, Melanie Lynskey, Conchata Ferrel, Ryan Stiles, April Bowlby, Robert Wagner, Jenny McCarthy, Denise Richards, Megan Fox, Martin Sheen, Sean Penn, Elvis Costello, Steven Tyler
Nachdem es aufgrund von Alkohol- und Drogenexzessen beruflich sehr ruhig um Charlie Sheen geworden war (private Ausschweifungen füllten weiterhin die Klatschspalten) schaffte er es als Nachfolger von Michael J. Fox in „Chaos City“ wieder für positive Schlagzeilen zu sorgen. Jedoch wurde die Serie bereits nach zwei Staffeln wegen sinkender Quoten abgesetzt. Also wurde Charlie Sheen mit „Two and a half Men“ eine Sitcom geradezu auf den Leib geschrieben. Diese wurde auch ein durchschlagender Erfolg und entwickelte sich zwischen 2005 und 2008 zur quotenstärksten Sitcom in den USA. Dazu machte sie aus Charlie Sheen zu dem, mit insgesamt 825000$ pro Folge, bestbezahlten Darsteller im US-Fernsehen.


Doch zurück zur Serie: Charlie Harper (Charlie Sheen) ist im Prinzip das Vorbild aller Liquidianer: Er verdient mit wenig Arbeit (er komponiert Werbejingles) viel Geld, trinkt ausschweifend und hat oft wechselnde sexuelle Affären. Wohingegen sein Bruder Allan Harper sein genaues Gegenteil ist; pedantisch, einen recht soliden Lebenswandel führend und eher auf der Suche nach Beziehungen als Sex. Leider steht eben dieser Bruder eines Nachts vor der Tür von Charlies Strandhaus in Malibu, da er von seiner Frau raus geschmissen wurde. Also leben die ungleichen Brüder nun gezwungenermaßen unter einem Dach, dazu kommt am Wochenende auch noch Allans Sohn Jake zu Besuch. Überraschenderweise verstehen sich Onkel und Neffe blendend, wenn auch eher zum Unwillen des Vaters, da sich die gemeinsamen Aktivitäten oft auf Pokerspiele in Charlies Freundeskreis oder Besuche auf der Rennbahn beschränken.
Zu diesen 'Two and a half Man' (ich frag mich immer noch ob Allan oder Jake der halbe ist ;) ) gesellen sich noch einige Charaktere, die ihnen das Leben nicht unbedingt erleichtern. Zunächst wäre Allans verklemmte, sexuell frustrierte Ex-Frau Judith, als Stein des Anstoßes zu nennen. Dazu kommen noch Charlies Stalkerin Rose, seine resolute Haushälterin Berta und die zynische von ihren Söhnen heiß und innig geliebte (Achtung: Ironie) Mutter der Harpers, Evelynn.
Dass sich nun aus einer solchen Situation Konflikte ergeben, liegt auf der Hand. Einer der häufigsten entwickelt sich daraus, wenn Charlie mal wieder ein Verhältnis mit einer Frau anfängt die irgendwie etwas mit einem seiner Untermieter (auch wenn keiner davon wirklich Miete bezahlt) zu tun hat. Diese enden nämlich meist ziemlich nachteilig für Allan oder Jake. Als Beispiel seien hier Scheidungsanwältinnen oder Lehrerinnen genannt. Auch wiederkehrende Versuche ihrer Mutter aus dem Weg zu gehen oder Kindheitserlebnisse zu verarbeiten sorgen für einigen Zündstoff zwischen den Brüdern.


Zwar wiederholt sich das Grundprinzip der Geschichten im Prinzip mit schöner Regelmäßigkeit, doch aufgrund der Tatsache, dass das Drumherum stark variiert, führt das auch bei öfterem sehen der Serie nur sehr langsam zu Abnutzungserscheinungen. Die Drehbuchautoren verstehen ihr Handwerk ohne Frage, da auch die meisten Gags zünden. Dabei bleiben diese, trotz der recht schlüpfrigen Grundhandlung, nahezu immer oberhalb der Gürtellinie. Was dennoch nicht heißt, das es sich hier um eine Serie für Kinder handelt, das Gesamtkonzept ist eindeutig auf ein älteres Publikum zugeschnitten. Selbst die Kinderfigur zeigt dies, so wird Jake zwar zu größten Teilen praktisch nur als verfressen und ein wenig dümmlich dargestellt ist aber dennoch ein gleichberechtigter Part, ohne zu sehr ins Lächerliche abzudriften.
Schön ist auch, das die Stereotypen nicht stur beibehalten werden. So kommt es, wenn auch selten, durchaus mal vor, das Charlie der Leidtragende unter seinen Affären ist oder Allan eine Frau kennen lernt und mit dieser einige Zeit, glücklich ist. Auf diese Weise wird eine gewisse Balance erreicht ohne direkt die Moralkeule zu schwingen.
Lobenswert zu erwähnen ist auch, dass sich die Charaktere im Verlauf der Serie, trotz meist in sich abgeschlossener Folgen, entwickeln. So nähern sich die Brüder einander nach und nach an, ohne jedoch an Streitpunkten zu verlieren. Die größte Wandlung ergibt sich jedoch aus dem, auch durch natürliche Umstände gegebenen, fortschreitenden Alter der Protagonisten. Während Allen davon recht wenig betroffen ist, bemerkt Charlie, das Sex mit jungen Frauen mit zunehmendem Alter doch recht anstrengend werden kann, genau wie auch der Rest seines hemmungslosen Lebens. Die größte Wandlung nimmt jedoch Jake, ist er zu Beginn praktisch noch auf Körperausscheidungen und Essen fixiert, entdeckt er mit höherem Alter das andere Geschlecht für sich, was die Männer in seiner Umgebung mit gemischten Gefühlen betrachten. Während Allan nicht wirklich wahrhaben will, dass sein Sohn älter wird und ihn weiterhin beschützen und verhätscheln will, freut sich Charlie darüber und brennt darauf seinem Neffen alles 'wissenswerte' beizubringen. In Anbetracht der Verhältnisse im Hause Harper ist es unausweichlich, dass sich aus dieser Situation weitere Reibungspunkte entwickeln.
Im Gegensatz zu den drei Hauptfiguren, die bereits zu Beginn der Serie ihre Hauptcharakteristikaa besitzen, nehmen die Nebenfiguren eine recht beachtliche Entwicklung: Rose, anfangs lediglich Charlies Stalkerin nach einem One-Night-Stand, wird mehr und mehr zum Ratgeber bei Problemen und Fixpunkt für Allan und Jake, ohne dabei jedoch ihre Obsession für Charlie zu verlieren. Zudem stellt sich im Verlauf der Serie heraus, dass sie mehrere akademische Grade besitzt und aus einer sehr reichen Familie stammt. Die zweite Frau im Haus, Berta, wandelt sich von der resoluten aber dennoch als Hilfe angestellten Putzfrau mehr und mehr zum Alphatier im Haus, vor dem praktisch alle zurückschrecken. Dennoch steht auch sie den Brüdern Harper bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite, wie auch, wenn auch eher unfreiwillig, umgekehrt. Im Gegensatz dazu erhält Evelynn Harper praktisch keine Hilfe von ihren Söhnen, so sie es denn vermeiden können. Sie hält ihre Söhne und ihren Enkel dennoch auf Trab, oft mit ihren neuen Freunden, so hatten Charlie und Allan bereits 5 Stiefväter, nachdem ihr leiblicher Vater bereits während ihrer Kindheit verstarb. Das beste Verhältnis zu Evelynn hat wohl ausgerechnet Judith, Allans Ex-Frau (wohingegen ihre Eltern Allan vergöttern und ihrer Tochter die Schuld am Scheitern der Ehe geben), die zunächst lediglich durch ihre hohen Alimente größeren Einfluss auf das Leben im Malibuer Strandhaus hat. Je länger Jake jedoch Zeit bei ihrem verhassten Schwager verbringt, umso mehr Einfluss nimmt sie auf dessen Leben und das ihres Ex-Manns. Sei es durch Selbsthilfegruppen, Affären mit anderen Männern (die Allan aufs Gemüt schlagen) oder schlussendlich mit einer neuen Beziehung.


Auf der darstellerischen Seite gibt es nicht allzu viel zu sagen. Charlie Sheen muss sich für seine Rolle in Anbetracht seiner Vita vermutlich nicht sonderlich anstrengen, was aber auf keinen Fall als Kritik zu verstehen ist, er ist schlicht brillant. Neben ihm überzeugt auch Jon Cryer als sein verklemmter Bruder Allan auf ganzer Linie, man könnte meinen diese Rolle wäre nur für ihn geschrieben worden. Eine gesonderte Bemerkung hat Angus T. Jones verdient: im Gegensatz zu vielen Kinderdarstellern, agiert er absolut ebenbürtig zu seinen erwachsenen Kollegen. Beachtlicherweise schafft er dies ohne irgendwie den Zuschauer durch zu überdrehtes Spiel oder übertriebene Niedlichkeit zu nerven Bleibt zu hoffen, das er mit fortschreitendem Alter weiter so gute Drehbücher bekommt. Auch der Rest der Darsteller sind absolut genial ausgesucht, jede auch nur annähernd regelmäßig vorkommende Rolle passt wie die Faust aufs Auge auf den entsprechenden Schauspieler. Selbst bei kleinsten Nebenrollen sind praktisch keine darstellerischen Fehlschläge zu verzeichnen.
Wie jede gute Serie weist auch 'Two and a half Man' eine illustre Versammlung von Stars in Gastauftritten auf. Diese reichen von selbstironischen Darstellungen ihrer selbst (Sean Penn, Elvis Costello, Steven Tyler) über hübsche Frauen als neue 'Opfer' für Charlie oder gelegentlich Allan bis hin zur genialen Darstellung von Martin Sheen, der als Rose Vater selbst Stalkerqualitäten zeigt.
Positiv ist auch die deutsche Synchronisation anzumerken, die sich zu größten Teilen nicht vor dem Original verstecken muss. Lediglich einige Sportwitze und amerikanische Wortspiele zünden im deutschen nicht ganz so gut.
Optisch und akustisch bietet die Serie oberstes TV-Niveau. Optisch wurde auf unnötige Spielereien verzichtet, was sich aber in keinster Weise negativ bemerkbar macht. Beim Titelsong bin ich mir nicht sicher ob der kurze einprägsame Opener noch Ohrwurmqualitäten hat oder bereits leicht nervig ist.

'Two and a half Men' hat sich mit all diesen Qualitäten eindeutig einen Platz im Reigen der besten Sitcoms gesichert und muss sich weder vor alten Klassikern wie der schrecklich netten Familie oder neueren Klassikern wie King of Queens verstecken.

In Deutschland sind bisher die ersten vier Staffeln der Serie auf DVD erschienen. Negativ ist lediglich das falsche Format der ersten Staffel anzumerken, was aber das Vergnügen nur minimal mindert. Bei allen übrigen Staffeln ist das Format ok. Bei Bild und Ton gibt es bei keiner der Boxen etwas zu beanstanden.
Kleine Trivialität am Rande: Charlie Harper hat ein Vorliebe für deutsches Bier, so trinkt er regelmäßig Becks und Radeberger