Schnappt Shorty + Be Cool

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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Schnappt Shorty + Be Cool

Beitrag von Vince » 26.11.2006, 21:30

Schnappt Shorty

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Originaltitel: Get Shorty
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1995
Regie: Barry Sonnenfeld
Darsteller: John Travolta, Gene Hackman, Rene Russo, Danny DeVito, Dennis Farina, Delroy Lindo, James Gandolfini, Jon Gries, Renee Props, David Paymer, Martin Ferrero, Miguel Sandoval, Jacob Vargas, Linda Hart, Bobby Slayton

Der hellste Punkt an meinem Horizont, das Rettungsboot auf meinem Ozean, der Wirbelsturm in meinem Wasserglas und auch noch der Fels, der in meiner Brandung steht, das alles ist der Film für mich. Merci, dass es dich gibt!

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Stefan Oberhoff hat diese Zeilen mit Sicherheit nicht dem Unterhaltungsmedium “Film” gewidmet (dann schon eher den Kohlen aus der TV-Schoki-Werbung), aber ein Chili Palmer hätte es wohl getan. Vorausgesetzt, er wäre denn mal irgendwann so unheimlich sentimental geworden, was eigentlich unvorstellbar ist, so verdammt abgeklärt, wie er dasteht und seinen heiklen Geschäftspartnern nur drei Worte mit auf den Weg gibt: “Sieh mich an!” Hätte er das zur Filmleinwand gesagt, hätte die wohl entgegnet “Sieh du lieber mich an!” - vielleicht ist der Ex-Kredithai daher so vernarrt in Filme, weil sie ihm als einzige noch Kontra geben können. Die Menschen, mit denen er umzugehen hat, sind für ihn dagegen nichts als ein Spielzeug, die Schoki als Vorspeise sozusagen.

Deswegen ist Barry Sonnenfeld, dem eigentlich eher verkrampft-perfektionistisch operierenden Blockbuster-Maker, wohl so ein flockiges Gangsterflick gelungen. Dieser Chili ist einfach zu lässig für sein Umfeld. Danke, Elmore Leonard. Danke vielmals für diesen Charakter.

Nicht nur hat er John Travoltas “Pulp Fiction”-Comeback sinnig gefestigt und den Mann mit dem megalomanischsten Haifischgrinsen Hollywoods (nach Nicholson) dauerhaft ins Geschäft zurückgebracht, nein, er hat uns Cineasten endlich eine Identifikationsfigur erschaffen. Um so strittiger, dass ausgerechnet “Addams Family”-Regisseur Sonnenfeld auf dem Regiestuhl Platz nehmen durfte, da der Stoff mit Sicherheit nicht mainstreamkompatibel ist. Allenfalls ein potenzieller Kultfilm steckt dahinter, denn tarantinoeske Beziehungen, Film-im-Film-Metaebenen, stets und ständig auf die Filmgeschichte bezugnehmende Dialoge und Behind-the-Scenes-Einblicke in die Hollywood-Maschinerie sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Doch Freunde der Filmkunst werden mit der Zunge schnalzen, wenn der gute alte Chili im Kino, und nur dann, seine Fassung verliert, jeden Dialog von “Im Zeichen des Bösen” mitspricht und seinen Vordermann beim Abspann mit einem Strahlen im Gesicht anstupst, das sonst auf dieser Welt nur noch Kinder haben, denen man gerade ein großes Eis mit bunten Streuseln versprochen hat.

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Travolta war nicht einmal annähernd erste Wahl (und hatte auch selbst überhaupt nicht vor, die Rolle anzunehmen, bevor Quentin Tarantino es ihm dringend empfahl), füllt den Papiercharakter aber so selbstverständlich mit Leben, als sei er wahrhaftig dieser Mann. Natürlich war die Umstellung nach seiner Paraderolle nicht allzu groß, wurde das Genre nach “Pulp Fiction” doch nur zu ganz unwesentlichen Anteilen gewechselt, doch gleich darauf die nächste Paraderolle zu fabrizieren, ist schon ein Ding. Es ist aber auch, als hätte Elmore Leonard die Figur extra für Travolta maßgeschneidert. Heute kaum vorstellbar, dass Sonnenfeld selbst eher Danny DeVito für die Hauptrolle bevorzugt hätte, der nun den Schauspieler Martin Weir spielt - eine der vielen Meta-Figuren in diesem Szenario, das sich Hollywoods zu Teilen real, zu Teilen fiktional annimmt.

Was ist das eigentlich Faszinierende an diesem Streifen, der wahrlich nicht nur Lob eingeheimst hat? In jedem Fall ist es keine simple Satire auf das wahre Gesicht der Hochglanzfassade L.A. Direkt anprangernde Szenen mit klassisch-satirischen stilistischen Übertreibungen (wie sie dann zehn Jahre später das Sequel “Be Cool” zuweilen pflegte) stehen eigentlich weniger im Vordergrund. “Get Shorty” lebt von seinem urigen Kuriositätenwert, indem er einen von allerhand kauzigen Charakteren bevölkerten Mikrokosmos darstellt, der total von der Außenwelt isoliert zu sein scheint. Gene Hackman, Rene Russo, Danny De Vito, Delroy Lindo, James Gandolfini und Dennis Farina, sie alle stellen absurd schunkelnde Pole in einem total verrückten Pool dar, und sie alle geraten aneinander - mit sehr direktem Wortwitz, der die Verschrobenheit von ihnen allen entlarvt. Viele der Darsteller haben ihre Rollentypen später in anderen Projekten wieder aufgenommen.

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Chili Palmer ist als Quereinsteiger ins Haifischbecken nun der Außenseiter, der das Filmgeschäft mit gequälter Resignation straft und im Grunde nicht einmal den Versuch unternimmt, etwas zu ändern - für ihn ist Hollywood verloren. Ein Seufzen ist alles, was er für diese verdorbene Festung der Korruption übrig hat. Also verhält er sich wie Clint Eastwood in “Für eine Handvoll Dollar”, als Outlaw ohne Loyalität zur einen oder anderen Seite, der ganz im Gegenteil beide Seiten schröpft und damit verurteilt und zugleich hämisch lacht.
Doch das Besondere ist der emotionale Zwiespalt in dieser Dissonanz, da er Hollywoods Produkte doch so sehr liebt - und zwar alle seine Produkte, von Orson Welles’ Meisterwerken bis zum “Schleimige Monster”-Zyklus. Chili Palmer ist fanatischer Vollblutcineast, liebt das Medium Film wie andere Männer Frauen. Und als er Rene Russos Karen kennenlernt, sieht er zunächst einmal die Scream Queen aus all den B-Movies, die er so vergöttert, nicht die Person dahinter.
Genau das macht den Charakter so authentisch und lässt es zu, dass man sich mit ihm trotz seiner übermenschlichen Coolness so gut identifizieren kann. Er begibt sich zwar freiwillig in den Kreislauf des Filmgewerbes, gerät dabei aber nie in Abhängigkeiten, weil er den Job eher als Zweckmäßigkeit denn als sein Leben begreift - eine Berufsauffassung von der seltenen Sorte, die der Filmkunst den Vorzug vor dem Kommerz gibt. Wenn bei einem solchen Protagonisten nicht von jeder Seite, John Waters inbegriffen, Standing Ovations kommen - bei wem dann?

Und Chili ist es dann auch, der den kompletten Flow von “Get Shorty” dirigiert. Komponist John Lurie, der schon an diversen Werken von Jim Jarmusch mitgearbeitet hat, lässt einen lockeren Groove über die Story laufen, während die Kamera fast immer bei dem Mann ist, der die Zügel in der Hand hält und ihn einfach machen lässt. Travolta bekommt teils sehr lange Einstellungen ohne Schnitt geboten, um sich zu profilieren. Keinerlei Hektik im Szenenaufbau, der für gewöhnlich dann mit einer trockenen Pointe schnell abgeschlossen wird. So folgt die Kamera in einer Szene dem schnellen, aber zielgerichteten Gang Palmers durch eine Hotellobby vor ein Zimmer, wo ein Klopfen erfolgt, Dennis Farina öffnet und ohne Vorwarnung eins auf die Nase kriegt. Schnitt. So funktioniert der Humor von “Get Shorty”.

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Nun kann man in dem Wechsel exotischer Orte (selbst die Innenaufnahmen sind ausstattungstechnische Schmuckstücke - Harry Zimms Büro ist einfach göttlich) und Handlungen natürlich die strukturspezifischen Probleme einwenden, die dieser Streifen zweifellos hat. Sonnenfeld kommt nicht immer gleich zu Potte, das Skript ist zudem aufgebläht mit weitestgehend sinnlosen Passagen, deren Fehlen storytechnisch niemand vermisst hätte. Nur geht genau damit eben die Lockerheit einher, der sorglose, lässige Groove. Wir haben es hier mit einem klassischen Feel-Good-Movie zu tun, das man in aller Regel nicht nur einmal sehen wird. Die Situationen sind ganz einfach zu interessant, um sie sich wegwünschen zu wollen. Wo viele Filme mit unverzichtbaren Szenen beladen sind, die aber eher langweilen, findet man hier eine Ungebundenheit an storyspezifische Elemente vor. Man muss einfach nur die einzelnen Szenen genießen, anstatt ihren Zweck für die Geschichte zu hinterfragen. Ein Punkt, der übrigens sogar reflektiert wird, als Chili seine Filmidee vorstellt und Harry Zimm anmerkt, dass das nur Stoff für 40 Minuten sei. 40 Minuten Netto-Storygehalt, die Barry Sonnefeld mit allerlei Nebenschauplätzen auf stattliche 100 Minuten aufplustert.

Und ein Fazit? Deswegen liebe ich Filme. Genau deswegen. Ich mag gut geschriebene Dialoge, Hommagen und Reminiszenzen, ich mag interessante Charaktere und ein wenig Gewalt, etwas Realismus und ein bisschen Fiktion, ein paar Emotionen und etwas Identifikation, ich liebe Charaktere, die hundertmal lässiger mit Situationen umgehen als ich, ich sehe gerne Dummpfeifen und schlaue Kerlchen, die sich gegeneinander ausspielen, ich stehe auf Konflikte und originelle Wege, diese zu lösen, möchte etwas mitdenken, in fremde Welten entführt werden, Neues offenbart bekommen und doch Altbekanntes darin wiedersehen. “Get Shorty” ist nicht perfekt, aber das bin ich auch nicht, also who cares? Wenn ich sehe, wie Bear von Chili niedergeprügelt wird, weil es Bears Job ist, Chili niederzuprügeln, und wie sich Chili dann nach dem Wohlempfinden seines Gegenübers erkundigt, alle Formalia beiseite lässt und sich plötzlich ein Stuntman und ein Filmfan unterhalten, sitze ich, das Publikum, mit einem Grinsen auf dem Gesicht da und erfreue mich an einer feinen Kuriosität, einer von vielen in diesem Film.

Merci, dass es dich gibt.
:liquid8:

Nachdem die olle Erstauflage ohne Extras überholt war, schob MGM eine "Gold Edition" nach. Im Pappschuber in Amaray befinden sich zwei DVDs mit dem Film nach Wahl mit Audiokommentar, Featurettes, Deleted Scenes und auch einem 8-seitigen Booklet. Später dann gab es noch ein 4-Disc-Set zusammen mit "Be Cool".

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Beitrag von Vince » 26.11.2006, 21:30

Be Cool

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Originaltitel: Be Cool
Herstellungsland: USA / Luxemburg
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: F. Gary Gray
Darsteller: John Travolta, Uma Thurman, Vince Vaughn, Cedric the Entertainer, André 3000, Steven Tyler, Christina Milian, Harvey Keitel, The Rock, Danny DeVito, Paul Adelstein, Scott Adsit, Kimberly J. Brown, Brian Christensen, Keila Collins u.a.

Trotz des Wissens darum, dass “Be Cool” eine Fortsetzung des Grauens (das Wort “Grauen” hier als Synonym für “Kommerz”) hatte sein müssen, schlug mein “Get Shorty”-Fanherz im Dreivierteltakt, als angekündigt wurde, dass der Weg des unerschütterlich coolen Chili Palmer noch fortgeführt werden würde. Ob ein F. Gary Gray die Franchise gut in die zweite Runde leiten würde, war zunächst mal zweitrangig, da schon das Prequel mit Barry Sonnenfeld einen ähnlich gepolten Regisseur vorzuweisen hatte, der es schwer zu glauben machte, dass dabei so eine gewitzte Gangsterkomödie hatte rauskommen können. Sonnenfeld und Gray sind eher unscheinbare, profillose Regisseure, die es zwar verstehen, fein staffierte Hochglanzfilme mit Starappeal zu fabrizieren, die aber kaum eigene Duftmarken setzen. Eine Kunst, die im Hollywood von heute hoch geschätzt ist, wie der bemerkenswerte Aufstieg des Genresöldners Brett Ratner beweist - ein Mann, der bezeichnenderweise auch für “Be Cool” im Gespräch war.

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Die Reihe lebt nicht von den Visionen ihrer Regisseure, sondern von der Vorlage Elmore Leonards, der schon für allerhand Trubel in Hollywood gesorgt hat - vom eher enttäuscht aufgenommenen, aber weit unter Wert verkauften “Jackie Brown” bis zum Totalflop “Hawaii Crime Story”, den der Normalkinogänger trotz des enormen Staraufgebots wohl erstmal nachschlagen muss. “Get Shorty” wird wohl als einer der gelungeneren Leonard-Verfilmungen in die Filmgeschichte eingehen, doch selbst hier erfreuen sich unzufriedene Filmkritiker noch an einer fröhlichen Rupforgie.

Cool und stylish genug, um sich in die Garde der gesequelten Filme einzureihen, war die Satire auf das korrupte Filmbusiness dem Publikum dennoch. Zwar spät, aber besser als nie: Ein Jahrzehnt, nachdem Charakterkopf Chili Palmer (John Travolta) sich das Filmgewerbe vorgenommen hat, gibt es ein Wiedersehen im Musicbusiness.

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Ein eigentlich logischer Schluss, denn das Musikgewerbe feierte schon vor Jahrzehnten Skandale, von denen Hollywood lange Zeit nicht zu träumen wagte. Mit Milli Vanillis empörendem Playback-Geständnis von 1990 war die Initialzündung gestartet hinein in die düstere Seite von MTV und seiner Verbreitung einer Popmusik-Kultur über die 90er Jahre, in denen jedoch zunächst eben eine Satire auf das Filmgeschäft gedreht wurde.
Und im Gewerbe hat sich seitdem viel getan. Das Geschäft mit Rohlingen, Internetpiraterie, Lars Ulrichs Napster-Kampf, Raub geistigen Eigentums - Schlagworte, die eine gebeutelte Musikindustrie aufzucken lassen, welche ihre Lage zu gewissen Anteilen gewiss auch noch selbst zu verantworten hatte. Das sollte eigentlich Areal genug sein, um einem Chili Palmer zu dienen und eine hochaktuelle Satire auf die Beine zu stellen - oder?

Um das Problem mit “Be Cool” gleich vom Fleck weg auf den Punkt zu bringen: Es ist das totale Fehlen einer Pointe, das dem Projekt zum Verhängnis wird. Es gibt massig Stars, Cameos, diverse Reminiszenzen an das Original, eine sich wie ein roter Faden durch das Geschehen ziehende Reunion der “Pulp Fiction”-Darsteller Uma Thurman und John Travolta, aber irgendwie wirkt das Ganze merkwürdig ungeplottet, ziellos und unvorstellbar überflüssig. Über allem hängt der sehnsüchtige, melancholische Hauch einer Abschiedsveranstaltung, einer letzten Vereinigung alter Freunde auf der Bühne, die jahrelang miteinander getourt haben und dies hiernach nie wieder tun würden. Das wäre zu verzeihen, wenn dem so wäre, doch stellt sich da eine hartnäckige Frage:
Feiert hier überhaupt jemand Abschied?

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Abgesehen davon, dass Robert Pastorelli (“Striking Distance”, “Eraser”) vor seinem tragischen Tod aufgrund einer Überdosis hiermit seine letzte Vorstellung lieferte, gibt es überhaupt keinen Abschied und damit auch keinen Grund für das endgültige Getue. F. Gary Gray widersteht viel zu selten der Versuchung, den auftretenden Stars um Steven Tyler seine Ehrdarbietung zu schenken, wodurch er sich immer wieder in sinnlose Ellipsen manövriert. Man wohnt einer Unterhaltung mit dem Aerosmith-Frontmann bei und ergründet den Sinn von einem seiner Songtexte - es führt zu nichts, von ein wenig Musikphilosophie abgesehen. Linda Moon (Sängerin Christina Milian), das erregende Moment der Story, findet man immer wieder in Momenten, wo sie ihre Sangeskünste vorführt und alle Beteiligten im Takt schunkeln - es hört sich nett an, bringt uns im Plot aber nicht weiter. Über John Travolta und Uma Thurman, die wieder recht gut miteinander harmonieren, werden allerlei schicke Verweise auf “Pulp Fiction” gezogen. So stirbt James Woods im Intro, während Travolta auf dem Klo sitzt (wann immer sich Vincent Vega in “Pulp Fiction” dort aufhielt, passierte etwas Schlimmes) und das Highlight ist freilich die Wiedervereinigung auf der Tanzfläche zur Musik der Black Eyed Peas. Cineasten können sich daran erfreuen, bekannte Dinge wiederzuentdecken, doch sind die Reminiszenzen vollkommen aus der Luft gegriffen.

Ein gewaltiges Problem ist auch dasjenige, welches im durchaus großartigen Opening Dialogue zwischen Travolta und Woods sogar noch angesprochen wird: Protagonist Chili Palmer ist einfach zu ehrlich, zu echt, um durch ein Sequel zu führen. Da ist dieser Gedanke, der sich einfach nicht aus dem Kopf vertreiben lässt, wenn man das Popsternchen-Gesinge und das Rap-Gepose über sich ergehen lässt: Chili, wie bist du in diese Produktion hineingeraten? Da ist diese alles durchblickende Figur, die sich nie aus der Ruhe bringen lässt, zu cool für die Welt ist, sich aber mit allerhand Dumpfbacken herumprügeln muss, sich mit Kindergeburtstagen herumplagt und stets mit ganzer Aufmerksamkeit dabei ist. Im Drehbuch wird zwar versucht, ihm die Aversion gegen das Musikgeschäft auf den Leib zu schreiben, was aber unglaubwürdig wird, sobald er sich voll und ganz für Linda Moon einsetzt und den Kampf gegen Russen, Rapper, Killer und den größten Feind, das System, antritt.

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Als Satire ist “Be Cool” ohnehin unterentwickelt, weil der Fokus eben viel mehr darauf liegt, die lebenden Legenden ins rechte Licht zu stellen, anstatt die fehlkonzipierten Strukturen der verdorbenen Musikszene aufzudecken. Die Interessengruppen sind ganz einfach viel zu extrem überzeichnet, um als Satire zu funktionieren. Cedric the Entertainer und seine Rapper-Gang (mit “Outkast”-Gründer André Benjamin in einem etwas missglückten Auftritt als manisch-gereiztes Gangsta-Männchen mit dem Finger am Abzug) sind nichts anderes als Comicfiguren. Das mag als Verarschung der Hip Hop-Kultur noch durchgehen (wobei da selbst “Clueless” zehn Jahre vorher schon bessere Momente zu bieten hatte), den Mechanismen des Gewerbes wird damit aber wohl kaum auf die Finger geschaut. Zumal die meisten Figuren nicht einmal witzig genug sind, um sinnfreie Unterhaltung zu bieten, ist es eine wahre Schande, dass die einmalige Chance vertan wurde, einen enthüllenden Blick auf das Monster “Music-Business” zu werfen, der Talente verbraucht wie dreilagiges Klopapier.

Jede Regel hat glücklicherweise ihre Ausnahme, und die hört im Falle der unwitzigen Figuren vor allem auf einen Namen: “The Rock”. Ex-Wrestler Dwayne Johnson ist seit einigen Jahren auf dem besten Wege, dem leidgeprüften Action-Genre neue Hoffnungen auf ein Erbe von Schwarzenegger und Stallone zu geben. Vin Diesel hat er durch seine einnehmende Ausstrahlung und seine Fähigkeit zur Selbstironie längst hinter sich gelassen, und mit seiner Nebenrolle in “Be Cool” beweist er all seine Qualitäten abseits der Action auf beeindruckende Weise nochmal neu. Dieser Blick, den alle Figuren im Film mitleidig belächeln, dieses Hochziehen der rechten Augenbraue... es ist in Wirklichkeit Zeugnis des Umstandes, dass sich Johnson einfach verdammt gut selbst auf den Arm nehmen kann. Die Rolle - ein schwuler Bodyguard mit Countrysänger-Ambitionen - ist schon für sich ein Clou, und was der Mann daraus macht, ist göttlich. <b>Er</b> schafft es wirklich, eine hinreißend komische Naivität an den Tag zu legen und damit so dumm auszusehen, dass es fast als Kritik an der Musikindustrie durchgeht, das die Naivität von Newcomern für seine Zwecke ausnutzt. Ein wenig führt Johnson damit die Tradition des überzeugend agierenden James Gandolfini fort, der in “Get Shorty” den Bodyguard Bear verkörperte und dessen Gag darin lag, dass Chili Palmer die Menschen selbst in den Gebieten mit Leichtigkeit zu übertrumpfen imstande ist, in denen sie eigentlich ausgebildet wurden. Doch The Rock geht noch viel weiter, hätte für den Mut zur Hässlichkeit - mit Afro, weißem Hemd, hautenger hellblauer Hose und roten Stiefeln - eigentlich jede Menge Preise verdient.
Auch sein Partner Vince Vaughn weiß als weißer Möchtegern-Schwarzer für sich zu begeistern und hat durchaus so manchen Lacher auf seiner Seite, ganz besonders im Umgang mit seinem schwulen Bodyguard. Und mit Robert Pastorelli als Italo-Killer im Anschlag entwickelt sich ein prächtiger Gangstermovie-Subplot im besten Sinne, der nur eben leider die Minderheit darstellt. Denn die Russen, die Gang vom Gangsta-Label und nicht zuletzt Harvey Keitel als eine Art repräsentativer Kopf für das komplette Gewerbe haben nichts von Belang zu melden. Es ist schlicht uninteressant.

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Die Ziellosigkeit färbt sich leider auch ein wenig auf den Protagonisten ab und Chili Palmer ist nicht mehr ganz der abgeklärte Mistkerl, der er war. Zwar ließ sich Peter Steinfeld im Drehbuch ein paar gute Sachen einfallen, um die Coolness des Chili herauszustellen - etwa wenn der Russe sein Magazin leerballert und Chili sich ihm vors Rohr stellt wohl wissend, dass keine Patrone mehr im Lauf ist - doch Manierismen wie das ständige “Sieh mir in die Augen” nutzen sich auf Dauer ab und der Druck, den der Ex-Kredithai einst auf Filmproduzenten ausübte, er ist inzwischen nicht mehr ganz so zwingend. Es ist, als wäre Chili weicher geworden. Vielleicht auch, weil viele dieser Szenen mit Absicht beinahe 1:1 aus dem Original kopiert wurden, um auf dieses zu verweisen - stellvertretend die Szene mit Uma Thurman im Chefsessel, während Travolta als Mr. Nobody im Hintergrund sitzt und mit ansehen muss, wie seine Partnerin alles vergeigt. Schade nur, dass der Thurman die Nervosität und Pseudocoolness abgeht, die ihr Pendant Gene Hackman als Harry Zimm in “Get Shorty” ausgestrahlt hatte.

Nun, alles läuft darauf hinaus, dass “Be Cool” lieber seine Gaststars aus dem Musikgeschäft abfeiert, anstatt die Steilvorlage zur Satire auszubauen, die das Musikgewerbe dem Film in der Realität geliefert hat. Der Plot wird ausgehöhlten Comicfiguren ausgefüllt, aus denen nur ein schräg-genial aufgelegter Dwayne Johnson und mit Abstrichen noch Vince Vaughn herausragt. Der zentrale Handlungsstrang um die aufstrebende Sängerin Linda Moon verfällt ständig in Demonstrationen der Skills von Moon-Darstellerin Christina Milian und zwischen Uma Thurman und John Travolta funkt zwar ein wenig die Nostalgie, dies aber völlig neben der Spur. Ein Sequel, dem Chili Palmer im Startdialog aus gutem Grund skeptisch entgegensieht.
:liquid4:

Aus dem Hause MGM / Sony kommt eine freilich ungeschnittene Special Edition als 2-Disc-Collector's Edition. Auf Wunsch gibt's auch eine 4-DVD-Box zusammen mit "Schnappt Shorty".

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 27.11.2006, 00:10

Oh, so schlecht schneidet der bei Dir ab :shock:

IMO, irgendwie immernoch 7/10, wobei Shorty ja 10/10 abgreift ;)

Trotz allem, fetten Respekt für Review :D
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Beitrag von Vince » 27.11.2006, 10:57

Thx Bob! Shorty ist geil, gerade deswegen war ich von der Fortsetzung auch so enttäuscht. Bei der ersten Sichtung waren's auch noch 5/10, aber irgendwie passt da für mich so wenig, dass ich noch auf 4/10 runtergehen musste.

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 27.11.2006, 11:02

Jo, beim ersten Mal im Kino damals, war ich auch total enttäuscht von Be Cool, aber nach mehrmaligen Sehen und angepassten Erwartungen ;) 8-)
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Beitrag von Vince » 27.11.2006, 11:14

Ach Bob, ich wär auch gern so wie du. Sich an jeden Film gewöhnen können und ihn plötzlich gutfinden. Das ist eine Gabe, mein Freund. :wink:

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 27.11.2006, 12:06

Vince hat geschrieben:Ach Bob, ich wär auch gern so wie du. Sich an jeden Film gewöhnen können und ihn plötzlich gutfinden. Das ist eine Gabe, mein Freund. :wink:
Das kommt aber auf die Filme drauf an, mit "Schatten der Wahrheit" hat es bis heute nichte geklappt ;)
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Beitrag von Vince » 28.11.2006, 22:48

Hab "Schnappt Shorty" der Vollständigkeit halber noch eingepflegt.

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 29.11.2006, 16:26

Top! :yeah:
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Beitrag von Samir » 01.12.2006, 10:01

Be Cool hab ich noch nit gesehen. Schnappt Shorty fand ich auch sehr unterhaltsam, kommt ja auch die Tage wieder im TV, Review zu Shorty ist top, das zu Be Cool wird erst gelesen wenn ich ihn gesehen habe wie immer halt ;)

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Beitrag von Vince » 01.12.2006, 12:51

Danke Samir! Also Be Cool könntest du vielleicht sogar mögen, weil der wie Bollywood seine Handlung ständig für Song- und Tanzeinlagen unterbricht. :wink:

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Beitrag von freeman » 22.03.2007, 03:49

Be Cool
Sodale, heute angeschaut und ja. Er war ganz unterhaltsam, keine Frage, aber Spritzigkeit und Leichtigkeit des Vorgängers sind offensichtlich ein wenig auf der Strecke geblieben. Ausserdem ist er viel zu lang. Dennoch ist Chilli Palmer eine der besten Figuren in Travoltas Repertoire ... er ist in kaum einer anderen Rolle so souverän, lässig und ja ... cool wie in Chillis Haut. The Rocks Auftritte haben ebenfalls sehr viel Spaß gemacht, vor allem seine Girls United Einlage. Ein paar Starauftritte wirkten ein wenig arg selbstverliebt und auch wenig gekonnt in den Film eingebunden (am LOLigsten war Fred Durst als Rumsteher) ... Naja, Vince Vaughn hätte man noch mehr Screentime geben sollen, er war imo auch ein riesen Brüller ... Insgesamt bleibt die Forsetzung aber deutlich hinter dem Vorgänger zurück ...
:liquid5:

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 22.03.2007, 14:32

Da kann man nix mehr hinzufügen. Außer, dass er imo beim zweiten Mal noch belangloser wird, weshalb ich von meiner ursprünglichen 5/10 dann auch noch auf 4/10 runtergegangen bin. Dass Chili zu Travoltas besten Rollen gehört, sehe ich ganz genauso. Auch wenn seine Woo-Rollen mindestens genauso gut funktionieren.

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Beitrag von freeman » 23.03.2007, 00:46

Jo, das mit Woo stimmt, wobei ich aber eben denke, dass in Chili sehr viel Travolta steckt ... also vom echten Travolta. Und da beginnt man eben bei der Tanzszene unweigerlich zu schmunzeln, bzw. schon bei der Einleitung, wo eben TRAVOLTA gefragt wird, ob er tanzen könne. Da sitzt man da und denkt: Ey Uma, kennst du den Travolta net? Dann fällt dir ein: Achso, er ist ja Chili ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 23.03.2007, 00:52

Klar, das mit dem Tanzen ist natürlich eine ganz offensichtliche Reminiszenz an die legendäre Pulp Fiction-Szene, und die wiederum ist eine Reminiszenz an den alten Saturday Night / Grease (/Staying Alive :lol: ) Travolta. Aber imo hat Travolta schon immer einiges von seiner eigenen Persönlichkeit in die Rollen gebracht. Der aus "Guck mal, wer da spricht" ist beispielsweise ein Pilot... naja, und der aus "Phenomenon" macht Werbung für Scientology. :wink:

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