Takedown
Takedown
Originaltitel: Takedown (aka Transparency)
Herstellungsland: Kanada
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Raul Sanchez Inglis
Darsteller: Lou Diamond Phillips, Estella Warren, Deborah Kara Unger, Anja Savcic, Kendall Cross, Emma Sutton, ...
Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=BYQm8gLXiqg
Bei der kanadischen Low-Budget-Produktion „Takedown“ handelt es sich um einen relativ gelungenen dramatischen Selbstjustiz-Thriller aus dem Jahre 2010, der einen unweigerlich (in gleich mehreren Belangen) an Pierre Morel´s Hitfilm „Taken“ erinnert, ursprünglich mal den Titel „Transparency“ trug, von Raul Sanchez Inglis („Vice“) verfasst und in Szene gesetzt wurde sowie aufgrund seiner gesamten qualitativen Beschaffenheit durchaus als eine der wenigen brauchbaren Veröffentlichungen aus dem Hause der in L.A. ansässigen B-Movie-Schmiede „American World Pictures“ bezeichnet werden kann…
Seit nunmehr fünf Jahren vermag man das Leben Davids (Lou Diamond Phillips) getrost als einen „ziemlichen Scherbenhaufen“ zu umschreiben: Damals wurde seine Tochter Meg (Emma Sutton) Opfer eines brutalen Vergewaltigers – wofür ihm nicht nur seine Frau Billie (Kendall Cross) eine gewisse Mitschuld zusprach, sondern er sich selbst ebenfalls, was u.a. dazu führte, dass ihre Ehe in die Brüche ging und er zudem auch seinen Job als Polizist verlor. Inzwischen hat er zumindest wieder einigermaßen Tritt gefasst und arbeitet nun als Wachmann für ein großes internationales Unternehmen. Auf dessen Firmengelände entdeckt er eines Nachts bei der Routineüberprüfung eines Trucks ein verängstigtes serbisches Mädchen namens Anja (Anja Savcic), das sich unbemerkt in der Fahrerkabine aufgehalten hatte, während ihre Schwester (zusammen mit etlichen anderen jungen Osteuropäerinnen) hinten im Laderaum grausam ermordet wurde: Obwohl sie einander (sprachlich) nicht verstehen, sagt er ihr seine Hilfe zu – wird allerdings gleich darauf von einem Mann angegriffen, welchen er im Rahmen der folgenden Auseinandersetzung zwar töten kann, doch erst nachdem er selbst von jenem eine Kugel in den Körper gejagt bekommt…
Als er einige Zeit später (aus einer im Anschluss erlittenen Bewusstlosigkeit) erneut zu sich gelangt, findet er sich (statt in einer „regulären Klinik“) auf einer Art Krankenstation seines Arbeitgebers wieder – wo er schon bald Bekanntschaft mit der entsandten Firmenanwältin Danielle (Deborah Kara Unger) macht, die ihm unverzüglich ein vorbereitetes Statement zur Unterschrift vorlegt, dessen Inhalt aber stark von den tatsächlichen Ereignissen abweicht. Nicht bloß in Anbetracht tief blicken lassender Aussagen, wie dass es in seinem „besten Interesse“ sei, das Dokument so abzuzeichnen, wird ihm rasch klar, in welch eine Situation er offenbar hineingeraten ist – worauf er sich zur Wehr setzt, seinen Weg aus der Einrichtung freikämpft sowie erst einmal untertaucht, da man ihn in der Öffentlichkeit obendrein als eine „Gefahr für die nationale Sicherheit“ diffamiert. Fest dazu entschlossen, sein gegebenes Wort auf jeden Fall zu halten, beginnt er fortan damit, u.a. mit der Hilfe der Leiterin eines Frauenhauses (Estella Warren) im illegalen Rotlicht-Milieu der Stadt nach Anja zu suchen: Im Zuge dessen nimmt er es nicht nur mit den verantwortlichen Menschenhändlern und Bodellbetreibern auf – sondern zugleich auch mit dem (über höchst umfangreiche „Ressourcen“ verfügenden) Konzern im Hintergrund…
„Takedown“ eröffnet in Gestalt einer Rückblende, innerhalb derer ein von David begleiteter Suchtrupp seine Tochter (ihrer Verschleppung und dem genannten Verbrechen folgend) im nächtlichen Wald auffindet – was dem Werk von Anfang an eine düster-kühle Atmosphäre verleiht, die im anknüpfenden Verlauf kontinuierlich aufrecht erhalten sowie gar noch weiter (hin zu einer durchgehend trostlosen Basis-Stimmung) verdichtet wird. Speziell in dieser Hinsicht kommt der Streifen erfreulich konsequent daher – und das inhaltlich wie stilistisch, von seiner ersten bis zur allerletzten Sekunde. Auf die eine oder andere Weise ist nahezu jeder der Protagonisten vom Schicksal gebeutelt, ausnahmslos keiner von ihnen steht irgendwie auf der (sprichwörtlichen) „Sonnenseite des Lebens“. Sowohl die Geschäfte des Großunternehmens als auch die Machenschaften der Schleuser (bzw. Ausbeuter und Zuhälter) reichen über diverse geographische und moralische Grenzen hinweg, dienen vorrangig der jeweiligen Profit-Maximierung und werden immerzu eiskalt (mit Hilfe physischer und psychischer Gewalt) verwirklicht. Förderlich unterstützt seitens des typischen Wetters British Columbias, wählte man für den Look des Films eine entsprechend dunkle Farbpalette und siedelte die meisten Sequenzen überdies nach Sonnenuntergang und/oder in irgendwelchen nur spärlich ausgeleuchteten Räumlichkeiten (wie Keller oder Lagerhallen) an...
Dass Dinge wie Menschenhandel und Zwangsprostitution ebenso widerwärtige wie leider nur allzu reale Angelegenheiten sind, ist ja fern eines Geheimnisses – und so war es angenehm zu registrieren, dass Regisseur und Skriptautor Inglis darauf verzichtete, diese Punkte besonders vordergründig herauszustellen: Statt Szenen von Missbrauch und Gewalt gegen hilflose, nicht selten minderjährige Frauen explizit (oder gar exploitativ) aufzuzeigen, verließ er sich primär auf sporadisch bloß mal flüchtig ins Bild gerückte Impressionen sowie auf die eindringlichen Schilderungen einer jungen Frau, die jenem Albtraum tatsächlich zu entkommen vermochte, sich seither in der Obhut Monikas (Warren´s Figur) aufhält und David nun über die abscheulichen Methoden jener Männer informiert – ihm also von bestimmten Details berichtet, wie etwa vom gezielten Ausnutzen der Zwangslagen der Mädchen in ihrer Heimat oder dem systematischen Verabreichen „gefügig machender“ Drogen. Im Angesicht seiner Entschlossenheit, Anja zu retten und dabei möglichst auch noch den lokal ansässigen Verbrecherring zu zerschlagen, willigt sie schließlich sogar ein, sich selbst erneut in Gefahr zu begeben und ihm zu helfen, einen konkreten Zugang zu jenen Kreisen zu erhalten...
Bereits in dieser Phase des Geschehens fallen einem regelmäßig kleinere Elemente ins Auge, die wohltuend inspiriert anmuten und somit stets ein wenig von der eigentlich streng Genre-typischen „08/15-Story“ ablenken – wie zum Beispiel ein kurzes Gebet der erwähnten Dame, bevor sie über die Schwelle eines Hinterhofbordells tritt und David auf diesem Wege Einlass in das illegale Etablissement verschafft, oder die ein höheres Maß an Authentizität vermittelnde Entscheidung, die betreffenden Akteure nicht mit einem osteuropäischen Akzent versehenes Englisch, sondern ihre jeweilige Muttersprache (Russisch oder Serbisch) sprechen zu lassen, und das häufig auch ohne eingeblendete Untertitel, was den angedachten „Effekt“ ein zusätzliches Stück weit (ersprießlich) anreichert. Oft erhofft man sich als Zuschauer bei einer solch gradlinigen Handlung wie der vorliegenden (quasi als „Ausgleich“) zumindest tolle Schauwerte oder die eine oder andere Überraschung im Laufe ihrer Entfaltung – nach Möglichkeit natürlich beides: Während das verfügbare Budget das Liefern ersterer hier nicht wirklich zuließ, gelang es einer wahnsinnig geglückten Offenbarung sowie der kompletten Gestaltung der finalen Minuten allerdings, mich immerhin in letzterer Beziehung (unterm Strich) doch noch einigermaßen vernünftig zufrieden zu stellen...
In den vergangenen Jahren ist kein Tag verstrichen, an dem David nicht von belastenden Schuldgefühlen (als Ehemann und Vater versagt zu haben) heimgesucht wurde. Nicht gerade viel ist ihm seither geblieben – ein mäßiger Job, kaum Freunde sowie belangslose One-Night-Stands statt einer festen Beziehung. Moralische Standards aufweisend und charakterfest in der Ausübung seiner Arbeit war er schon immer – was im Rahmen eines Einsatzes im Irak gar mal den Unmut seiner Vorgesetzten und Kollegen heraufbeschwor, als er sich von der Ausführung eines speziellen Auftrags (dort) aus Gewissensgründen „distanzierte“. Im Ganzen ist es daher auch relativ leicht nachzuvollziehen, warum er sich derart intensiv für Anja einsetzt – es hätte dazu nicht einmal einer Szene gebraucht, in welcher er in der Klinik (noch benommen sowie unter Medikamenteneinfluss) beim Erwachen aus der ihm zugefügten Bewusstlosigkeit ein eben darauf abzielendes Gespräch mit der ihm am Krankenbett erscheinenden Meg führt. Lou Diamond Phillips („Young Guns“/„the Big Hit“) verkörpert die Rolle jedenfalls ohne Anlass zur Klage – man nimmt sie ihm in vollem Umfang ab, was überaus wichtig ist, da es im Prinzip (entscheidend) an ihm und seinem Engagement lag, den Streifen weitestgehend allein zu „tragen“...
Als resolute Leiterin einer Hilfseinrichtung für Frauen steht Estella Warren („Driven“) unserem Hauptprotagonisten in einem Nebenpart zur Seite – ein solider, unglamouröser Auftritt des ehemaligen Top-Models, bei dem ihre ausgeprägten Tränensäcke aber irgendwie am meisten auffallen bzw. in Erinnerung verbleiben. Kendall Cross („White Noise 2“) und Emma Sutton („Held Hostage“) sind jeweils kurz als David´s Frau und Tochter zu sehen, Anja Savcic („Repeaters“) hinterlässt in der Rolle des verschleppten Teenagers einen ebenso zusagenden wie wirkungsvollen Eindruck – worüber hinaus die Figur der gefühlskalten Firmenanwältin Danielle mit der ausstrahlungsstarken Deborah Kara Unger („the Game“) schlichtweg perfekt besetzt wurde. Nach außen hin repräsentiert letztere die Interessen des mächtigen Konzerns: Als David an der Vertuschung des „Vorfalls“ nicht mitzuwirken bereit ist, brandmarkt man ihn in der Öffentlichkeit als einen „Terroristen“ und setzt (parallel dazu) ein schwer bewaffnetes sowie über umfangreiche Mittel verfügendes „internes“ Sonderkommando auf ihn an – woraufhin jenem schrittweise (u.a. durch die zutage geförderten Erkenntnisse einer jungen Hackerin) erst so richtig bewusst wird, mit welch einem Gegner er es überhaupt zutun hat, denn der Einfluss des Unternehmens erstreckt sich nicht nur in wirtschaftliche und illegale Märkte und Bereiche hinein, sondern gar bis in bestimmte Regierungskreise...
Basierend auf einer Idee Matthew Kellys, griff Inglis innerhalb seines (binnen zwei Wochen verfassten) Skripts einige recht anregende Themengebiete (wie eine gar nicht mal undenkbare Form geschäftlicher Verbindungen zwischen Angehörigen des organisierten Verbrechens und Vertretern einer raffgierigen internationalen Korporation) auf, bettete diese in ein klassisches „das Gesetz in die eigene Hand nehmen“-Story-Gerüst ein und behielt die tatsächliche (finanzielle/logistische) Umsetzbarkeit des Projekts dabei außerdem stets fest im Blick. Entsprechend wurde (von Anfang an) auf die Konzeption bzw. inhaltliche Einbindung aufwändiger Szenarien und Set-Pieces zugunsten eines „kleineren Rahmens“ verzichtet – was der allgemeinen Glaubwürdigkeit klar zugute gekommen ist. Speziell für ein Film dieses Genres geht die gebotene Dialogqualität und Charakterzeichnung jeweils in Ordnung – insgesamt hätte ich mir jedoch mehr Originalität und eine nicht ganz so oberflächliche Plot-Beschaffenheit gewünscht, denn alles entfaltet sich überaus stringent und reicht dabei auch nicht sonderlich weit in die Tiefe der (zweifellos komplexen) Materie hinein. Abgesehen von Andeutungen und einzelnen aufgedeckten Informationen, erfährt man als Zuschauer kaum Details über den konkreten Aufbau der weitläufigen Strukturen beider Organisationen – was definitiv ein wenig schade ist, obwohl man im Prinzip ohnehin kaum mehr erwarten durfte, schließlich kommt David an die wahren Hintermänner ja gar nicht erst heran, hat es stattdessen immerzu nur mit irgendwelchen „Abgesandten“ oder „kleinen Fischen“ zutun…
Mit einem geringen Budget realisierte Regisseur Inglis den Streifen in nur 13 Tagen im kanadischen Vancouver: An seiner handwerklichen Leistung gibt es im Grunde genommen nichts auszusetzen – die unterschiedlichen Aspekte der Produktion schien er fest im Griff zu haben, worüber hinaus er sich obendrein auf eine gleichermaßen erfahrene wie fähige Cast&Crew verlassen konnte, von denen sich einige zu jener Zeit übrigens gerade in einer Drehpause der Serie „Stargate Universe“ befanden (u.a. Phillips und Kameramann Michael Blundell). In angepasst dunkle Bilder gekleidet sowie unterlegt mit einem stimmigen, manchmal allerdings minimal zu vordergründig erklingenden Score Christopher Nickels, wird einem eine straff gehaltene Geschichte präsentiert, die sich permanent voran bewegt und in keinem Moment zu langweilen beginnt. Neben einer Auto-Verfolgungsjagd bekommt man in Sachen „Action“ diverse Schusswechsel und harte Fights zu sehen, welche aber nie einen überzogenen Eindruck erwecken und (nicht bloß deshalb) relativ achtbar überzeugen können. Unabhängig so einiger beileibe nicht perfekt anmutender Elemente, wie etwa eine gewisse (generelle) Vorhersehbarkeit oder den niedrigen Beeinträchtigungsgrad der Schussverletzung Davids, habe ich mich alles in allem dennoch anständig unterhalten gefühlt, zumal es in regelmäßigen Abständen immer wieder angenehm inspirierte Augenblicke gibt, durch die sich das Werk von vielen seiner „Artgenossen“ abhebt – man nehme da nur mal die bereits erwähnte überraschende Offenbarung, David´s emotionale Reaktion auf sein Überschreiten einer speziellen „Grenze“ oder das erstaunlich kompromisslose Ende, mit dem man letztlich direkt in den Abspann entlassen wird…
Fazit: „Takedown“ ist ein ebenso düsteres, gradliniges wie solides kleines B-Movie, in dessen Gestalt Regisseur und Skriptautor Raul Sanchez Inglis verschiedene „brisante“ Themenfelder (á la Profitgier, Menschenschmuggel, Zwangsprostitution, individuelle Wiedergutmachung und Selbstjustiz) zu einem erfreulich brauchbaren, wenn auch recht oberflächlich gestrickten Ergebnis vereinte, bei welchem man (insbesondere als Fan des betreffenden Genres) durchaus mal einen Blick riskieren kann…
gute
Hierzulande ist der Film seit 11/2010 auf DVD und BluRay erhältlich (uncut, FSK 16).
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste