Durst - Thirst
Durst - Thirst
Durst - Thirst
Originaltitel: Bakjwi
Herstellungsland: Südkorea, USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Park Chan-wook
Darsteller: Song Kang-ho, Kim Ok-bin, Kim Hae-sook, Sin Ha-gyoon, Park In-hwan, Song Yeong-chang, Oh Dal-soo, Choi Hee-jin, Seo Dong-soo, Lee Hwa-ryong u.a.
Das Bild des Vampirs hat sich in den Medien über die Jahre hinweg immer wieder verändert und an Zeitgeistströmungen angepasst. Eine kleine Abhandlung dazu findet ihr im Übrigen [[http://www.joyclub.de/po|in der neuen PO]]. Aktuell haben in Sachen Vampir vor allem die Frauen die Hosen an. Egal ob Stephenie Meyer mit ihrer "Twilight Saga", Anne Rice mit ihrer "Chronik der Vampire" oder Charlaine Harris, die Schöpferin der TV Serie "True Blood", - die kreativen Impulse für das Vampirfilmgenre kommen aktuell verstärkt aus der eigentlichen "Zielgruppe" des sexy Blutsaugers. Umso neugieriger machte darum die Nachricht, dass sich mit Park Chan-wook, dem koreanischen Meister der fantastischen Bilder und großen Emotionen, endlich wieder einmal ein Mann dem Thema annehmen wollte.
Sang-hyeon ist ein mehr als idealistischer Priester. Sein Ziel: Den Menschen helfen, wo er nur kann. Sein aktueller Job als Krankenhausgeistlicher füllt ihn dabei nicht wirklich aus. Darum beschließt er an einem Forschungsprojekt in Afrika teilzunehmen, das die Auswirkungen spezieller Viren auf den menschlichen Körper testen und wirksame Impfstoffe zur Folge haben soll. Durch ein Versehen wird Sang-hyeon hierbei mittels einer Bluttransfusion mit dem Emanuel Virus infiziert. Dieser hatte bisher immer tödliche Folgen für die Infizierten, so auch für den Priester. Doch just in dem Moment, in dem Sang-hyeon für tot erklärt wird, kehrt das Leben in seinen Körper zurück. Während alle um ihn herum an ein Wunder glauben, entdeckt der Priester, dass Merkwürdiges mit ihm vorgeht. Er braucht keine Brille mehr, seine Kräfte haben sich exponentiell gesteigert, all seine Sinne sind bis ins Extrem geschärft, die Sonne verbrennt ihn buchstäblich und er verspürt einen unstillbaren Durst. Nach Blut. Dieses braucht er vor allem, um dem immer noch in seinem Körper wütenden Emanuel Virus Einhalt zu gebieten.
Fortan lebt Sang-hyeon in einem seltsamen Zwiespalt zwischen dem Drang zu leben und seinen religiösen Ansichten. So zwingt ihn sein "neues", blutgieriges Leben förmlich dazu, zu lügen. Und auch andere Sünden gehen ihm unerwartet leicht von der Hand. Glücksspiel? Blutige Völlerei? Sündige Gedanken? Nur noch kleine Sünden für Sang-hyeon. Obendrein begehrt er die Frau eines guten Freundes! Diese bringt ihm in der Folge die Sexualität näher und blüht selbst in der Affäre mit Sang-hyeon förmlich auf. Nach diesem (häufig wiederholten) Sündenfall beschließt der Priester fast schon verzweifelt, zumindest das Ermorden von Menschen auf jeden Fall zu unterbinden. Egal wie dringend er ihr Blut auch brauchen möge. Aber freilich kann ihm seine große Liebe Tae-ju nur dann gehören, wenn ihr Mann aus dem Weg geräumt ist. Also übertritt Sang-hyeon auch noch diese letzte Grenze und tritt eine Lawine unaufhaltbarer Ereignisse los …
Die Verdienste des Regisseurs Park Chan-wook für die Wahrnehmung des koreanischen Filmes im Ausland kann man vermutlich gar nicht hoch genug einschätzen. Mit seinen Filmen "Joint Security Area" und "Oldboy" (der aktuell von Steven Spielberg und Will Smith mit einem Remake versehen wird!) sorgte er im Alleingang dafür, dass vor allem europäische und amerikanische Cineasten die südkoreanische Filmindustrie genauer in Augenschein nahmen. Und es sollte sich über die Maßen lohnen, diesen Schritt zu wagen, entpuppte sich das koreanische Kino doch als ungebremst idealistische Filmfabrik mit einem großen Augenmerk für wirklich unterhaltsame Streifen.
Diese Unterhaltungsausrichtung kommt Park Chan-wook allerdings nicht wirklich entgegen. Berührte sein erster großer Erfolg "Joint Security Area" noch ein traumatisches Thema für die Nation (der Wunsch nach der Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea schwebt hier über jedem Bild des grandios konstruierten Thrillers) und wurde zum Blockbuster, gerieten seine Folgefilme, darunter seine großartige Rachetrilogie, für den heimischen Markt zu sperrig, kopflastig und theatralisch. In der Folge hatte und hat Park Chan-wook große Probleme, seine Filme finanziert zu bekommen, was dadurch verschärft wird, dass sein Drang nach Perfektionismus nicht unbedingt billig umzusetzen ist.
Um sein jahrelang geplantes Herzensprojekt "Durst - Thirst" realisieren zu können, schloss sich der Regisseur darum erstmals in der Geschichte der koreanischen Filmfabrik mit einem amerikanischen Studio kurz. Und die Amerikaner ließen ihm dabei vollkommen freie Hand, was man dem Film nun auch ansieht. Dieser ist nämlich definitiv der theatralischste und artifiziellste Streifen des Koreaners, der gar nicht erst versucht, seine etwas sprunghafte Dramaturgie zu verschleiern oder wirklich alles zu erklären. Damit ist dann bei einer Laufzeit von 135 Minuten auch die eine oder andere Länge verbunden, was man von Park Chan-wook nicht unbedingt gewohnt ist.
Und dennoch entwickelt sein Film eine enorme Sogkraft, die vor allem aus dem inneren Konflikt des Priesters zehrt, der beständig versucht, einen "menschlichen" Weg für sein Überleben zu finden und seine Seele nicht dem blutrünstigen Virus in sich zu opfern. Und obwohl Park Chan-wook selbst abstreitet, dass es ihm darum ging, religiösen Glauben ins Visier zu nehmen, verschießt er definitiv einige Spitzen in Richtung des vornehmlich christlichen Glaubens. Hochinteressant ist dabei vor allem der konsequent auf die Spitze getriebene Konflikt, in dem der Priester steckt. Denn Menschen zu töten, um zu überleben, ist freilich eine große Sünde. Doch auch Selbstmord wäre kein Ausweg, gilt dieser doch ebenfalls als Sünde. Was also tun?
Nicht nur anhand dieser Widersprüchlichkeiten, in denen die Hauptfigur steckt, versteht es Park Chan-wook meisterlich, die Spannungsschraube immer weiter anzuziehen. Auch und vor allem wenn die Beziehung zwischen Sang-hyeon und Tae-ju eine ungeahnte und fatale Eigendynamik ausbildet, entwickelt der Film eine unglaubliche Intensität, die teils sogar verstörende Dimensionen erreicht. Interessant ist auch der beständig unter dem Film flirrende Subtext. Denn dass sich Sang-hyeon ungewollt und unverschuldet mittels Bluttransfusion zufällig mit einem Virus ansteckt, der nicht übers Küssen, sehr wohl aber über Blutaustausch übertragen werden kann und hundertprozentig tödlich verläuft, lässt einen häufiger an eine Allegorie auf das HIVirus/die Aidskrankheit denken.
Obwohl der Film eindeutig im Horrorgenre verankert ist, verpasst ihm Park Chan-wook einige herrliche Humorspitzen. Der angeschlagene Ton ist dabei sehr eigenwillig, grandios lakonisch und teils tiefschwarz geraten. Da haben zwei Mörder einen eingebildeten Dreier mit ihrem Todesopfer, Sang-hyeon schläft in einem extravaganten Sarg (einem umgekippten Kleiderschrank) und irgendwann beschließt Sang-hyeon lebensmüden Menschen "Sterbehilfe zu leisten" – das sei viel humaner, als einfach wahllos irgendwen zu töten. Die Szenen, die man wohl eher mit dem Horrorgenre verbindet, liegen beständig irgendwo zwischen Faszination und Ekel und verlangen hier und da definitiv einen stabilen Magen beim Publikum. Alleine die gänsehauterregenden Schmatzgeräusche beim Blutgenuss lassen es einem eiskalt den Rücken hinunterlaufen. Dabei fließt der Lebenssaft teils in Strömen, doch Park Chan-wook lässt sich niemals zu selbstzweckhaften Splatterexzessen hinreißen. Alle Bluteffekte stehen durchweg im Dienste des Streifens und atmen durchweg Park Chan-wooks Gespür für Stilisierung.
Und damit sind wir beim Thema. Was Park Chan-wook hier in optischer Hinsicht auf den Zuschauer loslässt, ist einfach vom Allerfeinsten. Jede noch so winzige Szene wirkt bis ins Kleinste durchgeplant. Kein einziges Detail mutet überflüssig oder zufällig an. Die Kamerafahrten sind edel bis ins Mark und die Totalen möchte man sich gerahmt ins Zimmer hängen. Dazu arbeitet der Regisseur wie gewohnt mit einer starken Farbdramaturgie. Diese beginnt in Bezug auf den ganzen Film mit erdigen und kräftigen Farben, wird zunehmend trister und kälter, mündet in ein grelles, neonhelles, eiskaltes Lichtermeer und endet versöhnlich und romantisch mit sonnendurchfluteten Bildern formvollendeter Schönheit. Das sich bei diesen schönen Bildern nicht wirklich zwingend Schönes abspielen muss, ist bei Park Chan-wook Prinzip.
Doch man muss bei Park Chan-wook auch immer auf die Einzelheiten achten. Hier lohnt schon ein Blick auf die Kleidung und das Äußere der Figuren. Nehmen wir Tae-ju. Die zunächst von allen unterdrückte Frau wird in schlichten, farbarmen, eher erdig gehaltenen Kleidungsstücken eingeführt. Sie ist selbst ungeheuer blass und wirkt ungepflegt. Mit ihrer Beziehung zu dem Priester kehren ihre Lust am Leben und die Lust an der Lust zurück. Sie selbst leuchtet von innen heraus, ihr Äußeres verliert den ungepflegten Schmuddellook und sie trägt schöne, farbig kraftvollere Kleider, um eben den Priester auch verführen zu können. Eine ganz neue Rolle für sie. Das Finale bestreitet sie in strahlendem, kräftigem Blau. Laut Farblehre die Farbe, die sowohl für Sehnsucht als auch für Kälte steht. Dabei trifft auf Tae-ju beides zu! Zum einen die Sehnsucht nach dem ewigen, zügellosen Leben, zum anderen eine gewisse emotionale Kälte, was ihre Beziehung zu Sang-hyeon angeht. Diese Detailversessenheit des Regisseurs spiegelt sich auch in der Gestaltung der Wohnungen und den ausgesuchten Drehorten unisono wider. Grandios.
Auch die wenigen, sehr subtil gesetzten Spezialeffekte wissen durchweg zu gefallen. Diese reichen von unter der Haut pulsierenden Adern hin zu halsbrecherischen, wunderbar abgehobenen/schwerelosen Streifzügen über die Dächer der Stadt, in der "Durst - Thirst" spielt. Ein wichtiges Stilmittel des koreanischen Regisseurs ist seine Vorliebe, besondere Schlüsselmomente nicht durch gesprochene Worte zu torpedieren, sondern sich lieber auf die durch die Szenen transportierten Stimmungen zu verlassen und jene mit klassischer Musik (diesmal liegt der Fokus deutlich auf Bach) zu untermalen. Ein Verfahren, das seine Wirkung auch in "Durst - Thirst" nicht verfehlt.
Doch neben Stil, Humor, Blutfontainen und Aidssubtext hat "Durst - Thirst" auch ziemlich viel Sex. Dabei nicht durchweg in Form blanker Haut, sondern eher verkörpert durch die Hauptdarstellerin Kim Ok-bin, die hier eine unglaubliche darstellerische Leistung abliefert. Vom unscheinbaren, verhuschten Weibchen an der Seite eines Losers und unterdrückt von dessen Mutter mutiert sie zum Quell sexueller Freuden für Sang-hyeon und entdeckt mit ihrer Zuneigung zu dem Priester auch eine gewisse manipulierende Ader in sich, die sie auch voll auslebt, um dem Film damit eine fatale Wendung nach der anderen zu bescheren. Was sie infolgedessen vor allem gegen Ende an schauspielerischer Präsenz und Wucht offenbart, ist absolut unglaublich.
Song Kang-ho begegnet ihr dabei als Priester durchweg auf Augenhöhe. Der Mime gehört zu den Universalwaffen des koreanischen Kinos, die von komödiantischen Rollen ("The Good the Bad the Weird") über Horror ("The Host") bis Drama ("Memories of Murder") alle schauspielerischen Facetten drauf hat und dies hier wieder eindrücklich mit einer unglaublich zurückhaltenden, immer stimmigen Leistung untermauert. Dabei sind Song Kang-ho und der Regisseur im Übrigen alte Weggefährten, fragte Park Chan-wook den Edelmimen doch schon bei den gemeinsamen Dreharbeiten zu "Joint Security Area", ob er Lust habe, einmal einen Vampir zu spielen.
Der restliche Cast fällt leider dem etwas theatralischen Grundton des Filmes zum Opfer und nervt ab und an mit überzogenem Overacting. Da sich der Film glücklicherweise aber sehr auf seine beiden Hauptfiguren konzentriert, fällt dies nicht so sehr auf.
Was bleibt, ist ein Film, der dem aktuell arg romantisierten Vampirgenre definitiv neue, blutige Impulse verleiht und richtig gegen den Strich gebürstet wurde. Dafür sorgt schon die Wahl der Hauptfigur, die in Form eines Vampir-Priesters nicht wirklich zu den Elementen gehört, die einem als erstes in den Sinn kommen, wenn man an Vampirfilme denkt. Die für die Figur entstehenden moralischen Konflikte und die Folgen ihres Handelns sorgen dabei für eine durchweg konstante Spannungskurve, aber auch für herrlich schwarzen Humor. Veredelt wird der Film durch zwei grandiose Hauptdarsteller und Park Chan-wooks unglaublich stilvolle Inszenierung setzt dem ganzen Unterfangen dann die Krone auf. Seine etwas holprige Dramaturgie und eine etwas sperrige Anmutung machen "Durst - Thirst" aber gleichzeitig zu einer Herausforderung...
Blu Ray und DVD von der MFA+ Filmdistribution präsentieren den Film mit einer FSK 16 uncut und absolut sauber und fehlerfrei. Die Farbdramaturgie Park Chan-wooks wird dadurch tadellos in die heimischen Wohnzimmer transportiert. Der Sound ist dem Thema entsprechend eher verhalten, sorgt aber hin und wieder für eine wohlige Gänsehaut. Sei es ob der gar fürchterlichen Saug- und Schmatzgeräusche oder wegen der tollen Musik. Leider werden die Extras dem Film nicht wirklich gerecht. Hier findet man nur zwei Kinotrailer von "Durst - Thirst", eine Trailershow, ein "Questions & Answers" auf dem Fantasy Filmfest und Ausschnitte von der Autogrammstunde auf selbigem Filmfestival. Einzig das "Questions & Answers" Feature liefert einige Einblicke in den Film. Ansonsten ist das Ganze leider arg gehaltlos.
In diesem Sinne:
freeman
Originaltitel: Bakjwi
Herstellungsland: Südkorea, USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Park Chan-wook
Darsteller: Song Kang-ho, Kim Ok-bin, Kim Hae-sook, Sin Ha-gyoon, Park In-hwan, Song Yeong-chang, Oh Dal-soo, Choi Hee-jin, Seo Dong-soo, Lee Hwa-ryong u.a.
Das Bild des Vampirs hat sich in den Medien über die Jahre hinweg immer wieder verändert und an Zeitgeistströmungen angepasst. Eine kleine Abhandlung dazu findet ihr im Übrigen [[http://www.joyclub.de/po|in der neuen PO]]. Aktuell haben in Sachen Vampir vor allem die Frauen die Hosen an. Egal ob Stephenie Meyer mit ihrer "Twilight Saga", Anne Rice mit ihrer "Chronik der Vampire" oder Charlaine Harris, die Schöpferin der TV Serie "True Blood", - die kreativen Impulse für das Vampirfilmgenre kommen aktuell verstärkt aus der eigentlichen "Zielgruppe" des sexy Blutsaugers. Umso neugieriger machte darum die Nachricht, dass sich mit Park Chan-wook, dem koreanischen Meister der fantastischen Bilder und großen Emotionen, endlich wieder einmal ein Mann dem Thema annehmen wollte.
Sang-hyeon ist ein mehr als idealistischer Priester. Sein Ziel: Den Menschen helfen, wo er nur kann. Sein aktueller Job als Krankenhausgeistlicher füllt ihn dabei nicht wirklich aus. Darum beschließt er an einem Forschungsprojekt in Afrika teilzunehmen, das die Auswirkungen spezieller Viren auf den menschlichen Körper testen und wirksame Impfstoffe zur Folge haben soll. Durch ein Versehen wird Sang-hyeon hierbei mittels einer Bluttransfusion mit dem Emanuel Virus infiziert. Dieser hatte bisher immer tödliche Folgen für die Infizierten, so auch für den Priester. Doch just in dem Moment, in dem Sang-hyeon für tot erklärt wird, kehrt das Leben in seinen Körper zurück. Während alle um ihn herum an ein Wunder glauben, entdeckt der Priester, dass Merkwürdiges mit ihm vorgeht. Er braucht keine Brille mehr, seine Kräfte haben sich exponentiell gesteigert, all seine Sinne sind bis ins Extrem geschärft, die Sonne verbrennt ihn buchstäblich und er verspürt einen unstillbaren Durst. Nach Blut. Dieses braucht er vor allem, um dem immer noch in seinem Körper wütenden Emanuel Virus Einhalt zu gebieten.
Fortan lebt Sang-hyeon in einem seltsamen Zwiespalt zwischen dem Drang zu leben und seinen religiösen Ansichten. So zwingt ihn sein "neues", blutgieriges Leben förmlich dazu, zu lügen. Und auch andere Sünden gehen ihm unerwartet leicht von der Hand. Glücksspiel? Blutige Völlerei? Sündige Gedanken? Nur noch kleine Sünden für Sang-hyeon. Obendrein begehrt er die Frau eines guten Freundes! Diese bringt ihm in der Folge die Sexualität näher und blüht selbst in der Affäre mit Sang-hyeon förmlich auf. Nach diesem (häufig wiederholten) Sündenfall beschließt der Priester fast schon verzweifelt, zumindest das Ermorden von Menschen auf jeden Fall zu unterbinden. Egal wie dringend er ihr Blut auch brauchen möge. Aber freilich kann ihm seine große Liebe Tae-ju nur dann gehören, wenn ihr Mann aus dem Weg geräumt ist. Also übertritt Sang-hyeon auch noch diese letzte Grenze und tritt eine Lawine unaufhaltbarer Ereignisse los …
Die Verdienste des Regisseurs Park Chan-wook für die Wahrnehmung des koreanischen Filmes im Ausland kann man vermutlich gar nicht hoch genug einschätzen. Mit seinen Filmen "Joint Security Area" und "Oldboy" (der aktuell von Steven Spielberg und Will Smith mit einem Remake versehen wird!) sorgte er im Alleingang dafür, dass vor allem europäische und amerikanische Cineasten die südkoreanische Filmindustrie genauer in Augenschein nahmen. Und es sollte sich über die Maßen lohnen, diesen Schritt zu wagen, entpuppte sich das koreanische Kino doch als ungebremst idealistische Filmfabrik mit einem großen Augenmerk für wirklich unterhaltsame Streifen.
Diese Unterhaltungsausrichtung kommt Park Chan-wook allerdings nicht wirklich entgegen. Berührte sein erster großer Erfolg "Joint Security Area" noch ein traumatisches Thema für die Nation (der Wunsch nach der Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea schwebt hier über jedem Bild des grandios konstruierten Thrillers) und wurde zum Blockbuster, gerieten seine Folgefilme, darunter seine großartige Rachetrilogie, für den heimischen Markt zu sperrig, kopflastig und theatralisch. In der Folge hatte und hat Park Chan-wook große Probleme, seine Filme finanziert zu bekommen, was dadurch verschärft wird, dass sein Drang nach Perfektionismus nicht unbedingt billig umzusetzen ist.
Um sein jahrelang geplantes Herzensprojekt "Durst - Thirst" realisieren zu können, schloss sich der Regisseur darum erstmals in der Geschichte der koreanischen Filmfabrik mit einem amerikanischen Studio kurz. Und die Amerikaner ließen ihm dabei vollkommen freie Hand, was man dem Film nun auch ansieht. Dieser ist nämlich definitiv der theatralischste und artifiziellste Streifen des Koreaners, der gar nicht erst versucht, seine etwas sprunghafte Dramaturgie zu verschleiern oder wirklich alles zu erklären. Damit ist dann bei einer Laufzeit von 135 Minuten auch die eine oder andere Länge verbunden, was man von Park Chan-wook nicht unbedingt gewohnt ist.
Und dennoch entwickelt sein Film eine enorme Sogkraft, die vor allem aus dem inneren Konflikt des Priesters zehrt, der beständig versucht, einen "menschlichen" Weg für sein Überleben zu finden und seine Seele nicht dem blutrünstigen Virus in sich zu opfern. Und obwohl Park Chan-wook selbst abstreitet, dass es ihm darum ging, religiösen Glauben ins Visier zu nehmen, verschießt er definitiv einige Spitzen in Richtung des vornehmlich christlichen Glaubens. Hochinteressant ist dabei vor allem der konsequent auf die Spitze getriebene Konflikt, in dem der Priester steckt. Denn Menschen zu töten, um zu überleben, ist freilich eine große Sünde. Doch auch Selbstmord wäre kein Ausweg, gilt dieser doch ebenfalls als Sünde. Was also tun?
Nicht nur anhand dieser Widersprüchlichkeiten, in denen die Hauptfigur steckt, versteht es Park Chan-wook meisterlich, die Spannungsschraube immer weiter anzuziehen. Auch und vor allem wenn die Beziehung zwischen Sang-hyeon und Tae-ju eine ungeahnte und fatale Eigendynamik ausbildet, entwickelt der Film eine unglaubliche Intensität, die teils sogar verstörende Dimensionen erreicht. Interessant ist auch der beständig unter dem Film flirrende Subtext. Denn dass sich Sang-hyeon ungewollt und unverschuldet mittels Bluttransfusion zufällig mit einem Virus ansteckt, der nicht übers Küssen, sehr wohl aber über Blutaustausch übertragen werden kann und hundertprozentig tödlich verläuft, lässt einen häufiger an eine Allegorie auf das HIVirus/die Aidskrankheit denken.
Obwohl der Film eindeutig im Horrorgenre verankert ist, verpasst ihm Park Chan-wook einige herrliche Humorspitzen. Der angeschlagene Ton ist dabei sehr eigenwillig, grandios lakonisch und teils tiefschwarz geraten. Da haben zwei Mörder einen eingebildeten Dreier mit ihrem Todesopfer, Sang-hyeon schläft in einem extravaganten Sarg (einem umgekippten Kleiderschrank) und irgendwann beschließt Sang-hyeon lebensmüden Menschen "Sterbehilfe zu leisten" – das sei viel humaner, als einfach wahllos irgendwen zu töten. Die Szenen, die man wohl eher mit dem Horrorgenre verbindet, liegen beständig irgendwo zwischen Faszination und Ekel und verlangen hier und da definitiv einen stabilen Magen beim Publikum. Alleine die gänsehauterregenden Schmatzgeräusche beim Blutgenuss lassen es einem eiskalt den Rücken hinunterlaufen. Dabei fließt der Lebenssaft teils in Strömen, doch Park Chan-wook lässt sich niemals zu selbstzweckhaften Splatterexzessen hinreißen. Alle Bluteffekte stehen durchweg im Dienste des Streifens und atmen durchweg Park Chan-wooks Gespür für Stilisierung.
Und damit sind wir beim Thema. Was Park Chan-wook hier in optischer Hinsicht auf den Zuschauer loslässt, ist einfach vom Allerfeinsten. Jede noch so winzige Szene wirkt bis ins Kleinste durchgeplant. Kein einziges Detail mutet überflüssig oder zufällig an. Die Kamerafahrten sind edel bis ins Mark und die Totalen möchte man sich gerahmt ins Zimmer hängen. Dazu arbeitet der Regisseur wie gewohnt mit einer starken Farbdramaturgie. Diese beginnt in Bezug auf den ganzen Film mit erdigen und kräftigen Farben, wird zunehmend trister und kälter, mündet in ein grelles, neonhelles, eiskaltes Lichtermeer und endet versöhnlich und romantisch mit sonnendurchfluteten Bildern formvollendeter Schönheit. Das sich bei diesen schönen Bildern nicht wirklich zwingend Schönes abspielen muss, ist bei Park Chan-wook Prinzip.
Doch man muss bei Park Chan-wook auch immer auf die Einzelheiten achten. Hier lohnt schon ein Blick auf die Kleidung und das Äußere der Figuren. Nehmen wir Tae-ju. Die zunächst von allen unterdrückte Frau wird in schlichten, farbarmen, eher erdig gehaltenen Kleidungsstücken eingeführt. Sie ist selbst ungeheuer blass und wirkt ungepflegt. Mit ihrer Beziehung zu dem Priester kehren ihre Lust am Leben und die Lust an der Lust zurück. Sie selbst leuchtet von innen heraus, ihr Äußeres verliert den ungepflegten Schmuddellook und sie trägt schöne, farbig kraftvollere Kleider, um eben den Priester auch verführen zu können. Eine ganz neue Rolle für sie. Das Finale bestreitet sie in strahlendem, kräftigem Blau. Laut Farblehre die Farbe, die sowohl für Sehnsucht als auch für Kälte steht. Dabei trifft auf Tae-ju beides zu! Zum einen die Sehnsucht nach dem ewigen, zügellosen Leben, zum anderen eine gewisse emotionale Kälte, was ihre Beziehung zu Sang-hyeon angeht. Diese Detailversessenheit des Regisseurs spiegelt sich auch in der Gestaltung der Wohnungen und den ausgesuchten Drehorten unisono wider. Grandios.
Auch die wenigen, sehr subtil gesetzten Spezialeffekte wissen durchweg zu gefallen. Diese reichen von unter der Haut pulsierenden Adern hin zu halsbrecherischen, wunderbar abgehobenen/schwerelosen Streifzügen über die Dächer der Stadt, in der "Durst - Thirst" spielt. Ein wichtiges Stilmittel des koreanischen Regisseurs ist seine Vorliebe, besondere Schlüsselmomente nicht durch gesprochene Worte zu torpedieren, sondern sich lieber auf die durch die Szenen transportierten Stimmungen zu verlassen und jene mit klassischer Musik (diesmal liegt der Fokus deutlich auf Bach) zu untermalen. Ein Verfahren, das seine Wirkung auch in "Durst - Thirst" nicht verfehlt.
Doch neben Stil, Humor, Blutfontainen und Aidssubtext hat "Durst - Thirst" auch ziemlich viel Sex. Dabei nicht durchweg in Form blanker Haut, sondern eher verkörpert durch die Hauptdarstellerin Kim Ok-bin, die hier eine unglaubliche darstellerische Leistung abliefert. Vom unscheinbaren, verhuschten Weibchen an der Seite eines Losers und unterdrückt von dessen Mutter mutiert sie zum Quell sexueller Freuden für Sang-hyeon und entdeckt mit ihrer Zuneigung zu dem Priester auch eine gewisse manipulierende Ader in sich, die sie auch voll auslebt, um dem Film damit eine fatale Wendung nach der anderen zu bescheren. Was sie infolgedessen vor allem gegen Ende an schauspielerischer Präsenz und Wucht offenbart, ist absolut unglaublich.
Song Kang-ho begegnet ihr dabei als Priester durchweg auf Augenhöhe. Der Mime gehört zu den Universalwaffen des koreanischen Kinos, die von komödiantischen Rollen ("The Good the Bad the Weird") über Horror ("The Host") bis Drama ("Memories of Murder") alle schauspielerischen Facetten drauf hat und dies hier wieder eindrücklich mit einer unglaublich zurückhaltenden, immer stimmigen Leistung untermauert. Dabei sind Song Kang-ho und der Regisseur im Übrigen alte Weggefährten, fragte Park Chan-wook den Edelmimen doch schon bei den gemeinsamen Dreharbeiten zu "Joint Security Area", ob er Lust habe, einmal einen Vampir zu spielen.
Der restliche Cast fällt leider dem etwas theatralischen Grundton des Filmes zum Opfer und nervt ab und an mit überzogenem Overacting. Da sich der Film glücklicherweise aber sehr auf seine beiden Hauptfiguren konzentriert, fällt dies nicht so sehr auf.
Was bleibt, ist ein Film, der dem aktuell arg romantisierten Vampirgenre definitiv neue, blutige Impulse verleiht und richtig gegen den Strich gebürstet wurde. Dafür sorgt schon die Wahl der Hauptfigur, die in Form eines Vampir-Priesters nicht wirklich zu den Elementen gehört, die einem als erstes in den Sinn kommen, wenn man an Vampirfilme denkt. Die für die Figur entstehenden moralischen Konflikte und die Folgen ihres Handelns sorgen dabei für eine durchweg konstante Spannungskurve, aber auch für herrlich schwarzen Humor. Veredelt wird der Film durch zwei grandiose Hauptdarsteller und Park Chan-wooks unglaublich stilvolle Inszenierung setzt dem ganzen Unterfangen dann die Krone auf. Seine etwas holprige Dramaturgie und eine etwas sperrige Anmutung machen "Durst - Thirst" aber gleichzeitig zu einer Herausforderung...
Blu Ray und DVD von der MFA+ Filmdistribution präsentieren den Film mit einer FSK 16 uncut und absolut sauber und fehlerfrei. Die Farbdramaturgie Park Chan-wooks wird dadurch tadellos in die heimischen Wohnzimmer transportiert. Der Sound ist dem Thema entsprechend eher verhalten, sorgt aber hin und wieder für eine wohlige Gänsehaut. Sei es ob der gar fürchterlichen Saug- und Schmatzgeräusche oder wegen der tollen Musik. Leider werden die Extras dem Film nicht wirklich gerecht. Hier findet man nur zwei Kinotrailer von "Durst - Thirst", eine Trailershow, ein "Questions & Answers" auf dem Fantasy Filmfest und Ausschnitte von der Autogrammstunde auf selbigem Filmfestival. Einzig das "Questions & Answers" Feature liefert einige Einblicke in den Film. Ansonsten ist das Ganze leider arg gehaltlos.
In diesem Sinne:
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Ich hab den vor einigen Tagen auch gesehen und würde mich Freemans Notengebung anschliessen. Kein einfacher Vampirfilm - ein Meisterwerk der Cinematografie, hervorragende Darsteller und dazu ein Film, der so viele verschiedene kleine Facetten beeinhaltet und dazu noch so komplett unberechenbar ist - ein schwieriger aber richtig guter Film.
Klingt interessant. Danke für die Review.
Scheinbar die professionellere und bessere Version dieser Vampirvariante, wie in dem Independend Low Budget Film "Reign in Darkness" zu sehen war.
Werd ich mal reinschauen. :)
Klingen die Saug und Schmatzgeräusche wirklich so schlimm?
Im PC Game "Vampire: The Masquerade" fand ich die Sauggeräusche der Vampirladys schon erregend *gg*
Scheinbar die professionellere und bessere Version dieser Vampirvariante, wie in dem Independend Low Budget Film "Reign in Darkness" zu sehen war.
Werd ich mal reinschauen. :)
Klingen die Saug und Schmatzgeräusche wirklich so schlimm?
Im PC Game "Vampire: The Masquerade" fand ich die Sauggeräusche der Vampirladys schon erregend *gg*
"Rourke vor Gericht bringen? Ja sicher...und wenn ich dieses Wunder vollbracht hab schlage ich Gott K.O."
- John_Clark
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Sagen wir so, ich hab mich nicht wahnsinnig auf Saug- und Schmatzgeräusche konzentriert - so fielen die mir gar nicht so krass auf :)Alrik hat geschrieben: Klingen die Saug und Schmatzgeräusche wirklich so schlimm?
Im PC Game "Vampire: The Masquerade" fand ich die Sauggeräusche der Vampirladys schon erregend *gg*
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Definitiv eine Herausforderung, die, wenn man sich drauf einlässt, durchaus eine Erfüllung darstellen kann. Eine in jedem Moment gegen den Strich gebürstete Story, die deshalb umso theatralischer (und somit auch schwermütiger) ausfällt, aber insgesamt umso erfrischender wirkt, da der Vampirmythos einmal von ganz Neuem aufgerollt wird. Ein Priester, welcher sich seinen neuen Gelüsten hingibt, macht aus dem im Horrorgenre verpflanzten Film, ein verstörendes Charakterdrama und hievt den Film somit auf eine Metabene, welche ihren Horror weniger im Genre selbst, denn in den Personen sucht, um die es geht. So sind die gruseligsten Szenen die, welche sich in den Köpfen der Darsteller abspielen (einen Dreier mit einem Todesopfer wird man so schnell nicht vergessen!).
Optisch über jede Zweifel erhaben, oszilliert die Stimmung immer zwischen schön und grausam, stets aber schaurig.
Optisch über jede Zweifel erhaben, oszilliert die Stimmung immer zwischen schön und grausam, stets aber schaurig.
Mit freundlichem Gruß
LivingDead
LivingDead
Ästhetisch faszinierendes Vampirdrama, das dramaturgisch auf konventionellen Schienen fährt, allerdings ein paar Rollentypen auf links dreht und auf diverse Klischees verzichtet - selbst die Reißzähne werden als überflüssig erachtet. Befreit von all dem traditionell überlieferten Tand tritt der Durst als innerster Drang in den Vordergrund, und Bedrohung ergibt sich durch religiöse / sexuelle Verdichtungen, experimentelle, schwunghafte Kamerafahrten und die immense Ausstrahlung insbesondere der Hauptdarstellerin, die im späteren Verlauf einige Gänsehautmomente erzeugt. Wie man das von Park Chan-wook erwarten konnte, gehen mit den inhaltlichen Ambitionen auch visuelle einher: Gerade die Szenen, in denen die immensen Kräfte der Vampire veranschaulicht werden und sie mit einem Griff einen ganzen Sessel inkl. Person ohne sichtbare Mühe hochheben oder meterweite Sprünge ausrichten, sind von ihrer Idee zwar so typisch für den Vampirfilm, sehen aber in der Praxis unvergleichbar leichtfüßig und dadurch auch unheimlich aus.
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