
Originaltitel: 16 Blocks
Produktionsjahr: 2006
Regie: Richard Donner
Darsteller: Bruce Willis, Mos Def, David Morse, Jenna Stern, Casey Sander, Richard Fitzpatrick u.a.
Jack Mosley ist vermutlich der abgerissenste Cop den das New Yorker Police Departement zu bieten hat. Gesegnet mit lichtem Haupthaar, fetter Wampe, Hinkefuss und einem Teint, der jedem Zombie zur Ehre gereichen würde, nimmt Jack schon gerne mal etwas Kaffee zu seinem Schuss ;-). Obendrein entpuppt er sich auch noch als zynischer, von Grund auf desillusionierter Zeitgenosse:
Das Datum ändert sich, Jahreszeiten ändern sich ... Menschen ändern sich nicht.
Nach einer 24 Stunden Schicht bekommt er noch schnell einen 08/15 Job aufgehalst. Mürrisch beugt er sich der Befehlskette. Sein Auftrag: Die Überführung des Kleinkriminellen Eddie aus dem Police Departement zu einer Zeugenaussage im Gericht. Ein scheinbar simpler Job, liegen zwischen Polizeistation und Gericht doch nur 16 Blöcke und hat Jack 118 Minuten Zeit. Es sollen die längsten 118 Minuten seines Lebens werden. Dies liegt nicht einmal an dem ewig vor sich hin plappernden Eddie ... O Nein. Es liegt an seinen Kollegen! Diese wollen nämlich Eddie an den Kragen, da dieser gegen korrupte Cops aussagen will. Gegen Cops, die Beweise gefälscht haben, Menschen getötet haben und meinen, das Gesetz sei nur für andere gültig. Und plötzlich hat Jack einen lichten Moment! Eddie muss seine Aussage machen, koste es was es wolle ...


Bruce Willis und Richard Donner arbeiten in einem Film zusammen. Die Kollaboration dieser beiden Koryphäen des harten 80er und 90er Jahre Actionkinos dürfte wohl nur jenen NICHT das Wasser im Munde zusammen laufen lassen, die noch immer meinen, xXx sei ein guter Actionfilm. Um die Vorfreude noch mehr zu steigern, nahmen sich die beiden des Filmes einer ganz anderen Koryphäe an und unterzogen ihn einer echten Frischzellenkur: Clint Eastwoods Streifen: "Der Mann, der niemals aufgibt" erzählte eine vollkommen identische Geschichte, sollte hier doch der kaputte Cop Ben das Callgirl Molly von Las Vegas nach Phoenix überführen, wo sie eine Zeugenaussage gegen korrupte Cops machen sollte. Die frappierenden Ähnlichkeiten im Plot lassen im Grunde fast von einer Art Remake sprechen, von einem sehr gelungenen. Denn abgesehen von lapidaren Änderungen, wie der Umwandlung des Zeugen in einen Mann, gibt es zusätzlich richtig spannungsfördernde Einfälle. So kommt 16 Blocks nun im Echtzeitformat daher, was für zusätzliche Spannungsschübe sorgt. Die Handlung des "Remakes" wird auf einen winzigen örtlichen Raum von 16 Blöcken in einer Großstadt beschränkt, was die Lage von Cop und Schutzbefohlenen noch aussichtsloser zu machen scheint, da hier wirklich hinter jeder Ecke ein korrupter Cop lauern kann. Auch das Actionhighlight des Originals - eine megaknallige Busfahrt mit vor Blei stehender Luft - wurde ordentlich modernisiert, was für einige nette Stunts sorgt und eine recht unerwartete Geiselnahme zur Folge hat. Auch ist die Buseinlage hier nicht der Showdown, denn dieser ist eher dialogintensiv denn actionreich geraten.
Dies gilt für den ganzen Film. Es branden zwar immer wieder einmal kurze Actionscharmützel auf, diese bleiben aber immer im Rahmen und präsentieren zumeist kurze und knackige, sehr real gehaltene Shoot Outs ohne sonderliche Materialschlachten. Donner verlegt sich nämlich in seinem Film lieber auf eine plastische Zeichnung der Figuren und erschafft echte Charaktere aus Fleisch und Blut - mit Stärken und Schwächen, niemals ganz gut und niemals ganz böse. Dies fasziniert über alle Maßen, zieht in den Film hinein und macht den Film von Minute zu Minute mehr und mehr zu einem Schauspielerfilm, in dem die Protagonisten wahrlich glänzen dürfen.


Bruce Willis Auftritt als vollkommen desolater Cop mit megadüsterer Vergangenheit ist eine Meisterleistung des Mimen. Es ist fast schon erschreckend, ihn in dem Film zu sehen, wirkt er doch wie ein Schatten seiner Stirb Langsam Vergangenheit. Sogar sein Cop aus Sin City war gegen Jack Mosley ein Ausbund an Glück und Freude! Auch in den Actioneinlagen stöhnt und schwitzt Willis als würde er wahre Kraftakte vollbringen. Damit ist er ein grandioser Gegenentwurf zu Clint Eastwoods Figur des Ben in "Der Mann, der niemals aufgibt", bei dem man von Anfang wusste, dass er es schaffen würde, bei Jack ist man davon wahrlich nicht überzeugt. In den gemeinsamen Szenen mit dem grandios aufspielenden Mos Def nimmt sich Willis obendrein stark zurück und überlässt Def einen Großteil der besten Szenen. Dieser fasziniert als zutiefst menschlicher Charakter, der sich seiner Fehler bewusst ist und immer daran glaubt, dass sich irgendwann alles zum Guten wenden wird. Anfangs muss man sich aber mit seinen Redeschwellen erst einmal arrangieren, zumal seine Synchronstimme seltsam eintönig und emotionslos geraten ist. Das größte Glück ist aber, dass wie in Donners Lethal Weapon Serie die Chemie zwischen seinen "Buddys" vollkommen stimmt, mutiert doch Jack immer mehr zu einer Art Vaterfigur für den naiv unbedarften Eddie. Als Bad Ass vorm Herren liefert David Morse eine absolut grandiose Leistung ab. Seine Dialoge mit Willis bilden die Highlights im Film und zeugen von einer zynischen Menschenverachtung, die ihresgleichen sucht. Gleichzeitig will er beispielsweise seine Freundschaft zu Jack nicht opfern. Ein Fakt, den er Jack eröffnet, nachdem er gerade auf ihn geschossen hat. Solch ambivalente Einlagen lagen dem hünenhaften Morse schon von jeher ... Der Rest des Castes ist im Grunde belanglos, da sich Donner voll auf Eddie und Jack konzentriert, dennoch kann man auch beim Rest des Castes von keinem Totalausfall berichten.


Richard Donner selber präsentiert sich hier ebenfalls von seiner besten Seite. Er hat "seine" Story immer im Griff, räumt allerdings ab und zu einigen Dialogen zuviel Raum ein, was den Film durchaus ein wenig gedehnt wirken lässt, ein Umstand, der allerdings nie eklatant auffällt. Das Echtzeitprinzip baut er über Armbanduhrenblicke und diverse Digitaluhren am Straßenrand immer wieder intelligent ein. Inszenatorisch orientiert er sich beim großen Echtzeitvorbild 24 und fährt viele Steadycam und Handkameraaufnahmen auf, die die Rasanz einzelner Szenen noch erhöhen und einen immer gehetzten Eindruck deutlich unterstreichen können. Die Actionszenen inszeniert er gewohnt knackig und zupackend, ohne dabei einen gewissen Härtegrad zu vergessen. Auch schnelle Schwenks, Zooms und Kamerafahrten hat er für diesen Film seinem Repertoire hinzugefügt, was wieder einmal bestätigt, was für ein versierter Handwerker Donner noch immer ist und was er leisten kann, wenn er nicht gerade einen Michael Crichton Fantasyschmachtfetzen stemmen muss. Mit der Musik beauftragte er Hans Zimmer Zögling Klaus Badelt, der einen starken, immer trefflichen Score gezimmert hat, der vor allem in der "Buseinlage" geradezu grandios geraten ist!
Was bleibt ist ein schauspielerisch formidabler, spannender und intelligenter Actionthriller, der eventuell noch ein wenig mehr Tempo hätte vertragen können ...

In diesem Sinne:
freeman