Ich habe kürzlich mal die Mr. Moto-Reihe beendet, und da die nicht bei den Actionfreunden landen, pack ich die mal hier rein:
Think Fast, Mr. Moto (Mr. Moto und der Schmuggler-Ring
Peter Lorre begründet in dieser ersten „Mr. Moto“-Episode einen neuen Typus von Detektiv: Exotisch, höflich, undurchschaubar, auch liebenswürdig, aber hart, wenn es sein muss. Lorres Wandlungsfähigkeit gehört zu den Highlights des Films, der angemessen mit einer Schiffsfahrt zwischen Orient und Okzident eingeleitet wird und dort allerhand an Verschwörung aufdeckt.
Thank You, Mr. Moto (Mr. Moto und der China-Schatz)
Wer noch Restzweifel hegte, ob Peter Lorre als Mr. Moto nicht doch womöglich der knuddelige Gentleman sein könnte, als der er manchmal den Anschein macht, dem werden sie gleich zu Beginn seines zweiten Abenteuers ausgetrieben. In der Eröffnungsszene übernachtet der Detektiv nämlich in der Wüste Gobi, als sich ein Mann in sein Zelt schleicht. Pech für den Eindringling, dass sein Opfer üblicherweise nur mit einem Auge schläft. Er wird überwältigt, ohne mit der Wimper zu zucken getötet und gleich an Ort und Stelle im Sand unter dem Zelt verscharrt. Benimmt sich etwa so ein Gentleman?
Vorhang auf für einen mehr als zwielichtigen Schnüffler von einem Helden, den man im folgenden in gar nicht so heldenhaften Posen erleben wird: Auf der Flucht vor der Polizei, beim Vortäuschen von Telefongesprächen, ins Halbdunkel getaucht am Schauplatz eines frischen Mordes. Lorres bizarre Maskierung, die, verstörend genug, oftmals unter einer weiteren Maskierung liegt, sein offensichtliches Stuntdouble in Kampfszenen, seine vorgetäuschte Höflichkeit und Naivität, seine Liebe zu Katzen und gleichzeitige Kaltschnäuzigkeit gegenüber seinen Widersachern... all das führt zu einem äußerst irritierenden Uncanney-Valley-Zerreffekt dessen, was Sir Arthur Conan Doyle im 19. Jahrhundert zum Standard erhoben hat.
Die Beklemmung, mit der man Mr. Motos Handeln beim Erstkontakt vielleicht noch wahrgenommen hat, hat sich jedoch inzwischen verflüchtigt. Man muss ihn eben nur besser kennenlernen, wie man so schön sagt – und bekommt im Gegenzug Zugang zu einem äußerst faszinierenden Charakter, gerade weil er eben nicht dem klassischen Profil entspricht. Noch dazu hat der zweite Teil gegenüber dem Schiffsset seines Vorgängers die schönere Kulisse zu bieten: Geschmückte Altstraßen mit exotischen Antiquitätenläden (in denen ein zwielichtiger John Carradine billige Fälschungen verscherbelt) und gut besuchte High-Society-Parties machen dieses Abenteuer zum Ausstattungsfest. Dazu das farbenfrohe Kunstmilieu mit seinen schillernden Gestalten, die das Schwarzweißbild dieses alten Krimis beinahe bunt erscheinen lassen. Da kann man nur sagen: Thank you, Mr. Moto.
Mr. Moto Takes A Chance (Mr. Moto und der Dschungelprinz)
Mr. Moto mag ein Verkleidungskünstler sein. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass er wie ein Tourist in Tarnfarben und mit Taschen bepackt durch den Dschungel streift. Nein, als Dandy steht er da im Gehölz mit seinem weißen, etwas zu schlabbrigen Anzug und den dazu passenden Handschuhen, das glatt gekämmte Haar keinen Millimeter verrückt. Dass er wie ein Paradiesvogel aus der Landschaft ragt, bedeutet wiederum keineswegs, dass er sich nicht an die Gepflogenheiten seiner Gastgeber zu halten weiß. Während die amerikanischen Dokumentarfilmer mitsamt ihres dämonischen Seelenfängers (aka Kamera) gefangen genommen werden, weil mitten in der Aufnahme das liebste Betthupferl des Stammeshaupts ermordet wird, hält sich der Detektiv erst einmal vornehm aus der Sache heraus. Wer wäre er denn auch schon, sich anzumaßen, die Bräuche der Eingeborenen zu hinterfragen?
Bevor die Geschehnisse eskalieren, läuft die Handlung erst einmal ein wenig zäh an, allerdings profitiert der Einsatz in Kambodscha von der ersten Minute an von dem exotischen Setting mit all den Bambushütten, Tigerfallen und hübsch für die Kamera drapierten Kleintieren. „King Kong“ und die „Tarzan“-Filme der 20er und 30er Jahre stellen hier offensichtlich den Rahmen. Peter Lorre bei den Ermittlungen zuzuschauen, ist wie immer ein Spektakel, ob er nun als der höflich-verschlagene Moto in Erscheinung tritt, als den wir ihn kennen, oder als greisenhafter Urwald-Guru, für den es auch mal drei Stunden in die Maske ging. Aufreiben darf er sich diesmal an George Regas, der als hundsgemeiner Hohepriester uralte Feindbilder beschwört, im Laufe der Geschehnisse jedoch standesgemäß bloßgestellt wird.
Im Finale wird es selbst für Moto-Verhältnisse ungewöhnlich actionreich; man könnte beinah auf den Gedanken kommen, hier werden schon mal Indiana-Jones'sche Verhältnisse auf die Spur gebracht. Und während Peter Lorre mit kindlicher Freude wie auf dem Jahrmarkt zum ersten Mal den Abzug drückt und dabei gleich auf Bösewichte zielt anstatt auf Schießbudenfiguren, denken wir uns: Der Mann weiß die Gelegenheiten zu nutzen, die sich ihm im Leben bieten.
Mysterious Mr. Moto (Mr. Moto und der Kronleuchter)
Irgendwie möchte man bezweifeln, dass einen Mr. Moto Gewissensbisse dabei plagen, wenn er die Identität eines Mörders annimmt, um so einem anderen Mörder zur Flucht aus dem Gefängnis zu verhelfen. Auch als stoppelbärtiger Verbrecher im Overall geht Peter Lorre wieder völlig in seinem absurden Erscheinungsbild auf und schert sich nicht darum, dass er dabei einem aufgebrachten Al Capone ähnelt, den man gerade enteignet hat und der sich nun seine rechtmäßige Macht zurückzuholen gedenkt. Dass er schließlich einen Großteil seines neuen Falls als unterwürfiger Diener getarnt verbringt und sich an der Bar auch mal ohne Gegenwehr herumschubsen lässt (unter anderem von Regisseur Norman Foster in einem Cameo), gehört zur Wandlungsfähigkeit des Charakters, den er als strategisches Instrument einsetzt, um den latenten Rassismus seiner Mitspieler gegen sie zu richten, egal, ob es sich dabei um einen einfachen Zollbeamten oder einen verschlagenen Bösewicht handelt. Diese Taktik wird sogar über die innerfilmische Handlung hinaus an der Realität angewandt: In einer Szene gegen Ende setzt Lorre nämlich zum Höhepunkt seiner Scharade an, indem er mit Verweis auf das „entartete“ Kunstverständnis der Nazis sogar als konservativer deutscher Kunstkritiker in Erscheinung tritt, der sich auf einer Vernissage völlig daneben benimmt.
Ungeachtet der wieder einmal abenteuerlichen Eskapaden des Hauptdarstellers ist „Mr. Moto und der Kronleuchter“ eigentlich ein recht elegant aufgezogener Fall, dessen Ausstattung mit der Exotik des Dschungel-Vorgängers nicht mehr viel gemein hat. Spielbestimmend ist vielmehr der Low-Key-Stil der Kriminalfilme jener Zeit, was Lorre letztendlich aber nur noch mehr Gelegenheit gibt, sein raffiniertes Verwirrspiel zu arrangieren und sich dabei im Halbdunkel zu verstecken.
Wem also die Ermittlungen von Bogart und Welles zu dröge sind, der bekommt im fünften Moto-Fall eine abwechslungsreiche, schwer unterhaltsame Alternative geboten. Spätestens, wenn sich Lorres Stuntdouble mit waghalsigen Hechtsprüngen seinen Weg zur Aufhängung des Kronleuchters bahnt, steht fest: Vor seinen früheren Einsätzen muss sich dieser nicht verstecken.
Mr. Moto's Gamble (Mr. Moto und der Wettbetrug)
Eine Lektion aus großen Worten eröffnet den Fall, eine weitere redselige Lektion schließt ihn ab. Ist es etwa ein Lehrkörper, den wir diesmal in sein Abenteuer begleiten? Jedenfalls sehen wir diesmal nicht etwa Mr. Moto, der in die Gestalt anderer Personen schlüpft. Vielmehr schlüpft nun Charlie Chan in die Gestalt von Mr. Moto, um die eigenen Weisheiten in in Form von Sprichwörtern an den Zuschauer zu tragen. Ursprünglich nämlich als Charlie-Chan-Abenteuer konzipiert, bleibt „Mr. Moto und der Wettbetrug“ spürbar im Theoretischen verhaftet, auch wenn mit dem Boxsport ein Milieu zum Schauplatz erklärt wird, in dem es mit geschwungenen Fäusten zur Sache geht. Ein klassisches Einsatzgebiet des Kriminalfilms, das die Action ins Scheinwerferlicht verlagert, um heimlich den Fokus auf den unbeleuchteten Rand zu werfen, wo man als Detektiv die wahren Geheimnisse aufdecken kann.
Peter Lorre selbst bleibt demzufolge diesmal auch im flügellahmen Geltungsrahmen seiner Kollegen Chan oder auch Holmes gefangen und begnügt sich mit deduktiven Schlussfolgerungen, anstatt die Widersacher wie üblich mit Verkleidungen, artistischen Einlagen und moralisch fragwürdigen Entscheidungen zu verblüffen. Einmal lässt er sich zu seinem Schulterwurf hinreißen, ansonsten bleibt der Sitzplatztausch beim Boxkampf das akrobatische Highlight des Detektivs, der lieber mit einer Aura des Allwissenden im Hintergrund verweilt und beobachtet, was vor sich geht.
Dass es sich - trotz des Fehlens der typischen Moto-Trademarks – unter den konventionellen Kriminalfilmen dennoch um einen der besseren handelt, ist vor allem einigen Figuren aus dem Umfeld Motos anzurechnen. Vor allem das Doppel Keye Luke (in seinem einzigen Auftritt als Lee Chan außerhalb der Charlie-Chan-Reihe) und Boxer-Schauspieler Maxie Rosenbloom sorgt für eine Abfolge wunderbarer Running Gags und komödiantischer Verstrickungen, wobei insbesondere Letzterer als Kleptomane mit selbsttherapeutischen Absichten so manchen Lacher auf seiner Seite hat. Erfreulich außerdem der kleine Gastauftritt von Lon Chaney Jr.
Sofern man verschmerzen kann, dass Peter Lorre bedingt durch das adaptierte Drehbuch an der kurzen Leine gehalten wird, ist also auch „Mr. Moto und der Wettbetrug“ ein nettes Vergnügen, das mit reichlich Wortwitz, einem stringenten Erzähltempo, moderater Spannung und einem starken Ensemble an Nebendarstellern bei der Stange hält.
Mr. Moto's Last Warning (Mr. Moto und die Flotte)
Als die Silhouette des nahenden Zweiten Weltkriegs am Horizont auftauchte, legte sich ihr Schatten auf die Filmindustrie nieder und machte auch um die abenteuerliche Detektivreihe mit Peter Lorre keinen Bogen. In „Mr. Moto und die Flotte“ bestimmen jedenfalls politische Manöver den Kurs der Handlung: Frankreich und England sollen gegeneinander aufgebracht werden, denn die Übungen der Royal Navy mit der französischen Flotte werden von Unbekannten sabotiert. Das ist doch ein Fall für... Teru Shimada?
Dass auf einmal der japanisch-amerikanische Schauspieler, der Jahrzehnte später im Bond-Streifen „Man lebt nur zweimal“ mitspielte, ins Bild rückt und sich anstelle von Lorre als Mr. Moto ausgibt, ist dabei viel weniger verwirrend als die undurchsichtige Verschwörung, auf der das Drehbuch seinen Fall aufbaut. Verkleidungen und Verwirrspiele, wenn auch diesmal mit einer vermeintlichen Neubesetzung auf die Spitze getrieben, gehören eben zum Job eines Handkanten-Detektivs dazu, wie Lorre in einer späteren Szene seufzend feststellt und damit seine vorangegangenen fünf Fälle reflektiert. Doch die Komplexität des neuesten Falls ist ungewöhnlich. Eine unsichtbare feindliche Organisation, deren Herkunft völlig unklar ist, zwielichtige Gestalten, die einer nach dem anderen aus dem Boden sprießen und als krönende Ablenkung ein Bauchredner (Ricardo Cortez), der sinnbildlich für die Unmenge an falschen Fährten steht, von denen einige in Sackgassen enden und andere wieder zum Anfang führen.
Beruhigend, dass Mr. Moto, also das Original, dennoch stets den Kopf über Wasser zu halten weiß und das Puzzle aufwändig, aber gekonnt erneut in nur wenig mehr als einer Stunde löst, wobei er dem Zuschauer das finale Puzzlestück, Schelm der er ist, vorenthält. Es mag in der Vergangenheit aufregendere Einsätze und im Sinne des Entertainments spannendere Geschichten gegeben haben, doch Lorre und sein Stuntman werden zumindest wieder auf ganzer Linie gefordert. Nach dem etwas hüftsteifen Vorgänger ist wieder mehr Körpereinsatz gefragt und auch die grauen Zellen müssen angestrengt werden. Lorre tangiert all das selbstverständlich kaum; ob nun als abgeklärter Moto oder als naiv-höflicher Mr. Kiroki, ohne Mühe stiehlt er jedem Konterpart die Show, selbst wenn der Puppen zum Sprechen bringen kann.
Mr. Moto in Danger Island (Mr. Moto und die geheimnisvolle Insel)
Schmuggler enttarnen wie in „...und der Schmugglerring“, durch den Urwald waten wie in „... und der Dschungelprinz“, sich im Ring austoben wie in „...und der Wettbetrug“ - obwohl die Story von „Mr. Moto und die geheimnisvolle Insel“ ursprünglich auf dem Roman „Murder in Trinidad“ basiert, der 1934 zunächst mit Nigel Bruce verfilmt wurde und eigentlich für einen weiteren Charlie-Chan-Streifen auserkoren war, schaut sie sich im Moto-Universum wie ein Best-Of der einprägsamsten Momente in der abwechslungsreichen Karriere des japanischen Detektivs.
Das bedeutet natürlich auch, dass nicht mehr viel Neues geboten wird in der Reihe, die nun bereits sämtliche Ablenkungsmanöver und alle Varianten der verschleierten Kriminalität durchexerziert hat. Die von Peter Lorre entworfene Hauptfigur hat allerdings auch durch ihren exzessiven Einsatz (acht Filme in drei Jahren) keinen Deut an Faszination verloren. Es macht immer noch einen Heidenspaß, die mimischen Veränderungen in seinem ausdrucksreichen Gesicht zu beobachten, während den Nebenfiguren langsam dämmert, welche Spielchen er mit ihnen treibt.
Nach Unterhaltungsgesichtspunkten gewertet spielt das siebte Moto-Abenteuer jedenfalls im oberen Bereich mit. Gleich zu Beginn sieht man Moto im Publikum eines Ringkampfes, als er der Dame zu seiner Rechten versichert, dass ein solcher Kampf zu großen Teilen aus Show besteht. Der Schnitt entlarvt erst danach, dass Moto so nah am Ring sitzt, dass die Wrestler seine Ausführungen mitbekommen und sich einer von ihnen darüber chauffiert. Sekunden später findet sich Moto selbst im Ring wieder und zeigt, dass er nicht nur Experte im Schauspiel ist, sondern auch im Körpervollkontakt.
Der bewährte Jiu-Jitsu-Schulterwurf wird fortan nicht nur ein häufig angewendeter Running Gag des Films, sondern auch Teil des Verbrüderungsrituals mit Twister McGurk, demjenigen Wrestler, der von Motos Einmischung profitierte. Warren Hymer legt ihn ähnlich tollpatschig an wie Max Rosenbloom seinen Boxer ein Jahr zuvor in „Mr. Moto und der Wettbetrug“. Moto hat also diesmal einen gutmütigen Trottel als Sidekick an seiner Seite, der seinem Partner geistig und akrobatisch unterlegen ist, jedoch durch seine Gutmütigkeit und Loyalität hilfsbereit zur Seite steht. Möglicherweise erklärt Hymers Präsenz den Umstand, dass Lorre diesmal nicht gefordert ist, zeitweise in die Rolle des höflich-naiven Klischee-Asiaten zu schlüpfen, um seine Widersacher abzulenken; dazu hat er ja schließlich nun seinen Assistenten.
So witzig es auch anzusehen ist, wie der Schmugglerring zerschlagen wird, so sehr bleibt Neu-Regisseur Herbert I. Leeds letztlich in den Basics verhaftet. Sofern man sich aber damit arrangieren kann, dass der Hut mit Überraschungen inzwischen vollständig ausgeräumt ist, eignet sich auch dieser Moto-Fall als ideales Futter für ein nostalgisches Double Feature.
Mr. Moto Takes A Vacation (Mr. Moto und sein Lockvogel)
Als Abschluss einer flotten Serie von acht einstündigen Filmen binnen drei Jahren warf die 20th Century Fox noch einen finalen Auftritt des exzentrischen Jiu-Jitsu-Detektivs Mr. Kentaro Moto auf den Markt. Darin möchte der Titelheld eigentlich endlich mal Urlaub machen, wird aber durch einen mysteriösen Dieb namens Metaxa daran gehindert, weil der es auf ein wertvolles Museumsstück abgesehen hat, das in einem Museum in San Francisco ausgestellt werden soll. Ob Moto wusste, dass er seinen langersehnten Urlaub zwar nicht während der Handlung, aber bald darauf bekommen würde – und dass er deutlich länger dauern würde als geahnt?
„Mr. Moto und sein Lockvogel“ ist nach Veröffentlichungsdatum geordnet der letzte Film der achtteiligen Reihe, wurde aber noch vor „Mr. Moto und die geheimnisvolle Insel“ gedreht. Weil jedoch Herbert Leeds auf der Insel die Regie übernahm, ist es zumindest für Stammregisseur Norman Foster der wahrhaft letzte von insgesamt sechs Einsätzen. Und in Sachen Action, Tempo und Unterhaltung lässt er sich nicht lumpen, liefert er doch eine seiner temporeichsten Arbeiten. Der Plot ist ständig in Bewegung, es gibt Verfolgungsjagden per Auto in Kombination aus waghalsigen On-Set-Stunts und getricksten Nahaufnahmen mit Rückprojektion, es werden in ungewöhnlichen Kamerawinkeln Fluchtwege über Häuserdächer eingefangen und natürlich wird auch mit akrobatischen Zweikämpfen und erheiternden Sidekicks wieder nicht gespart. Der Streifen ist reich an interessanten Sets, die ähnlich wie bei dem anderen „letzten Moto“ einem Best Of der markantesten Schauplätze gleichkommen, begonnen mit einem Passagierschiff, das den Bogen zum ersten Eintrag in die Serie schlägt. Das stets im Akt befindliche Treiben des Diebs mit ungeklärter Identität lässt Freunde des gepflegten Whodunit mal vom aufregenden Whodoesit kosten, das zu manch stimmungsvollem Augenblick führt, etwa wenn der Maskierte draußen im Regen hockt und mit einer Waffe auf Mr. Moto zielt, der sich soeben in seinem warmen Zimmer in Sicherheit wähnt.
Eine gewisse Müdigkeit trotz aller oberflächlichen Schauwerte dennoch zu spüren. Obgleich das Tempo bei den ersten Filmen vielleicht etwas weniger hoch war, so strahlte die Auswahl der Sets, der Aufbau der Dialoge und die Aufbereitung der Kriminalfälle zu Beginn der Reihe mehr Sorgfalt und mehr Besonderes aus. Peter Lorre selbst war Profi genug, sich mögliche Routinen nicht ansehen zu lassen, er ist und bleibt auch im achten Teil eine Wucht und bringt immer noch die nötige Größe in die Rolle, damit der Zuschauer nicht nur einen ungarisch-amerikanischen Darsteller in der Haut eines Japaners akzeptiert, sondern auch alle Begleitumstände, die ein derartiger Umgang mit Stereotypen mit sich bringt (vom Blackfacing, das diesmal in einer Szene bei einer Nebenfigur zu sehen ist, bis zur erprobten Sekundär-Identität des Mr. Moto als einfältiger Klischee-Asiate wie aus einem Lucky-Luke-Comic). Aber es bleibt nicht unbemerkt, dass sich Twists und Marotten längst wiederholen. Man kann sie als liebgewonnene Eigenschaften der Franchise immer noch begrüßen, der für das vollständige Gelingen der Moto-Rezeptur so wichtige Überraschungseffekt ist aber verpufft.
Selbst wenn die Realität Hollywood nicht kurze Zeit später eingeholt hätte und eine japanische Hauptfigur in einem amerikanischen Film untragbar geworden wäre, wer weiß, wie lange Lorre überhaupt noch zur Verfügung gestanden hätte. Mit Penny Singleton, die von 1938 bis 1950 immerhin 28 Filme lang als Hausfrau Blondie auftrat und übrigens ebenso wie Mr. Moto einen Film mit dem Titel „...Takes a Vacation“ mit ihrer Präsenz beehrte (und zwar im gleichen Jahr... hatten die Beiden etwa einen gemeinsamen Urlaub geplant?), wäre er aufgrund anderer Verpflichtungen wohl kaum gleichgezogen. Vermutlich ist es gut so. Heute, mehr als 80 Jahre später, kann man alle Teile reuelos am Stück schauen, ohne dass die leichten Abnutzungserscheinungen dem Unterhaltungswert wirklich etwas anhaben könnten.
