Filmtagebuch: Wallnuss
Moderator: SFI
Thor feat. Led Zeppelin: Is this the way to Valhalla?
Thor: Tag der Entscheidung
"We come from the land of the ice and snow | From the midnight sun, where the hot springs flow | The hammer of the gods..." - Es ist im doppelten Sinne kein Zufall, wenn der Oldie-Rock-Hit "Immigrant Song" von Led Zeppelin gleich zweimal im neuen Marvel-Hit "Thor: Tag der Entscheidung" ertönt: Einmal erzählten die Rocker damit schon 1970 eine Geschichte über die nordischen Götter, die nach dem als Götterdämmerung bekannten Event Ragnarok die heiligen Hallen von Valhalla betreten. Andererseits ist es aber die Art, wie sie es erzählten, die für den neuen Auftritt des Donnergottes den Ton angibt: Funkig, laut, mit Krawall und Sprit. Shakespeare-Experte Kenneth Branagh und "Game of Thrones"-Regisseur Alan Taylor hatten sich in den Vorgängern am Hammerschwinger versucht, waren aber stets trotz aller Selbstironie am Kitsch der Comic-Vorlage gescheitert. Comedy-Visionär Taika Waititi wagt im dritten Anlauf den Ausbau von Trash und Pulp und trumphiert auf ganzer Linie: Thor 3 ist der beste Blockbuster des Kinojahres 2017 und einer der kreativsten Filme seiner Art!
Man möchte es Frischzellenkur nennen, doch eigentlich ist auch der neuste "Thor" Marvel-typischer alter Wein in neuen Schläuchen: Wer nach dem Kinobesuch versucht, die Handlung zu rekonstruieren, wird dabei die Formelhaftigkeit und Routine im Script erkennen. Und doch könnte das Resultat nicht frischer wirken. Schon in vergangenen Episoden hatte das Marvel-Team rund um Kevin Feige gut getan, ihre dröge werdenden Blockbuster jungen, engagierten Regisseuren in die Hand zu geben. James Gunn als Verantwortlicher für die "Guardians of the Galaxy" oder Scott Derrickson mit seinem "Doctor Strange" sorgten hierbei für goldiges Entertainment. Mit Waititi können sie aber beide nicht mithalten: Der Neuseeländer bringt schon in den ersten 7 Minuten eines der besten Openings der letzten Jahre in die Lichtspielhäuser. In einer surrealen Höhlenkulisse muss sich Thor dem Feuerriesen Surtur gegenüber behaupten und baumelt daran an einer Kette hängend von der Decke. Blöd nur, dass die sich immer dann wegdreht, wenn Surtur grade zur schurkischen Ansprache ansetzt. Slapstick trifft auf clevere Genreparodie. Als Thor sich befreien kann, und dann das erste Mal "Immigrant Song" erklingt, dürfte das Herz aller 80er Fans höher schlagen. Ganz offensichtlich bedient sich Waititi im Look und im Ton großzügig bei filmischen Vorbildern jener Zeit: "Krull", "Tron", "Flash Gordon", "Masters of the Universe" und das mal mehr, mal weniger offensichtlich. Das Surtur von "Highlander"-Schurke Clancy Brown vertont wird, ist da sogar nur mehr ein zusätzliches Bonbon.
Die Frischzellenkur erfolgt im ersten, schnell erzählten Drittel. In wenigen Minuten wird der Cliffhanger aus dem Vorgänger betont unspektakulär abgefrühstückt, Anthony Hopkins als Odin (dessen Besetzung allein für die prätentiöse theatralische Schwere der Thor-Filme steht) zu einem Cameo-Auftritt verdammt, und als endlich Cate Blanchett, rustikal gegen den Strich besetzt als Lack-und-Leder-Luder, auftaucht, macht sie erstmal Thors Hammer kaputt und schießt ihn auf einen kunterbunten Müll-Planet ins All. Mit einer schier endlos Anzahl an gelungenen Gags (Selfie mit Thor!) verknüpft Waititi spielerisch leicht eine Retro-Sci-Fi-Show ohne Widersprüche mit zeitgemäßen Effekten, führt die junge Action-Besetzung (Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Idris Elba) mit Altstars (Jeff Goldblum, Cate Blanchett) zusammen und verbindet eine popkulturelle Achterbahnfahrt rigoros mit den erwarteten Verknüpfungen mit anderen Filmen des Marvel-Universums. Während also einerseits Jeff Goldblum einem Nero Tribut zollt und Chris Hemsworth, sichtlich profitierend von der neuen humorigen Ader, mit Kurzhaarfrisur Heldenbilder vergangener Kino-Epochen persifliert, haben weitere Avenger ihre Auftritte. Benedict Cumberbatch gibt sich für einen kurzen Gag als Doctor Strange erneut die Ehre, ein anderer sorgt für das Highlight der Chose. Mark Ruffalo ist als Hulk zurück, und nach beiläufiger, aber eigentlich egaler Erklärung, wie der vom Ende von "Avengers: Age of Ultron" jetzt ins All zu "Thor" gelangt ist, gibts auf die Mütze: In einem Gladiatorenkampf müssen die beiden Arbeitskollegen sich fetzen, der Hulk (analog zum gleichnamigen Fußballer) von begeisterten Fans umjubelt. Modernes, traditionelles, bewährtes, innovatives; ein faszinierendes Konglomerat Massenunterhaltung, dass wahnwitzig Waititis Film in 5 Minuten zusammenfasst.
In all dem gibt es aber auch eine ernste Seite, denn Waititi vergisst seine Franchise-Zugehörigkeit nicht. Ironischerweise wirkt es fast, als nähme der dynamische Jungregisseur die nordische Mythologie sogar deutlich ernster, als seine weniger komödiantisch erzählenden Vorgänger. Dem im englischen titelgebenden Großereignis "Ragnarok" wird er visuell definitiv gerecht. Futuristische und anachronistische Elemente müssen immer dann weichen, wenn die Mythologie Luft zum atmen bekommt. Dann dürfen die Helden auch wieder archaisch sein, und dann wird es auch mal bedächtig und staunend im Saal, nicht zuletzt dank der überragenden Musik von Mark Mothersbaugh. Allerdings bleibt - passend zur Müllplanet-Kulisse - die Entrumpelung der Marvel-Mechanismen durchgehend präsent. Mit der Macho-Attitüde des Helden wird laufend gebrochen, da Tessa Thompson als versoffene Valkyire eh männlicher als ihre Co-Stars auftritt. Die rasanten Actiongewitter mit Raumschiffen sind mehr Arcade-Automat als "Star Wars". Und wenn es mal krawallig wird, dann stets so stümperhaft (man denke nur an den köstlichen Steinmenschen Korg), dass es postheroisch anmutet. Alles, was Waititi tut, ist den mythologischen Ansatz konsequent zu betonen - und dadurch umso deutlicher hervorzustellen, warum die Götterwelt Thors und Odins in einem Sci-Fi-Setting als Superheldenfilm verpackt großer Blödsinn ist. Und als klar wird, dass auch die Regie um diesen Quatschkram weiß, und ihn sogar offen zur Schau stellt, fühlt man sich als Zuschauer von Marvel so ernst genommen wie schon lange nicht mehr. Großes Tennis!
Fazit: Ein gutes hat der neue "Thor" sogar für Leute, die mit Comic, Comedy, Videospielen und Action gar nichts anfangen können. Man wird endlich wieder an einen guten Song-Klassiker erinnert. So wird auch der Marvel-faulste Zuschauer singend aus dem Kino wandern: "We'll drive our ships to new lands | To fight the horde, and sing and cry | Valhalla, I am coming!" So viel Spaß kann der Weltuntergang machen!
"We come from the land of the ice and snow | From the midnight sun, where the hot springs flow | The hammer of the gods..." - Es ist im doppelten Sinne kein Zufall, wenn der Oldie-Rock-Hit "Immigrant Song" von Led Zeppelin gleich zweimal im neuen Marvel-Hit "Thor: Tag der Entscheidung" ertönt: Einmal erzählten die Rocker damit schon 1970 eine Geschichte über die nordischen Götter, die nach dem als Götterdämmerung bekannten Event Ragnarok die heiligen Hallen von Valhalla betreten. Andererseits ist es aber die Art, wie sie es erzählten, die für den neuen Auftritt des Donnergottes den Ton angibt: Funkig, laut, mit Krawall und Sprit. Shakespeare-Experte Kenneth Branagh und "Game of Thrones"-Regisseur Alan Taylor hatten sich in den Vorgängern am Hammerschwinger versucht, waren aber stets trotz aller Selbstironie am Kitsch der Comic-Vorlage gescheitert. Comedy-Visionär Taika Waititi wagt im dritten Anlauf den Ausbau von Trash und Pulp und trumphiert auf ganzer Linie: Thor 3 ist der beste Blockbuster des Kinojahres 2017 und einer der kreativsten Filme seiner Art!
Man möchte es Frischzellenkur nennen, doch eigentlich ist auch der neuste "Thor" Marvel-typischer alter Wein in neuen Schläuchen: Wer nach dem Kinobesuch versucht, die Handlung zu rekonstruieren, wird dabei die Formelhaftigkeit und Routine im Script erkennen. Und doch könnte das Resultat nicht frischer wirken. Schon in vergangenen Episoden hatte das Marvel-Team rund um Kevin Feige gut getan, ihre dröge werdenden Blockbuster jungen, engagierten Regisseuren in die Hand zu geben. James Gunn als Verantwortlicher für die "Guardians of the Galaxy" oder Scott Derrickson mit seinem "Doctor Strange" sorgten hierbei für goldiges Entertainment. Mit Waititi können sie aber beide nicht mithalten: Der Neuseeländer bringt schon in den ersten 7 Minuten eines der besten Openings der letzten Jahre in die Lichtspielhäuser. In einer surrealen Höhlenkulisse muss sich Thor dem Feuerriesen Surtur gegenüber behaupten und baumelt daran an einer Kette hängend von der Decke. Blöd nur, dass die sich immer dann wegdreht, wenn Surtur grade zur schurkischen Ansprache ansetzt. Slapstick trifft auf clevere Genreparodie. Als Thor sich befreien kann, und dann das erste Mal "Immigrant Song" erklingt, dürfte das Herz aller 80er Fans höher schlagen. Ganz offensichtlich bedient sich Waititi im Look und im Ton großzügig bei filmischen Vorbildern jener Zeit: "Krull", "Tron", "Flash Gordon", "Masters of the Universe" und das mal mehr, mal weniger offensichtlich. Das Surtur von "Highlander"-Schurke Clancy Brown vertont wird, ist da sogar nur mehr ein zusätzliches Bonbon.
Die Frischzellenkur erfolgt im ersten, schnell erzählten Drittel. In wenigen Minuten wird der Cliffhanger aus dem Vorgänger betont unspektakulär abgefrühstückt, Anthony Hopkins als Odin (dessen Besetzung allein für die prätentiöse theatralische Schwere der Thor-Filme steht) zu einem Cameo-Auftritt verdammt, und als endlich Cate Blanchett, rustikal gegen den Strich besetzt als Lack-und-Leder-Luder, auftaucht, macht sie erstmal Thors Hammer kaputt und schießt ihn auf einen kunterbunten Müll-Planet ins All. Mit einer schier endlos Anzahl an gelungenen Gags (Selfie mit Thor!) verknüpft Waititi spielerisch leicht eine Retro-Sci-Fi-Show ohne Widersprüche mit zeitgemäßen Effekten, führt die junge Action-Besetzung (Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Idris Elba) mit Altstars (Jeff Goldblum, Cate Blanchett) zusammen und verbindet eine popkulturelle Achterbahnfahrt rigoros mit den erwarteten Verknüpfungen mit anderen Filmen des Marvel-Universums. Während also einerseits Jeff Goldblum einem Nero Tribut zollt und Chris Hemsworth, sichtlich profitierend von der neuen humorigen Ader, mit Kurzhaarfrisur Heldenbilder vergangener Kino-Epochen persifliert, haben weitere Avenger ihre Auftritte. Benedict Cumberbatch gibt sich für einen kurzen Gag als Doctor Strange erneut die Ehre, ein anderer sorgt für das Highlight der Chose. Mark Ruffalo ist als Hulk zurück, und nach beiläufiger, aber eigentlich egaler Erklärung, wie der vom Ende von "Avengers: Age of Ultron" jetzt ins All zu "Thor" gelangt ist, gibts auf die Mütze: In einem Gladiatorenkampf müssen die beiden Arbeitskollegen sich fetzen, der Hulk (analog zum gleichnamigen Fußballer) von begeisterten Fans umjubelt. Modernes, traditionelles, bewährtes, innovatives; ein faszinierendes Konglomerat Massenunterhaltung, dass wahnwitzig Waititis Film in 5 Minuten zusammenfasst.
In all dem gibt es aber auch eine ernste Seite, denn Waititi vergisst seine Franchise-Zugehörigkeit nicht. Ironischerweise wirkt es fast, als nähme der dynamische Jungregisseur die nordische Mythologie sogar deutlich ernster, als seine weniger komödiantisch erzählenden Vorgänger. Dem im englischen titelgebenden Großereignis "Ragnarok" wird er visuell definitiv gerecht. Futuristische und anachronistische Elemente müssen immer dann weichen, wenn die Mythologie Luft zum atmen bekommt. Dann dürfen die Helden auch wieder archaisch sein, und dann wird es auch mal bedächtig und staunend im Saal, nicht zuletzt dank der überragenden Musik von Mark Mothersbaugh. Allerdings bleibt - passend zur Müllplanet-Kulisse - die Entrumpelung der Marvel-Mechanismen durchgehend präsent. Mit der Macho-Attitüde des Helden wird laufend gebrochen, da Tessa Thompson als versoffene Valkyire eh männlicher als ihre Co-Stars auftritt. Die rasanten Actiongewitter mit Raumschiffen sind mehr Arcade-Automat als "Star Wars". Und wenn es mal krawallig wird, dann stets so stümperhaft (man denke nur an den köstlichen Steinmenschen Korg), dass es postheroisch anmutet. Alles, was Waititi tut, ist den mythologischen Ansatz konsequent zu betonen - und dadurch umso deutlicher hervorzustellen, warum die Götterwelt Thors und Odins in einem Sci-Fi-Setting als Superheldenfilm verpackt großer Blödsinn ist. Und als klar wird, dass auch die Regie um diesen Quatschkram weiß, und ihn sogar offen zur Schau stellt, fühlt man sich als Zuschauer von Marvel so ernst genommen wie schon lange nicht mehr. Großes Tennis!
Fazit: Ein gutes hat der neue "Thor" sogar für Leute, die mit Comic, Comedy, Videospielen und Action gar nichts anfangen können. Man wird endlich wieder an einen guten Song-Klassiker erinnert. So wird auch der Marvel-faulste Zuschauer singend aus dem Kino wandern: "We'll drive our ships to new lands | To fight the horde, and sing and cry | Valhalla, I am coming!" So viel Spaß kann der Weltuntergang machen!
Día de la Musica: Recuérdame
Coco - Lebendiger als das Leben
Seit seinen Anfängen in den 90er Jahren hat das Studio Pixar Pionierarbeit im Bereich des Animationsfilms geleistet. Auch der neuste Streich der Animateure, "Coco", macht da keine Ausnahme. Doch werden es kaum die erneut bahnbrechenden Erweiterungen des Trickfilm-Repertoires sein, für die man sich an ihn erinnern wird. Viel mehr leisten Regisseur Lee Unkrich und sein Team ein fantastisches Musterbeispiel für detailverliebtes und mitreißendes Storytelling. Und so überrascht es kaum, dass die Story um den mexikanischen Jungen Miguel, der davon träumt, Musiker zu werden, es aber dank seiner Musik ablehnenden Großmutter nicht sein darf, eine der erwachsensten und nachdenklichsten Erzählungen des Kinojahres geworden ist. Und eine der großen Symboliken. Miguel, der erste lateinamerikanische Pixar-Protagonist, geht am Día de los Muertos, dem Tag der Toten, an dem die verstorbenen Vorfahren ihre Nachkommen besuchen dürfen, nämlich den umgekehrten Weg - und landet somit im Reich der Toten.
"Coco" ist einer der seltenen Filme, nach denen man im Kino aufstehen und applaudieren möchte, es aber nicht könnte, da man noch eine zeitlang damit beschäftigt ist, was man gerade gesehen hat zu verarbeiten. Befürchteten Kritiker noch, Pixar könnte bei der Darstellung der mexikanischen Kultur auf plumpe Klischees setzen, so offenbart "Coco" gerade nicht den befürchteten amerikanischen Blick auf fremde Traditionen. Respektvoll, aufrichtig und mit höchster Ernsthaftigkeit zeichnet der Film ein Portrait des mexikanischen Alltags, um es dann in größtmöglicher audiovisueller Pracht mit der dem Genre anhaftenden Aberwitzigkeit kollidieren zu lassen. Die Darstellung des Reichs der Toten, welches Miguel über eine gigantische Brücke aus Millionen Blütenblättern erreicht, ist einer der präzisesten Fälle von "World Building", die das Kino in den letzten Jahren erblicken durfte. Mit entwaffnender Einfachheit etabliert Unkrich eine Welt jenseits unserer physikalischen Relationen, und schafft es vorbildlich, nur über die Bilder zu kommunizieren, wie dieses eigene Universum funktioniert. Das Design der Welt ist schlicht vortrefflich eindrucksvoll. Riesige Türme mit steigender moderner Architektur erstrecken sich bis zur Unendlichkeit in den Himmel (die neuen Toten bauen eben oben auf), Alebrijes (bunte surreale Tiergestalten) im Stile mexikanischer Künstler wie Pedro Linares oder Bertha Cruz bevölkern den Himmel und gewaltige Konzerthallen sind aufgebaut wie Ruhmeshallen der verstorbenen Stars, die in ihnen auftreten.
Um einen eben solchen rankt sich auch die Story. Miguel, frisch und verwirrt im Reich der Toten angekommen, will sein großes musikalisches Vorbild, Ernesto de la Cruz, aufspüren, um mit dessen Hilfe rechtzeitig vor Ablauf des Totentages das Totenreich wieder zu verlassen. Wie immer bei Pixar entfaltet sich nach etablierter Prämisse eine episodisch funktionierende Odyssee, auf der Miguel besonders sein Hund Dante und das Skelett Hector zur Seite stehen. Doch glaubt man anfangs dieses auf den ersten Blick altbekannte Figurentrio zu durchschauen, entlarvt gerade der vermeintliche Comic relief Hector eine ungewohnte Tragik, die mit erschütternder Konsequenz ausgespielt wird. So selbstbewusst Unkrich die einzelnen Episoden (die Miguels Reifeprozess visualisieren) im Totenland ausspielen mag, sei dies nun eine irrwitzige Verfolgungsjagd auf den Rücken der Alebrijes oder eine brillante Sequenz, die den volkstümlichen Surrealismus der Malereien von Frida Kahlo mit Elementen der Epoche der Neuen Sachlichkeit vermischt und parodiert, so ernst nimmt er sich die Thematik vor. "Coco" ist mehr als ein Film über das Sterben, er ist auch ein Film über das Gestorben sein und über das, was noch von einem bleibt. Der Titelsong "Remember Me", der von verschiedenen Charakteren jeweils ganz eigenwillig interpretiert wird, spiegelt die Idee textlich wunderbar wieder: "If you close your eyes and let the music play | Keep our love alive, I'll never fade away"...
Schon Bertolt Brecht wusste: "Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt." Dieser simple Gedanke, in den Erinnerungen der Nachwelt (sei es im Andenken der Familie oder als Prominenter in den Erinnerungen der Fans) weiter zu leben, ist direkt den Traditionen am Día de los Muertos entliehen. Auf der Ofrenda, einer Art rituellen Totenaltar, platzieren die Mexikaner Bilder verstorbener Personen, derer sie gedenken möchten. Ohne diese Fotos bleibt den Toten der auf den Tag begrenzte Zugang zur Welt der Lebenden verwehrt - sie sind vergessen worden. Mit unglaublicher Sensibilität weiß "Coco" die Angst, vergessen zu werden, zu behandeln und damit die Wichtigkeit familiären Zusammenhalts besser zu betonen, als es vielen Kinderfilmen der letzten Jahre gelungen ist. Zumal dies alles im Rahmen einer actionreichen, turbulenten und wunderbar ausschraffierten dramaturgischen Geschichte stattfindet. Das liegt auch in der Konsequenz der Erzählungen begründet: Tragische bis ungemein düstere Passagen wechseln sich mit heiter vergnüglichen ab, über den Tod darf hier nicht nur gelacht werden, man muss sogar unweigerlich. Der Día de los Muertos ist schließlich kein Trauertag, sondern ein festlicher. Es ist nicht der Verlust, der den Tag prägt, sondern das Gefühl des Zusammenhalts zu seinen Ahnen und den Menschen, die einen nahestehen. Selten sah man eine autochthone Kultur so ernst in einer großen US-Studioproduktion behandelt - und das ist auch 2017 noch lange keine Selbstverständlichkeit.
Fazit: Michael Giacchino setzt im Soundtrack auf Quijadas, Jaranas und Guitarróns, die Designs sind mexikanischen Cartoonisten wie Lalo Alcaraz nachempfunden, die Sprecher allesamt mit Mexikanern besetzt. Alle Sorgen waren also unbegründet. Pixar gelingt ein makelloser Animationsgenuss, der die indigenen Bräuche ernst genug nimmt, um sie nicht als Setting zu missbrauchen, sondern am Ende viel mehr ein Plädoyer für kulturelle Vielfalt und das Wahren von Traditionen setzt, nicht zuletzt angesichts dessen, dass insbesondere der Tag der Toten im Zuge moderner Richtungen wie Halloween immer stärker als bedroht gilt. Ganz zum Schluss erlaubt es sich der Film dann, auf einer ruhigen, sinnlichen Note zu enden, die das Meisterwerk perfekt macht. Hier werden alle Altersgruppen gleichermaßen berührt wie unterhalten. Eltern, die mit ihren Kindern ins Kino gehen wollen, sollten sich jedoch genau überlegen, wie viel dramatische Intensität sie ihren Sprösslingen zumuten wollen - und wie viele Fragen über Leben und Tod, denen man eigentlich lieber ausweicht, sie hinterher bereit sind, zu beantworten.
Seit seinen Anfängen in den 90er Jahren hat das Studio Pixar Pionierarbeit im Bereich des Animationsfilms geleistet. Auch der neuste Streich der Animateure, "Coco", macht da keine Ausnahme. Doch werden es kaum die erneut bahnbrechenden Erweiterungen des Trickfilm-Repertoires sein, für die man sich an ihn erinnern wird. Viel mehr leisten Regisseur Lee Unkrich und sein Team ein fantastisches Musterbeispiel für detailverliebtes und mitreißendes Storytelling. Und so überrascht es kaum, dass die Story um den mexikanischen Jungen Miguel, der davon träumt, Musiker zu werden, es aber dank seiner Musik ablehnenden Großmutter nicht sein darf, eine der erwachsensten und nachdenklichsten Erzählungen des Kinojahres geworden ist. Und eine der großen Symboliken. Miguel, der erste lateinamerikanische Pixar-Protagonist, geht am Día de los Muertos, dem Tag der Toten, an dem die verstorbenen Vorfahren ihre Nachkommen besuchen dürfen, nämlich den umgekehrten Weg - und landet somit im Reich der Toten.
"Coco" ist einer der seltenen Filme, nach denen man im Kino aufstehen und applaudieren möchte, es aber nicht könnte, da man noch eine zeitlang damit beschäftigt ist, was man gerade gesehen hat zu verarbeiten. Befürchteten Kritiker noch, Pixar könnte bei der Darstellung der mexikanischen Kultur auf plumpe Klischees setzen, so offenbart "Coco" gerade nicht den befürchteten amerikanischen Blick auf fremde Traditionen. Respektvoll, aufrichtig und mit höchster Ernsthaftigkeit zeichnet der Film ein Portrait des mexikanischen Alltags, um es dann in größtmöglicher audiovisueller Pracht mit der dem Genre anhaftenden Aberwitzigkeit kollidieren zu lassen. Die Darstellung des Reichs der Toten, welches Miguel über eine gigantische Brücke aus Millionen Blütenblättern erreicht, ist einer der präzisesten Fälle von "World Building", die das Kino in den letzten Jahren erblicken durfte. Mit entwaffnender Einfachheit etabliert Unkrich eine Welt jenseits unserer physikalischen Relationen, und schafft es vorbildlich, nur über die Bilder zu kommunizieren, wie dieses eigene Universum funktioniert. Das Design der Welt ist schlicht vortrefflich eindrucksvoll. Riesige Türme mit steigender moderner Architektur erstrecken sich bis zur Unendlichkeit in den Himmel (die neuen Toten bauen eben oben auf), Alebrijes (bunte surreale Tiergestalten) im Stile mexikanischer Künstler wie Pedro Linares oder Bertha Cruz bevölkern den Himmel und gewaltige Konzerthallen sind aufgebaut wie Ruhmeshallen der verstorbenen Stars, die in ihnen auftreten.
Um einen eben solchen rankt sich auch die Story. Miguel, frisch und verwirrt im Reich der Toten angekommen, will sein großes musikalisches Vorbild, Ernesto de la Cruz, aufspüren, um mit dessen Hilfe rechtzeitig vor Ablauf des Totentages das Totenreich wieder zu verlassen. Wie immer bei Pixar entfaltet sich nach etablierter Prämisse eine episodisch funktionierende Odyssee, auf der Miguel besonders sein Hund Dante und das Skelett Hector zur Seite stehen. Doch glaubt man anfangs dieses auf den ersten Blick altbekannte Figurentrio zu durchschauen, entlarvt gerade der vermeintliche Comic relief Hector eine ungewohnte Tragik, die mit erschütternder Konsequenz ausgespielt wird. So selbstbewusst Unkrich die einzelnen Episoden (die Miguels Reifeprozess visualisieren) im Totenland ausspielen mag, sei dies nun eine irrwitzige Verfolgungsjagd auf den Rücken der Alebrijes oder eine brillante Sequenz, die den volkstümlichen Surrealismus der Malereien von Frida Kahlo mit Elementen der Epoche der Neuen Sachlichkeit vermischt und parodiert, so ernst nimmt er sich die Thematik vor. "Coco" ist mehr als ein Film über das Sterben, er ist auch ein Film über das Gestorben sein und über das, was noch von einem bleibt. Der Titelsong "Remember Me", der von verschiedenen Charakteren jeweils ganz eigenwillig interpretiert wird, spiegelt die Idee textlich wunderbar wieder: "If you close your eyes and let the music play | Keep our love alive, I'll never fade away"...
Schon Bertolt Brecht wusste: "Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt." Dieser simple Gedanke, in den Erinnerungen der Nachwelt (sei es im Andenken der Familie oder als Prominenter in den Erinnerungen der Fans) weiter zu leben, ist direkt den Traditionen am Día de los Muertos entliehen. Auf der Ofrenda, einer Art rituellen Totenaltar, platzieren die Mexikaner Bilder verstorbener Personen, derer sie gedenken möchten. Ohne diese Fotos bleibt den Toten der auf den Tag begrenzte Zugang zur Welt der Lebenden verwehrt - sie sind vergessen worden. Mit unglaublicher Sensibilität weiß "Coco" die Angst, vergessen zu werden, zu behandeln und damit die Wichtigkeit familiären Zusammenhalts besser zu betonen, als es vielen Kinderfilmen der letzten Jahre gelungen ist. Zumal dies alles im Rahmen einer actionreichen, turbulenten und wunderbar ausschraffierten dramaturgischen Geschichte stattfindet. Das liegt auch in der Konsequenz der Erzählungen begründet: Tragische bis ungemein düstere Passagen wechseln sich mit heiter vergnüglichen ab, über den Tod darf hier nicht nur gelacht werden, man muss sogar unweigerlich. Der Día de los Muertos ist schließlich kein Trauertag, sondern ein festlicher. Es ist nicht der Verlust, der den Tag prägt, sondern das Gefühl des Zusammenhalts zu seinen Ahnen und den Menschen, die einen nahestehen. Selten sah man eine autochthone Kultur so ernst in einer großen US-Studioproduktion behandelt - und das ist auch 2017 noch lange keine Selbstverständlichkeit.
Fazit: Michael Giacchino setzt im Soundtrack auf Quijadas, Jaranas und Guitarróns, die Designs sind mexikanischen Cartoonisten wie Lalo Alcaraz nachempfunden, die Sprecher allesamt mit Mexikanern besetzt. Alle Sorgen waren also unbegründet. Pixar gelingt ein makelloser Animationsgenuss, der die indigenen Bräuche ernst genug nimmt, um sie nicht als Setting zu missbrauchen, sondern am Ende viel mehr ein Plädoyer für kulturelle Vielfalt und das Wahren von Traditionen setzt, nicht zuletzt angesichts dessen, dass insbesondere der Tag der Toten im Zuge moderner Richtungen wie Halloween immer stärker als bedroht gilt. Ganz zum Schluss erlaubt es sich der Film dann, auf einer ruhigen, sinnlichen Note zu enden, die das Meisterwerk perfekt macht. Hier werden alle Altersgruppen gleichermaßen berührt wie unterhalten. Eltern, die mit ihren Kindern ins Kino gehen wollen, sollten sich jedoch genau überlegen, wie viel dramatische Intensität sie ihren Sprösslingen zumuten wollen - und wie viele Fragen über Leben und Tod, denen man eigentlich lieber ausweicht, sie hinterher bereit sind, zu beantworten.
The Big Lukeowski: The Jedi really tied the galaxy together
Star Wars: Die letzten Jedi
Es war der Höhepunkt des Kinojahres 2015: Über zwei Stunden lang hatte Regisseur J.J. Abrams der originalen „Star Wars“-Trilogie gehuldigt, doch erst die letzten 3 Minuten machten seine Fortsetzung perfekt. Die Heldin Rey erreicht den Inselplaneten Ahch-To und hält dem verschollenen Luke Skywalker sein Lichtschwert vor. Abrams schloss hier eine Brücke zum ersten Star Wars Film von 1977: Starrte der naive Farmersjunge damals noch verträumt dem „Binary Sunset“ auf Tattooine entgegen, blickt er nun desillusioniert auf seine ehemalige Jedi-Waffe. Und auch der kongenialen Musik von John Williams, der in beiden Szenen dieselben Töne spielt, haftete auf einmal ein Klang von Tragik an. 2017 ist es 40 Jahre her, dass die Kinozuschauer gemeinsam mit Luke in die Ferne schauten. Dort, wo die Sonnen auf- und untergehen ist es auch, wo Rian Johnson mit seiner Fortsetzung des Sternenmythos hin will: Gelang es Abrams durch eine Rückbesinnung auf alte Stärken, die Reihe zu reanimieren, liegt es bei „Die letzten Jedi“, das Publikum in neue Sphären zu führen.
Vielfach wurde dem Vorgänger „Das Erwachen der Macht“ vorgeworfen, ein Quasi-Remake vom allerersten „Star Wars“ zu sein. Dieses Mal dürften Puristen sich vor den Kopf gestoßen fühlen: Johnson liefert den ungewöhnlichsten und mutigsten Franchise-Beitrag seit Irvin Kershner 1980 mit „Das Imperium schlägt zurück“ auf George Lucas‘ originalen Sci-Fi-Spaß mit asiatischer Philosophie, Traurigkeit und Verzweiflung antwortete. Schon die Eröffnung des neuen Films, die bislang spektakulärste Raumschiffschlacht der Filmreihe, gibt dem Aufstand des Widerstands gegen die First Order eine martialische Note, die im bisherigen „Star Wars“-Kosmos selbst im als Kriegsfilm gedachten Spin-Off „Rogue One“ undenkbar schien. Die Opfer im Kampf für die gute Sache, gegen das unterdrückende Regime, wirkten nie so tragisch und notwendig wie hier, sie bilden die Rechtfertigung für das folgende Inferno. Ein weiterer Neuaufguss der Originaltrilogie liegt niemandem hier im Sinn: Johnson radikalisiert das „Star Wars“-Narrativ schonungslos. Eben noch kehrt überraschend ein Fanliebling der Originaltrilogie zurück, kurz darauf segnet ein anderer so beiläufig das Zeitliche, dass sich zum ersten Mal seit Jahrzehnten in der Space Opera ein Kloß im Hals einstellt. Auch Urgestein Williams passt sich dem an: Vorbei ist es mit freundlichen Melodien, selbst das liebliche Rey-Theme des Vorgängers bekommt Schwere verliehen. Das ist auch bitter nötig: Statt einer betont altmodischen Inszenierung geht die Regie in die Vollen: Bildgewaltig und extrem physisch werden die Kämpfe und Schlachten aufgezogen, im eindrucksvollen Showdown steht die Leinwand einmal gar ganz in Flammen.
Johnson, der auch das Script schrieb, spinnt seinen Film um zwei Elemente: Das Unerwartbare und das Unvermeidliche. Mehrfach wartet er mit überraschenden Wendungen auf, doch stellen diese stets die einzig logische Konsequenz im Kontext der Charaktere dar. Hierbei kann er auf einen überwältigenden Cast zurückgreifen und bindet jeden aus dem Vierergespann des Vorgängers an eine neue Figur, um Reibungsfläche zu erzeugen und der Handlung Struktur zu geben. John Boyega zeigt im Zusammenspiel mit Kelly Marie Tran, dass er neben den komödiantischen auch die ernsten und dramatischen Zwischentöne beherrscht. Oscar Isaac mausert sich – im Clinch zur toll aufspielenen Laura Dern – zum Han Solo für eine neue Generation, während Adam Driver als Kylo Ren durch sein Verhältnis zum Oberschurken Snoke (gespielt vom fantastischen Andy Serkis per Perfomance Capture) endlich die Konturen und das Gewicht erhält, die er benötigt, um groß aufzutrumpfen. Das Herzstück des Films ist jedoch erneut die zauberhafte Daisy Ridley als Rey, die mit ihrer entwaffnenden Sympathie eine moderne Heldin für ein „Star Wars“ des 21. Jahrhunderts ist. Sie teilt sich ihren Strang mit Franchise-Rückkehrer Mark Hamill, der als verbitterter und ambivalent gezeichneter Emerit das Zentrum des Plots darstellt und die beste schauspielerische Leistung des Films und seine beste Darstellung des Luke Skywalkers präsentiert. Luke ist auch am besten geeignet, um die Eigenart von Johnsons Film zu erörtern: Lebte das Wiedersehen von Han Solo aka Harrison Ford in Abrams Film von der exakten Rekonstruktion vergangener Zeiten, erleben wir den einst idealistischen Skywalker als krasses melancholisches Gegenstück seiner Selbst.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch Carrie Fisher, die nach den Dreharbeiten verstarb und zum letzten Mal in ihrer Paraderolle als Prinzessin Leia auftritt. Ihre zerbrechliche, aber selbstbewusste Darstellung ist rührend und packend zugleich. Ihr allein gehört die volle Sympathie der Regie, denn wie Leia sieht sich auch Rian Johnson als Rebell, der gegen die etablierten Star Wars Konventionen verstößt. Kein Wunder also, dass Fisher die schönste und überwältigendste Szene des Films zugestanden wird. Doch Johnsons Film ist gleich voller herausragender Kinomomente, die „Die letzten Jedi“ zu dem „Star Wars“ Film seiner Epoche reifen lassen werden, über den man noch Jahre diskutieren wird. Auch Traditionen müssen sich davor fürchten, in diesem episch gestalteten, brillant inszenierten Spektakel gnadenlos wegrationalisiert zu werden. C-3PO wird mit einem einfachen „Shut up“ zum Schweigen verdammt, Chewbacca könnte in Punkto exotischer Niedlichkeit von den liebenswerten Porgs überholt werden. Immer wieder zerfetzt der Film klassische Star Wars Strukturen, um sie neu zu ordnen, greift Mysterien des Vorgängers auf und spielt meisterhaft mit den Erwartungen. Dazwischen gibt es ein paar der besten Blockbuster-Actionszenen seit Ewigkeiten (insbesondere ein phänomenales Lichtschwert-Duett und eine Sci-Fi-Version der Encierros von Pamplona begeistern) und herrlichen, ideal dosierten Humor. Tief im Kern ist „Die letzten Jedi“ allerdings noch etwas ganz anderes: Ein zutiefst humanistischer Film. Dann, wenn nämlich gerade kein Feuerwerk abgefeuert wird, verhandelt und plädiert man hier auf das Erhalten von Menschlichkeit, Freundschaft und aufrichtiger Liebe. In den letzten 20 Minuten schlägt man gar einen poetischen Ton an, der bei „Star Wars“ undenkbar schien, aber doch unvermeidlich war. „Das Erwachen der Macht“ gab „Star Wars“ seine Seele, seine Physik zurück, „Die letzten Jedi“ gibt „Star Wars“ sein Herz, seine Bedeutung zurück, was in einer Schlussszene mündet, die das berührende Moment des Vorgängers um ein Vielfaches übertrifft.
Fazit: Sogar der Abspann zeigt Gravitas. Erst ertönt die Fanfare wie gehabt, dann jedoch spielt das Leia-Theme und die Widmung „In Loving Memory Of Our Princess Carrie Fisher“ wird eingeblendet. Neben perfekter Blockbuster-Action, komplexen Wendungen und hochklassigem Schauspiel ist es die zutiefst menschliche Komponente, die hier so berührt. Kurzum: „Die letzten Jedi“ ist der beste „Star Wars“-Film seit 1980!
Es war der Höhepunkt des Kinojahres 2015: Über zwei Stunden lang hatte Regisseur J.J. Abrams der originalen „Star Wars“-Trilogie gehuldigt, doch erst die letzten 3 Minuten machten seine Fortsetzung perfekt. Die Heldin Rey erreicht den Inselplaneten Ahch-To und hält dem verschollenen Luke Skywalker sein Lichtschwert vor. Abrams schloss hier eine Brücke zum ersten Star Wars Film von 1977: Starrte der naive Farmersjunge damals noch verträumt dem „Binary Sunset“ auf Tattooine entgegen, blickt er nun desillusioniert auf seine ehemalige Jedi-Waffe. Und auch der kongenialen Musik von John Williams, der in beiden Szenen dieselben Töne spielt, haftete auf einmal ein Klang von Tragik an. 2017 ist es 40 Jahre her, dass die Kinozuschauer gemeinsam mit Luke in die Ferne schauten. Dort, wo die Sonnen auf- und untergehen ist es auch, wo Rian Johnson mit seiner Fortsetzung des Sternenmythos hin will: Gelang es Abrams durch eine Rückbesinnung auf alte Stärken, die Reihe zu reanimieren, liegt es bei „Die letzten Jedi“, das Publikum in neue Sphären zu führen.
Vielfach wurde dem Vorgänger „Das Erwachen der Macht“ vorgeworfen, ein Quasi-Remake vom allerersten „Star Wars“ zu sein. Dieses Mal dürften Puristen sich vor den Kopf gestoßen fühlen: Johnson liefert den ungewöhnlichsten und mutigsten Franchise-Beitrag seit Irvin Kershner 1980 mit „Das Imperium schlägt zurück“ auf George Lucas‘ originalen Sci-Fi-Spaß mit asiatischer Philosophie, Traurigkeit und Verzweiflung antwortete. Schon die Eröffnung des neuen Films, die bislang spektakulärste Raumschiffschlacht der Filmreihe, gibt dem Aufstand des Widerstands gegen die First Order eine martialische Note, die im bisherigen „Star Wars“-Kosmos selbst im als Kriegsfilm gedachten Spin-Off „Rogue One“ undenkbar schien. Die Opfer im Kampf für die gute Sache, gegen das unterdrückende Regime, wirkten nie so tragisch und notwendig wie hier, sie bilden die Rechtfertigung für das folgende Inferno. Ein weiterer Neuaufguss der Originaltrilogie liegt niemandem hier im Sinn: Johnson radikalisiert das „Star Wars“-Narrativ schonungslos. Eben noch kehrt überraschend ein Fanliebling der Originaltrilogie zurück, kurz darauf segnet ein anderer so beiläufig das Zeitliche, dass sich zum ersten Mal seit Jahrzehnten in der Space Opera ein Kloß im Hals einstellt. Auch Urgestein Williams passt sich dem an: Vorbei ist es mit freundlichen Melodien, selbst das liebliche Rey-Theme des Vorgängers bekommt Schwere verliehen. Das ist auch bitter nötig: Statt einer betont altmodischen Inszenierung geht die Regie in die Vollen: Bildgewaltig und extrem physisch werden die Kämpfe und Schlachten aufgezogen, im eindrucksvollen Showdown steht die Leinwand einmal gar ganz in Flammen.
Johnson, der auch das Script schrieb, spinnt seinen Film um zwei Elemente: Das Unerwartbare und das Unvermeidliche. Mehrfach wartet er mit überraschenden Wendungen auf, doch stellen diese stets die einzig logische Konsequenz im Kontext der Charaktere dar. Hierbei kann er auf einen überwältigenden Cast zurückgreifen und bindet jeden aus dem Vierergespann des Vorgängers an eine neue Figur, um Reibungsfläche zu erzeugen und der Handlung Struktur zu geben. John Boyega zeigt im Zusammenspiel mit Kelly Marie Tran, dass er neben den komödiantischen auch die ernsten und dramatischen Zwischentöne beherrscht. Oscar Isaac mausert sich – im Clinch zur toll aufspielenen Laura Dern – zum Han Solo für eine neue Generation, während Adam Driver als Kylo Ren durch sein Verhältnis zum Oberschurken Snoke (gespielt vom fantastischen Andy Serkis per Perfomance Capture) endlich die Konturen und das Gewicht erhält, die er benötigt, um groß aufzutrumpfen. Das Herzstück des Films ist jedoch erneut die zauberhafte Daisy Ridley als Rey, die mit ihrer entwaffnenden Sympathie eine moderne Heldin für ein „Star Wars“ des 21. Jahrhunderts ist. Sie teilt sich ihren Strang mit Franchise-Rückkehrer Mark Hamill, der als verbitterter und ambivalent gezeichneter Emerit das Zentrum des Plots darstellt und die beste schauspielerische Leistung des Films und seine beste Darstellung des Luke Skywalkers präsentiert. Luke ist auch am besten geeignet, um die Eigenart von Johnsons Film zu erörtern: Lebte das Wiedersehen von Han Solo aka Harrison Ford in Abrams Film von der exakten Rekonstruktion vergangener Zeiten, erleben wir den einst idealistischen Skywalker als krasses melancholisches Gegenstück seiner Selbst.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch Carrie Fisher, die nach den Dreharbeiten verstarb und zum letzten Mal in ihrer Paraderolle als Prinzessin Leia auftritt. Ihre zerbrechliche, aber selbstbewusste Darstellung ist rührend und packend zugleich. Ihr allein gehört die volle Sympathie der Regie, denn wie Leia sieht sich auch Rian Johnson als Rebell, der gegen die etablierten Star Wars Konventionen verstößt. Kein Wunder also, dass Fisher die schönste und überwältigendste Szene des Films zugestanden wird. Doch Johnsons Film ist gleich voller herausragender Kinomomente, die „Die letzten Jedi“ zu dem „Star Wars“ Film seiner Epoche reifen lassen werden, über den man noch Jahre diskutieren wird. Auch Traditionen müssen sich davor fürchten, in diesem episch gestalteten, brillant inszenierten Spektakel gnadenlos wegrationalisiert zu werden. C-3PO wird mit einem einfachen „Shut up“ zum Schweigen verdammt, Chewbacca könnte in Punkto exotischer Niedlichkeit von den liebenswerten Porgs überholt werden. Immer wieder zerfetzt der Film klassische Star Wars Strukturen, um sie neu zu ordnen, greift Mysterien des Vorgängers auf und spielt meisterhaft mit den Erwartungen. Dazwischen gibt es ein paar der besten Blockbuster-Actionszenen seit Ewigkeiten (insbesondere ein phänomenales Lichtschwert-Duett und eine Sci-Fi-Version der Encierros von Pamplona begeistern) und herrlichen, ideal dosierten Humor. Tief im Kern ist „Die letzten Jedi“ allerdings noch etwas ganz anderes: Ein zutiefst humanistischer Film. Dann, wenn nämlich gerade kein Feuerwerk abgefeuert wird, verhandelt und plädiert man hier auf das Erhalten von Menschlichkeit, Freundschaft und aufrichtiger Liebe. In den letzten 20 Minuten schlägt man gar einen poetischen Ton an, der bei „Star Wars“ undenkbar schien, aber doch unvermeidlich war. „Das Erwachen der Macht“ gab „Star Wars“ seine Seele, seine Physik zurück, „Die letzten Jedi“ gibt „Star Wars“ sein Herz, seine Bedeutung zurück, was in einer Schlussszene mündet, die das berührende Moment des Vorgängers um ein Vielfaches übertrifft.
Fazit: Sogar der Abspann zeigt Gravitas. Erst ertönt die Fanfare wie gehabt, dann jedoch spielt das Leia-Theme und die Widmung „In Loving Memory Of Our Princess Carrie Fisher“ wird eingeblendet. Neben perfekter Blockbuster-Action, komplexen Wendungen und hochklassigem Schauspiel ist es die zutiefst menschliche Komponente, die hier so berührt. Kurzum: „Die letzten Jedi“ ist der beste „Star Wars“-Film seit 1980!
The noblest art is that of making others happy
Greatest Showman
Es ist ein herrliches Bild, mit dem "Greatest Showman" eröffnet: Ein johlendes und stampfendes Publikum starrt auf die leere Zirkusmanege, während hinter ihnen für sie unsichtbar ein silhouettenhafter Mann in tänzerischen Bewegungen ihre Begeisterungskurve wie ein Puppenspieler zu lenken scheint. Leise, fast hynotisierend säuselt er: "Ladies and gents, this is the moment you've waited for." Danach bricht in dem Zirkuszelt ein Inferno los. Akrobaten, wilde Tiere, Schausteller in allen Größen und Formen wirbeln durch die Gegend und präsentieren eine gigantomanische Bühnenshow. Und die Zuschauer? Sie jubeln im Chor: "This is the greatest show!" - Jedem anderen Film würde man gar Hybris vorwerfen, sich selbst so anzukündigen. Doch Regiedebütant Michael Gracey verspricht nicht zu viel. Er hält das Niveau des brillanten Einstiegs konstant 105 Minuten lang und präsentiert den besten Musicalfilm seiner Generation.
Selten hat sich die große Leinwand so bezahlt gemacht wie hier: "Greatest Showman" ist weniger Film als ein Erlebnis, ein perfekt inszenierter audiovisueller Rausch, der jeden Freund opulenter Bildgestaltung tief in den Sessel drücken wird. Die Handlung rund um die Erfindung des Zirkus-Geschäfts orientiert sich sehr lose an der wahren Biografie des Entertainers P.T. Barnum, doch Gracey erhebt für sich nie den Anspruch, eine wahre Geschichte zu erzählen. Der Vorwurf, die Historie zu schönen, wäre jedoch fehl am Platz: Auf höchst ansprechende Weise zieht die Regie die gesamte Erzählung selbst als "Show" auf und entlarvt sich gekonnt immer wieder selbst ob ihrer Künstlichkeit. Als in einer Sequenz Barnum und seine Frau über die Dächer von New York tanzen, ist der Hintergrund der New Yorker Skyline inklusive überdimensional großem Mond so überdeutlich ein Gemälde, dass der Zuschauer hier bewusst einen Bruch der Vierten Wand erfahren soll. Barnum, der Zeit seines Lebens immer als "Trickster" kritsiert wurde, der das Publikum nur täusche, erfährt hier sein filmisches Äquivalent: "Greatest Showman" schreit immer wieder nach Bühnenkulissen und sucht die offensichtliche Illusion, und zementiert gerade darin seine Aussage ganz im Sinne seines großen Vorbilds: Nicht die Show muss echt sein, sondern die Gefühle, die ihre Macher darin verwirklichen und im Betrachter somit auslösen können. So erweist sich das bildgewaltige Musical als eine Liebeserklärung an die Kunst und das Showbusiness, in dem Wahrhaftigkeit der Zweck und Illusion das Mittel ist.
Abartig gut ist, wie dieser Stoff als moderner Musicalfilm funktioniert. Nicht umsonst avancierte der phänomenale Soundtrack bereits vor Veröffentlichung des Films zum Charteroberer: Jeder der neun Songs erweist sich als musikalische Granate! Die Genrevielfalt, mit der die Kompositionen aufwarten, ist famos: Moderner Pop wird nonchalant mit Rock kombiniert, wo an anderer Stelle operettenhafte Balladen geschmettert werden. Alles wichtige wird vorbildlich über die Melodien, die Texte und die Choreographien transportiert. "Come Alive" ist eine Ode an den Eskapismus, "A Million Dreams" beschwört die Macht der Fantasie, während "The Other Side" das Für- und Wider des Showgeschäfts äußerst stimmig abwägt. Doch was wären die Ohrwurm-starken Songs ohne entsprechende Interpreten? Hier muss man seiner Euphore freien Lauf lassen und ein großes Lob verpacken: Ohne Hauptdarsteller Hugh Jackman würde der Film wohl rund 60 Prozent seiner Magie einbüßen. Jackman, der seinerseits über ein halbes Jahrzehnt hinweg versuchte, den Stoff ins Kino zu bringen, steckt so viel Herzblut in seine facettenreiche Darstellung, dass nicht nur jeder Filmaward gerechtfertigt wäre, sondern man diese Performance schon nach dem "Greatest Show"-Opener als die beste Leistung seiner Karriere ausweisen muss. Gesanglich agiert er durchgehend auf Broadway-Niveau und jede Sekunde seiner Leinwandzeit wird zum puren Genuss für Auge und Ohr. Eine der großen Leistungen ihrer Zeit! In weiteren Rollen überraschen besonders die ehemaligen Disney-Stars Zendaya und Zac Efron, die mimisch (besonders erstere) überaus ausdrucksstark den obligatorischen Romantik-Part spielen, und den visuellen Höhepunkt des Films porträtieren, als sie ihren Song "Rewirte the Stars" performant an einem Trapez bei surrealer Bedeutung an- und miteinander durch die Lüfte schwingen.
Abgerundet wird der Cast durch drei Damen: Rebecca Ferguson, die sich als Opernsängerin Jenny Lind für die komplexe Ballade "Never Enough" von Pop-Star Loren Allred stimmlich doublen lässt, ist ebenso hinreißend anzusehen wie Michelle Williams, die mit "Tightropes" die klassischste Musical-Nummer meistert und als Barnums Ehefrau den wohl emotional komplexesten Part verkörpert. Eine wahre Entdeckung ist Keala Settle: Sie spielt eine der Schaustellerinnen des Zirkus' und leistet stimmlich in ihrem Song "This is me" eine Meisterleistung. Der Song ist kompositorisch wie gesanglich ein unangefochtenes Meisterwerk. Neben seiner Hommage an Bühnenshows hat es nämlich noch eine zweite Message: Steht zwar Barnum im Zentrum, vergisst der Film nie, auf wessen Leistungen sein Erfolg beruht. Es sind die "Freaks", die Außenseiter der Gesellschaft, denen sich Gracey verpflichtet fühlt. Kleinwüchsige, beharrte Primadonnen und dunkelhäutige Artisten sind die, die das Interesse des Zirkus-Publikums wecken. Hier finden jene Anerkennung und Bestimmung, denen dies im Privatleben nie vergönnt war. Eine Botschaft, deren Aktualität außer Frage steht. Trotz zeitgenössischer Musik und Message ist der überzeugenden Kostümarbeit sei Dank das Zeitkolorit schön eingefangen. Angemessen funkelnd, aber nicht zu unangebracht protzig glänzend können hier Kleider, Fracks und Zirkusgarderoben bestaunen. Das alles ist auch narrativ leichtfüßig, aber gerne im richtigen Rahmen dramatisch ausschraffiert. Große Kunst, das sagt "Greatest Showman", ist alles, was die Augen zum Leuchten bringt. Und wessen Augen hier nicht leuchten, der muss sie für das Gesamtbild wohl verschlossen haben.
Fazit: Spätestens, wenn Hugh Jackman in "From now on" auch das letzte trockene Auge zum erweichen bringt, weiß man, dass "Greatest Showman" der Film sein wird, an dem sich andere Genrevertreter die nächsten Jahre werden messen müssen. Michael Gracey vollbringt ein Meisterwerk, eine einmalige Renaissance der Showkultur. Er geht back to the roots: Nicht das große Geld, sondern Familie, Freundschaft, Liebe und Spaß stehen im Vordergrund. Diesen Trip will man sofort ein zweites Mal erleben. Um dann mit dem Zirkus-Publikum im Chor zu jubeln: "This IS the greatest show!"
Es ist ein herrliches Bild, mit dem "Greatest Showman" eröffnet: Ein johlendes und stampfendes Publikum starrt auf die leere Zirkusmanege, während hinter ihnen für sie unsichtbar ein silhouettenhafter Mann in tänzerischen Bewegungen ihre Begeisterungskurve wie ein Puppenspieler zu lenken scheint. Leise, fast hynotisierend säuselt er: "Ladies and gents, this is the moment you've waited for." Danach bricht in dem Zirkuszelt ein Inferno los. Akrobaten, wilde Tiere, Schausteller in allen Größen und Formen wirbeln durch die Gegend und präsentieren eine gigantomanische Bühnenshow. Und die Zuschauer? Sie jubeln im Chor: "This is the greatest show!" - Jedem anderen Film würde man gar Hybris vorwerfen, sich selbst so anzukündigen. Doch Regiedebütant Michael Gracey verspricht nicht zu viel. Er hält das Niveau des brillanten Einstiegs konstant 105 Minuten lang und präsentiert den besten Musicalfilm seiner Generation.
Selten hat sich die große Leinwand so bezahlt gemacht wie hier: "Greatest Showman" ist weniger Film als ein Erlebnis, ein perfekt inszenierter audiovisueller Rausch, der jeden Freund opulenter Bildgestaltung tief in den Sessel drücken wird. Die Handlung rund um die Erfindung des Zirkus-Geschäfts orientiert sich sehr lose an der wahren Biografie des Entertainers P.T. Barnum, doch Gracey erhebt für sich nie den Anspruch, eine wahre Geschichte zu erzählen. Der Vorwurf, die Historie zu schönen, wäre jedoch fehl am Platz: Auf höchst ansprechende Weise zieht die Regie die gesamte Erzählung selbst als "Show" auf und entlarvt sich gekonnt immer wieder selbst ob ihrer Künstlichkeit. Als in einer Sequenz Barnum und seine Frau über die Dächer von New York tanzen, ist der Hintergrund der New Yorker Skyline inklusive überdimensional großem Mond so überdeutlich ein Gemälde, dass der Zuschauer hier bewusst einen Bruch der Vierten Wand erfahren soll. Barnum, der Zeit seines Lebens immer als "Trickster" kritsiert wurde, der das Publikum nur täusche, erfährt hier sein filmisches Äquivalent: "Greatest Showman" schreit immer wieder nach Bühnenkulissen und sucht die offensichtliche Illusion, und zementiert gerade darin seine Aussage ganz im Sinne seines großen Vorbilds: Nicht die Show muss echt sein, sondern die Gefühle, die ihre Macher darin verwirklichen und im Betrachter somit auslösen können. So erweist sich das bildgewaltige Musical als eine Liebeserklärung an die Kunst und das Showbusiness, in dem Wahrhaftigkeit der Zweck und Illusion das Mittel ist.
Abartig gut ist, wie dieser Stoff als moderner Musicalfilm funktioniert. Nicht umsonst avancierte der phänomenale Soundtrack bereits vor Veröffentlichung des Films zum Charteroberer: Jeder der neun Songs erweist sich als musikalische Granate! Die Genrevielfalt, mit der die Kompositionen aufwarten, ist famos: Moderner Pop wird nonchalant mit Rock kombiniert, wo an anderer Stelle operettenhafte Balladen geschmettert werden. Alles wichtige wird vorbildlich über die Melodien, die Texte und die Choreographien transportiert. "Come Alive" ist eine Ode an den Eskapismus, "A Million Dreams" beschwört die Macht der Fantasie, während "The Other Side" das Für- und Wider des Showgeschäfts äußerst stimmig abwägt. Doch was wären die Ohrwurm-starken Songs ohne entsprechende Interpreten? Hier muss man seiner Euphore freien Lauf lassen und ein großes Lob verpacken: Ohne Hauptdarsteller Hugh Jackman würde der Film wohl rund 60 Prozent seiner Magie einbüßen. Jackman, der seinerseits über ein halbes Jahrzehnt hinweg versuchte, den Stoff ins Kino zu bringen, steckt so viel Herzblut in seine facettenreiche Darstellung, dass nicht nur jeder Filmaward gerechtfertigt wäre, sondern man diese Performance schon nach dem "Greatest Show"-Opener als die beste Leistung seiner Karriere ausweisen muss. Gesanglich agiert er durchgehend auf Broadway-Niveau und jede Sekunde seiner Leinwandzeit wird zum puren Genuss für Auge und Ohr. Eine der großen Leistungen ihrer Zeit! In weiteren Rollen überraschen besonders die ehemaligen Disney-Stars Zendaya und Zac Efron, die mimisch (besonders erstere) überaus ausdrucksstark den obligatorischen Romantik-Part spielen, und den visuellen Höhepunkt des Films porträtieren, als sie ihren Song "Rewirte the Stars" performant an einem Trapez bei surrealer Bedeutung an- und miteinander durch die Lüfte schwingen.
Abgerundet wird der Cast durch drei Damen: Rebecca Ferguson, die sich als Opernsängerin Jenny Lind für die komplexe Ballade "Never Enough" von Pop-Star Loren Allred stimmlich doublen lässt, ist ebenso hinreißend anzusehen wie Michelle Williams, die mit "Tightropes" die klassischste Musical-Nummer meistert und als Barnums Ehefrau den wohl emotional komplexesten Part verkörpert. Eine wahre Entdeckung ist Keala Settle: Sie spielt eine der Schaustellerinnen des Zirkus' und leistet stimmlich in ihrem Song "This is me" eine Meisterleistung. Der Song ist kompositorisch wie gesanglich ein unangefochtenes Meisterwerk. Neben seiner Hommage an Bühnenshows hat es nämlich noch eine zweite Message: Steht zwar Barnum im Zentrum, vergisst der Film nie, auf wessen Leistungen sein Erfolg beruht. Es sind die "Freaks", die Außenseiter der Gesellschaft, denen sich Gracey verpflichtet fühlt. Kleinwüchsige, beharrte Primadonnen und dunkelhäutige Artisten sind die, die das Interesse des Zirkus-Publikums wecken. Hier finden jene Anerkennung und Bestimmung, denen dies im Privatleben nie vergönnt war. Eine Botschaft, deren Aktualität außer Frage steht. Trotz zeitgenössischer Musik und Message ist der überzeugenden Kostümarbeit sei Dank das Zeitkolorit schön eingefangen. Angemessen funkelnd, aber nicht zu unangebracht protzig glänzend können hier Kleider, Fracks und Zirkusgarderoben bestaunen. Das alles ist auch narrativ leichtfüßig, aber gerne im richtigen Rahmen dramatisch ausschraffiert. Große Kunst, das sagt "Greatest Showman", ist alles, was die Augen zum Leuchten bringt. Und wessen Augen hier nicht leuchten, der muss sie für das Gesamtbild wohl verschlossen haben.
Fazit: Spätestens, wenn Hugh Jackman in "From now on" auch das letzte trockene Auge zum erweichen bringt, weiß man, dass "Greatest Showman" der Film sein wird, an dem sich andere Genrevertreter die nächsten Jahre werden messen müssen. Michael Gracey vollbringt ein Meisterwerk, eine einmalige Renaissance der Showkultur. Er geht back to the roots: Nicht das große Geld, sondern Familie, Freundschaft, Liebe und Spaß stehen im Vordergrund. Diesen Trip will man sofort ein zweites Mal erleben. Um dann mit dem Zirkus-Publikum im Chor zu jubeln: "This IS the greatest show!"
Ebbing sehen ... und sterben?
Three Billboards outside Ebbing, Missouri
Drei Werbetafeln schmücken die Landstraße, die in die verschlafene Kleinstadt Ebbing in Missouri führt. Drei Werbetafeln, die beides sind: Denkmal und Provokation. Denkmal, weil Mildred Hayes mit ihnen an ihre vergewaltigte und ermordete Tochter erinnern will. Provokation, weil sie sich an die Polizei wendet: "Raped while dying", "And still no arrests?", "How come, Chief Willoughby?"... Nach diesen drei Werbetafeln ist er benannt, der Film von Martin McDonagh: "Three Billboards outside Ebbing, Missouri". Denn genau wie Mildred will auch McDonagh seinen Film, der zu den besten seiner Art gehören dürfte, verstanden wissen: Als Denkmal und als Provokation.
Im antiken Griechenland gab es bloß zwei Genre: Die Komödie und die Tragödie. Eine Trennung, die in "Three Billboard outside Ebbing, Missouri" nicht mehr möglich wäre. Beides verschmilzt unter McDonaghs Händen zu einem eigensinnigen Symbioten. In den komischen Momenten versteckt sich die Tragik der Akteure, während aus ihrer ausweglosen Traurigkeit die Lacher resultieren. Die Geschichte der Billboards ist Gewaltkino, dass nicht von Gewalt selbst, sondern von den Auswirkungen von Gewalt handelt. Ein bestialisches Verbrechen ist der Ausgangspunkt. Durch die brutale Ermordung ihrer Tochter sieht sich Mildred veranlasst, als nach 7 Monaten die Polizei immer noch keinen Täter ermitteln konnte, ihre Plakate aufzuhängen. Die Bevölkerung ist entrüstet, der angesprochene Chief Willoughby gekränkt, sein Kollege Officer Dixon kocht vor Wut. Ein explosives Gemisch, aber wohl überlegt arrangiert. Das Drehbuch muss zweifellos als Geniestreich voller unvorhersehbarer Höhepunkte bezeichnet werden. Auch wenn es so klingt, geht es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens. McDonagh entfaltet vielmehr ein breit gefächertes Gesellschaftsporträt, und offenbart einen tiefen Blick in die sozialen Strukturen des Zusammenlebens in US-Kleinstädten. Das fiktive Ebbing, Missouri betrachtet sein Film aus der Perspektive eines Wissenschaftlers, der durch ein Mikroskop winzige Organismen auf einer Plexiglasscheibe analysiert. Und dabei nimmt er seine Charaktere sehr ernst: Keine Figur in seiner Szenencollage kommt ohne doppelten Boden daher, niemand bleibt zweidimensional.
Alle Charaktere haben ihre Hintergründe, ihr Innenleben und jede Entwicklung ist die logische Konsequenz ihrer jeweiligen Handlungen. Vor so viel dramaturgischer Übersicht muss man den Hut ziehen. Die Dialoge sind von geschliffener Reinheit, so dass man sie zitieren muss, um ihnen gerecht zu werden: "So how's it all going in the nigger-torturing business, Dixon?", fragt Mildred den Officer. Seine leicht entrüstete Antwort: "You gotta say people of color torturin' business!". Die fast 2 Stunden starke Handlung ist derartig pointiert aufbereitet, dass sie einem Ideenfeuerwerk gleichkommt. Doch McDonagh achtet penibel darauf, die Ernsthaftigkeit der Handlung nicht zu untergraben. Immer dann, wenn die Faszination für die brillante Komik auf ihrem Höhepunkt ist, schwenkt er drastisch in Leid und Ironiefreiheit um. Nicht nur Mildred, sondern auch Willoughby und Dixon sind gebrochene, tragische Personen, die auf eine Katharsis warten, die ihnen nicht mehr gewährt werden kann, die sie vielleicht auch alle nicht verdienen. Auf ein Urteil verzichtet die Regie, und gibt sich damit zufrieden, das Leben dieser Antihelden so authentisch wie möglich auszugestalten. Politisch korrekt ist das selten, erst recht nicht, wenn das rassistische Muttersöhnchen Dixon urplötzlich als Sympathieträger angeboten wird.
Für McDonagh ist es jedoch selbstverständlich, ist Dixon doch auch nicht mehr als ein Opfer der gesellschaftlich etablierten strukturellen Fremdenfeindlichkeit in den Provinzen der Vereinigten Staaten. Er ist eine Alltagsfigur, die der Regisseur gleichermaßen würdigt wie konterkariert. Diese Zweipoligkeit funktioniert auch dank großartiger Schauspielleistungen. Gerade Dixon wird von einem völlig entfesselten Sam Rockwell perfekt verkörpert, aber auch Woody Harrelson weiß als Willoughby zu überzeugen und bekannte TV-Gesichter wie Peter Dinklage, Zeljko Ivanek oder Clarke Peters glänzen in klugen Nebenrollen. Allen voran steht allerdings die phänomenale Frances McDormand. Die 60-Jährige leistet eine erstaunliche Arbeit, dem tiefsitzenden Schmerz und der entschlossenen Kampfeshaltung Mildreds in jedem Blick zu entsprechen. In wunderschönen langen Kamerafahrten, die Carter Burwell mit idyllischen Country-Klängen unterlegt, bekommen alle Akteure viel Luft zum Atmen, bis die Inszenierung ihre Leichtigkeit zum Ende hin immer weiter abstreift und die Gewalt (auch visuell in einer atemberaubenden Sequenz) als Fegefeuer in das Innenleben ihrer Figuren transferiert. Jede Form von Gewalt feuert immer auch zurück. Das ist keine abstrakte Anklageschrift des Films: Mildred, Willoughby und Dixon erfahren allesamt am eigenen Leibe, wie aus Bösem noch mehr Böses resultiert, ohne zu verschweigen, dass Aktionismus auch gutes hervorbringen kann. Der Sieg des Guten selbst wird aber ausgelassen und spielt folgerichtig keine Rolle. Er wäre eine andere Geschichte, eine andere Moral, die in Ebbing, Missouri noch keine Gültigkeit haben darf und kann. Jedenfalls nicht, solange die Billboards bestehen.
Fazit: Ohne Frage ist "Three Billboards outside Ebbing, Missouri" qualitativ wie thematisch der beste Film des Jahres 2017. Keine Figur zeigt das so deutlich wie Protagonistin Mildred. Sie erweist sich als Symbolfigur für die Ära der Präsidentschaft Donald Trumps und der feministischen #metoo-Bewegung. Ihr geht es beim Aufstellen der Billboards nicht um Schmerzlinderung, sondern um Gerechtigkeit, die ihr ihrer Ansicht nach verwehrt wird. Sie fühlt sich machtlos gegenüber den Herrschenden, woraus ihre undefinierte Wut resultiert. Ihre Verzweiflungstaten sind ein Bekunden von Verachtung gegen Institutionen, eine Rebellion gegen die herrschende (Un-)Ordnung, denen ganz tief im Innern der Wunsch innewohnt, eine vermeintlich vergangene Zeit der Sicherheit zurück zu erlangen. Mildred kämpft, ohne zu wissen, wofür und gegen wen. Nirgendwo mehr als in diesem Meisterwerk kann man sich gleichzeitig so verstanden und so kritisiert fühlen. Martin McDonagh setzt allen Mildreds dieser Welt ein Denkmal. Mehr noch: Drei Denkmäler. Drei Werbetafeln. Drei Billboards.
Drei Werbetafeln schmücken die Landstraße, die in die verschlafene Kleinstadt Ebbing in Missouri führt. Drei Werbetafeln, die beides sind: Denkmal und Provokation. Denkmal, weil Mildred Hayes mit ihnen an ihre vergewaltigte und ermordete Tochter erinnern will. Provokation, weil sie sich an die Polizei wendet: "Raped while dying", "And still no arrests?", "How come, Chief Willoughby?"... Nach diesen drei Werbetafeln ist er benannt, der Film von Martin McDonagh: "Three Billboards outside Ebbing, Missouri". Denn genau wie Mildred will auch McDonagh seinen Film, der zu den besten seiner Art gehören dürfte, verstanden wissen: Als Denkmal und als Provokation.
Im antiken Griechenland gab es bloß zwei Genre: Die Komödie und die Tragödie. Eine Trennung, die in "Three Billboard outside Ebbing, Missouri" nicht mehr möglich wäre. Beides verschmilzt unter McDonaghs Händen zu einem eigensinnigen Symbioten. In den komischen Momenten versteckt sich die Tragik der Akteure, während aus ihrer ausweglosen Traurigkeit die Lacher resultieren. Die Geschichte der Billboards ist Gewaltkino, dass nicht von Gewalt selbst, sondern von den Auswirkungen von Gewalt handelt. Ein bestialisches Verbrechen ist der Ausgangspunkt. Durch die brutale Ermordung ihrer Tochter sieht sich Mildred veranlasst, als nach 7 Monaten die Polizei immer noch keinen Täter ermitteln konnte, ihre Plakate aufzuhängen. Die Bevölkerung ist entrüstet, der angesprochene Chief Willoughby gekränkt, sein Kollege Officer Dixon kocht vor Wut. Ein explosives Gemisch, aber wohl überlegt arrangiert. Das Drehbuch muss zweifellos als Geniestreich voller unvorhersehbarer Höhepunkte bezeichnet werden. Auch wenn es so klingt, geht es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens. McDonagh entfaltet vielmehr ein breit gefächertes Gesellschaftsporträt, und offenbart einen tiefen Blick in die sozialen Strukturen des Zusammenlebens in US-Kleinstädten. Das fiktive Ebbing, Missouri betrachtet sein Film aus der Perspektive eines Wissenschaftlers, der durch ein Mikroskop winzige Organismen auf einer Plexiglasscheibe analysiert. Und dabei nimmt er seine Charaktere sehr ernst: Keine Figur in seiner Szenencollage kommt ohne doppelten Boden daher, niemand bleibt zweidimensional.
Alle Charaktere haben ihre Hintergründe, ihr Innenleben und jede Entwicklung ist die logische Konsequenz ihrer jeweiligen Handlungen. Vor so viel dramaturgischer Übersicht muss man den Hut ziehen. Die Dialoge sind von geschliffener Reinheit, so dass man sie zitieren muss, um ihnen gerecht zu werden: "So how's it all going in the nigger-torturing business, Dixon?", fragt Mildred den Officer. Seine leicht entrüstete Antwort: "You gotta say people of color torturin' business!". Die fast 2 Stunden starke Handlung ist derartig pointiert aufbereitet, dass sie einem Ideenfeuerwerk gleichkommt. Doch McDonagh achtet penibel darauf, die Ernsthaftigkeit der Handlung nicht zu untergraben. Immer dann, wenn die Faszination für die brillante Komik auf ihrem Höhepunkt ist, schwenkt er drastisch in Leid und Ironiefreiheit um. Nicht nur Mildred, sondern auch Willoughby und Dixon sind gebrochene, tragische Personen, die auf eine Katharsis warten, die ihnen nicht mehr gewährt werden kann, die sie vielleicht auch alle nicht verdienen. Auf ein Urteil verzichtet die Regie, und gibt sich damit zufrieden, das Leben dieser Antihelden so authentisch wie möglich auszugestalten. Politisch korrekt ist das selten, erst recht nicht, wenn das rassistische Muttersöhnchen Dixon urplötzlich als Sympathieträger angeboten wird.
Für McDonagh ist es jedoch selbstverständlich, ist Dixon doch auch nicht mehr als ein Opfer der gesellschaftlich etablierten strukturellen Fremdenfeindlichkeit in den Provinzen der Vereinigten Staaten. Er ist eine Alltagsfigur, die der Regisseur gleichermaßen würdigt wie konterkariert. Diese Zweipoligkeit funktioniert auch dank großartiger Schauspielleistungen. Gerade Dixon wird von einem völlig entfesselten Sam Rockwell perfekt verkörpert, aber auch Woody Harrelson weiß als Willoughby zu überzeugen und bekannte TV-Gesichter wie Peter Dinklage, Zeljko Ivanek oder Clarke Peters glänzen in klugen Nebenrollen. Allen voran steht allerdings die phänomenale Frances McDormand. Die 60-Jährige leistet eine erstaunliche Arbeit, dem tiefsitzenden Schmerz und der entschlossenen Kampfeshaltung Mildreds in jedem Blick zu entsprechen. In wunderschönen langen Kamerafahrten, die Carter Burwell mit idyllischen Country-Klängen unterlegt, bekommen alle Akteure viel Luft zum Atmen, bis die Inszenierung ihre Leichtigkeit zum Ende hin immer weiter abstreift und die Gewalt (auch visuell in einer atemberaubenden Sequenz) als Fegefeuer in das Innenleben ihrer Figuren transferiert. Jede Form von Gewalt feuert immer auch zurück. Das ist keine abstrakte Anklageschrift des Films: Mildred, Willoughby und Dixon erfahren allesamt am eigenen Leibe, wie aus Bösem noch mehr Böses resultiert, ohne zu verschweigen, dass Aktionismus auch gutes hervorbringen kann. Der Sieg des Guten selbst wird aber ausgelassen und spielt folgerichtig keine Rolle. Er wäre eine andere Geschichte, eine andere Moral, die in Ebbing, Missouri noch keine Gültigkeit haben darf und kann. Jedenfalls nicht, solange die Billboards bestehen.
Fazit: Ohne Frage ist "Three Billboards outside Ebbing, Missouri" qualitativ wie thematisch der beste Film des Jahres 2017. Keine Figur zeigt das so deutlich wie Protagonistin Mildred. Sie erweist sich als Symbolfigur für die Ära der Präsidentschaft Donald Trumps und der feministischen #metoo-Bewegung. Ihr geht es beim Aufstellen der Billboards nicht um Schmerzlinderung, sondern um Gerechtigkeit, die ihr ihrer Ansicht nach verwehrt wird. Sie fühlt sich machtlos gegenüber den Herrschenden, woraus ihre undefinierte Wut resultiert. Ihre Verzweiflungstaten sind ein Bekunden von Verachtung gegen Institutionen, eine Rebellion gegen die herrschende (Un-)Ordnung, denen ganz tief im Innern der Wunsch innewohnt, eine vermeintlich vergangene Zeit der Sicherheit zurück zu erlangen. Mildred kämpft, ohne zu wissen, wofür und gegen wen. Nirgendwo mehr als in diesem Meisterwerk kann man sich gleichzeitig so verstanden und so kritisiert fühlen. Martin McDonagh setzt allen Mildreds dieser Welt ein Denkmal. Mehr noch: Drei Denkmäler. Drei Werbetafeln. Drei Billboards.
Liebling, ich habe den Kapitalismus geschrumpft!
Downsizing
"Wachstum ist gut", sagte der Luftballon und platzte. In diesem Sinne: Willkommen im Turbokapitalismus des 21. Jahrhunderts! Größer ist besser, Wachstum ist Wohlstand. Was aber, wenn alle Ressourcen irgendwann aufgebraucht sind, die Natur vollends ausgebeutet? Dann steht der Untergang der Menschheit schneller als gedacht bevor. In Norwegen, dem Land des Fortschritts, findet ein Wissenschaftler eine Lösung: Ein Prozess, bei dem Menschen auf eine Größe von 12 cm geschrumpft werden. Schnell wird daraus ein populäres Konzept - Wer winzig klein ist, lebt im Überfluss, hat unendlich Geld zur Verfügung, kann extrem platzsparend in riesigen Häusern wohnen und verbraucht kaum Strom, Nahrung etc. Die Utopie als Miniaturausgabe. Diese verrückte Idee dient Regisseur Alexander Payne für seine Sci-Fi-Parabel "Downsizing" als Aufhänger, in der er das Verhältnis zwischen technischem Fortschritt und Gerechtigkeitsempfinden buchstäblich unter die Lupe nimmt.
Wie die meisten Filme, die das Thema des Schrumpfens in den Mittelpunkt stellen, so zieht auch "Downsizing" seine visuelle Faszination aus dem Effekt der Disproportion, soll heißen: Durch die Gegenüberstellung der Schrumpfwelt mit der der Normalgroßen entstehen asymmetrische Größenverhältnisse. Von dieser Vorstellung lässt sich auch der Protagonist Paul anstecken. Matt Damon spielt diesen Paul als den alltäglichen US-"Everyman". Sein piefiger Biedermeier-Charme, den Damons Kritiker ihm gerne attestieren, kommt ihm hierbei zu Gute. So wird er zur beinahe gesichtslosen Projektionsfläche des Zuschauers, der mit ihm in das luxuriöse Leben der Miniaturwelt Leisureland einsteigt. Dieser Einstieg, für den Payne sich viel Zeit lässt, zeugt von einem hohen Detailgrad an aufwändigem World Building. Das ganze erste Drittel seines 135 Minuten langen Films verwendet der Regisseur dafür, den Schrumpfprozess in aller Ausführlichkeit zu beleuchten. So müssen Paul sämtliche Körperbehaarungen und Zahnprothesen entfernt werden (da diese nicht mitschrumpfen), später wird er dann zusammen mit den anderen Geschrumpften auf viel zu großen Betten liegend von den Angestellten mit einem Pfannenwender weiter transportiert. Payne setzt in diese langen Sequenzen immer wieder auf Aufnahmen aus der Vogelperspektive, wahrt Distanz zum Geschehen und spielt - als Wink mit dem Zaunpfahl - ausgerechnet die "Badinerie" von Johann Sebastian Bach im Hintergrund. Die Message ist klar: "Downsizing" ist ein Gedankenspiel, eine filmische alternative Weltenrettungsmethode. Payne weiß das und nimmt gekonnt selbstironisch möglichen Glaubwürdigkeitsdefiziten jeden Wind aus den Segeln. Beeindruckend inszeniert!
Dennoch weiß er der Materie dramatisches Potential abzugewinnen: Als Paul erfährt, dass Ehefrau Audrey spontan einen Rückzieher gemacht hat, fällt er in ein tiefes Loch. Leider in eines, aus das auch der Film sich nicht mehr erholen mag. Statt in Folge dessen Pauls langsame Akklimatisierung in der künstlichen Umwelt in den Vordergrund zu rücken, macht Payne einen Zeitsprung. Nach über einem Jahr stellt Paul nun fest, dass auch Leisureland keine schöne neue Welt ist. Auch hier gibt es Elendsviertel, in denen Zwangsgeschrumpfte ein trostloses Dasein fristen oder als Haushaltssklaven für den oberen Mittelstand der Wohlfühlgemeinschaft dienen. "Downsizing" spricht in Folge dessen wichtige Themen an: Überbevölkerung, Urbanisierung, Klassenantagonismen. Doch keines von ihnen wirkt je wirklich zu Ende gedacht, schlimmer noch verschwendet er dafür seine eigens erdachte Prämisse. Allen Problemen, die Paul in Leisureland begegnet, hätten genauso auch in der normalen Welt stattfinden können. Während Payne glaubt, diese Erkenntnis als wirksame Desillusionierung einsetzen zu können, kommt eher der Eindruck auf, das eigentliche Potenzial der geschrumpften Welt würde nicht genutzt werden. Zu Konflikten zwischen den "Großen" und den "Kleinen" kommt es nicht, die als Ehefrau Pauls lange etablierte Kirsten Wiig verschwindet mit einem Mal völlig aus dem Film. Die neu eingeführten Charaktere, insbesondere die Menschenrechtskämpferin Ngoc Lan, bleiben blass und teils inkonsequent gezeichnet. Besonders schwer trifft das den als Pauls serbischen Nachbar auftretenden Christoph Waltz: So sehr es auch Spaß macht, den toll aufspielenden Waltz als regelmäßigen Gastgeber wilder Partys zu erleben, so wenig führt seine Figur irgendwo hin. Anfangs scheint er eine Symbolfigur für globalisierten Hedonismus zu sein, später taugt er nur noch für plumpe Lacher und steht tatlos im Bildhintergrund herum.
Das eigentliche Problem aber ist nicht, dass "Downsizing" - ist Paul erstmal geschrumpft - keinen Fokus auf ein übergeordnetes Thema oder eine stringente Story entwickelt. Schwerwiegender fällt auf, dass daraus auch ein Genre-Durcheinander resultiert, der zwar durch seine willkürliche Dramaturgie interessant anzusehen ist und erst recht überrascht, wenn das letzte Drittel gar apokalyptische Züge annimmt, aber an sich selbst vorbei läuft. Suggerieren frühe Gastauftritte von Komikern wie Neil Patrick Harris und Jason Sudeikis einen Komödien-Anstrich, wird der Film mit zunehmender Laufzeit merklich schwerfälliger, ohne konkret etwas dabei auszusagen. Vielleicht ist es auch ein Problem, dass Paul (mit so viel gekonntem Understatement Damon ihn auch zu spielen weiß) schlicht zu langweilig bleibt. Da hilft es auch nicht, dass er im Laufe der Handlung den nächstenliebenden Altruismus für sich entdeckt. Der Kerngedanke des Plots wirkt so zwar: Wer im echten Leben keine große Nummer war, der ist es auch in der geschrumpften Welt nicht. Allerdings dauert es deutlich zu lange, diese Botschaft zu entwickeln. Die wirklich interessanten Themen der Welt reißt Payne nur beiläufig in fiktiven TV-Reportagen an: Analog zu überfüllten Flüchtlingsbooten reisen geschrumpfte Flüchtlinge nun in kaputten Flatscreens durch die Welt, während Zentimeter große Terroristen unbemerkt jedwede Grenzen überqueren können. Tolle Ideen, die ganze Filme füllen könnten, hier aber leider nur Ideen bleiben.
Fazit: Der Anfang verspricht großes, doch sobald Alexander Payne und Co-Autor Jim Taylor ihren Protagonisten schrumpfen, verkommt "Downsizing" ironischerweise zum leicht übersehbaren Moralstück, welches ohne den Sci-Fi-Aufhänger niemanden hinter dem Ofen hervorgelockt hätte. Die erzählerische Unentschlossenheit sorgt zwar für manche Überraschungen, sodass der Film trotz langer Laufzeit kurzweilig ausfällt, darüber hinaus aber keinen echten Nährwert bietet.
"Wachstum ist gut", sagte der Luftballon und platzte. In diesem Sinne: Willkommen im Turbokapitalismus des 21. Jahrhunderts! Größer ist besser, Wachstum ist Wohlstand. Was aber, wenn alle Ressourcen irgendwann aufgebraucht sind, die Natur vollends ausgebeutet? Dann steht der Untergang der Menschheit schneller als gedacht bevor. In Norwegen, dem Land des Fortschritts, findet ein Wissenschaftler eine Lösung: Ein Prozess, bei dem Menschen auf eine Größe von 12 cm geschrumpft werden. Schnell wird daraus ein populäres Konzept - Wer winzig klein ist, lebt im Überfluss, hat unendlich Geld zur Verfügung, kann extrem platzsparend in riesigen Häusern wohnen und verbraucht kaum Strom, Nahrung etc. Die Utopie als Miniaturausgabe. Diese verrückte Idee dient Regisseur Alexander Payne für seine Sci-Fi-Parabel "Downsizing" als Aufhänger, in der er das Verhältnis zwischen technischem Fortschritt und Gerechtigkeitsempfinden buchstäblich unter die Lupe nimmt.
Wie die meisten Filme, die das Thema des Schrumpfens in den Mittelpunkt stellen, so zieht auch "Downsizing" seine visuelle Faszination aus dem Effekt der Disproportion, soll heißen: Durch die Gegenüberstellung der Schrumpfwelt mit der der Normalgroßen entstehen asymmetrische Größenverhältnisse. Von dieser Vorstellung lässt sich auch der Protagonist Paul anstecken. Matt Damon spielt diesen Paul als den alltäglichen US-"Everyman". Sein piefiger Biedermeier-Charme, den Damons Kritiker ihm gerne attestieren, kommt ihm hierbei zu Gute. So wird er zur beinahe gesichtslosen Projektionsfläche des Zuschauers, der mit ihm in das luxuriöse Leben der Miniaturwelt Leisureland einsteigt. Dieser Einstieg, für den Payne sich viel Zeit lässt, zeugt von einem hohen Detailgrad an aufwändigem World Building. Das ganze erste Drittel seines 135 Minuten langen Films verwendet der Regisseur dafür, den Schrumpfprozess in aller Ausführlichkeit zu beleuchten. So müssen Paul sämtliche Körperbehaarungen und Zahnprothesen entfernt werden (da diese nicht mitschrumpfen), später wird er dann zusammen mit den anderen Geschrumpften auf viel zu großen Betten liegend von den Angestellten mit einem Pfannenwender weiter transportiert. Payne setzt in diese langen Sequenzen immer wieder auf Aufnahmen aus der Vogelperspektive, wahrt Distanz zum Geschehen und spielt - als Wink mit dem Zaunpfahl - ausgerechnet die "Badinerie" von Johann Sebastian Bach im Hintergrund. Die Message ist klar: "Downsizing" ist ein Gedankenspiel, eine filmische alternative Weltenrettungsmethode. Payne weiß das und nimmt gekonnt selbstironisch möglichen Glaubwürdigkeitsdefiziten jeden Wind aus den Segeln. Beeindruckend inszeniert!
Dennoch weiß er der Materie dramatisches Potential abzugewinnen: Als Paul erfährt, dass Ehefrau Audrey spontan einen Rückzieher gemacht hat, fällt er in ein tiefes Loch. Leider in eines, aus das auch der Film sich nicht mehr erholen mag. Statt in Folge dessen Pauls langsame Akklimatisierung in der künstlichen Umwelt in den Vordergrund zu rücken, macht Payne einen Zeitsprung. Nach über einem Jahr stellt Paul nun fest, dass auch Leisureland keine schöne neue Welt ist. Auch hier gibt es Elendsviertel, in denen Zwangsgeschrumpfte ein trostloses Dasein fristen oder als Haushaltssklaven für den oberen Mittelstand der Wohlfühlgemeinschaft dienen. "Downsizing" spricht in Folge dessen wichtige Themen an: Überbevölkerung, Urbanisierung, Klassenantagonismen. Doch keines von ihnen wirkt je wirklich zu Ende gedacht, schlimmer noch verschwendet er dafür seine eigens erdachte Prämisse. Allen Problemen, die Paul in Leisureland begegnet, hätten genauso auch in der normalen Welt stattfinden können. Während Payne glaubt, diese Erkenntnis als wirksame Desillusionierung einsetzen zu können, kommt eher der Eindruck auf, das eigentliche Potenzial der geschrumpften Welt würde nicht genutzt werden. Zu Konflikten zwischen den "Großen" und den "Kleinen" kommt es nicht, die als Ehefrau Pauls lange etablierte Kirsten Wiig verschwindet mit einem Mal völlig aus dem Film. Die neu eingeführten Charaktere, insbesondere die Menschenrechtskämpferin Ngoc Lan, bleiben blass und teils inkonsequent gezeichnet. Besonders schwer trifft das den als Pauls serbischen Nachbar auftretenden Christoph Waltz: So sehr es auch Spaß macht, den toll aufspielenden Waltz als regelmäßigen Gastgeber wilder Partys zu erleben, so wenig führt seine Figur irgendwo hin. Anfangs scheint er eine Symbolfigur für globalisierten Hedonismus zu sein, später taugt er nur noch für plumpe Lacher und steht tatlos im Bildhintergrund herum.
Das eigentliche Problem aber ist nicht, dass "Downsizing" - ist Paul erstmal geschrumpft - keinen Fokus auf ein übergeordnetes Thema oder eine stringente Story entwickelt. Schwerwiegender fällt auf, dass daraus auch ein Genre-Durcheinander resultiert, der zwar durch seine willkürliche Dramaturgie interessant anzusehen ist und erst recht überrascht, wenn das letzte Drittel gar apokalyptische Züge annimmt, aber an sich selbst vorbei läuft. Suggerieren frühe Gastauftritte von Komikern wie Neil Patrick Harris und Jason Sudeikis einen Komödien-Anstrich, wird der Film mit zunehmender Laufzeit merklich schwerfälliger, ohne konkret etwas dabei auszusagen. Vielleicht ist es auch ein Problem, dass Paul (mit so viel gekonntem Understatement Damon ihn auch zu spielen weiß) schlicht zu langweilig bleibt. Da hilft es auch nicht, dass er im Laufe der Handlung den nächstenliebenden Altruismus für sich entdeckt. Der Kerngedanke des Plots wirkt so zwar: Wer im echten Leben keine große Nummer war, der ist es auch in der geschrumpften Welt nicht. Allerdings dauert es deutlich zu lange, diese Botschaft zu entwickeln. Die wirklich interessanten Themen der Welt reißt Payne nur beiläufig in fiktiven TV-Reportagen an: Analog zu überfüllten Flüchtlingsbooten reisen geschrumpfte Flüchtlinge nun in kaputten Flatscreens durch die Welt, während Zentimeter große Terroristen unbemerkt jedwede Grenzen überqueren können. Tolle Ideen, die ganze Filme füllen könnten, hier aber leider nur Ideen bleiben.
Fazit: Der Anfang verspricht großes, doch sobald Alexander Payne und Co-Autor Jim Taylor ihren Protagonisten schrumpfen, verkommt "Downsizing" ironischerweise zum leicht übersehbaren Moralstück, welches ohne den Sci-Fi-Aufhänger niemanden hinter dem Ofen hervorgelockt hätte. Die erzählerische Unentschlossenheit sorgt zwar für manche Überraschungen, sodass der Film trotz langer Laufzeit kurzweilig ausfällt, darüber hinaus aber keinen echten Nährwert bietet.
Woody Allen dreht am ganz großen Rad!
Wonder Wheel
"Coney Island washboard she would play | You could hear her on the boardwalk every day"... "Coney Island Washboard", in der Fassung der Mills Brothers von 1932, eröffnet und beendet den Reigen aus Familienproblemen, Liebesaffären, versandeten Träumen und poetischen Herzschmerz-Bekundungen. Filmkenner wissen: Wenn diese Themen bei klassischer Musik zu einem Konglomerat vereint und das ganze zusätzlich mit Hollywood-Stars arrangiert präsentiert werden, kann nur Autorenfilmer Woody Allen seine Finger im Spiel haben. Dieses seiner Werke, "Wonder Wheel", mag aus dem Jahr 2017 stammen, doch entführt in die 1950er des New Yorker Vergnügungsparks Coney Island, der hier absolut perfekt und mit viel Liebe fürs Detail wieder auflebt: Prall gefüllte Strände, Modekatalog-Outfits soweit das Auge reicht, ein Geruch von Zuckerwatte, und das titelgebende Riesenrad, dessen unbeirrtes Auf-und-Ab-Kreisen Allen zur perfekten Metapher für die kleinbürgerlichen Charaktere und ihre Schicksale dienen wird.
Direkt bei dem "Wonder Wheel" auf Coney Island leben sie, über einem Schießbudenstand: Ginny, die einst Schauspielerin werden wollte, aber deren Traum zerplatz, als sie ihre Ehe für eine Affäre wegwarf und deren Sohn aus Frustration über den Verlust des Vaters zum jugendlichen Brandstifter wurde. Humpty, ihr neuer Mann, der dem Alkoholismus verfallen und zum aufbrausenden Choleriker ohne höhere Ziele verkommen ist. Und Carolina, Humptys Tochter aus erster Ehe, die vor ihrem Ex-Mann und der Mafia flüchtet und um ihr Leben bangt. Familiäre Probleme liegen da auf der Hand. Eine der schönsten Überraschungen des Drehbuchs ist jedoch, dass sie schon zu Beginn einen Hitzegrad erreichen, der die im Raum stehende Anspannung immer wieder zur Explosion treibt. Konflikte werden nicht zu Gunsten der Erzählung aufgeschoben, stattdessen brechen grobe Beleidigungen, herablassendes Stöhnen und geballte Fäuste regelmäßig aus der Kleinbürgerlichkeit der Figuren aus. Das angenehm rhythmische, wenngleich inhaltlich vorhersehbare Hin und Her in den zwischenmenschlichen Beziehungen leistet Altmeister Woody Allen mit einer Versiertheit, die kaum noch von Lässigkeit zu unterscheiden ist und gelegentlich zur Selbstironie taugt.
Sein üblicher Dialogstil, dem immer eine Theaterhaftigkeit anmerkbar ist, mag eigentlich besser zur intellektuellen Oberschicht passen, doch Allen umgeht das Problem ganz cool, ohne viel Aufsehen: In einem einleitenden Monolog erklärt der Bademeister Mickey direkt in die Kamera, dass er als Erzähler der Geschichte und begeisterter Poet wie Romantiker das folgende Melodram gehörig ausschmücken werde. Diese (nicht immer konsequente) Erzählperspektive durch Mickey erweist sich durchaus als Problem: Mickey, mit dem Ginny eine Affäre eingeht, ist klarerweise eine Projektionsfläche, mit der sich der Regisseur besonders identifizieren mag. Doch anders als Ginny, Carolina und Humpty wächst Mickey nie zur empathischen Figur heran. Er bleibt konturlos und ein eindimensionaler Träumer, der sich nicht entwickeln darf, ist zudem mit Popstar Justin Timberlake gnadenlos fehlbesetzt. Dafür brilliert der restliche Cast umso mehr: Juno Temple spielt Carolina mit wunderbar pointierter Naivität, Kate Winslet versinkt komplett als sich selbst bemitleidende Hausfrau Ginny und artikuliert die verquasesten Allen-Monologe kraftvoll authentisch, und Jim Belushi brüllt sich die Ekstase aus dem Leib und hat richtig Spaß, den Wüterich Humpty zu spielen, dessen Name nicht nur wegen Belushis grotesker Körperfülle an die fiktive Figur Humpty Dumpty aus einem englischen Abzählreim erinnert. Denn das Ei, das von der Mauer fällt und selbst von allen Männern des Königs nicht mehr zusammengesetzt werden kann, ist auch ein Hinweis auf die unweigerliche Tragik, auf die diese Figuren zusteuern. Ihr vorübergehendes Glück ist so zerbrechlich wie es ihr Leben ist, und unweigerlich werden sie am Schluss der Geschichte alle daran erinnert werden.
Nostalgie und Tragik: Diese zwei Schlüsselelemente im Spätwerk von Woody Allen funktionieren in "Wonder Wheel" vor allem dank der kunstvollen Lichtregie von Kameramann Vittorio Storaro. Er betont mit bunt leuchtenden Farben das künstliche und theatralische des Plots, nutzt die Kulissenhaftigkeit des Vergnügungsparks, um etwas über die Figuren zu verraten. So taucht er Ginny auf dem Höhepunkt ihrer Affäre mit Mickey in ein leidenschaftliches Rot, während die kühle Schönheit der blonden Carolina ein fröstelndes Blau erhält. Später dominieren naturalistische Aufnahmen, deren Nüchternheit die Trostlosigkeit der Realität eindrücklich herausarbeiten. Doch so wunderschön der Film ausgeleuchtet und so bewährt er inszeniert sein mag, lässt er nicht ganz den Eindruck weichen, dass die Erzählung pure Routine ist, und auch der tragische Wendepunkt sich zu Teilen berechnend anfühlt. Allen ist ein Könner seines Fachs, doch vielleicht ist "Wonder Wheel" unterm Strich etwas zu mechanisch erzählt, etwas zu gewollt. Große Überraschungen bleiben aus, wichtiger ist aber, dass die Figuren nie wirklich zum atmen kommen, immer als Handlungs-Bausteine getrieben wirken. Dem Unterhaltungswert tut das keinen Abbruch, der große Wurf bleibt dadurch aber leider aus. Auch, wenn der finale Monolog von Kate Winslet emotional unerwartet böse und unverhofft präzise ins Schwarze trifft.
Fazit: Wo Woody Allen drauf steht, ist Woody Allen drin. Zuverlässig wie ein Uhrwerk weiß der 82-jährige Filmmacher ein klassisches Personenstück in besten melodramatischen Tönen aufzuziehen, dass dank bravourösen Schauspielern und ausgeklügelten Farbkompositionen angenehm melancholische Unterhaltung garantiert. Mehr als das bietet "Wonder Wheel" in 101 Minuten nicht, viel mehr als das will er aber auch gar nicht bieten. Das Leben selbst ist schließlich manchmal auch nicht mehr als seine eigene Essenz. Da können die Dramatiker, Poeten und Philosophen dieser Welt noch so nachdenklich über moralische Ideale, die unendliche Reinheit wahrer Liebe und den Einfluss des Schicksals auf unser Dasein schwafeln. Eine falsche Entscheidung, und schon spielt all das keine Rolle mehr. Dann gibt es nur noch uns und unsere Schuld. Diese Erkenntnis schmeckt auch am Ende von "Wonder Wheel" wieder bitter - ganz ohne das Rad neu zu erfinden. "Coney Island washboard she would play | You could hear her on the boardwalk every day"...
"Coney Island washboard she would play | You could hear her on the boardwalk every day"... "Coney Island Washboard", in der Fassung der Mills Brothers von 1932, eröffnet und beendet den Reigen aus Familienproblemen, Liebesaffären, versandeten Träumen und poetischen Herzschmerz-Bekundungen. Filmkenner wissen: Wenn diese Themen bei klassischer Musik zu einem Konglomerat vereint und das ganze zusätzlich mit Hollywood-Stars arrangiert präsentiert werden, kann nur Autorenfilmer Woody Allen seine Finger im Spiel haben. Dieses seiner Werke, "Wonder Wheel", mag aus dem Jahr 2017 stammen, doch entführt in die 1950er des New Yorker Vergnügungsparks Coney Island, der hier absolut perfekt und mit viel Liebe fürs Detail wieder auflebt: Prall gefüllte Strände, Modekatalog-Outfits soweit das Auge reicht, ein Geruch von Zuckerwatte, und das titelgebende Riesenrad, dessen unbeirrtes Auf-und-Ab-Kreisen Allen zur perfekten Metapher für die kleinbürgerlichen Charaktere und ihre Schicksale dienen wird.
Direkt bei dem "Wonder Wheel" auf Coney Island leben sie, über einem Schießbudenstand: Ginny, die einst Schauspielerin werden wollte, aber deren Traum zerplatz, als sie ihre Ehe für eine Affäre wegwarf und deren Sohn aus Frustration über den Verlust des Vaters zum jugendlichen Brandstifter wurde. Humpty, ihr neuer Mann, der dem Alkoholismus verfallen und zum aufbrausenden Choleriker ohne höhere Ziele verkommen ist. Und Carolina, Humptys Tochter aus erster Ehe, die vor ihrem Ex-Mann und der Mafia flüchtet und um ihr Leben bangt. Familiäre Probleme liegen da auf der Hand. Eine der schönsten Überraschungen des Drehbuchs ist jedoch, dass sie schon zu Beginn einen Hitzegrad erreichen, der die im Raum stehende Anspannung immer wieder zur Explosion treibt. Konflikte werden nicht zu Gunsten der Erzählung aufgeschoben, stattdessen brechen grobe Beleidigungen, herablassendes Stöhnen und geballte Fäuste regelmäßig aus der Kleinbürgerlichkeit der Figuren aus. Das angenehm rhythmische, wenngleich inhaltlich vorhersehbare Hin und Her in den zwischenmenschlichen Beziehungen leistet Altmeister Woody Allen mit einer Versiertheit, die kaum noch von Lässigkeit zu unterscheiden ist und gelegentlich zur Selbstironie taugt.
Sein üblicher Dialogstil, dem immer eine Theaterhaftigkeit anmerkbar ist, mag eigentlich besser zur intellektuellen Oberschicht passen, doch Allen umgeht das Problem ganz cool, ohne viel Aufsehen: In einem einleitenden Monolog erklärt der Bademeister Mickey direkt in die Kamera, dass er als Erzähler der Geschichte und begeisterter Poet wie Romantiker das folgende Melodram gehörig ausschmücken werde. Diese (nicht immer konsequente) Erzählperspektive durch Mickey erweist sich durchaus als Problem: Mickey, mit dem Ginny eine Affäre eingeht, ist klarerweise eine Projektionsfläche, mit der sich der Regisseur besonders identifizieren mag. Doch anders als Ginny, Carolina und Humpty wächst Mickey nie zur empathischen Figur heran. Er bleibt konturlos und ein eindimensionaler Träumer, der sich nicht entwickeln darf, ist zudem mit Popstar Justin Timberlake gnadenlos fehlbesetzt. Dafür brilliert der restliche Cast umso mehr: Juno Temple spielt Carolina mit wunderbar pointierter Naivität, Kate Winslet versinkt komplett als sich selbst bemitleidende Hausfrau Ginny und artikuliert die verquasesten Allen-Monologe kraftvoll authentisch, und Jim Belushi brüllt sich die Ekstase aus dem Leib und hat richtig Spaß, den Wüterich Humpty zu spielen, dessen Name nicht nur wegen Belushis grotesker Körperfülle an die fiktive Figur Humpty Dumpty aus einem englischen Abzählreim erinnert. Denn das Ei, das von der Mauer fällt und selbst von allen Männern des Königs nicht mehr zusammengesetzt werden kann, ist auch ein Hinweis auf die unweigerliche Tragik, auf die diese Figuren zusteuern. Ihr vorübergehendes Glück ist so zerbrechlich wie es ihr Leben ist, und unweigerlich werden sie am Schluss der Geschichte alle daran erinnert werden.
Nostalgie und Tragik: Diese zwei Schlüsselelemente im Spätwerk von Woody Allen funktionieren in "Wonder Wheel" vor allem dank der kunstvollen Lichtregie von Kameramann Vittorio Storaro. Er betont mit bunt leuchtenden Farben das künstliche und theatralische des Plots, nutzt die Kulissenhaftigkeit des Vergnügungsparks, um etwas über die Figuren zu verraten. So taucht er Ginny auf dem Höhepunkt ihrer Affäre mit Mickey in ein leidenschaftliches Rot, während die kühle Schönheit der blonden Carolina ein fröstelndes Blau erhält. Später dominieren naturalistische Aufnahmen, deren Nüchternheit die Trostlosigkeit der Realität eindrücklich herausarbeiten. Doch so wunderschön der Film ausgeleuchtet und so bewährt er inszeniert sein mag, lässt er nicht ganz den Eindruck weichen, dass die Erzählung pure Routine ist, und auch der tragische Wendepunkt sich zu Teilen berechnend anfühlt. Allen ist ein Könner seines Fachs, doch vielleicht ist "Wonder Wheel" unterm Strich etwas zu mechanisch erzählt, etwas zu gewollt. Große Überraschungen bleiben aus, wichtiger ist aber, dass die Figuren nie wirklich zum atmen kommen, immer als Handlungs-Bausteine getrieben wirken. Dem Unterhaltungswert tut das keinen Abbruch, der große Wurf bleibt dadurch aber leider aus. Auch, wenn der finale Monolog von Kate Winslet emotional unerwartet böse und unverhofft präzise ins Schwarze trifft.
Fazit: Wo Woody Allen drauf steht, ist Woody Allen drin. Zuverlässig wie ein Uhrwerk weiß der 82-jährige Filmmacher ein klassisches Personenstück in besten melodramatischen Tönen aufzuziehen, dass dank bravourösen Schauspielern und ausgeklügelten Farbkompositionen angenehm melancholische Unterhaltung garantiert. Mehr als das bietet "Wonder Wheel" in 101 Minuten nicht, viel mehr als das will er aber auch gar nicht bieten. Das Leben selbst ist schließlich manchmal auch nicht mehr als seine eigene Essenz. Da können die Dramatiker, Poeten und Philosophen dieser Welt noch so nachdenklich über moralische Ideale, die unendliche Reinheit wahrer Liebe und den Einfluss des Schicksals auf unser Dasein schwafeln. Eine falsche Entscheidung, und schon spielt all das keine Rolle mehr. Dann gibt es nur noch uns und unsere Schuld. Diese Erkenntnis schmeckt auch am Ende von "Wonder Wheel" wieder bitter - ganz ohne das Rad neu zu erfinden. "Coney Island washboard she would play | You could hear her on the boardwalk every day"...
Historie als Galvanotechnik: Das Medium ist die Message!
Die dunkelste Stunde
Die Leinwand beugt sich seinem Willen: Was Gary Oldman in "Die dunkelste Stunde" abliefert, ist ganz großes, urgewaltiges Schauspielkino. Zurecht hat Oldman schon lange in Hollywood den Ruf eines schauspielerischen Chamäleons, doch unter der Regie von Joe Wright verschwindet er ganz und gar hinter der Figur des Winston Churchill. Natürlich ist die optische Ähnlichkeit ein Verdienst des phänomenalen Make-Ups, doch Oldman geht darüber weit hinaus: Perfekt trifft er Stimmlage und Sprechweise des einflussreichen britischen Politikers, übernimmt Akzent, Nuscheln und Sprachfehler mit unverschämter Leichtigkeit. Allein seine perfekte Darstellung ist es wert, "Die dunkelste Stunde" gesehen zu haben. Dennoch ist der Historienfilm weit davon entfernt, die "Gary-Oldman-Show" zu sein. Er ist auch ein spannendes Drama, das zwar nur wenige Tage im Mai 1940 umreißt, sein Geschehen aber intelligent in die Gegenwart transferiert.
Die Geschichte ist bekannt: Im Mai 1940 sind 350.000 britische Soldaten am Strand Dünkirchens in Frankreich von den Nazis eingekesselt. Der britische Premierminister Neville Chamberlain muss zurücktreten, der Imperialist Churchill (der als Marinechef in der Dardanellenschlacht eine tödliche Fehlentscheidung getroffen hatte) wird von König George VI. beauftragt, die neue Regierung zu bilden. Von der Kopfgeburt der großen Rettungsaktion von Dünkirchen, und den Widerständen, denen Churchill sich bei Kriegskabinetttagungen stellen musste, erzählt "Die dunkelste Stunde" und ist dabei aufgezogen wie ein klassischer Sportfilm. Churchill wird als der Underdog auf der einen Seite inszeniert, der gegen die erfahrenen Profis auf der anderen ankämpfen muss. Diese berechnende, aber effektive Erzählweise trägt Rechnung. Dramaturgisch einwandfrei gelingt es Wright, ein breites Bild seiner Charaktere zu zeichnen und hat stets genug Raum für Zwischentöne. Ist Churchill der große Heilsbringer? Nein. Er ist leichtfertig, sozial untauglich und zu vernarrt in die Idee, alle großen Konflikte durch Krieg lösen zu können. Da Oldman genug Zwischentöne und Selbstzweifel in sein herrliches Spiel einbetten darf, findet auch der Film einen idealen Mittelweg aus angebrachtem Pathos und notwendiger Authenzität: Ist der Konflikt zwischen Churchills und seinen Parteigenossen zugespitzt? Sicherlich. Haben vor allem die "Triumphe" Churchills etwas von historischem Erbauungskino? Natürlich. Funktioniert das ganze als packendes, bildgewaltiges Drama? Absolut!
Und das liegt an Wright, der weniger am Ausstattungsfilm interessiert ist - auch wenn es prächtige Kostüme und Sets zu bestaunen gibt -, sondern vorzügliche Bildkompositionen ungeahnter Kraft entwickelt, um visuell die Ausweglosigkeit des Empires herauszuarbeiten. Handlungsbedingt wird über den Krieg in Europa größtenteils nur geredet, doch wenn Wright ihn zeigt, dann mit fast surrealer Distanz: Einmal zeigt die Kamera in der Vogelperspektive den Untergang der britischen Truppen in Calais, bis die geographischen Linien des Schlachtfelds das Gesicht eines gefallenen Soldaten formen. Ein anderes Mal betrachtet ein Kind durch ein mit der Hand geformtes Guckloch das Flugzeug Churchills und ballt die Faust: In der Kamera sieht das so aus, als werde das Flugzeug von Dunkelheit verschlungen. "Die dunkelste Stunde" ist voller grandioser visueller Ideen und schon der eröffnende Long Take durch das House of Lords, der alle wichtigen politischen Handlungsträger auf einen Schlag einführt, ist wunderbar geistreich. Für mitreißende und doch unaufdringliche Musik sorgt Komponist Dario Marianelli, den intensiven Zeitdruck vermittelt die Regie durch überdimensionale Datumsangaben auf der Leinwand und neben Oldman sorgen versierte englische Darsteller wie Ben Mendelsohn als George VI., Ronald Pickup in der Rolle des Chamberlain, Kristin Scott Thomas als Churchills Frau oder Lily James als dessen Sekretärin für Höhepunkte. Viel besser kann man die politischen Geschehnisse um "Operation Dynamo" auf dieser Seite des Kanals nicht inszenatorisch aufbereiten und Wright sucht und findet seltene Gänsehaut-Momente, ganz besonders natürlich, wenn er Oldman die Reden Churchills zitieren lässt, ob er um "Blood, Toil, Tears and Sweat" bittet oder "We Shall Fight On The Beaches" beschwört.
Erfreulich jedoch, dass "Die dunkelste Stunde" sich selbst die richtige Frage stellt: Wozu braucht es 2017 diesen Film? Die Antwort findet er in cleveren Gegenwartsbezügen: So erzählt er mit der Aufkündigung der Appeasement-Politik und der Rettung Dünkirchens eine Geschichte der Resilienz, die sich gegen den Faschismus behauptet, eine Bekämpfung der Antiaufklärung durch einen transatlantisch-solidarischen Widerstand. "You can not reason with a tiger when your head is in it's mouth", brüllt Churchill einmal im Film. Wright überstrapaziert in einer langen, frei erfundenen Sequenz die Glaubwürdigkeit bewusst und riskiert, auf geschichtliche Exaktheit besessene Zuschauer zu verlieren, um die Parallele erkennbar werden zu lassen. Er lässt Churchill in eine U-Bahn steigen, wo ihm das einfache Volk versichert, sich niemals dem Tyrannen Hitler beugen zu wollen. In Zeiten des "Brexit", dem britischen Ausstieg aus der Europäischen Union, dient Churchills Geschichte somit als stärkende Erinnerung an die Anfänge eines geeinten Europas, als Zeitgeistdokument. Er ruft zu Zivilcourage auf und zum Festhalten am eigenen Moralsystem, auch in schwierigen Zeiten. Das mag der eine als moralisierenden Kitsch empfinden, darf aber auch als rechtschaffener Versuch gewertet werden, in den Zeiten einer durch US-Präsident Donald Trump geprägten postfaktischen Gesellschaft ein bescheidenes Statement zu artikulieren, in dem sich sowohl das Verlangen nach einer "Politik der Wahrheit" als auch die dringende Warnung vor beobachtbaren sozialen Autokratie-Strömungen ausdrückt.
Fazit: Wer ins Kino geht, um trockenen Geschichtsunterricht zu bekommen, sollte einen anderen Film ansehen. Trocken ist hier nur der Humor Churchills, der auf die Frage des Königs, wie er schon nachmittags Alkohol trinken könne erläutert, dass Übung den Meister mache. Joe Wright erzählt die Zeit zwischen Churchills Antritt bis zur Operation Dynamo als in epischen Bildern festgehaltenes Ringen um Ideologie und Kampfesgeist, und weiß mit Kamera und gesprochenem Wort gleichermaßen zu fesseln. Wem das nicht reicht, der muss dann wenigstens wegen Gary Oldman ins Kino: Für den ist "Die dunkelste Stunde" zur Sternstunde seiner Karriere geworden.
Die Leinwand beugt sich seinem Willen: Was Gary Oldman in "Die dunkelste Stunde" abliefert, ist ganz großes, urgewaltiges Schauspielkino. Zurecht hat Oldman schon lange in Hollywood den Ruf eines schauspielerischen Chamäleons, doch unter der Regie von Joe Wright verschwindet er ganz und gar hinter der Figur des Winston Churchill. Natürlich ist die optische Ähnlichkeit ein Verdienst des phänomenalen Make-Ups, doch Oldman geht darüber weit hinaus: Perfekt trifft er Stimmlage und Sprechweise des einflussreichen britischen Politikers, übernimmt Akzent, Nuscheln und Sprachfehler mit unverschämter Leichtigkeit. Allein seine perfekte Darstellung ist es wert, "Die dunkelste Stunde" gesehen zu haben. Dennoch ist der Historienfilm weit davon entfernt, die "Gary-Oldman-Show" zu sein. Er ist auch ein spannendes Drama, das zwar nur wenige Tage im Mai 1940 umreißt, sein Geschehen aber intelligent in die Gegenwart transferiert.
Die Geschichte ist bekannt: Im Mai 1940 sind 350.000 britische Soldaten am Strand Dünkirchens in Frankreich von den Nazis eingekesselt. Der britische Premierminister Neville Chamberlain muss zurücktreten, der Imperialist Churchill (der als Marinechef in der Dardanellenschlacht eine tödliche Fehlentscheidung getroffen hatte) wird von König George VI. beauftragt, die neue Regierung zu bilden. Von der Kopfgeburt der großen Rettungsaktion von Dünkirchen, und den Widerständen, denen Churchill sich bei Kriegskabinetttagungen stellen musste, erzählt "Die dunkelste Stunde" und ist dabei aufgezogen wie ein klassischer Sportfilm. Churchill wird als der Underdog auf der einen Seite inszeniert, der gegen die erfahrenen Profis auf der anderen ankämpfen muss. Diese berechnende, aber effektive Erzählweise trägt Rechnung. Dramaturgisch einwandfrei gelingt es Wright, ein breites Bild seiner Charaktere zu zeichnen und hat stets genug Raum für Zwischentöne. Ist Churchill der große Heilsbringer? Nein. Er ist leichtfertig, sozial untauglich und zu vernarrt in die Idee, alle großen Konflikte durch Krieg lösen zu können. Da Oldman genug Zwischentöne und Selbstzweifel in sein herrliches Spiel einbetten darf, findet auch der Film einen idealen Mittelweg aus angebrachtem Pathos und notwendiger Authenzität: Ist der Konflikt zwischen Churchills und seinen Parteigenossen zugespitzt? Sicherlich. Haben vor allem die "Triumphe" Churchills etwas von historischem Erbauungskino? Natürlich. Funktioniert das ganze als packendes, bildgewaltiges Drama? Absolut!
Und das liegt an Wright, der weniger am Ausstattungsfilm interessiert ist - auch wenn es prächtige Kostüme und Sets zu bestaunen gibt -, sondern vorzügliche Bildkompositionen ungeahnter Kraft entwickelt, um visuell die Ausweglosigkeit des Empires herauszuarbeiten. Handlungsbedingt wird über den Krieg in Europa größtenteils nur geredet, doch wenn Wright ihn zeigt, dann mit fast surrealer Distanz: Einmal zeigt die Kamera in der Vogelperspektive den Untergang der britischen Truppen in Calais, bis die geographischen Linien des Schlachtfelds das Gesicht eines gefallenen Soldaten formen. Ein anderes Mal betrachtet ein Kind durch ein mit der Hand geformtes Guckloch das Flugzeug Churchills und ballt die Faust: In der Kamera sieht das so aus, als werde das Flugzeug von Dunkelheit verschlungen. "Die dunkelste Stunde" ist voller grandioser visueller Ideen und schon der eröffnende Long Take durch das House of Lords, der alle wichtigen politischen Handlungsträger auf einen Schlag einführt, ist wunderbar geistreich. Für mitreißende und doch unaufdringliche Musik sorgt Komponist Dario Marianelli, den intensiven Zeitdruck vermittelt die Regie durch überdimensionale Datumsangaben auf der Leinwand und neben Oldman sorgen versierte englische Darsteller wie Ben Mendelsohn als George VI., Ronald Pickup in der Rolle des Chamberlain, Kristin Scott Thomas als Churchills Frau oder Lily James als dessen Sekretärin für Höhepunkte. Viel besser kann man die politischen Geschehnisse um "Operation Dynamo" auf dieser Seite des Kanals nicht inszenatorisch aufbereiten und Wright sucht und findet seltene Gänsehaut-Momente, ganz besonders natürlich, wenn er Oldman die Reden Churchills zitieren lässt, ob er um "Blood, Toil, Tears and Sweat" bittet oder "We Shall Fight On The Beaches" beschwört.
Erfreulich jedoch, dass "Die dunkelste Stunde" sich selbst die richtige Frage stellt: Wozu braucht es 2017 diesen Film? Die Antwort findet er in cleveren Gegenwartsbezügen: So erzählt er mit der Aufkündigung der Appeasement-Politik und der Rettung Dünkirchens eine Geschichte der Resilienz, die sich gegen den Faschismus behauptet, eine Bekämpfung der Antiaufklärung durch einen transatlantisch-solidarischen Widerstand. "You can not reason with a tiger when your head is in it's mouth", brüllt Churchill einmal im Film. Wright überstrapaziert in einer langen, frei erfundenen Sequenz die Glaubwürdigkeit bewusst und riskiert, auf geschichtliche Exaktheit besessene Zuschauer zu verlieren, um die Parallele erkennbar werden zu lassen. Er lässt Churchill in eine U-Bahn steigen, wo ihm das einfache Volk versichert, sich niemals dem Tyrannen Hitler beugen zu wollen. In Zeiten des "Brexit", dem britischen Ausstieg aus der Europäischen Union, dient Churchills Geschichte somit als stärkende Erinnerung an die Anfänge eines geeinten Europas, als Zeitgeistdokument. Er ruft zu Zivilcourage auf und zum Festhalten am eigenen Moralsystem, auch in schwierigen Zeiten. Das mag der eine als moralisierenden Kitsch empfinden, darf aber auch als rechtschaffener Versuch gewertet werden, in den Zeiten einer durch US-Präsident Donald Trump geprägten postfaktischen Gesellschaft ein bescheidenes Statement zu artikulieren, in dem sich sowohl das Verlangen nach einer "Politik der Wahrheit" als auch die dringende Warnung vor beobachtbaren sozialen Autokratie-Strömungen ausdrückt.
Fazit: Wer ins Kino geht, um trockenen Geschichtsunterricht zu bekommen, sollte einen anderen Film ansehen. Trocken ist hier nur der Humor Churchills, der auf die Frage des Königs, wie er schon nachmittags Alkohol trinken könne erläutert, dass Übung den Meister mache. Joe Wright erzählt die Zeit zwischen Churchills Antritt bis zur Operation Dynamo als in epischen Bildern festgehaltenes Ringen um Ideologie und Kampfesgeist, und weiß mit Kamera und gesprochenem Wort gleichermaßen zu fesseln. Wem das nicht reicht, der muss dann wenigstens wegen Gary Oldman ins Kino: Für den ist "Die dunkelste Stunde" zur Sternstunde seiner Karriere geworden.
The (Pre) Post (Facts Era)
Die Verlegerin
Es gibt ungeschriebene Gesetze in Filmen, an die hat man sich zu halten. Beispiel: Eröffnet man sein Werk mit einer Szene aus dem Vietnamkrieg, dann hat man diese mit einem Song der Rockband Creedence Clearwater Revival zu unterlegen. So ertönen in "Die Verlegerin" bereits die ersten Töne von "Green River", noch bevor die Leinwand selbst überhaupt in Vietnam angekommen ist. Diese Eröffnungsszene, die einzige, die den Vietnamkrieg zeigt, steht stellvertretend für das, was Regisseur Steven Spielberg in seinem Film erzählen will: Nicht der Kampfeswillen oder der Patriotismus der Soldaten steht im Vordergrund. Betont neutral bebildert er eine kurze Episode nackter Verzweiflung, einen für jeden einzelnen Soldaten individuell stattfindenden Überlebenskampf. Ein solcher Überlebenskampf spielt auch danach noch die zentrale Rolle. Nur, dass das Setting wechselt: Von Vietnam in den journalistischen Alltag der "Washington Post".
"Die Verlegerin" folgt einem der essentiellsten Konflikte des amerikanischen Journalismus im letzten Jahrhundert: 1971 kam Ben Bradlee, der Chefredakteur der "Washington Post", in Besitz der Pentagon Papers: Die 1967 von Robert McNamara verantwortete geheime Studie "History of U.S. Decision-making in Vietnam, 1945-66", von der die "New York Times" bereits kurz zuvor mehrere Auszüge veröffentlichte und daher von Präsident Richard Nixon vor Gericht gezehrt wird. Nun steht die Verlegerin der Post, Katharine Graham, vor einem ethischen Dilemma: Sollte sie die Dokumente veröffentlichen? Wie sehr hängt sie an den Idealen der Pressefreiheit? Und ist sie bereit, die demokratischen Interessen des Volkes gegen eine Regierung zu verteidigen, die ihr genau dieses Recht mit aller Macht beschneiden will? - Spielberg gelingt bei der Thematisierung dieses Konflikts ein fast schon altmodischer Politfilm aller bester Sorte: Anfangs fängt die Kamera von Janusz Kamiński noch den Alltag der frühen 70er mit nostalgischer Sehnsucht an eine analoge Epoche ein, in der das gedruckte Wort regierte, in der die Tinte mächtiger als das Schwert war. Danach spielt die Handlung meist in Innenräumen, sei es Zuhause bei Mrs. Graham, in der Redaktion der "Washington Post" oder in dunklen Hinterhofgassen und beschränkt sich vornehmlich auf Diskurse. Spielberg beweist, dass man für einen hochspannenden Thriller keine Action oder erzwungene Dramatik braucht, sondern nur eine Handvoll vielschichtiger Charaktere, die das Für und Wider einer moralischen Zwickmühle debattieren. Auch Haus und Hof Komponist John Williams verzichtet auf große Themen, und setzt auf gewählte musikalische Akzente. Vorbildlich!
Und trotz dieser ruhigen, unaufdringlichen Art, will "Die Verlegerin" als groß angelegter und groß gemeinter Film verstanden werden. Nichts macht das deutlicher als die Tatsache, dass Spielberg die Hauptrollen Graham und Bradlee mit Meryl Streep und Tom Hanks, den zwei größten lebenden Hollywood-Stars, besetzt hat. "Icons playing Icons", hatte die "Washington Post" daraufhin geschrieben. Tatsächlich verdient es der Film, als großer Film gesehen zu werden: Die historische Aufarbeitung der Woche, in der Mrs. Graham von einer netten alten Dame zur eisernen Lady des Qualitätsjournalismus wurde, dient ihm trotz aller kompetent umgesetzten Suspense-Momente als filmgewordener Appell, der in die Gegenwart reichen soll. Der Disput zwischen der "Washington Post" und Nixon bildet eine Brücke zu heutigen Medien, die sich 2017 US-Präsident Donald Trump und seinen "Fake News" Vorwürfen ausgesetzt sehen. Spielberg begegnet diesen modernen Konflikten mit idealistischer Entschlossenheit. Mrs. Graham entscheidet sich für die Unabhängigkeit und ihr Risiko, immerhin damit ihr Familienunternehmen gegen die Wand zu fahren, zeigt auf, welchem Wert journalistische Integrität eigentlich innewohnt. So strotzt der Film voll von hoffnungsvollen und leicht augenzwinkernden Momenten, doch vergisst nie, welch anstrengender Kampf hinter diesen Ereignissen steckt. Diese Sensibilität, mit der die Regie die persönlichen Konflikte der Figuren mustergültig herausarbeitet, sorgt für eine zeitlose Allgemeingültigkeit, die auch noch in einer Zeit eine Notwendigkeit besitzt, in der die Welt sich immer schneller zu drehen scheint.
Es gibt da aber noch die andere Komponente in Spielbergs Erzählung: Während er die ethische Debatte, die von den Akteuren in großartigen Dialogen ausgetragen wird, schnörkellos ins Bild setzt, erzählt er filmisch nur über die Bilder eine zweite Geschichte. Die Geschichte der Mrs. Graham. Einer Frau, die sich in einer Männerdomäne behaupten muss, die trotz ihrer Bodenständigkeit zur Ikone des Feminismus reift. Ohne Pathos zeigt "Die Verlegerin" subtil einen gesellschaftlichen Umbruch auf. Zu Beginn des Films verlassen die Frauen noch den Raum, wenn die Männer am Tisch über Politik diskutieren. Als Streep später den Gerichtssaal betritt, wandert sie symbolträchtig durch einen Spalier von Frauen, die auf den Eingangstreppen stehen: Sie wird zum Sprachrohr für all die, die draußen bleiben müssen. Grahams Sieg ist nicht nur einer für die Pressefreiheit, sondern auch einer über ihre rollenarchaische Konditionierung hinweg. Meryl Streep ist perfekt, um diese Entwicklung mit einer unglaublichen Tiefe auszugestalten, aber auch Tom Hanks sowie die TV-Stars Jesse Plemons und besonders der fantastische Bob Odenkirk brillieren in schwierigen Parts. Es zeugt derweil von Spielbergs inszenatorischer Komplexität, dass dem Zuschauer hier am Ende durchaus die Tränen fließen können, obwohl weniger persönliche Schicksale als abstrakte Ideale verhandelt werden. Als Filmemacher befand sich der Altmeister immer schon auf der Seite des Optimismus. Hier fühlt sich das Hoffnungsvolle richtig und kraftvoll an.
Fazit: In einer der besten visuellen Ideen des Films zeigt Steven Spielberg, wie das Redaktionsbüro der "Washington Post" vibriert, als im Raum darunter die Druckerpressen angelassen werden. Die Macht der Worte setzt buchstäblich etwas in Bewegung. Ein starkes Bild für einen starken Film, der in dieser Szene die Kraft des Kinos spürbar werden lässt. Mit Leidenschaft und Elan erweist sich "Die Verlegerin" als ein Werk, dass in die vertraute Vergangenheit reist, um Trost und Hoffnung für die Gegenwart zu spenden. Wie sangen schon Creedence Clearwater Revival? "You're gonna find the world is smold'rin' an' if you get lost, come on home to Green River."
Es gibt ungeschriebene Gesetze in Filmen, an die hat man sich zu halten. Beispiel: Eröffnet man sein Werk mit einer Szene aus dem Vietnamkrieg, dann hat man diese mit einem Song der Rockband Creedence Clearwater Revival zu unterlegen. So ertönen in "Die Verlegerin" bereits die ersten Töne von "Green River", noch bevor die Leinwand selbst überhaupt in Vietnam angekommen ist. Diese Eröffnungsszene, die einzige, die den Vietnamkrieg zeigt, steht stellvertretend für das, was Regisseur Steven Spielberg in seinem Film erzählen will: Nicht der Kampfeswillen oder der Patriotismus der Soldaten steht im Vordergrund. Betont neutral bebildert er eine kurze Episode nackter Verzweiflung, einen für jeden einzelnen Soldaten individuell stattfindenden Überlebenskampf. Ein solcher Überlebenskampf spielt auch danach noch die zentrale Rolle. Nur, dass das Setting wechselt: Von Vietnam in den journalistischen Alltag der "Washington Post".
"Die Verlegerin" folgt einem der essentiellsten Konflikte des amerikanischen Journalismus im letzten Jahrhundert: 1971 kam Ben Bradlee, der Chefredakteur der "Washington Post", in Besitz der Pentagon Papers: Die 1967 von Robert McNamara verantwortete geheime Studie "History of U.S. Decision-making in Vietnam, 1945-66", von der die "New York Times" bereits kurz zuvor mehrere Auszüge veröffentlichte und daher von Präsident Richard Nixon vor Gericht gezehrt wird. Nun steht die Verlegerin der Post, Katharine Graham, vor einem ethischen Dilemma: Sollte sie die Dokumente veröffentlichen? Wie sehr hängt sie an den Idealen der Pressefreiheit? Und ist sie bereit, die demokratischen Interessen des Volkes gegen eine Regierung zu verteidigen, die ihr genau dieses Recht mit aller Macht beschneiden will? - Spielberg gelingt bei der Thematisierung dieses Konflikts ein fast schon altmodischer Politfilm aller bester Sorte: Anfangs fängt die Kamera von Janusz Kamiński noch den Alltag der frühen 70er mit nostalgischer Sehnsucht an eine analoge Epoche ein, in der das gedruckte Wort regierte, in der die Tinte mächtiger als das Schwert war. Danach spielt die Handlung meist in Innenräumen, sei es Zuhause bei Mrs. Graham, in der Redaktion der "Washington Post" oder in dunklen Hinterhofgassen und beschränkt sich vornehmlich auf Diskurse. Spielberg beweist, dass man für einen hochspannenden Thriller keine Action oder erzwungene Dramatik braucht, sondern nur eine Handvoll vielschichtiger Charaktere, die das Für und Wider einer moralischen Zwickmühle debattieren. Auch Haus und Hof Komponist John Williams verzichtet auf große Themen, und setzt auf gewählte musikalische Akzente. Vorbildlich!
Und trotz dieser ruhigen, unaufdringlichen Art, will "Die Verlegerin" als groß angelegter und groß gemeinter Film verstanden werden. Nichts macht das deutlicher als die Tatsache, dass Spielberg die Hauptrollen Graham und Bradlee mit Meryl Streep und Tom Hanks, den zwei größten lebenden Hollywood-Stars, besetzt hat. "Icons playing Icons", hatte die "Washington Post" daraufhin geschrieben. Tatsächlich verdient es der Film, als großer Film gesehen zu werden: Die historische Aufarbeitung der Woche, in der Mrs. Graham von einer netten alten Dame zur eisernen Lady des Qualitätsjournalismus wurde, dient ihm trotz aller kompetent umgesetzten Suspense-Momente als filmgewordener Appell, der in die Gegenwart reichen soll. Der Disput zwischen der "Washington Post" und Nixon bildet eine Brücke zu heutigen Medien, die sich 2017 US-Präsident Donald Trump und seinen "Fake News" Vorwürfen ausgesetzt sehen. Spielberg begegnet diesen modernen Konflikten mit idealistischer Entschlossenheit. Mrs. Graham entscheidet sich für die Unabhängigkeit und ihr Risiko, immerhin damit ihr Familienunternehmen gegen die Wand zu fahren, zeigt auf, welchem Wert journalistische Integrität eigentlich innewohnt. So strotzt der Film voll von hoffnungsvollen und leicht augenzwinkernden Momenten, doch vergisst nie, welch anstrengender Kampf hinter diesen Ereignissen steckt. Diese Sensibilität, mit der die Regie die persönlichen Konflikte der Figuren mustergültig herausarbeitet, sorgt für eine zeitlose Allgemeingültigkeit, die auch noch in einer Zeit eine Notwendigkeit besitzt, in der die Welt sich immer schneller zu drehen scheint.
Es gibt da aber noch die andere Komponente in Spielbergs Erzählung: Während er die ethische Debatte, die von den Akteuren in großartigen Dialogen ausgetragen wird, schnörkellos ins Bild setzt, erzählt er filmisch nur über die Bilder eine zweite Geschichte. Die Geschichte der Mrs. Graham. Einer Frau, die sich in einer Männerdomäne behaupten muss, die trotz ihrer Bodenständigkeit zur Ikone des Feminismus reift. Ohne Pathos zeigt "Die Verlegerin" subtil einen gesellschaftlichen Umbruch auf. Zu Beginn des Films verlassen die Frauen noch den Raum, wenn die Männer am Tisch über Politik diskutieren. Als Streep später den Gerichtssaal betritt, wandert sie symbolträchtig durch einen Spalier von Frauen, die auf den Eingangstreppen stehen: Sie wird zum Sprachrohr für all die, die draußen bleiben müssen. Grahams Sieg ist nicht nur einer für die Pressefreiheit, sondern auch einer über ihre rollenarchaische Konditionierung hinweg. Meryl Streep ist perfekt, um diese Entwicklung mit einer unglaublichen Tiefe auszugestalten, aber auch Tom Hanks sowie die TV-Stars Jesse Plemons und besonders der fantastische Bob Odenkirk brillieren in schwierigen Parts. Es zeugt derweil von Spielbergs inszenatorischer Komplexität, dass dem Zuschauer hier am Ende durchaus die Tränen fließen können, obwohl weniger persönliche Schicksale als abstrakte Ideale verhandelt werden. Als Filmemacher befand sich der Altmeister immer schon auf der Seite des Optimismus. Hier fühlt sich das Hoffnungsvolle richtig und kraftvoll an.
Fazit: In einer der besten visuellen Ideen des Films zeigt Steven Spielberg, wie das Redaktionsbüro der "Washington Post" vibriert, als im Raum darunter die Druckerpressen angelassen werden. Die Macht der Worte setzt buchstäblich etwas in Bewegung. Ein starkes Bild für einen starken Film, der in dieser Szene die Kraft des Kinos spürbar werden lässt. Mit Leidenschaft und Elan erweist sich "Die Verlegerin" als ein Werk, dass in die vertraute Vergangenheit reist, um Trost und Hoffnung für die Gegenwart zu spenden. Wie sangen schon Creedence Clearwater Revival? "You're gonna find the world is smold'rin' an' if you get lost, come on home to Green River."
Vom Tellerwäscher zum Burger King
The Founder
Viel zynischer kann ein Filmtitel nicht sein: Mit "The Founder" betitelt Regisseur John Lee Hancock sein Biopic über die Ursprünge eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt: McDonald's. Doch die Hauptfigur, der Mittfünfziger Ray Kroc, war gar nicht der Gründer von McDonald's. Das waren in Wahrheit die Brüder Mac und Dick McDonald, welche anfang der Fünfziger Jahre ein revolutionäres gastronomisches Konzept entwarfen: Fast-Food. Sein Essen in weniger als einer Minute nach Bestellung zu erhalten, ist ein Komfort, der heute auf dem gesamten Globus längst zum Standard geworden ist. Kroc staunte jedoch nicht schlecht, als er zum ersten Mal in 30 Sekunden einen Hamburger serviert bekam. Wie aus ihm, einem wenig erfolgreichen Vertreter von Klapptischen und Hochgeschwindigkeitsmixern für Milchshakes, ein Milliarden schwerer Unternehmer und "Gründer" von McDonald's werden konnte, erzählt Hancock mit derselben zynischen Grundhaltung die sein Titel verspricht als wirtschaftspolitisches Lehrstück darüber, wie idealistische Tugendhaftigkeit von seelenlosen Unternehmern ausgerottet wird.
Der Clou von "The Founder" ist, dass er seine wahre Geschichte als zwei Seiten einer Medaille präsentiert: Ray Kroc, der die Idee der McDonald-Brüder aufgreift und zum nationalen Franchise ausbaut, könnte nur allzu leicht als Haifischkapitalist verdammt werden, der eine fremde Idee für sich vereinnahmen will. Hancock jedoch verwendet einen großen Teil seiner Laufzeit dafür, Kroc als Sympathieträger zu etablieren, als intelligenten Visionär, der sein ganzes Leben lang dem Amerikanischen Traum "vom Tellerwäscher zum Millionär" hinterher rannte. Die McDonald-Brüder hingegen zeichnet sein Film als liebenswerte, bürgerliche Idealisten, die als Tellerwäsche gar nicht den Wunsch hegen, zum Millionär aufzusteigen. Aus dieser clever etablierten Spannung zwischen den Parteien zieht "The Founder" einen Großteil seines Reizes, der in der moralischen Ambiguität liegt. Wer hier Recht hat und wer Recht behält, liegt stets im Auge des Betrachters und der Zuschauer darf nicht erwarten, diese Entscheidung vorgekaut zu kriegen. So könnte man die erste halbe Stunde, die in pastellfarbener Heile-Welt-Optik das Fast-Food-Konzept bei angenehmen Country-Klängen aus Carter Burwells Soundtrack erklärt, glatt als - zugegeben faszinierend inszenierte - Werbefilm für das goldene M fehlinterpretieren. Umso schockierender ist, wie Hancock in Folge ohne viel Drama die vermeintliche Erfolgsgeschichte in eine Pervertierung des American Way of Life wendet, die man glatt als Abgesang auf das Ideal des "Selfmademan" selbst deuten kann.
Wie gezielt "The Founder" den Amerikanischen Traum entlarvt, ist angesichts der heiteren Erzählweise mit schnellen Montagen und bunten Bildern enorm überraschend. Der Dank gebührt unter anderem Drehbuchautor Robert D. Siegel, dessen rasiermesserscharfe Dialoge den Nagel auf den Punkt treffen. Als Kroc beginnt, mit der Burger-Kette zu expandieren, vergibt er Unterlizenzen an Ehepaare. Diese sollen Sauberkeit und Familienfreundlichkeit ihrer Filialen wahren und damit nicht nur die Ideale des Unternehmens, sondern die uramerikanischen Werte aufrecht erhalten. In einer Ansprache nennt Kroc gar McDonald's als nötigen wirtschaftlichen Zusatz zur amerikanischen Identität, vergleicht die goldenen Bögen von McDonald's mit dem Kreuz auf Kirchtürmen. Die Kommerzialisierung des Familienbetriebs erklärt er zur patriotischen Verpflichtung. Burgerbraten fürs Vaterland. In diesen grandiosen Momenten erweist sich Michael Keaton in der Hauptrolle als Idealbesetzung. Er findet den perfekten Mittelweg, diesen sich langsam zum Geschäftsegomanen wandelnden Großkapitalisten mit genügend empathischen Zwischentönen zu spielen, um eine Neutralität zu wahren, die "The Founder" unbedingt anstrebt. Hancock verzichtet auf satirische oder wertende Subjektivierungen der Geschichte, sondern spart die Anklage aus - und damit auch die Katharsis von Figuren und Zuschauer.
Erstaunlicherweise verweigert der Film sogar eine eindeutig antikapitalistische Grundhaltung. Die Neutralität, die für Kroc und die McDonald's Brüder gilt, gilt gleichermaßen auch für die Wirtschaftssysteme, die hier dichotom gegenüber gestellt werden. Den Kapitalismus zeigt Hancock als das, was er ist: Als darwinistischen Kampf, in dem für Träumer keinen Platz ist. An einer Stelle lässt er Kroc losgelöst den Song-Klassiker "Pennies From Heaven" singen. Es ist der Moment, in dem dem Letzten klar wird, dass Kroc nicht mehr wie das lyrische Ich des Liedes der ist, der das regnende Geld fangen will. Er will es selbst regnen lassen. "The Founder" ist somit nicht nur eine Studie über den Beginn der lang andauernden Ära "Big Mac", sondern auch eine interessante Analyse über die Grundwerte der amerikanischen Kultur. Das von Kroc gesprochene Fazit ist keine Erfindung des Drehbuchs, sondern ein Originalzitat: "If I saw a competitor drowning, I'd shove a hose down his throat." Dieser Satz reicht aus, um die Aggressivität zu untermauern, mit der sich Kroc im Nachhinein als Gründer der McDonald's-Corporation inszenierte. Er lebte den Amerikanischen Traum, baute ihn aber auf geistigen Diebstahl auf. Der Traum, den er lebte, hatten andere geträumt. Ein vernichtendes Schlussbild. Der Konsum hat einen unendlich großen Magen. Nicht wenigen wird bei dieser Einsicht der Appetit auf den nächsten Fertig-Hamburger rasch vergehen.
Fazit: Wie schnell Ideale und Standards der Kommerzialisierung im Kapitalismus abhanden gehen können, kristallisiert sich in "The Founder" auf perfide Art und Weise heraus. John Lee Hancock und seine Besetzung leisten ein wichtiges Stück Aufklärungsarbeit und wissen, differenziert und ausgewogen (wenngleich nicht ohne Zynismus) über die Entstehung des Fast-Food-Mythos zu referieren. Wie die Regie dabei den Reiz des schnellen und unkomplizierten Verzehrs sowie die Verlockung des sich immer weiter vermehrenden Lotterlebens heraus arbeitet, ist genauso manipulativ wie die Spielfreude ihres Hauptdarstellers. Wenn Michael Keaton einmal zu oft etwas zu breit in die Kamera grinst, bekommt dieses Grinsen einen leicht deplatzierten Ausdruck, der die Fallhöhe seiner Figur weit nach oben schraubt - doch der Fall bleibt aus. Ray Kroc sicherte sich einen Platz in den Geschichtsbüchern. Verdient oder unverdient? Das müssen andere entscheiden. Kapitalismus ist Krieg. Und die Geschichte wird immer vom Sieger geschrieben.
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Viel zynischer kann ein Filmtitel nicht sein: Mit "The Founder" betitelt Regisseur John Lee Hancock sein Biopic über die Ursprünge eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt: McDonald's. Doch die Hauptfigur, der Mittfünfziger Ray Kroc, war gar nicht der Gründer von McDonald's. Das waren in Wahrheit die Brüder Mac und Dick McDonald, welche anfang der Fünfziger Jahre ein revolutionäres gastronomisches Konzept entwarfen: Fast-Food. Sein Essen in weniger als einer Minute nach Bestellung zu erhalten, ist ein Komfort, der heute auf dem gesamten Globus längst zum Standard geworden ist. Kroc staunte jedoch nicht schlecht, als er zum ersten Mal in 30 Sekunden einen Hamburger serviert bekam. Wie aus ihm, einem wenig erfolgreichen Vertreter von Klapptischen und Hochgeschwindigkeitsmixern für Milchshakes, ein Milliarden schwerer Unternehmer und "Gründer" von McDonald's werden konnte, erzählt Hancock mit derselben zynischen Grundhaltung die sein Titel verspricht als wirtschaftspolitisches Lehrstück darüber, wie idealistische Tugendhaftigkeit von seelenlosen Unternehmern ausgerottet wird.
Der Clou von "The Founder" ist, dass er seine wahre Geschichte als zwei Seiten einer Medaille präsentiert: Ray Kroc, der die Idee der McDonald-Brüder aufgreift und zum nationalen Franchise ausbaut, könnte nur allzu leicht als Haifischkapitalist verdammt werden, der eine fremde Idee für sich vereinnahmen will. Hancock jedoch verwendet einen großen Teil seiner Laufzeit dafür, Kroc als Sympathieträger zu etablieren, als intelligenten Visionär, der sein ganzes Leben lang dem Amerikanischen Traum "vom Tellerwäscher zum Millionär" hinterher rannte. Die McDonald-Brüder hingegen zeichnet sein Film als liebenswerte, bürgerliche Idealisten, die als Tellerwäsche gar nicht den Wunsch hegen, zum Millionär aufzusteigen. Aus dieser clever etablierten Spannung zwischen den Parteien zieht "The Founder" einen Großteil seines Reizes, der in der moralischen Ambiguität liegt. Wer hier Recht hat und wer Recht behält, liegt stets im Auge des Betrachters und der Zuschauer darf nicht erwarten, diese Entscheidung vorgekaut zu kriegen. So könnte man die erste halbe Stunde, die in pastellfarbener Heile-Welt-Optik das Fast-Food-Konzept bei angenehmen Country-Klängen aus Carter Burwells Soundtrack erklärt, glatt als - zugegeben faszinierend inszenierte - Werbefilm für das goldene M fehlinterpretieren. Umso schockierender ist, wie Hancock in Folge ohne viel Drama die vermeintliche Erfolgsgeschichte in eine Pervertierung des American Way of Life wendet, die man glatt als Abgesang auf das Ideal des "Selfmademan" selbst deuten kann.
Wie gezielt "The Founder" den Amerikanischen Traum entlarvt, ist angesichts der heiteren Erzählweise mit schnellen Montagen und bunten Bildern enorm überraschend. Der Dank gebührt unter anderem Drehbuchautor Robert D. Siegel, dessen rasiermesserscharfe Dialoge den Nagel auf den Punkt treffen. Als Kroc beginnt, mit der Burger-Kette zu expandieren, vergibt er Unterlizenzen an Ehepaare. Diese sollen Sauberkeit und Familienfreundlichkeit ihrer Filialen wahren und damit nicht nur die Ideale des Unternehmens, sondern die uramerikanischen Werte aufrecht erhalten. In einer Ansprache nennt Kroc gar McDonald's als nötigen wirtschaftlichen Zusatz zur amerikanischen Identität, vergleicht die goldenen Bögen von McDonald's mit dem Kreuz auf Kirchtürmen. Die Kommerzialisierung des Familienbetriebs erklärt er zur patriotischen Verpflichtung. Burgerbraten fürs Vaterland. In diesen grandiosen Momenten erweist sich Michael Keaton in der Hauptrolle als Idealbesetzung. Er findet den perfekten Mittelweg, diesen sich langsam zum Geschäftsegomanen wandelnden Großkapitalisten mit genügend empathischen Zwischentönen zu spielen, um eine Neutralität zu wahren, die "The Founder" unbedingt anstrebt. Hancock verzichtet auf satirische oder wertende Subjektivierungen der Geschichte, sondern spart die Anklage aus - und damit auch die Katharsis von Figuren und Zuschauer.
Erstaunlicherweise verweigert der Film sogar eine eindeutig antikapitalistische Grundhaltung. Die Neutralität, die für Kroc und die McDonald's Brüder gilt, gilt gleichermaßen auch für die Wirtschaftssysteme, die hier dichotom gegenüber gestellt werden. Den Kapitalismus zeigt Hancock als das, was er ist: Als darwinistischen Kampf, in dem für Träumer keinen Platz ist. An einer Stelle lässt er Kroc losgelöst den Song-Klassiker "Pennies From Heaven" singen. Es ist der Moment, in dem dem Letzten klar wird, dass Kroc nicht mehr wie das lyrische Ich des Liedes der ist, der das regnende Geld fangen will. Er will es selbst regnen lassen. "The Founder" ist somit nicht nur eine Studie über den Beginn der lang andauernden Ära "Big Mac", sondern auch eine interessante Analyse über die Grundwerte der amerikanischen Kultur. Das von Kroc gesprochene Fazit ist keine Erfindung des Drehbuchs, sondern ein Originalzitat: "If I saw a competitor drowning, I'd shove a hose down his throat." Dieser Satz reicht aus, um die Aggressivität zu untermauern, mit der sich Kroc im Nachhinein als Gründer der McDonald's-Corporation inszenierte. Er lebte den Amerikanischen Traum, baute ihn aber auf geistigen Diebstahl auf. Der Traum, den er lebte, hatten andere geträumt. Ein vernichtendes Schlussbild. Der Konsum hat einen unendlich großen Magen. Nicht wenigen wird bei dieser Einsicht der Appetit auf den nächsten Fertig-Hamburger rasch vergehen.
Fazit: Wie schnell Ideale und Standards der Kommerzialisierung im Kapitalismus abhanden gehen können, kristallisiert sich in "The Founder" auf perfide Art und Weise heraus. John Lee Hancock und seine Besetzung leisten ein wichtiges Stück Aufklärungsarbeit und wissen, differenziert und ausgewogen (wenngleich nicht ohne Zynismus) über die Entstehung des Fast-Food-Mythos zu referieren. Wie die Regie dabei den Reiz des schnellen und unkomplizierten Verzehrs sowie die Verlockung des sich immer weiter vermehrenden Lotterlebens heraus arbeitet, ist genauso manipulativ wie die Spielfreude ihres Hauptdarstellers. Wenn Michael Keaton einmal zu oft etwas zu breit in die Kamera grinst, bekommt dieses Grinsen einen leicht deplatzierten Ausdruck, der die Fallhöhe seiner Figur weit nach oben schraubt - doch der Fall bleibt aus. Ray Kroc sicherte sich einen Platz in den Geschichtsbüchern. Verdient oder unverdient? Das müssen andere entscheiden. Kapitalismus ist Krieg. Und die Geschichte wird immer vom Sieger geschrieben.
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I'm in love with your shape, so blue...
The Shape of Water
"Show, don’t tell" – Was für den Dramaturgen eine Grundannahme, ist für Elisa eine Lebensnotwendigkeit. Während sie in den 1960er Jahren über einem Lichtspielhaus wohnt, und daher jeden Tag die dort aufgeführten großen Epen, Musicals und Dramen Hollywoods zu hören bekommt, ist sie selbst stumm und somit auf chaplineske Zeichen- und Körpersprache als Ausdrucksmöglichkeiten reduziert. Natürlich kein Zufall: Regisseur Guillermo del Toro erzählt in "The Shape of Water" ein modernes Märchen, dass zu jeder Sekunde voller Melancholie ist. Bewaffnet mit seiner Hingabe für die Goldene Ära der Traumfabrik beschwört der Mexikaner ein altmodisches Kino der Verzauberung hervor, und erzählt die wohl ungewöhnlichste Liebesgeschichte des Kinojahres, basierend auf einer simplen Prämisse: Was, wenn nicht der Held, sondern das Monster die Frau bekommt?
Es erinnert an die Geschichte von der Schönen und dem Biest. Elisa, die als Putzfrau in einem Laboratorium arbeitet, macht Bekanntschaft mit einem dort festgehaltenen anthropoiden Fischwesen, mit dessen hilfloser Einsamkeit sie sich identifiziert. Was folgt ist eine wunderschöne, in fabelhaft schaurig-burlesken Farben festgehaltene Annäherung zweier verlorener Seelen, die eine tiefe emotionale Verbundenheit eingehen. Märchenkenner werden hierbei zahlreiche Analogien und Querverweise zu den unterschiedlichsten Sagen und Erzählungen herstellen können, während Filmexperten ihren Gefallen daran finden werden, wie del Toro cinephil, aber mit eigenem Stilbewusstsein die Optik der Schauerfilme der 50er von Jack Arnold mit der Ästhetik von TV-Tanzshows der 60er kreuzt. Immer wieder verliert sich die intelligente Kameraführung in den ausgefallenen Szenenbildern, die den richtigen Ton von simplifizierter Effektivität treffen, sodass sie einerseits entrückt, andererseits aber nicht zu ästhetisiert erscheinen. Brillant ist zweifellos, wie das Paar im Vordergrund ihre komplexe Romanze zum Leben erweckt. Doug Jones zeigt, wie überzeugend eine Mischung aus Kostüm- und Performance Capture Schauspiel auch darstellerisch sein kann, wenngleich das faszinierend gestaltete Lebewesen natürlich ein großer Verdienst der Kostüm- und Effektabteilungen ist.
Sally Hawkins in der Rolle der Elisa ist aber gar noch interessanter anzusehen. Immer wieder deutet sie in subtilen Gesten eine unbefriedigte Sinnlichkeit an, die nur von der animalischen Maskulinität der unwirklichen Kreatur befriedigt werden kann. Wie sie darin aufgeht, ist große Schauspielkunst und das emotionale Fundament der gesamten Erzählung. Doch del Toro begnügt sich nicht nur damit, seine einfache und doch (oder deshalb?) spannende Grundidee der "Monster liebt Frau"-Romanze erstaunlich konsequent anhand filmischer und literarischer Liebeserklärungen zu entwickeln. "The Shape of Water" ist gleichzeitig auch ein Film, der in die Moderne blickt und ganz nebenbei ein fesselndes Gesellschaftsporträt entwirft. Basierend auf der – für die meisten Leute auf den ersten Blick sicher leicht abstoßenden – Ausgangssituation einer sexuellen Beziehung zwischen Mensch und Fischwesen (welches optisch nicht von ungefähr an "Dagon" von H. P. Lovecraft erinnert), scheinen sich alle Charaktere um das Leitmotiv der Xenophobie zu ranken. Elisa, die den Entschluss fasst, ihren Seelenverwandten aus den Fängen der Militärs-Wissenschaftler zu befreien, zieht dafür ihre Kollegin Zelda und ihren einzigen Freund und Nachbarn Giles hinzu. Wie auch sie selbst durch ihre Stummheit und das Monster aus offensichtlichen Gründen, sind beide Verbündeten Außenseiter der Gesellschaft ihrer Zeit: Giles ist homosexuell, Zelda ihrerseits dunkelhäutig. Später noch erhalten sie unerwartete Unterstützung des russischen Spions Dimitri, der das Monster im Auftrag des Kremls ermorden soll, als Wissenschaftler jedoch zu viel Ehrgefühl hat, um eine so bemerkenswerte Existenz auszuradieren.
Jeder dieser Charaktere, die von Richard Jenkins (Giles), Octavia Spencer (Zelda) und Michael Stuhlbarg (Dimitri) zum Leben erweckt werden, bekommt seine eigenen kleinen Einsichten ins Privatleben spendiert. Über sie kommuniziert del Toro mit seinem Publikum und erzählt von einem notwendigen Aufbegehren der Abgehängten gegen die dominant-unterdrückenden Privilegierten des Systems. Und wem stünde die Rolle des weißen Aggressors besser zu Gesicht als Michael Shannon? Grandios trumpft er als Regierungsbeamter Strickland auf, der mit rassistischer, sexistischer und selbstgerechter Attitüde aufzeigt, wie Macht korrupiert. Hinter seinem jovialen Saubermann-Image (wunderbar manifestiert in dem Kauf eines türkisen Cadillac) verbirgt sich ein abgründiges Bild eines Macho-Amerikaners, der seine von sich selbst empfundene Unmännlichkeit in all seinen Handlungen zu kompensieren sucht. Durch ihn erfährt die Genre-Kreuzung einen zusätzlichen Einschlag in die Welt des Spionagethrillers, welche dank steriler Beleuchtung kalter Büro- und Laborkulissen perfekt die märchenhaften Brauntöne und schaurigen Grünfärbungen kontrastiert. Er ist mit seinen egoistischen Motiven der perfekte Antagonist zu den ehrbar handelnden Protagonisten, die das edle und mit besonderen Kräften ausgestattete Amphibien-Geschöpf verteidigen. In ihrem Anliegen liegt eine rare Ehrlichkeit verborgen, die "The Shape of Water" seine besondere Stimmung verleiht. Es ist keine Rebellion der Underdogs, sondern ein ethisch notwendiges Handeln, dass immer wieder durch punktiert-überspitzte Gewalteinlagen, ausgelöst durch Strickland, angefochten wird. Es ist bezeichnend, dass trotz der märchentypischen Strukturen der Ausgang des Konflikts bis zuletzt in der Schwebe liegt: Ein klarer Beweis dafür, wie fantastisch del Toro visuell alle Register ziehend auf der Gefühls-Klaviatur seiner Zuschauer spielt und wie eingehend er die Genre-Vorbilder zu studieren und anzuwenden weiß.
Fazit: In kinematographisch wunderschön abgestimmten Farbnuancen findet Guillermo del Toro immer neue Wege, eine tiefgründige Fabel über Andersartigkeit, (Selbst-)Akzeptanz und aufrichtige Liebe zu erzählen, deren romantischer Humanismus so sehr berührt, wie ihre politische Aussage Gewicht erhält und zum Nachdenken anregt. Wie oft verurteilt man selbst nach dem Äußeren und hält an gesellschaftlichen Strukturen fest, nutzt vielleicht die eigene Privilegiertheit zum Vorteil aus? Unterstützt man jene, die dagegen rebellieren oder toleriert man nur untertätig deren Anliegen? "The Shape of Water" stellt große Fragen und schüttelt gehörig durch – und das alles in seinen kraftvollsten Momenten stumm durch die Kraft der Bilder, nicht mithilfe einiger Dialogzeilen. Show, don’t tell.
"Show, don’t tell" – Was für den Dramaturgen eine Grundannahme, ist für Elisa eine Lebensnotwendigkeit. Während sie in den 1960er Jahren über einem Lichtspielhaus wohnt, und daher jeden Tag die dort aufgeführten großen Epen, Musicals und Dramen Hollywoods zu hören bekommt, ist sie selbst stumm und somit auf chaplineske Zeichen- und Körpersprache als Ausdrucksmöglichkeiten reduziert. Natürlich kein Zufall: Regisseur Guillermo del Toro erzählt in "The Shape of Water" ein modernes Märchen, dass zu jeder Sekunde voller Melancholie ist. Bewaffnet mit seiner Hingabe für die Goldene Ära der Traumfabrik beschwört der Mexikaner ein altmodisches Kino der Verzauberung hervor, und erzählt die wohl ungewöhnlichste Liebesgeschichte des Kinojahres, basierend auf einer simplen Prämisse: Was, wenn nicht der Held, sondern das Monster die Frau bekommt?
Es erinnert an die Geschichte von der Schönen und dem Biest. Elisa, die als Putzfrau in einem Laboratorium arbeitet, macht Bekanntschaft mit einem dort festgehaltenen anthropoiden Fischwesen, mit dessen hilfloser Einsamkeit sie sich identifiziert. Was folgt ist eine wunderschöne, in fabelhaft schaurig-burlesken Farben festgehaltene Annäherung zweier verlorener Seelen, die eine tiefe emotionale Verbundenheit eingehen. Märchenkenner werden hierbei zahlreiche Analogien und Querverweise zu den unterschiedlichsten Sagen und Erzählungen herstellen können, während Filmexperten ihren Gefallen daran finden werden, wie del Toro cinephil, aber mit eigenem Stilbewusstsein die Optik der Schauerfilme der 50er von Jack Arnold mit der Ästhetik von TV-Tanzshows der 60er kreuzt. Immer wieder verliert sich die intelligente Kameraführung in den ausgefallenen Szenenbildern, die den richtigen Ton von simplifizierter Effektivität treffen, sodass sie einerseits entrückt, andererseits aber nicht zu ästhetisiert erscheinen. Brillant ist zweifellos, wie das Paar im Vordergrund ihre komplexe Romanze zum Leben erweckt. Doug Jones zeigt, wie überzeugend eine Mischung aus Kostüm- und Performance Capture Schauspiel auch darstellerisch sein kann, wenngleich das faszinierend gestaltete Lebewesen natürlich ein großer Verdienst der Kostüm- und Effektabteilungen ist.
Sally Hawkins in der Rolle der Elisa ist aber gar noch interessanter anzusehen. Immer wieder deutet sie in subtilen Gesten eine unbefriedigte Sinnlichkeit an, die nur von der animalischen Maskulinität der unwirklichen Kreatur befriedigt werden kann. Wie sie darin aufgeht, ist große Schauspielkunst und das emotionale Fundament der gesamten Erzählung. Doch del Toro begnügt sich nicht nur damit, seine einfache und doch (oder deshalb?) spannende Grundidee der "Monster liebt Frau"-Romanze erstaunlich konsequent anhand filmischer und literarischer Liebeserklärungen zu entwickeln. "The Shape of Water" ist gleichzeitig auch ein Film, der in die Moderne blickt und ganz nebenbei ein fesselndes Gesellschaftsporträt entwirft. Basierend auf der – für die meisten Leute auf den ersten Blick sicher leicht abstoßenden – Ausgangssituation einer sexuellen Beziehung zwischen Mensch und Fischwesen (welches optisch nicht von ungefähr an "Dagon" von H. P. Lovecraft erinnert), scheinen sich alle Charaktere um das Leitmotiv der Xenophobie zu ranken. Elisa, die den Entschluss fasst, ihren Seelenverwandten aus den Fängen der Militärs-Wissenschaftler zu befreien, zieht dafür ihre Kollegin Zelda und ihren einzigen Freund und Nachbarn Giles hinzu. Wie auch sie selbst durch ihre Stummheit und das Monster aus offensichtlichen Gründen, sind beide Verbündeten Außenseiter der Gesellschaft ihrer Zeit: Giles ist homosexuell, Zelda ihrerseits dunkelhäutig. Später noch erhalten sie unerwartete Unterstützung des russischen Spions Dimitri, der das Monster im Auftrag des Kremls ermorden soll, als Wissenschaftler jedoch zu viel Ehrgefühl hat, um eine so bemerkenswerte Existenz auszuradieren.
Jeder dieser Charaktere, die von Richard Jenkins (Giles), Octavia Spencer (Zelda) und Michael Stuhlbarg (Dimitri) zum Leben erweckt werden, bekommt seine eigenen kleinen Einsichten ins Privatleben spendiert. Über sie kommuniziert del Toro mit seinem Publikum und erzählt von einem notwendigen Aufbegehren der Abgehängten gegen die dominant-unterdrückenden Privilegierten des Systems. Und wem stünde die Rolle des weißen Aggressors besser zu Gesicht als Michael Shannon? Grandios trumpft er als Regierungsbeamter Strickland auf, der mit rassistischer, sexistischer und selbstgerechter Attitüde aufzeigt, wie Macht korrupiert. Hinter seinem jovialen Saubermann-Image (wunderbar manifestiert in dem Kauf eines türkisen Cadillac) verbirgt sich ein abgründiges Bild eines Macho-Amerikaners, der seine von sich selbst empfundene Unmännlichkeit in all seinen Handlungen zu kompensieren sucht. Durch ihn erfährt die Genre-Kreuzung einen zusätzlichen Einschlag in die Welt des Spionagethrillers, welche dank steriler Beleuchtung kalter Büro- und Laborkulissen perfekt die märchenhaften Brauntöne und schaurigen Grünfärbungen kontrastiert. Er ist mit seinen egoistischen Motiven der perfekte Antagonist zu den ehrbar handelnden Protagonisten, die das edle und mit besonderen Kräften ausgestattete Amphibien-Geschöpf verteidigen. In ihrem Anliegen liegt eine rare Ehrlichkeit verborgen, die "The Shape of Water" seine besondere Stimmung verleiht. Es ist keine Rebellion der Underdogs, sondern ein ethisch notwendiges Handeln, dass immer wieder durch punktiert-überspitzte Gewalteinlagen, ausgelöst durch Strickland, angefochten wird. Es ist bezeichnend, dass trotz der märchentypischen Strukturen der Ausgang des Konflikts bis zuletzt in der Schwebe liegt: Ein klarer Beweis dafür, wie fantastisch del Toro visuell alle Register ziehend auf der Gefühls-Klaviatur seiner Zuschauer spielt und wie eingehend er die Genre-Vorbilder zu studieren und anzuwenden weiß.
Fazit: In kinematographisch wunderschön abgestimmten Farbnuancen findet Guillermo del Toro immer neue Wege, eine tiefgründige Fabel über Andersartigkeit, (Selbst-)Akzeptanz und aufrichtige Liebe zu erzählen, deren romantischer Humanismus so sehr berührt, wie ihre politische Aussage Gewicht erhält und zum Nachdenken anregt. Wie oft verurteilt man selbst nach dem Äußeren und hält an gesellschaftlichen Strukturen fest, nutzt vielleicht die eigene Privilegiertheit zum Vorteil aus? Unterstützt man jene, die dagegen rebellieren oder toleriert man nur untertätig deren Anliegen? "The Shape of Water" stellt große Fragen und schüttelt gehörig durch – und das alles in seinen kraftvollsten Momenten stumm durch die Kraft der Bilder, nicht mithilfe einiger Dialogzeilen. Show, don’t tell.
...ist ein guter Film - ohne Frage - den ich unterm Strich aber doch für etwas "überschätzt" halte.
Und hierzu...
Let’s face it. If Guillermo Del Toro was truly a visionary director he would have shown fish dick.
Und hierzu...
...muss ich erneut einfach mal den Tweet von Jason Trost anführen:Wallnuss hat geschrieben:Show, don’t tell.
Let’s face it. If Guillermo Del Toro was truly a visionary director he would have shown fish dick.
Geht mir ähnlich... aber sobald del Toro den Märchenonkel spielt, wird da im Feuilleton usw. ja immer in den höchsten Tönen gelobt, während auf seine eindeutiger dem Genre verhafteten Filme gerne mehr eingedroschen wird (man denke an "Pacific Rim" oder "Crimson Peak"). Noch dazu wird ja nostalgisch das achso dolle alte Hollywood abgefeiert, das ist ja für Kritiker und Award-Jurys auch immer Grund für Umarmungen.StS hat geschrieben:...ist ein guter Film - ohne Frage - den ich unterm Strich aber doch für etwas "überschätzt" halte.
Nicht falsch verstehen, ich finde "Shape of Water" auch gut bis sehr gut, bin nur ratlos angesichts dieses Missverhältnisses im Echo, das leider immer noch viel zu oft überkommene Trennlinien zwischen dem "gehobenen" Kino und dem "niederen" Genrefilm zieht, obwohl Leute wie del Toro, Tarantino oder die Coens ja immer wieder aufzeigen wie schwachsinnig diese Unterscheidung doch ist.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Und ich gebe hier einfach mal zu Protokoll, dass ich bislang von fast allen del Toro Produktionen immer milde enttäuscht war. Eben weil sie den ganzen Vorschusslorbeeren fast nie gerecht wurden. Ausnahmen sind voll primitiverweise Blade 2 und Pacific Rim. Da war ich jeweils von der ersten bis zur letzten Sekunde voll drin...
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
freeman hat geschrieben:Und ich gebe hier einfach mal zu Protokoll, dass ich bislang von fast allen del Toro Produktionen immer milde enttäuscht war. Eben weil sie den ganzen Vorschusslorbeeren fast nie gerecht wurden. Ausnahmen sind voll primitiverweise Blade 2 und Pacific Rim. Da war ich jeweils von der ersten bis zur letzten Sekunde voll drin...
In diesem Sinne:
freeman
Geht mir ähnlich, wobei ich noch Mimic mit aufzählen würde obwohl der objekt betrachtet auch weit von einem Highlight entfernt war. Del Toros Filme sind nicht schlecht, wirklich aufregend aber auch nicht.
Bei mir hat del Toro nen Stein im Brett. Selbst die schwächeren Sachen, wozu ich "Cronos" und "Mimic" zähle, kann man immer noch gut schauen.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
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Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Devils Backbone hatte ich ganz vergessen. Den fand ich nicht übel, hatte da aber auch mehr erwartet. Ansehen kann man sich die Filme immer, wie freeman eingangs erwähnte werden sie den Vorschusslorbeeren nicht gerecht. Die hohen Erwartungen konnte del Toro bei mir nie gerecht werden. Aus meiner Sicht hat der nie ein richtiges Highlight abgeliefert.
Kann die Argumentation nachvollziehen und habe bei genau den gleichen Filmen ähnliche Eindrücke, allerdings reicht es manchmal, einfach ein bisschen anders zu sein als die anderen. Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, dass viele seiner Filme Zweitsichtungen benötigen. "The Devil's Backbone" hab ich seit DVD-Erstsichtung zB. nie wieder gesehen. Vielleicht bald mal wieder auf Blu-ray, Wicked hat den ja grad in sehr schickem Outfit angekündigt:
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