Kokowääh
Til Schweiger erweitert sein seit "Keinohrhasen" und "Zweiohrkücken" etabliertes Komödienkonstrukt diesmal ganz gezielt um eine deutlich emotionalere und gefühligere Komponente, die "Kokowääh" im Großen und Ganzen erwachsener, allerdings auch schwerfälliger wirken lässt als seine vorhergehenden Riesenhits um Ludo Decker und Kindergärtnerin Anna. Dabei spielt sich Schweiger im Grunde wieder nur selbst, während seine Tochter Emma Schweiger als Kuckuckskind Magda alle Register süßer Kinderblicke zieht, um das Publikum und Henry im Sturm zu erobern. Das wirkt ab und an etwas manieriert (vor allem die Sprechweise der Kleinen klingt ab und an sehr aufgesetzt), funktioniert letztendlich aber sehr gut.
Schweiger selbst inszeniert seinen Film in Optik und Dramaturgie wieder so amerikanisch wie irgendmöglich. Und das ist nicht negativ gemeint. Schweiger hat sein Publikum fest im Blick. Was er von Kritikern und Konkurrenten denkt, serviert er in einigen Szenen ganz offensiv auf dem Silbertablett. Vor allem der pomadige Auftritt eines Regiesuperstars, der massiv an Florian Henckel von Donnersmarck ("The Tourist") erinnert, weiß dabei zu einem Schmunzeln hinzureißen. Was überrascht, ist das Ende. Das ist zwar rosarot und ultrakitschig, beruft sich aber zugleich auf ein neues Konzept von Familie, das weit über "Du siehst das Kind am Montag und jeden zweiten Donnerstag in der Woche" hinausgeht. Der Film drumherum ist nicht ganz so witzig und flott wie Schweigers "Keinohrhasen" und wirkt etwas zu lang, gleicht das aber durch viel Herz, netten Humor und gute Darsteller mühelos wieder aus. Ein Herzöffner sozusagen, der förmlich zum Wohlfühlen einlädt und damit wieder ein erstklassiges Date Movie von unserer filmischen Allzweckwaffe Til Schweiger. Allerdings eben mit arg abgenutzter Formel dahinter ...
Deadly Impact
Robert Kurtzman agiert als Regisseur wirklich höchst unglücklich. Hier startet er mit einem echt geilen Intro, das ungemein spannend ist und zwei Antagonisten richtig sauer aufeinander werden lässt und gleich darauf fällt der Film in ein schwarzes Belanglosigkeitsloch. Sogar die Maskeneffekte von Kurtzman funktionieren null und lassen Pantoliano wie einen Clown wirken, der dann irgendwann genauso spielt. Sean Patrick Flanery spielt weitaus glaubwürdiger, scheitert aber an seiner langweiligen Figur. Action hat es auch kaum ... und die Spannung des Einstiegs bekommt Kurtzman auch net mehr hin. Zumindest rockt die Filmmusik brutal ...
Die Doomsday Gleichung
Erstaunlich, wie sehr Katastrophenfilme doch von einem Funken Hoffnung abhängig sind, um sie funktionieren lassen. Dieser Film um Kernenergie und damit zusammenhängende Platenverschiebungen (aaaaaahja ...) vergisst diesen Hoffnungsschimmer und steuert von Beginn an einfach auf die schlecht getrickste Katastrophe zu. Diese tritt ein, alle sind tot und der Zuschauer sitzt achselzuckend vorm Screen und denkt sich aaaaaahja ... Seltsamer Streifen ... langweilig obendrein.
Perhaps Love
In "Perhaps Love" geht es um den Schauspieler Lin Jian-dong, einen Superstar aus Hongkong, der engagiert wurde, um auf dem chinesischen Festland einen Film mit dem dortigen weiblichen Superstar Sun Na zu drehen. Was niemand weiß, die beiden Darsteller verbindet eine langjährige Liebe, die von ihr beendet wurde, weil sie Karriere machen wollte. Ihr jetziger Freund, Förderer und Mentor ist der Regisseur des Filmes.
Eine Dreiecksgeschichte, deren weitere Handlung, wäre dies ein amerikanisches Musical, deutlich vorgezeichnet wäre. Zwei Menschen würden wieder glücklich werden und einer dumm aus der Wäsche schauen. Doch dies ist ein chinesischer Film. Und die Chinesen erlauben sich nur zu gerne einen melancholischen und traurigen Blick auf die Liebe. Und so endet hier nicht alles in zuckersüßem Kitsch, sondern in der simplen Erkenntnis, die dem hier vorgestellten Film seinen Titel gibt: Vielleicht war es Liebe – Perhaps Love. Der Weg zu diesem sehr melancholischen, im Endeffekt erstaunlich nüchternen Ende, das fragt, ob es die wirkliche Liebe wirklich gibt, oder sich nur jeder selbst liebt, wird von Meistern ihres Faches bebildert. So stammen alle Musicaleinlagen und die Szenen rund um die Dreharbeiten von Bildermagier Peter Pau. Dieser hatte für "Tiger and Dragon" einen Oscar eingefahren und überzeugt bei "Perhaps Love" mit einer mal detailversessenen, mal märchenhaften, mal nüchternen Bebilderung, die immer genau den richtigen Ton trifft. Die Szenen um die frühere Liebe zwischen Lin und Sun hat sich Christopher Doyle vorgenommen. Der Kameramann, der vor allem Arthousefans dank seiner unzähligen Arbeiten mit Wong Kar Wai ("Chungking Express", "Fallen Angels") ein Begriff ist, sorgt für unmittelbare, nervöse, in erdigen Farbtönen gehaltene Bilder einer jungen, sehr unsteten, fahrigen und dennoch intensiven Liebesbeziehung.
Inmitten dieser großartigen Bilderwelten bewegen sich mit Takeshi Kaneshiro ("House of Flying Daggers") und Zhou Xun ("The Banquet", "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin") zwei junge Superstars des chinesischen Kinos, von denen vor allem der feinfühlige, immer etwas melancholisch wirkende Kaneshiro brilliert. Doch ein älterer Star spielt und singt alle Darsteller des Filmes an die Wand: Jacky Cheung. Der Mime, aufgrund seiner Mimik und Gestik gerne zum Filmclown degradiert (so machte er beinahe im Alleingang John Woos Klassiker "Bullet in the Head" kaputt), spielt hier so irre geerdet und vor allem ernst, wie man es von ihm selten gesehen hat. Vor allem in seinen Gesangseinlagen verschafft er dem Film ein Highlight nach dem anderen und dem Zuschauer Gänsehautabgang um Gänsehautabgang.
Wie hier die Realitäten (Gegenwart, Vergangenheit und Film-im-Film-Realität) ineinander fließen, das ist ganz ganz großes Kino, das dem Zuschauer aber auch Aufmerksamkeit abverlangt, da Regisseur Peter Chan ("The Warlords") seine Story auf allen Ebenen vorantreibt und die Realitäten nicht fein säuberlich getrennt voneinander ablaufen lässt. Dazu gesellt sich eine in den Musicalszenen immer bombastischer werdende Inszenierung, die von den beiden Meisterkameramännern hinter dem Projekt stilsicher und einmalig bebildert werden. Traumwandlerisch sicher bewegen sich die Hauptdarsteller durch diesen Bildersturm und überzeugen auch mit irren Gesangsleistungen. Kurzum: Perhaps Love ist für mutige Filmfans (der Film erschien nur in chinesischer Originalsprache mit deutschen Untertiteln) auch wegen seines teils nüchternen, teils herrlich sensiblen Blickes auf die Liebe eine Entdeckung wert.
In diesem Sinne:
freeman