
Originaltitel: Expert, The
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1994
Regie: Rick Avery / William Lustig
Darsteller: Jeff Speakman, James Brolin, Michael Shaner, Alex Datcher, Wolfgang Bodison, Elizabeth Gracen, Norm Woodel, Jim Varney, Michelle Nagy u.a.
Martin Kagan ist ein Psychopath, wie er im Buche steht. Doch bei der Auswahl seines letzten Opfers macht er einen entscheidenden Fehler: er erkor John Lomax' Schwester zu seinem Opfer und besiegelte mit dem Mord an der jungen Frau sein eigenes Urteil. Dank John Lomax, der dem Killer in der Tatnacht zufällig begegnete, wandert Kagan ein und soll hingerichtet werden. Lomax, der als taktischer Berater für Spezialeinheiten der staatlichen Ordnungshüter arbeitet, hat aber weiterhin ein wachsames Auge auf Kagan. Als er erfährt, dass Kagans Urteil ausgesetzt werden soll, damit er einer neuen Form der Resozialisierung zugeführt werden kann, bricht Lomax kurzerhand in den Knast ein, um Kagan selbst die Lichter auszuknipsen ...


The Expert stammt aus der Schaffensperiode von Jeff Speakman, deren Ausstoß auch heute noch jedem Actionfan uneingeschränkt ans Herz gelegt werden kann. Geballte Fäuste, Perfect Weapon, Deadly Takeover und eben The Expert sind allesamt Streifen, die das Actiongenre vielleicht nicht neu erfinden, es aber absolut zufriedenstellend bedienen. Die Action ist hart und brutal, die Story quasi nicht vorhanden und es werden gute alte Actionfilmlieblinge wie die unverhohlene Selbstjustiz abgefeiert. So auch in the Expert, was hier in Sprüchen wie Folgendem kulminiert: "Kagan ist nicht im Knast, um die Gesellschaft vor ihm zu schützen. Er ist da drin, um ihn vor mir zu schützen!" Männlicher geht wirklich kaum noch und auch der Plan, in einen Knast einzubrechen, um da einem Verurteilten den Scheitel zu ziehen, ist so herrlich absurd, dass es fast schon weh tut. Aber: Das Ding unterhält einfach und hey, was will man(n) mehr?
Leider vergeht bis zu diesem Knasteinbruch ein wenig zu viel Zeit. Und da wären wir bei dem größten Manko vom Expert: Er ist ein wenig zu actionarm. Im Grunde gibt es vier Actioneinlagen. Und keine hat eine wirklich ausufernde Länge. So ist es nur dem herrlichen Bäddie zu verdanken, dass der Mittelteil nicht komplett vor den Baum geht, denn er hält als einziger mit seinen Behavourismen die Pace des Filmes im ansonsten ereignislosen Mittelteil halbwegs oben. Michael Shaner als Martin Kagan kann somit als wesentlichster Clou des Filmes angesehen werden, denn sein gelackter, megaaroganter Bad Ass ist eine riesige Show und es macht wirklich Spaß, Shaner zuzusehen, wie er zwischen harmlos / affektiert und kreuzgefährlich hin- und herschaltet. James Brolin ist dabei als Gefängnischef der Einzige, der ihm so etwas wie Paroli bieten kann, indem er in Kagans Gegenwart mit einigen herrlichen Zynismen um sich schmeißen darf. Dagegen sieht der Rest des Castes ziemlich schnell ziemlich alt aus. Insbesondere die Frauen im Cast kommen extrem schlecht weg und rangieren unentwegt zwischen nervig und überflüssig. Bekannt ist dabei eigentlich nur Elisabeth Gracen, die Jahre später dank der Highlander Serie so etwas wie eine Art Semibekanntheit aufbauen konnte. Jeff Speakman ist - obwohl Held des Filmes - erstaunlich wenig zu sehen, da er für Brolin und Shaner teils extrem zurückgenommen wird. In den Momenten, in denen er zu sehen ist, wirbelt er dann entweder wieder ein paar Bäddies aus dem Film oder spult recht unaufgeregt sein Programm ab. Ein wenig peinlich ist eigentlich nur die Tatsache, dass ihn der Tod seiner Schwester irgendwie zu keinem Zeitpunkt zu tangieren scheint. Keine Träne, kein trauriger Blick, nichts. Seltsam. So ein schlechter Darsteller ist er dann ja eigentlich nicht, dass man diese Momente hätte aussparen müssen.


Aber naja, es ist ja nun mal ein Speakman Film und da geht es eh um etwas anderes. Genau: Action. Wie bereits erwähnt ist diese rein von Aufkommen und Dauer her recht enttäuschend, ansonsten aber einfach vom Feinsten! Das Blut spritzt im hohen Bogen, Gliedmaßen werden krachend verbogen, Körpertreffer sind immer blutig und auch Messer kommen recht schlitzig zum Einsatz. Dazu gibt es ein paar herrliche, knackig kurze Kenpo Demonstrationen von dem gedrungenen Kraftpaket Speakman, die ohne Spielereien wie Zeitlupen recht ruppig und effektiv auf den Zuschauer niedergehen. Ergo könnte man das Thema Action wie folgt zusammenfassen: Menge pfui, Präsentation hui.
Und auch abseits der Actionumsetzung ist The Expert handwerklich von absolut überdurchschnittlichem Niveau. Man sieht in jeder Einstellung, dass The Expert ein noch deutlich höheres Budget hatte, als der Großteil der Speakman Streifen, die folgen sollten. Kein Stock Footage, keine arme Videooptik, keine dämlichen CGIs. The Expert ist technisch einfach absolut sauber inszeniert und hebt sich vor allem im netten Showdown mit Hilfe ausgeprägter Licht- und Schattensetzung, dynamischer Kameraführung und netten Perspektiven deutlich vom Genredurchschnitt ab.


Somit ist The Expert ein handwerklich absolut gelungener Genrevertreter, dem ein prägnanterer Mittelteil und ein wenig mehr Action gut zu Gesicht gestanden hätte. Trotz der angedeuteten Mängel und der dünnen Story (oder gerade deswegen? ;-) ) findet der Genrefan hier ordentliche Unterhaltung. In Speakmans Vita reiht sich The Expert mühelos in den höheren Rangplätzen ein und lässt Gurken wie Land of the Free oder Scorpio One mühelos im Regen stehen. Schade, dass Speakman vom Niedergang des Genres auch ziemlich rabiat überfahren wurde, der Mann hatte einfach Potential - wer ihn einmal richtig hat wirbeln sehen, weiß, was ich meine.

Die britische uncut DVD kommt von dem Label Hollywood und leidet ein wenig an übersteuerten Rottönen. Auch das aufgespielte 4:3 Format mutet nicht unbedingt so an, als sei es das korrekte Bildformat.
In diesem Sinne:
freeman