Assassin in Blue (aka Officer Down)
Assassin in Blue (aka Officer Down)
Originaltitel: Officer Down
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: Christopher Miller
Darsteller: Sherilyn Fenn, Casper Van Dien, Jerry Kroll, Larry Drake, Richard Gleason, Ted Shackelford, ...
Die Geschichte des „Los Angeles Police Department“ reicht bis ins Jahr 1853 zurück und beinhaltet diverse wegweisende Entscheidungen – zum Beispiel führte man dort, noch vor allen anderen Gemeinden, eine eigene, speziell auf den Einsatzbedarf ausgerichtete Hundestaffel („K-9“) sowie Spezialeinheit („S.W.A.T.“) ein und beschäftigte auch die erste Frau im amerikanischen Polizeidienst. In Anbetracht des mehr als 1.200 Quadratkilometer großen Zuständigkeitsbereichs, welcher viele soziale Brennpunkte umfasst, in denen Gewalt an der Tagesordnung steht, gilt das L.A.P.D. als unterfinanziert und mit einer zu geringen Personalkapazität ausgestattet, um den Problemen effizient Herr zu werden. Aus diesem Grund lautet die gängige Politik, möglichst direkt durchzugreifen, was aber besonders in den letzten Dekaden zu einem tendenziell negativen Ansehen in Teilen der Bevölkerung geführt hat, zumal immer wieder Meldungen (u.a.) über Vorfälle exzessiver Polizeigewalt an die Öffentlichkeit gelangten, oftmals in Verbindung mit rassistischen Tendenzen – wie etwa im Rahmen des 1992 zu Rassenunruhen führenden Freispruchs im Prozess gegen jene Beamte, die den Afroamerikaner Rodney King brutal verprügelt hatten, oder die Aussagen Mark Fuhrman´s während der gerichtlichen Aufarbeitung des Falles „O.J.Simpson“. Heute leben knapp 4 Millionen Menschen in L.A., rund 9.250 Cops treten täglich ihren Dienst an, pro Jahr gibt es mehr als 155.000 Verhaftungen – die Mehrheit davon bilden mit Drogen in Zusammenhang stehende Delikte, deren Häufigkeit die kombinierte Zahl der anderen Verbrechen (Mord, Vergewaltigung etc) übersteigt. Vor diesem angespannten, explosiven Hintergrund entfaltet sich Christopher Miller´s „Assassin in Blue“ – ein systematische Selbstjustiz thematisierender, fürs US-Fernsehen produzierter Thriller, welcher ebenfalls unter dem Titel „Officer Down“ bekannt ist…
Die „Stadt der Engel“ präsentiert sich aktuell als kein sonderlich sicherer Ort für kriminelle Größen des Drogengeschäfts, denn einer nach dem anderen fallen diese einer mysteriösen Tötungsserie zum Opfer – anscheinend vom Mörder gezielt auserwählt und in Folge dessen regelrecht exekutiert, ganz ohne dass verwertbare Spuren hinterlassen werden. Die betreffenden Ermittlungen führt Det. Kathryn Shaunessy (Sherilyn Fenn) gemeinsam mit ihrem Partner Det. Gary Hill (Jerry Kroll) – zwei erfahrene Beamte, auf die nicht nur der Druck ihrer Vorgesetzten, sondern zudem jener der Medien lastet, denn letztere feiern den so genannten „Vigilante-Killer“ partiell sogar, da jener das allseits vertraute Problem wenigstens konsequent, unbürokratisch und kompromisslos angeht.
Das Blatt könnte sich allerdings zu ihrem Vorteil wenden, denn ein Zeuge hat die jüngste Tat per Zufall beobachtet und ist überdies zu einer Aussage bereit – auf dem Weg zur Befragung auf dem Revier verschwindet er jedoch spurlos, angeblich aus eigenem Antrieb heraus, was Kathryn zur Weißglut bringt, in ihrem Umfeld hingegen nahezu keine Reaktion hervorruft. Wütend über die Teilnahmslosigkeit ihrer Kollegen, welche offensichtlich kaum an der Aufklärung dieser „hilfreichen“ Straftaten interessiert sind, setzt sie umso verbissener alles daran, dem Täter das Handwerk zu legen – bis ihr und Hill der Fall entzogen wird: Angesichts ausbleibender Resultate sowie das Department unvorteilhaft ins Rampenlicht rückende Details, die aus irgendwelchen Quellen an die Presse durchgesickert sind, ändert der Commissioner (Ted Shackelford) die bisherige Taktik und weist den zuständigen Captain (Larry Drake) an, eine Task Force zusammenzustellen, deren operative Leitung vom vorbildlichen Officer Philip Hallows (Casper van Dien) übernommen wird.
Gerade als sie sich (mehr oder minder) mit der neuen Situation abgefunden hat, nimmt ein alter Bekannter Kontakt zu ihr auf und deutet an, er könne mit seinem Wissen Licht ins Dunkel der Angelegenheit bringen – so weit kommt es aber nicht, denn bei dem Versuch, sich den Behörden zu stellen, wird jener für die Zielperson gehalten und von der wenig zimperlich vorgehenden Spezialeinheit tödlich niedergeschossen. Für einen Augenblick glaubt Kathryn, man wollte auf diese Weise einen finalen Schlußstrich ziehen, um eine lästige Verhaftung, Anklage und Verhandlung zu umgehen, nur taucht schon bald der nächste Tote auf, was sie zu der Überzeugung führt, dass ein Cop hinter der Sache stecken muss. Oben auf der Liste ihrer Verdächtigen steht Hallows, und ihr ist klar, dass er gewiss nicht ohne „höhere“ Rückendeckung handelt – doch wer genau ist außerdem beteiligt, wie verzweigt reichen die Verstrickungen und wem kann sie überhaupt noch trauen? Allein die Vermutung, der Killer stammt aus den eigenen Reihen, wirkt sich wie ein Stich ins Wespennest aus – und es dauert nicht lange, bis sie und ihre Familie in tödlicher Gefahr schweben…
Obwohl „Assassin in Blue“ auf dem Kabelsender „Lifetime“ seine Premiere feierte, mutet der Film eher wie eine dieser typischen DTV-Produktionen an, wie sie heutzutage ständig in den Videothekenregalen auftauchen, ohne dabei nun vornehmlich auf die tendenziell negativen Assoziationen dieses Begriffes anzuspielen – vielmehr will ich damit sagen, dass die ausgereift solide Inszenierungsweise nie den Eindruck eines faden „Made for TV“-Movies erweckt, sondern das Werk ein merkliches Stück weit darüber hinaushebt. Zwar ist das sehr geringe Budget unübersehbar, allerdings verleiht die glatte, kräftige Farbtöne nutzende Optik dem Werk einen netten, nie billig anmutenden Look. Ferner blieb mir der gut auf einzelne Szenen abgestimmte, wenn auch letztendlich nicht höher als „routiniert“ zu bewertende Score positiv in Erinnerung, vor allem als Untermalung zahlreicher schöner (Luft-) Aufnahmen der Metropole, welche das Geschehen stimmig innerhalb des L.A.-Settings verorten. Böse Zungen mögen vielleicht behaupten, die Fülle jener Sequenzen würde bestimmt nur dem Zweck dienen, die Lauflänge künstlich zu Strecken, um wenigstens die 80-Minuten-Marke zu passieren, was eventuell tatsächlich zutreffen mag, nur hat mich das zu keiner Zeit gestört, unter anderem weil sie hervorragend ins Gesamtbild hineinpassen und die übrigen Situationen somit nicht künstlich aufgebläht werden mussten. Gelegentlich greift der Ablauf verschiedene, jeweils spezielle Zwecke erfüllende Ansätze auf, welche einzelne Figuren mit mehr Substanz unterfüttern, beispielsweise Einblicke in Kathryn´s Privatleben oder Informationen über Gary´s an Alzheimer erkrankten Vater, hält diese aber angenehm kurz und bündig, was das Aufkommen von gefühlten Längen glücklicherweise abwendet.
In den Neunzigern habe ich Sherilyn Fenn immer ganz gern gesehen, „Two Moon Junction“, „Boxing Helena“ und „Twin Peaks“ kommen natürlich spontan in den Sinn, bevor es leider deutlich stiller um sie wurde, von wenigen akzeptablen Ausnahmen á la „Swindle“ oder einigen Serien-Gastrollen mal abgesehen. Umso ansprechender, dass sie in der Hauptrolle dieser Veröffentlichung eine ausgesprochen positive Leistung abliefert – eine Einschätzung, die nicht bloß aus der Tatsache resultiert, dass ihre Co-Stars durch die Bank weg blass verbleiben. Neben Shaunessy´s Bestreben, einen Killer zu fassen, welcher die Sympathie der Öffentlichkeit sowie jene ihrer Kollegen hinter sich hat, kämpft sie verbissen gegen das auf dem Revier vorherrschende Vorurteil an, sie wäre nur ein Cop geworden, um sich selbst etwas zu beweisen – ihr Vater war nämlich (vor seinem Tod) ein ranghoher, angesehener Polizist. Sie sucht Respekt, jedoch nicht unter allen Umständen – als ihre Familie (Mann und eine kleine Tochter im Säuglingsalter) in die Schusslinie gerät, ist sie sofort dazu bereit, für sie den Dienst zu quittieren. Jerry Kroll (“Starkweather“/“Second to Die“) spielt ihren verständnisvollen Partner Gary, dem die ganze Angelegenheit, hauptsächlich aufgrund privater Belastungen, zunehmend entgleitet. Die beiden harmonieren einträglich, nur agiert Kroll ziemlich reserviert, was ihn förmlich in Fenn´s Schatten verloren gehen lässt. Larry Drake kennt man aus „Darkman“, „Dr.Giggles“ oder TV´s „L.A.Law“ – hier ging es ihm wohl ausschließlich um einen leicht verdienten Gehaltsscheck. „Starship Troopers“ und „Sleepy Hollow“: Das sind die einzigen zwei herausragenden Einträge in Casper van Dien´s Filmographie. Zu einem begnadeten Schauspieler wird er sich sicher nie entwickeln – freilich bildet dieser Faktor für die Art Projekte, in denen er vorwiegend zu sehen ist, eh meist keine Voraussetzung. Wie bereits in „Sanctimony“, Uwe Boll´s „American Psycho“-Verschnitt, ist Casper gar nicht mal so schlecht, wenn seine Aufgabe die Faktoren „eisig dreinblicken“ und „kaltblütig Morde begehen“ nicht übersteigt – alles weitere steht auf einem völlig anderen, weniger erfreulichen Blatt. Ungeachtet dessen gefiel mir seine vorliegende Darbietung einigermaßen – bis (seitens des Skripts) damit begonnen wird, die Beweggründe und Ansichten Hallows´offen zu legen, was unglücklicherweise in Form wirklich schmerzhafter Dialogzeilen geschieht (okay, dafür kann er nichts, aber trotzdem): Wie es sich herausstellt, wähnt er sich auf einem biblischen Kreuzzug gegen die kriminellen Pestbeulen der Gesellschaft – tja, und diesen inneren Antrieb muss er Kathryn (sowie dem Zuschauer) ja gegen Ende ausführlich erläutern, was immerhin eine Abwechslung zu dem erwarteten „Ich bin ein guter Cop, der, im Gegensatz zu den Bürokraten da draußen, nur effektiv seinen Dienst verrichtet“-Motiv darstellt. Dass es sich bei ihm um den Haupttäter handelt, wird übrigens gleich zu Beginn offenbart.
Stephen Johnston („Ted Bundy“) hat mit seinem Drehbuch wahrlich keine neue Geschichte zu Papier gebracht – vgl. „Magnum Force“ (1973), „Extreme Justice“ (1993), „Dark Blue“ (2002) etc – nichtsdestotrotz übt sie jedes Mal einen nicht von der Hand zu weisenden Reiz aus, vielleicht weil die Idee hinter den Taten, ungeachtet des illegalen Charakters jener, unweigerlich ein gewisses Maß an Zustimmung heraufbeschwört. Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, Selbstjustiz zu propagieren, wird von den Verantwortlichen daher stets ein „Haken“ eingebaut – entweder fangen die Vigilantes irgendwann an, sich selbst an den Taten finanziell zu bereichern, räumen unschuldige Zeugen aus dem Weg, um nicht aufzufliegen, oder verfügen über andere negativen Eigenschaften (sind geisteskrank, religiös verblendet, größenwahnsinnig usw), welche ihnen die Sympathien des Publikums absprechen. Selbstverständlich werden die mit der Thematik einhergehenden Diskussionsgrundlagen und Gedankeninhalte aufgegriffen, wie etwa die Frage, ob zu viele Gesetze und Rechte (für Kriminelle) wohlmöglich ein effektives Durchgreifen behindern, nur sollte man besser keinerlei tiefgründige Debatten erwarten. Im Endeffekt kommen weder Anspruch- noch Action-Fans vollends auf ihre Kosten, denn letzterer Anteil beschränkt sich (nahezu) auf eine Verfolgungsjagd sowie einige kurze Schießereien, das Finale entfaltet sich leicht holprig und ebenso unspektakulär wie der Verlauf zuvor. Eine Szene, in der die Task Force einen unbewaffneten Mann vor aller Augen niederschießt, ist im Nachhinein weniger unsinnig, als ich im ersten Moment dachte, da sich derjenige, der den ersten Schuss abgegeben hat, wegen der vielen Schützen nicht feststellen lässt, weshalb die Konsequenzen zwangsläufig begrenzt bleiben. Regiedebütant Christopher Miller, zuvor Crewmitglied u.a. bei „Thursday“ (2.Kameramann) und „Mulholland Dr.“ (Location Manager), hat einen gradlinigen, oberflächlichen, kurzweiligen Thriller abgeliefert, welcher genügend aus seinem geringen Budget herauszuholen und zudem mit einigen überraschend direkt aufgezeigten Details (zerschossene Köpfe, blutige Einschüsse) aufzuwarten vermag …
In Deutschland ist der Film bislang noch nicht erschienen - in den USA ist er unter dem Titel "Assassin in Blue" auf DVD erhältlich, (u.a.) in Thailand als "Officer Down".
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