
Rammstein - Liebe ist für alle da
Ich war nie ein großer Rammstein-Fan und die künstlich produzierte Skandal-Wirkung einer "Pussy"-Single hat nicht gerade zu einem positiven Bild des deutschen Exportschlagers bei mir beigetragen. Und doch hat mich "Liebe ist für alle da" aufgrund des Indizierungs-Chaos irgendwie immer gereizt.
Zum Budget-Preis ist die Skandal-Platte nun endlich in meiner Sammlung angekommen und erstaunlicherweise reift recht früh die Erkenntnis, dass "Rammstein" platte Provokationen a la "Pussy" eigentlich gar nicht nötig haben, denn groß sind sie nicht, wenn sie mit F-Wörtern um sich werfen und von "Stacheldraht im Harnkanal" singen, sondern eher in weniger provozierenden, aber lyrisch clever ausgearbeiteten Werken wie "Haifisch", "Roter Sand" oder "Waldmann's Heil". Auch die morbide Horroratmosphäre eines "Wiener Blut"'s, dass den Inzestfall des Josef Fritzl's behandelt, weiß zu überzeugen. Grandios ist das Ohrwurmpotenzial, dass fast alle Lieder entfalten, zusammen mit dem unglaublich treibenden Rammstein-Groove. Demnach ist "Liebe ist für alle da" durchaus ein zweischneidiges Schwert....auf der einen Seite hat es klassische Gassenhauer mit wenig Experimenten, auf der anderen einige wenige ziemlich geschmacklose Totalausfälle, die außer platter Provokation rein gar nichts zu bieten haben. Fest steht, dass diese Band eigentlich noch viel mehr könnte, wenn man sich ein wenig vom BILD-Publikum lösen würde...


Limp Bizkit - Gold Cobra
Als ehemaliger Hardcore-LBler war ich mehr als skeptisch, ob das neueste Album der Rap-Metal-Erfinder eine Dekade nach der Hochzeit des Nu Metals nochmal was reißen könnten. Die Vorab-Veröffentlichungen zündeten als Einzelsongs kaum, wirkten gelangweilt...ich war mir sicher, dass LB tot seien.
Doch schon das Intro des Albums fungiert als regelrechte Zeitmaschine und buxiert einen zurück ins Jahr 2001...und plötzlich ist man wieder mittendrin in Borland's einzigartig-abgefuckt groovenden RIffs, Fred Durst's Hin und Her-Gerissenheit zwischen Poser-Rap und brachialem Schreigesang untermalt von John Otto's treibendem Trip-Hop-Beat. Kaum zu glauben, dass diese Formel immer noch auf den Punkt funktioniert, zumindest in der ersten Albumhälfte. "Bring It Back" ist noch stark Hiphop-lastig, "Gold Cobra", "Shark Attack", "Get a Life" (grandios brutaler Chorus!), "Shotgun", "Douche Bag" donnern in ureigenster Limp Bizkit-Manier durch die Gehörgänge und lassen "Results May Vary" augenblicklich vergessen. "Walking Away" weckt die Erinnerung ans "grüne Album" wieder, fügt sich aber sehr stimmig in die "Gold Cobra" ein. Ab "Loser", Track 9 (grandios eingängige, aber sehr poppige Strophe) geht's dann leicht bergab, aber was die Jungs um Fred Durst bis hierhin geleistet haben, hätte ihnen wohl niemand - mich eingeschlossen - mehr zugetraut! Am Ende spuckt einen die Zeitmaschine wieder erschöpft aus und der Trip zurück zur Jahrtausendwende hat enorm Spaß gemacht, auch wenn er nicht unbedingt von langanhaltender Dauer ist. Aber um tiefgründige Musik ging's bei den Bizkit's ja eh noch nie...
