Better Call Saul

Skepsis waltete eingangs durchaus, doch hörte ich mir einmal die Intention von Vince Gilligan an, der schlicht und ergreifend vorhatte, eine Anwaltserie zu machen, die mal etwas anders tickt, und sich mit dem Charakter von Bob Odenkirk eine tolle Plattform dafür bot, so nahm das Interesse wieder durchaus zu. Die ersten Folgen waren dann wie ein kleiner Ausflug in alte "Breaking Bad"-Zeiten, inklusive ein paar altbekannter Gesichter, doch findet die Serie mit zunehmender Laufzeit ihr eigenes Tempo, welches erfreulicherweise gänzlich anders eingetaktet ist als ihr großer Bruder. Mittelpunkt der Serie ist tatsächlich der Anwalt und der Charakter Saul Goodman, welcher einmal mehr kongenial von Bob Odenkirk verkörpert wird. Dabei wird darauf verzichtet, der Serie einen folgenübergreifenden, storytechnischen Spannungsbogen zu verpassen, welchen es zwar durchaus gibt, der aber eher auf den zukünftigen Werdegang von Goodman ausgerichtet ist. Dadurch entsteht so viel Eigenständigkeit, dass die Verknüpfung zu "Breaking Bad" recht schnell wieder aufgegeben wird und der Serie damit so viel Eigenständigkeit zugesprochen werden kann, dass man schnell vergessen mag, dass es sich um ein Spin-Off handelt. So werden inhaltlich schon in der ersten Staffel viele Haken geschlagen; jede Folge geht in eine andere Richtung und genretechnisch werden immer wieder Stile aus Witz, Drama, Kriminalgeschichte und Anwaltserie konglomeriert, ohne dass hier Zugeständnisse gemacht werden müssen, was auch an den sehr guten, innovativen, zugrunde liegenden Drehbüchern liegt. Aus dem Risiko, aus dem Nebencharakter einer so beliebten Serie einen Hauptcharakter zu machen, ist letztlich eine Win-Win-Situation geworden, von der die Serie auch gerne noch mit weiteren Staffeln zehren kann.
Marvel's Daredevil

Comicfilme sind gerade schwer angesagt. Sei es im Kino, wo es gerade eine regelrechte Schwemme von Marvelfilmen gibt, bei denen DC nun mit voller Macht nachziehen will, oder im TV, wo es nun ebenfalls ein ziemlich breites Angebot an Comic-Serien gibt. Die Qualität lässt dabei bisweilen etwas zu wünschen übrig und geht über mittelprächtige Standardkost nur selten hinaus. Dass es nun gerade aus dem Hause Marvel/Netflix eine Serie schaffen soll, sich stilistisch und thematisch vom Gros abzuheben, mag etwas überraschen, da gerade Marvel für die meisten wohl eher für bonbonbuntes Spektakel mit wenig Nährwert steht (ob DC da nun andere Schwerpunkte zu setzen vermag, muss abgewartet werden). Nichtsdestotrotz stellt „Daredevil“ auf jeden Fall optisch und inhaltlich ein Novum im Marveluniversum dar. Es werden Knochen gebrochen, Gehirnmasse über den Boden verteilt und der Held ist manchmal so gar nicht heldenhaft. Das fühlt sich so gar nicht nach Marvel an und selbst Batman war dagegen eher ein harmloser Zeitgenosse. Zwar ist die Comic-Herkunft unübersehbar und inhaltlich werden die standardisierten Plots abgearbeitet, sodass die ganz großen Überraschungen ausbleiben, doch in Sachen Dramaturgie und Figurenzeichnung steht „Daredevil“ deutlich über dem Genredurschnitt. Gerade die Zeichnung des Antagonisten ist herrlich gegen den Strich gebürstet und mag manch einem erstmal gegen den Kopf stoßen. Die Action ist eher spärlich gesät, doch wenn es mal zu Auseinandersetzungen kommt, dann profitiert die Serie durch ihre unaufgeregte, übersichtliche und versierte Inszenierung, die die Action auch mal minutenlang ohne einen sichtbaren Schnitt zeigt. Wer von den Comicfilmen und Serien der jüngsten Zeit genug hat, darf hier mal einen Blick riskieren, um mal wieder rehabilitiert zu werden.

mit positiver Tendenz
True Detective - Season 1

Ein weiteres Serien-Highlight bot uns HBO mit der Serie „True Detective“, welche durch ihr Format als Anthologieserie schon eine Seltenheit an sich darstellt. Dabei stellt das Serienkillergenre, bzw. das Genre einer Ermittlerserie, doch bereits ein tot gelaufenes, nichtsdestotrotz immer wieder gern gesehenes, Fundament dar, auf den meist der x-te Ableger einer CSI-Serie aufbaut. Warum also sollte das für seine Autoren-Serien bekannte Produzententeam von HBO uns mit einer weiteren Crime-Serie beglücken wollen? Die Antwort darauf liegt in diesem Falle darin begründet, dass „True Detective“ auf der anderen Seite auch ein Experiment darstellt: Die kreative Gewalt wurde letztlich auf zwei Personen beschränkt. Zum einen Showrunner Nic Pizzolatto, welcher sich auch für alle Drehbücher verantwortlich zeichnete, und Cary Joji Fukunaga, der bei allen Folgen die Regie übernahm. Zudem fungierten beide als ausführende Produzenten. Das Ergebnis ist eine Serie, welche sich eher wie ein 8-stündiger Spielfilm anfühlt. Die Dramaturgie ist damit nicht auf einzelne Folgen beschränkt, sondern die Erzählung, welche immer wieder mit Zeitsprüngen und vielen Orts- sowie Stimmungswechseln arbeitet, ist gänzlich und bis ins kleinste Detail auf die 8 Folgen zugeschnitten. So kommt es dann auch, dass sich die Serie stilistisch konsequent von ihren inhaltlichen Kollegen abhebt. Man mag die sie bisweilen mit den jüngeren Outputs von David Fincher (vor allem „Zodiac“) vergleichen, aber durch das Brechen von genreinhärenten Konventionen und dem Thematisieren von Abgründen der Gesellschaft und der menschlichen Katharsis fühlt man sich bisweilen wie in der Welt eines David Lynch gefangen. Das fiebrige Louisiana nimmt hier neben den beiden großartig aufspielenden Hauptdarstellern eine weitere Hauptrolle ein, indem es immer wieder mystifiziert wird, ohne jedoch ins Lächerliche abzudriften, auch wenn es in der letzten Folge durchaus plakativer zur Sache gehen darf. Der Produktionsstandard ist gewohnt hoch und darf locker mit großen Kinoproduktionen verglichen werden. Gerade die vierte Folge „Who Goes There“ zeigt deutlich auf, von welcher Qualität hier gesprochen wird. Alleine die Plansequenz, welche immer wieder gerne als kleine, große Fingerübung von Regisseuren genommen wird, ist Teil einer herausragenden Produktmaschinerie, welche den Serienstandard um Welten nach oben hievt. Eine zweite Staffel wird gerne gesehen, es darf jedoch bezweifelt werden, inwiefern hier noch eine Steigerung der Qualität vonstattengehen soll. Die Qualität dieser Staffel bleibt jedoch auf ewig unangetastet.

kratzt deutlich an der 10, gehört auf jeden Fall schon zu meinen All-Time-Favourites im Serienbereich
Hercules

Durchaus ansprechender Actionfilm mit einem perfekt in Szene gesetzten "The Rock". Im direkten Vergleich zum zeitgleich erschienenen "The Legend of Hercules" von Renny Harlin nimmt dieser "Hercules" doch locker den ersten Platz ein. Gerade das Oszillieren zwischen historischer Figur und Fantasyelementen bietet die ein oder andere kleine "Aha"-Szene.
Auf der anderen Seite verkrampft sich das Drehbuch viel zu sehr in ausgelutschten Genre-Klischees, welche sich in gestelzten Dialogen und - gerade in der zweiten Hälfte des Streifens - einem enervierenden Bedienen des Gut vs. Böse -Setzbaukasten-Systems, niederschlägt.
Was unter dem Strich bleibt, ist ein unterhaltsamer Actionspaß, dem leider in der zweiten Hälfte vorschnell die Luft ausgeht.
No Turning Back

Die Entscheidung, den Handlungsort einzig und alleine auf das Innere eines BMW zu beschränken, mag nicht mehr allzu innovativ wirken, indem wir bereits Thriller sehen durften, die ausschließlich in einzelnen Räumen, Telefonzellen oder gar Särgen spielten. Doch gesteht Regisseur Steven Knight dem solide aufspielenden Tom Hardy so auch einmal eine One-Man-Show zu, die es durchaus wert ist, einmal gesehen zu werden. Alle anderen Akteure des Streifens bekommen wir lediglich über die moderne Freisprechanlage des Wagens zu hören. Dass hier nebenbei auch zeitgenössisches Kino betrieben wird - welches akute Probleme der Moderne darstellt, in der die Work-Life-Balance immer mehr ineinander zu verschwimmen droht, indem hier über Ehen, Arbeitsplätze und andere grundlegende Dinge über das Mobiltelefon entschieden wird - kommt dem Film durchaus zugute, der erstaunlich viel in die geringe Spielzeit unterbringt.
Die Versinnbildlichung, das Leben auf den „Fluss“ einer Autobahn herunter zu brechen, mag insofern zu dramaturgischen Problemen führen, als dass die Entwicklung der Charaktere doch recht vorhersehbar ist. Steht man einmal im Stau, so wird es doch irgendwann auch einmal weiter gehen. So stehen die Entscheidungen der Protagonisten fest, der Weg, den der Protagonist einnimmt ebenfalls, sodass Überraschungen doch größtenteils ausbleiben. Nichtsdestotrotz verbirgt sich hinter diesem vermeintlichen Problem auch die Aussage des Streifens, welcher im letzten Akt dann doch die richtige Ausfahrt nimmt: Entscheidungen zu treffen ist eine Sache; nicht vom persönlich rechten Weg abzukommen, eine andere. Äußere Einflüsse mögen uns zur Abwendung dieses Weges führen, doch sollte man die Vergangenheit hinter sich lassen (und nicht allzu oft mehr in den Rückspiegel schauen).
Eine kleine Parabel, die uns hier vorgesetzt wird, von der man nicht allzu viel erwarten sollte, um dann doch noch positiv überrascht zu werden.
