Als das Hackebeil zum siebten, achten, neunten Mal auf den Hals niedergeht und sich die letzten Muskelstränge vor der Kamera zu lösen beginnen, dämmert es einem langsam: Das ist nicht einfach nur ein brutaler Gangsterthriller, der ungeschönte Gewalt als notwendige Zutat beimischt, nein, hier möchte jemand Rekorde übertreffen.
Egal, dass der Plot dabei in etwa die äußere Form eines Klumpens Fleisch hat, den die Metzger von ihren Gegnern übrig lassen, ein unnötiges Gewirr aus Sehnen und Knochensplittern. Warum eigentlich so kompliziert, wenn es am Ende doch nur um Loyalität, Verrat und die gute, alte Vendetta geht?
Falls die neue Actionreferenz „The Raid II“ aus gleichem Lande getoppt werden sollte, so ist auf jeder Ebene der Notstand zu vermelden. Die Handlung ist in Sachen Epik und Emotionalität nicht einmal annähernd in Reichweite, die Kameraarbeit nicht so unendlich einfallsreich, die Choreografien nicht so rund ausgearbeitet. Wenn Timo Tjahjanto einen Trumpf ausspielt, dann ist es der freie Fall ungebremster Kinetik. Kalt lässt das bestimmt nicht, wenn die Figuren von ganzen Horden von Gegnern regelrecht überrollt und dabei ziemlich übel hingerichtet werden, aber es braucht dann doch ein bisschen mehr Raffinesse, um sich mit den Besten der Besten zu messen.
Als hartes, ultrabrutales Action-Thriller-Kino mit dem Hang zu comichafter Übertreibung (die dürfen das, die verfilmen hier eine Graphic Novel) liefert „The Night Comes For Us“ immerhin eine Adrenalinspritze mit Sofortwirkung für alle, die vom ewig gleichen Trott des westlichen Actionkinos gerade in den Schlaf gewiegt werden. Wer aber sehen will, wie so etwas richtig gemacht wird, wendet sich bitte lieber an Gareth Evans.
