The Deaths of Ian Stone
Originaltitel: Deaths of Ian Stone, The
Herstellungsland: Großbritannien / USA
Erscheinungsjahr: 2007
Regie: Dario Piana
Darsteller: Mike Vogel, Jaime Murray, Christina Cole, Michael Feast, Charlie Anson, Michael Dixon, George Dillon, Marnix Van Den Broeke, Andrew Buchan u.a.
Ich würde mich persönlich schon als Horrorfan bezeichnen. Ja. Aber als ziemlich mäkliger. Der Grund ist ein ganz einfacher. Ich bin der Meinung, dass Horrorfilmen - genau wie Fantasyfilmen - nur durch die Fantasie ihrer Macher Grenzen gesetzt werden können, denn prinzipiell könnten sie alle Themen umsetzen, ohne sich um Punkte wie Logik und Co. scheren zu müssen, solange sie nur eine innerhalb ihrer eigenen Filmlogik funktionierende Welt entwerfen. Leider machen gerade die Horrorfilmmacher von dieser Freiheit meiner Meinung nach viel zu wenig Gebrauch. Viel lieber rennt man anscheinend populären Trends hinterher und so überfluten Slasher und Torture Porn Streifen die Theken, während die Franchises mit eigenständigen und funktionierenden Welten („Hellraiser“ sei einmal stellvertretend genannt) an einer Hand abgezählt werden können. Doch mit etwas Geduld kann man dennoch fündig werden. „The Deaths of Ian Stone“ markierte so einen Glücksfall für mich.
In selbigen erleben wir Ian Stone, der ein im besten Sinne normales Leben führt. Er hat eine hübsche Freundin, die Eishockeykarriere geht ordentlich voran, alles ist im Lot. Bis er an einem Abend, er hat gerade ein Spiel seiner Eishockeymannschaft verbockt, an einen Bahnübergang gelangt, vor dem anscheinend ein Mensch mitten auf der Straße liegt. Ian steigt aus und schaut, ob er helfen kann. Als sich der scheinbar leblose Körper plötzlich bewegt, eilt Ian in sein Auto, um Hilfe zu holen. Da ist der Körper verschwunden. Mehr noch, er springt plötzlich auf Ians Motorhaube und von da auf das Autodach. Von dort durchschlägt er mit einer seltsamen Klaue die Scheiben und reißt Ian ins Freie, schleudert ihn auf die Gleise, springt auf ihn und hält den panischen jungen Mann fest. Da rollt auch schon ein Zug über beide hinweg...
Schnitt, Ian erwacht in einem Großraumbüro und meint, er habe geträumt. Seltsam nur, dass alle Figuren aus seinem Traum jetzt sein tägliches Umfeld beherrschen. Daheim angekommen versucht er seiner Freundin von seinem Traum und seinen Beobachtungen zu erzählen, doch die sieht darin nicht mehr als eben einen Traum und Hirngespinste. Schlaflos liegt Ian des Nachts in seinem Bett, als er seltsame Geräusche hört. Er geht diesen nach. Da zeichnen sich auf einer Wand die Schatten des Wesens ab, das ihn „im Traum“ auf die Gleise befördert hat. Hastig versucht Ian sich und seine Freundin vor der Gestalt zu retten, als seine Freundin ihn von hinten ersticht ...
Schnitt, Ian erwacht in einem Arbeitsamt ...
Und täglich grüßt das Murmeltier. Im Falle von Ian Stone grüßt also täglich Gevatter Tod. Doch in dem Streifen „The Deaths of Ian Stone“ entwirft Regisseur Dario Piana ein wesentlich ausgefeilteres Szenario als Harold Ramis in seiner Hitkomödie. Denn seine Figur erwacht nach ihrem jeweiligen Ableben in immer neuen Leben, jeweils mit weitreichenden Erinnerungen, die Ian Stone selber glauben lassen, dass er gerade in genau dem Leben lebt, das er eben gerade lebt. Doch mit zunehmenden Durchläufen dieser Routine bleiben auch Erinnerungsfetzen an die jeweils vorhergehenden Tage hängen. Zudem lassen ihn die ständigen Begegnungen mit einem Mann, der ihm unterbreitet, dass diese Vorgänge von „Ihnen“ eingeleitet werden, nur um Ian täglich quälen und töten zu können, immer aufmerksamer durch sein jeweiliges Leben gehen. Und der Zuschauer freut sich über Erweiterungen des Murmeltierkonzeptes um „Matrix“, „Dark City“ oder auch „Momo“ Elemente, da ja irgendetwas Übergeordnetes das Leben und die Geschicke der Menschen zu beeinflussen, ja sogar vorzugeben scheint.
Und als wäre das noch nicht genug, sind da ja auch noch die Harvester und damit die Wesen, die Ian Stone beständig töten wollen. Das Ergebnis ist also ein Creature Feature Murmeltierstreifen im fremdbestimmte Realitäten Gewand. All das verpackt in 80 Minuten Laufzeit sorgt für ein unerhörtes Tempo voller WTF Momente, was der Film auch braucht, da er mit Einsetzen der Erklärungen ein kleines Spannungsloch hinnehmen muss, was eben – wie so oft – dafür sorgt, dass die bisherige ungewisse Atmosphäre aufgelöst wird. Doch die Schnelligkeit des Streifens und das vermehrte Aufkommen der Harvester übertünchen dieses „Problem“ spielend und die Story schafft es doch tatsächlich, auch im letzten Abschnitt noch ein zwei Haken zu schlagen, die man in den ersten 45 Minuten zwar ahnt, aber nicht so recht von selbst zu einem schlüssigen Ganzen zusammenführen kann. Zudem gefällt, dass der Film nicht in verschiedene Teile zerfällt, sondern dass sich weitere Entwicklungen des Filmes schon früh subtil andeuten und somit der Film als homogenes Ganzes wahrgenommen wird und nicht als dreigeteilter Flickenteppich, der nach und nach seine Motive abarbeitet.
Das Ganze wird von dem Regisseur optisch ungemein souverän und mit einem starken Hang zu eigenwilligen und wirklich künstlerisch anmutenden Einstellungen umgesetzt. Die sehr dynamische Kamera, die beständig um die Hauptfigur herumwirbelt und durch die Gebäude fliegt, rundet den tollen optischen Eindruck ab. Die Effekte um die Harvester besorgte Produzent Stan Winston gleich mit und er kombiniert ein wirklich creepy Maskendesign mit Man in a Suit Effekten, ergänzt um ein paar mal mehr mal weniger gelungene Partikeleffekte, die den Harvestern im Großen und Ganzen ungemein effektive Auftritte bescheren und schon mal die Nackenhaare aufzustellen vermögen. Ihr Tagwerk, nämlich das Töten von Menschen, besorgen sie hübsch blutig, die FSK 16 Freigabe deutet aber schon an, dass man hier kein Splatterfeuerwerk erwarten darf. Im Übrigen werden die Harvester nur soweit erklärt, dass sie innerhalb der Welt des Filmes vom Zuschauer als Bedrohung wahrgenommen werden. Eine echte Mythologie um die Harvester und damit die Gefahr der Entzauberung erspart sich der Regisseur allerdings.
Die Darsteller, allen voran ein irre präzise aufspielender Mike Vogel als Ian Stone, erwecken ihre Figuren glaubhaft zum Leben und machen es leicht, mit ihnen zu sympathisieren oder sie abgrundtief zu hassen. Hier musste sich der Regisseur wirklich enorm auf seine Darsteller verlassen können, denn dadurch, dass seine Figuren gefühlt alle 10 Minuten in einem neuen Umfeld mit neuen Erinnerungen erwachen, ist es freilich schwer, durchgehend konsistente Charaktere zu entwerfen. Doch es funktioniert, was vermutlich eben auch an der Faszination liegt, die das Storykonstrukt beim Zuschauer auslöst.
Der bekommt nämlich ein innerhalb seiner eigenen Logik richtig stark funktionierendes Handlungsgerüst geboten, dass sich in Teilen zwar ordentlich bei bekannten Filmen und Themen bedient, diese aber reizvoll neu zusammensetzt und eine Welt bzw. eine Ahnung davon errichtet, die den Zuschauer unmittelbar in den Film hineinzieht und fröhlich mitraten lässt. Allerdings verlässt sich der Film nicht auf sein Mindfuckgrundgerüst, sondern löst es zufriedenstellend für den Zuschauer auf, um danach in Sachen Action und Creature Feature Kloppereien einen ordentlichen Gang nach oben zu schalten und vom eher atmosphärischen Horror in handfestere Gefilde zu wechseln. Ein souveräner Mike Vogel, eine irre verruchte Jaime Murray („Dexter“) und eine niedliche Christina Cole lassen mitfiebern und mithassen, die technische Umsetzung ist bis auf vermutlich budgetbedingte Mängel sehr gelungen, das Creature Design von Stan Winston rockt ordentlich und Regisseur Dario Piana entpuppt sich als versierter Jongleur diverser bekannter Storyingredienzien ... was will man mehr?
Die deutsche DVD kommt von Falcom / Universum Film und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
The Deaths of Ian Stone
An mir ist der bisher komplett vorbeigegangen, bis ich ihn am Donnerstag in meiner Theke gebraucht rumstehen sah und sofort vom Cover angefixt war (das deutsche macht wirklich Laune, während das Originalartwork unangenehm spoilert, wie ich finde). Dann den Covertext gelesen und endlich mal nicht zugeschissen wurden mit Superlativen. Stattdessen schien das Label gewusst zu haben, dass die bloße Inhaltsbeschreibung einfach mal die beste Werbung sein würde. Und es hat geklappt. Das kennt man heutzutage ja gar nicht mehr und so war das seit Jahren mal wieder ein Kauf, der wirklich NUR durch Cover und Covertext ausgelöst wurde, ohne vorhergehendes missträuisches Abchecken im Internet, was der Film kann. Daran sollten sich manche Labels mal wieder ein Beispiel nehmen ...
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
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