Jay wird Klosterbruder
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Jay wird Klosterbruder
Kein Witz - am 2.September geh ich ins Kloster...für eine Woche
Natürlich handelt es sich dabei um ein Shaolin-Kloster. Eines in Otterberg bei Kaiserslautern.
diese Doku hat meine Neugierde geweckt.
Daher habe ich mich auch mal für eine Woche "kloster auf Zeit" beworben.
Eine Woche lang jeden Tag um 6 uhr aufstehen, trainieren, leiden, schweigen, noch mehr trainieren, und danach darf ich noch den Hof fegen oder notfalls das Klo putzen - eben all das, was die Mönche dort tagtäglich tun.
Ich mache das nicht, weil ich glaube zu einem krassen Kämpfer zu werden - dafür ist das A zu wenig zeit und B halte ich ohnehin nicht mehr soviel von exotischen Kampfkünsten wie früher
Ich mache es auch nicht, weil ich mich stark für buddhismus interessieren würde - ich lerne gerne etwas dazu, aber ernsthaft den Weg bestreiten will ich nicht.
Zwischendurch werde ich es bestimmt auch verfluchen und hassen - ein Erholungsurlaub wird das sicherlich nicht.
Aber warum mache ich das dann eigentlich?
Mich reizt einfach der Gedanke eine völlig neue Lebenserfahrung zu machen und dabei an körperliche Grenzen zu gehen.
Die splitsquat jumps übe ich bereits regelmäßig mit einer HeavyBag
Bin gespannt, was ich danach zu erzählen haben werde...
Natürlich handelt es sich dabei um ein Shaolin-Kloster. Eines in Otterberg bei Kaiserslautern.
diese Doku hat meine Neugierde geweckt.
Daher habe ich mich auch mal für eine Woche "kloster auf Zeit" beworben.
Eine Woche lang jeden Tag um 6 uhr aufstehen, trainieren, leiden, schweigen, noch mehr trainieren, und danach darf ich noch den Hof fegen oder notfalls das Klo putzen - eben all das, was die Mönche dort tagtäglich tun.
Ich mache das nicht, weil ich glaube zu einem krassen Kämpfer zu werden - dafür ist das A zu wenig zeit und B halte ich ohnehin nicht mehr soviel von exotischen Kampfkünsten wie früher
Ich mache es auch nicht, weil ich mich stark für buddhismus interessieren würde - ich lerne gerne etwas dazu, aber ernsthaft den Weg bestreiten will ich nicht.
Zwischendurch werde ich es bestimmt auch verfluchen und hassen - ein Erholungsurlaub wird das sicherlich nicht.
Aber warum mache ich das dann eigentlich?
Mich reizt einfach der Gedanke eine völlig neue Lebenserfahrung zu machen und dabei an körperliche Grenzen zu gehen.
Die splitsquat jumps übe ich bereits regelmäßig mit einer HeavyBag
Bin gespannt, was ich danach zu erzählen haben werde...
Re: Jay wird Klosterbruder
Von Spaß wird da keine Rede sein, eher wünsche ich "schöne Erfahrung"
Ich weiß wie unsere Lishi Meister drauf sind, das wird kein Zuckerschlecken
Ich weiß wie unsere Lishi Meister drauf sind, das wird kein Zuckerschlecken
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note
Re: Jay wird Klosterbruder
Geile Sache Sir Jay. Zum Glück bewirbt man sich heutzutage schriftlich und muss nicht mehr tagelang im Regen vor dem Tor ausharren.
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
"Bewerben" ist da eigentlich das falsche Wort. Ist nicht so, dass ich nach strengen Auswahlkriterien und Eignungstesthürden dann ehrenvoll auserkoren wurde. Die Sache kostet einfach Geld und eine ärztliche Bescheinigung, die das Betreiben von 8 Stunden Sport am Tag attestiert...
Zunächst habe ich ja wirklich naiverweise angenommen, dass so ein buddhistischer Schuppen doch nicht wirklich Verwendung für solch weltliche Dinge wie "Geld" hat und lediglich um eine Art Selbstkostenbeitrag gebeten wird. Doch die 450€ sind wohl vor allem eher dazu gedacht nur ernstgemeinte Anfragen zu registrieren. Trotzdem sucht mich immer wieder die Vorstellung heim, wie der Abt dort heimlich seine Koks- und Nuttenparties feiert
Ich habe definitiv vor ein Tagebuch zu führen - Fotos schießen (und generell rumspielen am Handy) ist da nicht gestattet
- Nachtwaechter
- Action Prolet
- Beiträge: 1089
- Registriert: 12.03.2013, 11:14
Re: Jay wird Klosterbruder
Neid, Lob und Anerkennung...
Nachdem ich die Doku damals sah, hab ich auch ernsthaft drüber nachgedacht. Und dann kamen die Ergebnisse vom MRT und haben meine sportlichen Karriere auf ein Minimum reduzieren lassen müssen.
bin gespannt auf die Ausführungen...
Und denk dran,
"Wer den Lotus im Regen pflanzt,... wird selber nass!"
Nachdem ich die Doku damals sah, hab ich auch ernsthaft drüber nachgedacht. Und dann kamen die Ergebnisse vom MRT und haben meine sportlichen Karriere auf ein Minimum reduzieren lassen müssen.
bin gespannt auf die Ausführungen...
Und denk dran,
"Wer den Lotus im Regen pflanzt,... wird selber nass!"
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
ich habe auch erst gedacht, dass ich in irgend ein sportmedizinisches Institut muss, um ganz groß und breit über mehrere stunden meine körperliche Verfassung testen zu lassen.
Letztlich reichte aber laut Arzt und Abt der Minimalaufwand: bluttest, ekg und Lungenfunktionstest
beim Lungenfunktionstest hab ich so kräftig gepustet, dass der Arzt regelrecht begeistert war, dass die Ausschlagsparabel weit über die Grenzen des Displays hinausschoss
Letztlich reichte aber laut Arzt und Abt der Minimalaufwand: bluttest, ekg und Lungenfunktionstest
beim Lungenfunktionstest hab ich so kräftig gepustet, dass der Arzt regelrecht begeistert war, dass die Ausschlagsparabel weit über die Grenzen des Displays hinausschoss
Re: Jay wird Klosterbruder
Klingt nach Karrieremöglichkeiten als Anbläser!dass die Ausschlagsparabel weit über die Grenzen des Displays hinausschoss
Re: Jay wird Klosterbruder
Sprach der Oberfluffer!
Ach, das wird bestimmt geil. Erstmal Glatze rasieren, dann immer im Kopfstand rumstehen und im Spagat in die Hoden treten lassen. Zwischendurch was nahrhaftes wie zwei Löffel Reis essen. Hab ich ein Klischee vergessen?
Haben die schon durchblicken lassen, wie groß dann deine Gruppe wird? Weil die werden dich ja net alleine um 450 Euronen erleichtern, oder?
In diesem Sinne:
freeman
Ach, das wird bestimmt geil. Erstmal Glatze rasieren, dann immer im Kopfstand rumstehen und im Spagat in die Hoden treten lassen. Zwischendurch was nahrhaftes wie zwei Löffel Reis essen. Hab ich ein Klischee vergessen?
Haben die schon durchblicken lassen, wie groß dann deine Gruppe wird? Weil die werden dich ja net alleine um 450 Euronen erleichtern, oder?
In diesem Sinne:
freeman
Re: Jay wird Klosterbruder
Natürlich, sonst könntest du ja die Nutten-und-Koks-Partys fotographieren :)
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Re: Jay wird Klosterbruder
Sir Jay: Wenn du an die Pforte klopfst und man dir öffnet, sollte deine erste Frage sein: Wo steht die Palme?
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
In den Informationsdokumenten steht tatsächlich, dass das durchaus möglich sein kann. Sinn der ganzen Sache ist, dass ich unverfälscht an deren Alltag teilnehme, ohne "Touristen"-Sonderbehandlung. Insofern: je weniger, desto entspannter für die
Vom Haare abrasieren stand da nichts, aber das Klischee habe ich schon selbst bedient, um die Freundin zu ärgern
Die hat btw Angst, dass das irgend eine Sekte sein könnte, die mich benebelt und ich nachher nicht mehr gehen will
Re: Jay wird Klosterbruder
Es lag nicht an dir. An mir auch nicht. Es waren die Mönche!
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
Dann bin ich jetzt mal weg. Falls ich nicht wiederkommen sollte: HOLT MICH HIER RAUS!!
Re: Jay wird Klosterbruder
Das kriegst du auch alleine hin. Stirnband um den Kopf gewickelt und dann One Man Machine!
Re: Jay wird Klosterbruder
Viel Spaß.
Re: Jay wird Klosterbruder
Ich bin gespannt auf den Erlebnisbericht!
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
Re: Jay wird Klosterbruder
Er ist lang weg... war nicht von einer Woche die Rede? Sollen wir die Liquidpendables rekrutieren?
Re: Jay wird Klosterbruder
Ich denke mal er ist noch auf der Suche nach der inneren Titte...äh...Mitte
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note
Re: Jay wird Klosterbruder
Ich gloobe, da is noch nen My Luft. Er hat gloobe noch ein paar Minuten in Askese...
In diesem Sinne:
freeman
In diesem Sinne:
freeman
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
bin schon wieder da und schreibe fleißig an nem kleinen Report, kommt hoffentlich am WE. aber danke fürs Sorgen machen
- Sir Jay
- Palmenkicker
- Beiträge: 11822
- Registriert: 12.06.2006, 13:30
- Wohnort: Bei den Pflasterkackern
Re: Jay wird Klosterbruder
Montag gegen 12:30 komme ich am Kloster bei Otterberg / Kaiserslautern endlich an. Der Weg dorthin führte mich über eine abgelegene, mit Schlaglöchern übersäte Straße, deren Einfahrt ich zunächst verpasst habe, da diese Waldlichtung keine große Weiterfahrt versprach.
Wie sich rausstellte war das nicht der Eingang zum Kloster, sondern zur Pferderanch...
Dort angekommen warteten bereits zwei Personen, die stark nach derselben Absicht wie der meinen rochen. Entgegen dem Infoblatt war der Parkplatz, über dem groß der Schriftzug „Shaolin Temple Europe“ thronte, bereits geöffnet – nicht die einzige Überraschung, wie sich noch zeigen sollte.
Mit der Zeit fanden sich immer mehr Autos im Parkplatz ein und prompt bildete sich vor dem Eingang ein Grüppchen von knapp 10 Leuten – eine Gruppenstärke, die nur leicht meine Erwartungen überstieg, tatsächlich aber damit gerade mal die Hälfte der finalen Teilnehmerzahl betrug. Von Jung bis Alt, Schüler, Rentner, Selbstständig, Polizist, etc. war alles mit dabei.
Der sich ergebene Gruppentalk eröffnete sogleich die erwartete Weiträumigkeit, die die Herkunftsorte aller Anwesenden spannen. Cottbus, Bremen, Nürnberg (ich), Stuttgart, waren noch verhältnismäßig lokale Örtlichkeiten, wenn man diesen noch Anreisenden aus Österreich, Kroatien und Argentinien (!!!) entgegenstellt!
Als wir uns um 13 Uhr hinter die bereits offen stehenden Tore gewagt hatten, um endlich zur Kenntnis genommen zu werden, stellten wir fest, dass es auch beim Klosterpersonal nicht weniger international zuging. Einer der Schüler war ein Amerikaner, der aus Ermangelung eines solchen Shaolin Klosters in den Vereinigten Staaten eben nur deswegen nach Deutschland ausgewandert ist, um das buddhistische Möchnsleben für 2 Jahre kennenzulernen.
Der stets lebensfroh und demütig grinsende Novize (wie auch im Video zu sehen) weist uns unsere Zimmer zu. Ich hatte die Ehre ins Gartenhaus – ein ehemaliger Geräteschuppen – untergebracht zu werden. Es lagen einfach zwei Matratzen auf Paletten in der Hütte und da zwischen ein Teppich und etwas spärliches Mobiliar. Es gab sogar elektrisches Licht – so viel Luxus hätte ich gar nicht erwartet. Zusammen mit einem jungen Bundeswehrarzt aus Cottbus richtete ich mich dort ein – geduscht und gekackt werden durfte im Gemenschaftsbad von Schüler und Novizen (es wird klar zwischen Schülern/Disciples und Novizen unterschieden – letztere sind dem Orden auf Lebenszeit verschrieben, legen ein Gelübde ab und zahlen nichts – dem geht ein 2-jähriges Discipleship jedoch voraus).
Im Gemeinschaftsraum wartete zunächst eine klare Stärkung in Form von süßem Gebäck (!!) auf uns, bei dem es sich auch nicht um eine Ausnahme handeln sollte. Schließlich es ging nach einigen Verhaltensinstruktionen in die „große“ Buddahhalle, die grundsätzlich nur mit Verbeugung (selbiges gilt auch für den Vorraum) begangen werden durfte. Verbeugung mit zusammen vor der Brust gefalteten Händen versteht sich – eine Geste, die uns noch in Mark und Bein gehen sollte.
Willkommen im Hotel Shaolin
so spartanisch wie das auch wirken mag – Bad und Toilette waren im anderen Gebäude wurden europäischen Ansprüchen gerecht – mit so viel Luxus hätte ich gar nicht gerechnet. Mir hätte eine Ecke mit Eimer und Wasserschlauch völlig gereicht...
Abt Shi Heng Zong – im echten/früheren Leben wahrscheinlich einfach nur Helmut Wagner oder so – grüßt uns, checkt die Anwesenheit und sackt sogleich die ärztlichen Atteste ein, die versichern sollten, dass wir auch in der Lage sind 2 Schritte gehen zu können, ohne einen Herzkasper zu erleiden. Hier läuft es wirklich so ab wie in der Doku – die Wortwahl ist genau dieselbe, wenn er auch uns klar macht, dass das hier ein buddhistisches Kloster und eben KEINE Kung-Fu Schule mit Altar-Ecke ist. Der Abt stellt sich als höchst sympathischer und witziger Kerl heraus, der zwar gerne herumulkt und mit seinem Weihnachtsmannbart und Glatze sehr kauzig wirkt, aber gleichzeitig ganz unmissverständliche Regeln und die harten Konsequenzen bei deren Verstoß klar macht.
Ich zitiere einige Highlights sinngemäß:
„Kein Alkohol, Nikotin, oder sonstige berauschende Mittel! Wenn ich einen dabei erwische, wird er SOFORT aus dem Kloster verwiesen, und wenn es mitten in der Nacht ist!“
„NIEMAND schläft ohne Bettbezug! Wenn wir einen erwischen, der auf einer unbezogenen Matratze liegt, der wird die Nacht draußen verbringen. Falls Sie es mir nicht glauben, ich gebe ihnen die Nummern derer, die bereits draußen nächtigen durften. Die versichern Ihnen: Der macht das!“
„Wenn Sie einem Mitglied des Klosters begegnen, haben sie sich zu verbeugen und zwar tiefer als ihr Gegenüber. Das heißt, wenn ich mich vor Ihnen hinknien sollte, dann müssen sie sich schon eben ein Loch in den Boden graben, um entsprechend tiefer kommen zu können...“
So richtig viel Sinn hat das für mich zwar nicht gemacht, da für gewöhnlich auch der Rangniedere sich zuerst verbeugen muss und erst dann der Ranghöhere darauf mit einem erfahrungsgemäß weniger sportlichen Knicks reagiert.
Auch weiß ich nicht, wie er uns tatsächlich die Telefonnummern ehemaliger Teilnehmer und Bettwäsche Verweigerer hergeben will, wenn er uns im Anschluss klar macht, dass keine Daten von irgendwelchen Teilnehmern herausgegeben werden, aber ich wollte da mal nicht so klugscheißerisch sein...
hier wurde gegessen und gewartet...gequatscht und geschwiegen...und ganz viel verbeugt...
Nach dieser höchst amüsanten Einweisung ging es schließlich auch schon ans Eingemachte – das Training – vermeintliches Kernelement des gesamten Aufenthaltes. Nach einem steilen Waldlauf ging es prompt auf die Pferderanch – ja sie haben zwei kleine süße Ponys, wo uns der Kung Fu Meister durch eine sehr anstrengende und Hände aufreißende Tortour durchpeitschte.
Bearwalk, Crabwalk, Duckwalk...grundsätzlich keine allzu schweren Disziplinen, doch über den Umfang einer ganzen Pferderanch gedehnt, ging das irgendwann ordentlich in die Beine und Arme.
Viele haben sich dabei die Haut an den Händen aufgerissen – ich (als alter Kettlebell Haudegen) bin gerade mal mit einer kleinen Blase davon gekommen, doch auch meine Arme und Beine wurden schwach und bin mehrfach aus Kräfteschwund auf den Arsch gefallen.
Währenddessen waren schon die ersten „Ich glaube ich fahre heute wieder heim“-Aufgabeentschlüsse qualvoll herausgestöhnt worden. Da das dem Shifu zu langsam ging, gab es zwischendurch immer wieder 50 Strafliegestütze obendrauf...
Und das war nur das Aufwärmtraining!
Das eigentliche Training entpuppte sich dann jedoch als deutlich kräftesparender, da hier nun das Erlernen Bewegungsformen im Fokus stand.
Danach ging es endlich zum ersten Abendessen – das erste gemeinsame Mahl samt Zeremonie.
Mit vor der Brust zusammengelegten Händen
geloben wir beim ersten Bissen nichts böses mehr zu tun,
beim zweiten Bissen nur noch Gutes zu tun
und beim dritten Bissen allen Lebewesen zu dienen,
denn so erfüllen wir Buddahs Weg...
Das Essen ist schlicht, vegetarisch, aber schmackhaft – Nudeln mit gedämpften Gemüse – dazu gibt’s Asia-Chilli-Sauce aus dem Supermarkt...
Nach dem Abendessen hatte ich mich schon gefreut mich endlich mal auf die faule Haut legen zu können, doch der Shifu war noch lange nicht mit uns fertig und ruft uns zur nächsten Trainingsstunde zusammen!
Diese entpuppte sich jedoch als reine Qi Gong Einheit, was ich das gerne als eine Art Verdauungsgymnastik mitgenommen hatte. Doch so schonend sollten die nächsten Abendtrainingseinheiten auch nicht mehr werden...
Nur noch ein letzter Programmpunkte trennte uns vor dem redlich verdienten Schlaf – die Abendzeremonie. Eine höchst spirituell-esoterisch und sektenhaft anmutende Zusammenkunft, bei der wir mehrfach mit der Stirn den Boden küssten und anschließend aus dem chinesischen transkribierte Silben wie Beschwörungsformeln aufgesagt hatten.
Im Anschluss empfängt uns nochmal der Shifu, der die Ansprüche und Erwartungshaltungen von potentiell Kung Fu-Film verstrahlten Teilnehmern etwas zurecht biegen will, indem er an alle heranzutragen versucht, dass es ja im Wesentlichen nicht auf das Gehüpfe und Gekämpfe ankommt, sondern eher auf die Kernelemente des Buddhismus. Um uns das verständlicher zu machen, nimmt er tatsächlich den Film Terminator 2 als Beispiel und erläutert wie „awesome“ er den Film auch noch nach der 50sten Sichtung fand. Nach 200 Sichtungen jedoch habe sich die Ernüchterung über das Bekannte eingestellt und damit habe er für sich erkannt, dass Filme und andere Dinge sehr vergänglich und begrenzt sind, und er eben nur durch das Loslassen dieser weltlichen Vergnügungen zu einem erfüllenderen Weg gefunden hat. Ich habe es ihm mal abgekauft...
Mit einem leichten Unwohlsein, was mich da wohl noch die nächsten Tage erwarten wird, falle ich auch schließlich ins „Bett“, wenn man es denn so nennen möchte. Dankenswerterweise wurden wir speziell im Gartenhaus mit einigen zusätzlichen Decken versorgt, um den nächtlichen Temperaturen, die leicht in das undichte Gartenhaus gelangen konnten, zu trotzen. Die letzten Momente vor dem Schlaf nutzte ich, um mich mit dem neuen Tool-Album anzufreunden.
Und ich schlief erstaunlich gut – vllt. war es der wohlige Geruch von Stein und Holz, die extra warme Decke, oder schlicht die Erschöpfung – keine Ahnung, doch ich habe eine sehr angenehme Nacht verbracht, was sich die folgenden Tage auch nicht ändern sollte.
Nun beginnt eine Reihe von Tagen, die von derselben Routine geprägt sind und sich lediglich in Nuancen unterschieden.
Die Pferderanch. Wer hier trainiert, muss damit rechnen, dass Pferde an einem hautnah im Galopp lautstark vorbeifurzen – da ist es schon sehr schwer die Kranichhaltung beizubehalten...
Aus Mangel an qualifiziertem Personal hatte mich Novize ernsthaft gefragt, ob ich mich denn mit Pferden auskenne, damit ich das Pony kurz „gassi“ führen kann, oder was auch immer er von mir wollte...
Morgens um 6 Uhr ertönt der Gong und es geht zum Waldlauf, mit anschließenden Stretchingeinheiten, Kicktraining, oder Sprints.
Danach dürfen uns in der hohen Kunst des Meditierens versuchen. In der Buddahhalle wird mit modernster Technik das Licht gedimmt, wir versuchen es uns alle mit über den Schultern geworfenen Decken auf den Sitzkissen bequem zu machen und mit einem leichten Schlag auf eine Klangschale des Novizen wird die Meditation eingeleitet. Während ich die ganze Zeit in mich gekauert dasitze und verzweifelt versuche an nichts zu denken vernehme ich irgendwann aus der Ferne erstes Schnarchen...
Es sollte sich als schlicht unerfüllbare Herkulesaufgabe erweisen, das Bewusstsein einzig und allein auf die Atmung zu konzentrieren, während sich sehr penetrant Kopfkino aufdrängt, um die gefühlte Langeweile zu beseitigen...
Um 8 Uhr früh gab es schließlich endlich Frühstück. Haferbrei mit Studentenfutter und Äpfeln – und das jede Früh, doch es war völlig ok.
Danach folgte für mich das absolute Highlight des gesamten Aufenthalts: der Theorieunterricht.
Ich hätte es nicht gedacht, doch verglichen mit dem Theorieunterricht wirkten sämtlichen anderen Punkte fast schon entbehrlich!
Der Abt machte ja bereits bei der Einführungsveranstaltung einen guten Eindruck, durch seinen Humor, aber hier zeigte sich nun, dass er tatsächlich auch ein sehr guter Lehrer ist.
Shi Heng Zong ist ein äußerst guter Erzähler und so hing ich ihm förmlich an Lippen, um alles über den Buddhismus zu erfahren. Nach ein paar einleitenden Eckdaten werden auch schon die ersten Fragen gestellt, deren Antworten neue Fragen ergeben und damit die Stunde schneller vorbei war, als wir es gern gehabt hätten. Mit einer erfreulichen Besonnenheit begegnete der Abt den Fragen und beantwortete sie stets mit differenziertem Weitblick und nahm dabei amüsante und plausible Analogien zur Hilfe, die jedes mal eine wahre Freude waren.
Auf der inhaltlichen Ebene war ich sehr erstaunt, wie geerdet und besonnen der Buddhismus tatsächlich ist und wie verhältnismäßig wissenschaftsfreundlich und liberal er sich präsentiert.
Für einen kurzen Moment überlegte ich, was eigentlich dagegen spricht zum Buddhismus zu konvertieren
Mit diesem Höhepunkt des Tages folgte zugleich dann aber auch schon der Tiefpunkt des Tages: die Arbeit. Als schnöseliger IT-Mensch, der zu oft American Shaolin gesehen hat, umfasst mein gesamter Vorstellungshorizont was körperliche Arbeit angeht lediglich „Latrinen ausheben“ oder den „Hof fegen“.
Schwere Latrinen gab es leider keine und der Hof war eigentlich ganz gut gepflegt.
Stattdessen als Beschäftigungsmaßnahme zu Vergeben gab es das Einsammeln von „Scharfgerbe“.
Die Fragezeichen über meinem Kopf disqualifizierten mich glücklicherweise davon irgendwelche Pflanzen im Wald zu pflücken.
Danach wurde Arbeit mit einer Spitzhacke angeboten, die schon deutlich mehr nach mir schrie, aber irgendwie wollte ich noch auf „coolere“ Arbeit warten – irgendwie habe ich insgeheim auf „Holz hacken“ gehofft.
Doch Pustekuchen. Ich habe die Chance verschenkt und es blieb nur noch die mit Abstand uncoolste Arbeit übrig.
Unkraut jäten...
Mit Handschuhen und einer kleinen Erdschaufel bewaffnet durfte ich hinterm Zaun Brennezeln und vor allem die ätzend dicken, dornigen und widerspenstigen Brombeersträuche samt Wurzel ausrupfen – welch ein meditativer Genuss! Währenddessen durfte die Spitzhacken gang einen Graben in den Boden schlagen, wo später ein Leitungsrohr verlaufen sollte. Beneidenswert.
Ich hätte auch lieber ein Rohr verlegt...
Das Graben der anderen...MEIN Graben wäre bestimmt dicker, größer und länger geworden...
Der erlösende Gong versammelte in Windeseile alle Leute vor dem Eingang zum Speiseraum.
Den Kartoffelgratin haben wir uns redlich schmecken lassen. Und die anschließend angebotenen Kuchen nahm ich gerne mit dazu. Mal ehrlich, nie hätte ich mit dem Überangebot an Süßgebäck gerechnet. Eigentlich war ich gespannt, wieviel Gewicht ich wohl in der Woche verlieren würde, doch bei den für mehrere Naschschläge portionierten Mengen an HighCarb Gerichten und den Süßwaren habe ich tatsächlich sogar eher zugenommen Angeblich waren diese Kuchen alles ausschließlich Spenden und Gaben von außerhalb...
Den vollgeschlagenen Ranzen konnten wir nur kurz Ruhe geben, denn schon bald läutet der dominante Teil des Aufenthalts an – das Training. Wieder werden wir durch den Wald gescheucht und anschließend mit super Slow Motion Kniebeugen (20sekunden runter) gequält. Hart aber effektiv – die Übung gucke ich mir glaube ich ab und baue sie in meine eigenen Workouts nun mit ein. Wenn das überstanden ist folgt aber wieder das Programm rund um Teilbewegungen, die später in die „Qi-Xing-Quan“-Form (7-Sterne-Faust) eingebunden werden soll.
Hier wurde mir einmal mehr bewusst, wie satt ich schon von diesen exotischen Bewegungsmustern bin. So elegant und kunstvoll und beeindruckend diese Bewegungen von Shifu ausgeführt auch aussehen mögen, aber mehr als eine einstudierter Tanz ist es für mich doch nicht...
Und auch die Schlag- und Abwehrübungen, die wir dann mit Partnern trainieren durften waren für mich allesamt alter Käse. Nichts davon wirkte auf mich wirklich praktikabel, einiges davon hielt ich für grobfahrlässig, doch nichts liegt mir ferner, als besserwisserisch den Unterricht des Shifus zu stören, also habe ich einfach mitgemacht. Andere schienen deutlich überzeugter von den Schlagtechniken gewesen zu sein und führten sie gar übereifrig aus und wollten mir irgendwelche Lücken in meiner Bewegungsausführung aufzeigen...
Kurzum, hier habe ich absolut nichts verwertbares gelernt, und dass man bei einem Schlag Handrücken und Unterarm eben hält sind Grundlagen, die man genauso im Boxunterricht gezeigt bekommt – Schnarch...
Und auch der „Zaubertrick“ den uns der Shifu vorführen wollte – mehrere Leute drücken mit ihren Händen seinen Arm gen Baumstamm, doch er zieht sich da locker raus – war leicht durchschaubar und im Anschluss von mir (und anderen) nachmachbar...
Generell muss ich sagen, dass das Training trotz der knackigen Aufgabenstellungen nie unmachbar war. Für die meisten ist es einfach nur ungewohnt so sehr an die Grenzen zu gehen doch man ist immer wieder erstaunt, wie viele Energiereserven man tatsächlich noch zur Verfügung hat.
Es gab aber keine einzige Trainingseinheit, die mich (oder die anderen) vor Erschöpfung an Ort und Stelle zusammenbrechen ließ und ich mit schmerzverzerrtem Gesicht und hohem Puls am Boden verfaulte...ein Zustand den ich privat von meinen eigenen Workouts eigentlich gut kenne...
Nach dem Training gabs wieder Abendssen und danach wieder Training, bis es dunkel wurde und wir mit der Abendzeremonie den Gang zum Bett beschlossen.
Und so sahen in etwa auch die folgenden Tage aus...
Fazit:
Durchaus interessante und auch empfehlenswerte Lebenserfahrung, die trotz (bzw. eigentlich genau wegen) aller körperlichen Strapatzen, des Mangels an Comfort und das Herantasten an mentalen und physischen Grenzen ein neues Gefühl von Ausgeglichenheit bietet.
Es tut durchaus gut auf den gewohnten Luxus zu verzichten und mal ganz demütig Dinge zu tun, die einem auf den ersten Blick albern erscheinen mögen, aber einem durch neue Sichtweisen über die Welt und sich selbst eröffnen.
Wie gesagt der Teil, der die meiste Zeit verschlang war für mich der mit Abstand uninteressanteste – dafür habe ich mich persönlich einfach zu sehr von den fernöstlichen Kampfküsten entfernt. Vor 10 Jahren wäre ich da mit ganz anderem Elan herangegangen, doch Lebens- und Kampfsporterfahrung haben mir gezeigt, dass Kung Fu gar nicht die höchste Kunst auf Erden ist.
Viel eher möchte ich nochmal positiv den Abt des Klosters und seinen Theorieunterricht hervorheben. Diese Lehrstunden alleine waren den weiten Weg, alle Unbequemlichkeiten (und die Kohle) wert. Allein deswegen könnte ich mir vorstellen nochmal ein kleines Wochenendretreatment zu unternehmen. Mit Fokus auf den Buddhismus – ohne Training.
Wie sich rausstellte war das nicht der Eingang zum Kloster, sondern zur Pferderanch...
Dort angekommen warteten bereits zwei Personen, die stark nach derselben Absicht wie der meinen rochen. Entgegen dem Infoblatt war der Parkplatz, über dem groß der Schriftzug „Shaolin Temple Europe“ thronte, bereits geöffnet – nicht die einzige Überraschung, wie sich noch zeigen sollte.
Mit der Zeit fanden sich immer mehr Autos im Parkplatz ein und prompt bildete sich vor dem Eingang ein Grüppchen von knapp 10 Leuten – eine Gruppenstärke, die nur leicht meine Erwartungen überstieg, tatsächlich aber damit gerade mal die Hälfte der finalen Teilnehmerzahl betrug. Von Jung bis Alt, Schüler, Rentner, Selbstständig, Polizist, etc. war alles mit dabei.
Der sich ergebene Gruppentalk eröffnete sogleich die erwartete Weiträumigkeit, die die Herkunftsorte aller Anwesenden spannen. Cottbus, Bremen, Nürnberg (ich), Stuttgart, waren noch verhältnismäßig lokale Örtlichkeiten, wenn man diesen noch Anreisenden aus Österreich, Kroatien und Argentinien (!!!) entgegenstellt!
Als wir uns um 13 Uhr hinter die bereits offen stehenden Tore gewagt hatten, um endlich zur Kenntnis genommen zu werden, stellten wir fest, dass es auch beim Klosterpersonal nicht weniger international zuging. Einer der Schüler war ein Amerikaner, der aus Ermangelung eines solchen Shaolin Klosters in den Vereinigten Staaten eben nur deswegen nach Deutschland ausgewandert ist, um das buddhistische Möchnsleben für 2 Jahre kennenzulernen.
Der stets lebensfroh und demütig grinsende Novize (wie auch im Video zu sehen) weist uns unsere Zimmer zu. Ich hatte die Ehre ins Gartenhaus – ein ehemaliger Geräteschuppen – untergebracht zu werden. Es lagen einfach zwei Matratzen auf Paletten in der Hütte und da zwischen ein Teppich und etwas spärliches Mobiliar. Es gab sogar elektrisches Licht – so viel Luxus hätte ich gar nicht erwartet. Zusammen mit einem jungen Bundeswehrarzt aus Cottbus richtete ich mich dort ein – geduscht und gekackt werden durfte im Gemenschaftsbad von Schüler und Novizen (es wird klar zwischen Schülern/Disciples und Novizen unterschieden – letztere sind dem Orden auf Lebenszeit verschrieben, legen ein Gelübde ab und zahlen nichts – dem geht ein 2-jähriges Discipleship jedoch voraus).
Im Gemeinschaftsraum wartete zunächst eine klare Stärkung in Form von süßem Gebäck (!!) auf uns, bei dem es sich auch nicht um eine Ausnahme handeln sollte. Schließlich es ging nach einigen Verhaltensinstruktionen in die „große“ Buddahhalle, die grundsätzlich nur mit Verbeugung (selbiges gilt auch für den Vorraum) begangen werden durfte. Verbeugung mit zusammen vor der Brust gefalteten Händen versteht sich – eine Geste, die uns noch in Mark und Bein gehen sollte.
Willkommen im Hotel Shaolin
so spartanisch wie das auch wirken mag – Bad und Toilette waren im anderen Gebäude wurden europäischen Ansprüchen gerecht – mit so viel Luxus hätte ich gar nicht gerechnet. Mir hätte eine Ecke mit Eimer und Wasserschlauch völlig gereicht...
Abt Shi Heng Zong – im echten/früheren Leben wahrscheinlich einfach nur Helmut Wagner oder so – grüßt uns, checkt die Anwesenheit und sackt sogleich die ärztlichen Atteste ein, die versichern sollten, dass wir auch in der Lage sind 2 Schritte gehen zu können, ohne einen Herzkasper zu erleiden. Hier läuft es wirklich so ab wie in der Doku – die Wortwahl ist genau dieselbe, wenn er auch uns klar macht, dass das hier ein buddhistisches Kloster und eben KEINE Kung-Fu Schule mit Altar-Ecke ist. Der Abt stellt sich als höchst sympathischer und witziger Kerl heraus, der zwar gerne herumulkt und mit seinem Weihnachtsmannbart und Glatze sehr kauzig wirkt, aber gleichzeitig ganz unmissverständliche Regeln und die harten Konsequenzen bei deren Verstoß klar macht.
Ich zitiere einige Highlights sinngemäß:
„Kein Alkohol, Nikotin, oder sonstige berauschende Mittel! Wenn ich einen dabei erwische, wird er SOFORT aus dem Kloster verwiesen, und wenn es mitten in der Nacht ist!“
„NIEMAND schläft ohne Bettbezug! Wenn wir einen erwischen, der auf einer unbezogenen Matratze liegt, der wird die Nacht draußen verbringen. Falls Sie es mir nicht glauben, ich gebe ihnen die Nummern derer, die bereits draußen nächtigen durften. Die versichern Ihnen: Der macht das!“
„Wenn Sie einem Mitglied des Klosters begegnen, haben sie sich zu verbeugen und zwar tiefer als ihr Gegenüber. Das heißt, wenn ich mich vor Ihnen hinknien sollte, dann müssen sie sich schon eben ein Loch in den Boden graben, um entsprechend tiefer kommen zu können...“
So richtig viel Sinn hat das für mich zwar nicht gemacht, da für gewöhnlich auch der Rangniedere sich zuerst verbeugen muss und erst dann der Ranghöhere darauf mit einem erfahrungsgemäß weniger sportlichen Knicks reagiert.
Auch weiß ich nicht, wie er uns tatsächlich die Telefonnummern ehemaliger Teilnehmer und Bettwäsche Verweigerer hergeben will, wenn er uns im Anschluss klar macht, dass keine Daten von irgendwelchen Teilnehmern herausgegeben werden, aber ich wollte da mal nicht so klugscheißerisch sein...
hier wurde gegessen und gewartet...gequatscht und geschwiegen...und ganz viel verbeugt...
Nach dieser höchst amüsanten Einweisung ging es schließlich auch schon ans Eingemachte – das Training – vermeintliches Kernelement des gesamten Aufenthaltes. Nach einem steilen Waldlauf ging es prompt auf die Pferderanch – ja sie haben zwei kleine süße Ponys, wo uns der Kung Fu Meister durch eine sehr anstrengende und Hände aufreißende Tortour durchpeitschte.
Bearwalk, Crabwalk, Duckwalk...grundsätzlich keine allzu schweren Disziplinen, doch über den Umfang einer ganzen Pferderanch gedehnt, ging das irgendwann ordentlich in die Beine und Arme.
Viele haben sich dabei die Haut an den Händen aufgerissen – ich (als alter Kettlebell Haudegen) bin gerade mal mit einer kleinen Blase davon gekommen, doch auch meine Arme und Beine wurden schwach und bin mehrfach aus Kräfteschwund auf den Arsch gefallen.
Währenddessen waren schon die ersten „Ich glaube ich fahre heute wieder heim“-Aufgabeentschlüsse qualvoll herausgestöhnt worden. Da das dem Shifu zu langsam ging, gab es zwischendurch immer wieder 50 Strafliegestütze obendrauf...
Und das war nur das Aufwärmtraining!
Das eigentliche Training entpuppte sich dann jedoch als deutlich kräftesparender, da hier nun das Erlernen Bewegungsformen im Fokus stand.
Danach ging es endlich zum ersten Abendessen – das erste gemeinsame Mahl samt Zeremonie.
Mit vor der Brust zusammengelegten Händen
geloben wir beim ersten Bissen nichts böses mehr zu tun,
beim zweiten Bissen nur noch Gutes zu tun
und beim dritten Bissen allen Lebewesen zu dienen,
denn so erfüllen wir Buddahs Weg...
Das Essen ist schlicht, vegetarisch, aber schmackhaft – Nudeln mit gedämpften Gemüse – dazu gibt’s Asia-Chilli-Sauce aus dem Supermarkt...
Nach dem Abendessen hatte ich mich schon gefreut mich endlich mal auf die faule Haut legen zu können, doch der Shifu war noch lange nicht mit uns fertig und ruft uns zur nächsten Trainingsstunde zusammen!
Diese entpuppte sich jedoch als reine Qi Gong Einheit, was ich das gerne als eine Art Verdauungsgymnastik mitgenommen hatte. Doch so schonend sollten die nächsten Abendtrainingseinheiten auch nicht mehr werden...
Nur noch ein letzter Programmpunkte trennte uns vor dem redlich verdienten Schlaf – die Abendzeremonie. Eine höchst spirituell-esoterisch und sektenhaft anmutende Zusammenkunft, bei der wir mehrfach mit der Stirn den Boden küssten und anschließend aus dem chinesischen transkribierte Silben wie Beschwörungsformeln aufgesagt hatten.
Im Anschluss empfängt uns nochmal der Shifu, der die Ansprüche und Erwartungshaltungen von potentiell Kung Fu-Film verstrahlten Teilnehmern etwas zurecht biegen will, indem er an alle heranzutragen versucht, dass es ja im Wesentlichen nicht auf das Gehüpfe und Gekämpfe ankommt, sondern eher auf die Kernelemente des Buddhismus. Um uns das verständlicher zu machen, nimmt er tatsächlich den Film Terminator 2 als Beispiel und erläutert wie „awesome“ er den Film auch noch nach der 50sten Sichtung fand. Nach 200 Sichtungen jedoch habe sich die Ernüchterung über das Bekannte eingestellt und damit habe er für sich erkannt, dass Filme und andere Dinge sehr vergänglich und begrenzt sind, und er eben nur durch das Loslassen dieser weltlichen Vergnügungen zu einem erfüllenderen Weg gefunden hat. Ich habe es ihm mal abgekauft...
Mit einem leichten Unwohlsein, was mich da wohl noch die nächsten Tage erwarten wird, falle ich auch schließlich ins „Bett“, wenn man es denn so nennen möchte. Dankenswerterweise wurden wir speziell im Gartenhaus mit einigen zusätzlichen Decken versorgt, um den nächtlichen Temperaturen, die leicht in das undichte Gartenhaus gelangen konnten, zu trotzen. Die letzten Momente vor dem Schlaf nutzte ich, um mich mit dem neuen Tool-Album anzufreunden.
Und ich schlief erstaunlich gut – vllt. war es der wohlige Geruch von Stein und Holz, die extra warme Decke, oder schlicht die Erschöpfung – keine Ahnung, doch ich habe eine sehr angenehme Nacht verbracht, was sich die folgenden Tage auch nicht ändern sollte.
Nun beginnt eine Reihe von Tagen, die von derselben Routine geprägt sind und sich lediglich in Nuancen unterschieden.
Die Pferderanch. Wer hier trainiert, muss damit rechnen, dass Pferde an einem hautnah im Galopp lautstark vorbeifurzen – da ist es schon sehr schwer die Kranichhaltung beizubehalten...
Aus Mangel an qualifiziertem Personal hatte mich Novize ernsthaft gefragt, ob ich mich denn mit Pferden auskenne, damit ich das Pony kurz „gassi“ führen kann, oder was auch immer er von mir wollte...
Morgens um 6 Uhr ertönt der Gong und es geht zum Waldlauf, mit anschließenden Stretchingeinheiten, Kicktraining, oder Sprints.
Danach dürfen uns in der hohen Kunst des Meditierens versuchen. In der Buddahhalle wird mit modernster Technik das Licht gedimmt, wir versuchen es uns alle mit über den Schultern geworfenen Decken auf den Sitzkissen bequem zu machen und mit einem leichten Schlag auf eine Klangschale des Novizen wird die Meditation eingeleitet. Während ich die ganze Zeit in mich gekauert dasitze und verzweifelt versuche an nichts zu denken vernehme ich irgendwann aus der Ferne erstes Schnarchen...
Es sollte sich als schlicht unerfüllbare Herkulesaufgabe erweisen, das Bewusstsein einzig und allein auf die Atmung zu konzentrieren, während sich sehr penetrant Kopfkino aufdrängt, um die gefühlte Langeweile zu beseitigen...
Um 8 Uhr früh gab es schließlich endlich Frühstück. Haferbrei mit Studentenfutter und Äpfeln – und das jede Früh, doch es war völlig ok.
Danach folgte für mich das absolute Highlight des gesamten Aufenthalts: der Theorieunterricht.
Ich hätte es nicht gedacht, doch verglichen mit dem Theorieunterricht wirkten sämtlichen anderen Punkte fast schon entbehrlich!
Der Abt machte ja bereits bei der Einführungsveranstaltung einen guten Eindruck, durch seinen Humor, aber hier zeigte sich nun, dass er tatsächlich auch ein sehr guter Lehrer ist.
Shi Heng Zong ist ein äußerst guter Erzähler und so hing ich ihm förmlich an Lippen, um alles über den Buddhismus zu erfahren. Nach ein paar einleitenden Eckdaten werden auch schon die ersten Fragen gestellt, deren Antworten neue Fragen ergeben und damit die Stunde schneller vorbei war, als wir es gern gehabt hätten. Mit einer erfreulichen Besonnenheit begegnete der Abt den Fragen und beantwortete sie stets mit differenziertem Weitblick und nahm dabei amüsante und plausible Analogien zur Hilfe, die jedes mal eine wahre Freude waren.
Auf der inhaltlichen Ebene war ich sehr erstaunt, wie geerdet und besonnen der Buddhismus tatsächlich ist und wie verhältnismäßig wissenschaftsfreundlich und liberal er sich präsentiert.
Für einen kurzen Moment überlegte ich, was eigentlich dagegen spricht zum Buddhismus zu konvertieren
Mit diesem Höhepunkt des Tages folgte zugleich dann aber auch schon der Tiefpunkt des Tages: die Arbeit. Als schnöseliger IT-Mensch, der zu oft American Shaolin gesehen hat, umfasst mein gesamter Vorstellungshorizont was körperliche Arbeit angeht lediglich „Latrinen ausheben“ oder den „Hof fegen“.
Schwere Latrinen gab es leider keine und der Hof war eigentlich ganz gut gepflegt.
Stattdessen als Beschäftigungsmaßnahme zu Vergeben gab es das Einsammeln von „Scharfgerbe“.
Die Fragezeichen über meinem Kopf disqualifizierten mich glücklicherweise davon irgendwelche Pflanzen im Wald zu pflücken.
Danach wurde Arbeit mit einer Spitzhacke angeboten, die schon deutlich mehr nach mir schrie, aber irgendwie wollte ich noch auf „coolere“ Arbeit warten – irgendwie habe ich insgeheim auf „Holz hacken“ gehofft.
Doch Pustekuchen. Ich habe die Chance verschenkt und es blieb nur noch die mit Abstand uncoolste Arbeit übrig.
Unkraut jäten...
Mit Handschuhen und einer kleinen Erdschaufel bewaffnet durfte ich hinterm Zaun Brennezeln und vor allem die ätzend dicken, dornigen und widerspenstigen Brombeersträuche samt Wurzel ausrupfen – welch ein meditativer Genuss! Währenddessen durfte die Spitzhacken gang einen Graben in den Boden schlagen, wo später ein Leitungsrohr verlaufen sollte. Beneidenswert.
Ich hätte auch lieber ein Rohr verlegt...
Das Graben der anderen...MEIN Graben wäre bestimmt dicker, größer und länger geworden...
Der erlösende Gong versammelte in Windeseile alle Leute vor dem Eingang zum Speiseraum.
Den Kartoffelgratin haben wir uns redlich schmecken lassen. Und die anschließend angebotenen Kuchen nahm ich gerne mit dazu. Mal ehrlich, nie hätte ich mit dem Überangebot an Süßgebäck gerechnet. Eigentlich war ich gespannt, wieviel Gewicht ich wohl in der Woche verlieren würde, doch bei den für mehrere Naschschläge portionierten Mengen an HighCarb Gerichten und den Süßwaren habe ich tatsächlich sogar eher zugenommen Angeblich waren diese Kuchen alles ausschließlich Spenden und Gaben von außerhalb...
Den vollgeschlagenen Ranzen konnten wir nur kurz Ruhe geben, denn schon bald läutet der dominante Teil des Aufenthalts an – das Training. Wieder werden wir durch den Wald gescheucht und anschließend mit super Slow Motion Kniebeugen (20sekunden runter) gequält. Hart aber effektiv – die Übung gucke ich mir glaube ich ab und baue sie in meine eigenen Workouts nun mit ein. Wenn das überstanden ist folgt aber wieder das Programm rund um Teilbewegungen, die später in die „Qi-Xing-Quan“-Form (7-Sterne-Faust) eingebunden werden soll.
Hier wurde mir einmal mehr bewusst, wie satt ich schon von diesen exotischen Bewegungsmustern bin. So elegant und kunstvoll und beeindruckend diese Bewegungen von Shifu ausgeführt auch aussehen mögen, aber mehr als eine einstudierter Tanz ist es für mich doch nicht...
Und auch die Schlag- und Abwehrübungen, die wir dann mit Partnern trainieren durften waren für mich allesamt alter Käse. Nichts davon wirkte auf mich wirklich praktikabel, einiges davon hielt ich für grobfahrlässig, doch nichts liegt mir ferner, als besserwisserisch den Unterricht des Shifus zu stören, also habe ich einfach mitgemacht. Andere schienen deutlich überzeugter von den Schlagtechniken gewesen zu sein und führten sie gar übereifrig aus und wollten mir irgendwelche Lücken in meiner Bewegungsausführung aufzeigen...
Kurzum, hier habe ich absolut nichts verwertbares gelernt, und dass man bei einem Schlag Handrücken und Unterarm eben hält sind Grundlagen, die man genauso im Boxunterricht gezeigt bekommt – Schnarch...
Und auch der „Zaubertrick“ den uns der Shifu vorführen wollte – mehrere Leute drücken mit ihren Händen seinen Arm gen Baumstamm, doch er zieht sich da locker raus – war leicht durchschaubar und im Anschluss von mir (und anderen) nachmachbar...
Generell muss ich sagen, dass das Training trotz der knackigen Aufgabenstellungen nie unmachbar war. Für die meisten ist es einfach nur ungewohnt so sehr an die Grenzen zu gehen doch man ist immer wieder erstaunt, wie viele Energiereserven man tatsächlich noch zur Verfügung hat.
Es gab aber keine einzige Trainingseinheit, die mich (oder die anderen) vor Erschöpfung an Ort und Stelle zusammenbrechen ließ und ich mit schmerzverzerrtem Gesicht und hohem Puls am Boden verfaulte...ein Zustand den ich privat von meinen eigenen Workouts eigentlich gut kenne...
Nach dem Training gabs wieder Abendssen und danach wieder Training, bis es dunkel wurde und wir mit der Abendzeremonie den Gang zum Bett beschlossen.
Und so sahen in etwa auch die folgenden Tage aus...
Fazit:
Durchaus interessante und auch empfehlenswerte Lebenserfahrung, die trotz (bzw. eigentlich genau wegen) aller körperlichen Strapatzen, des Mangels an Comfort und das Herantasten an mentalen und physischen Grenzen ein neues Gefühl von Ausgeglichenheit bietet.
Es tut durchaus gut auf den gewohnten Luxus zu verzichten und mal ganz demütig Dinge zu tun, die einem auf den ersten Blick albern erscheinen mögen, aber einem durch neue Sichtweisen über die Welt und sich selbst eröffnen.
Wie gesagt der Teil, der die meiste Zeit verschlang war für mich der mit Abstand uninteressanteste – dafür habe ich mich persönlich einfach zu sehr von den fernöstlichen Kampfküsten entfernt. Vor 10 Jahren wäre ich da mit ganz anderem Elan herangegangen, doch Lebens- und Kampfsporterfahrung haben mir gezeigt, dass Kung Fu gar nicht die höchste Kunst auf Erden ist.
Viel eher möchte ich nochmal positiv den Abt des Klosters und seinen Theorieunterricht hervorheben. Diese Lehrstunden alleine waren den weiten Weg, alle Unbequemlichkeiten (und die Kohle) wert. Allein deswegen könnte ich mir vorstellen nochmal ein kleines Wochenendretreatment zu unternehmen. Mit Fokus auf den Buddhismus – ohne Training.
Re: Jay wird Klosterbruder
Mega! Habe viel gelacht. Vor allem dein Verschlag, geil! Ne europäische Bambushütte sozusagen.
Esse ich seit Jahren zum Frühstück.Haferbrei mit Studentenfutter und Äpfeln – und das jede Früh, doch es war völlig ok.
Re: Jay wird Klosterbruder
Mein Lishi Lehrer würde Dir ganz schön was erzählen wenn Du die Bewegungsformen bei ihm als "schöner Tanz" bezeichnen würdest - der sagt nämlich immer "wenn ich schöne Bewegungen will dann gehe ich zum Ballett"
Beim Qi-Gong heißt es bei uns immer "entspannt Euch" was angesichts mancher Bewegungen schon ein Widerspruch in sich ist
Wenn ich das so lese machst Du da in diesem Bootcamp nichts anderes was ich seit knapp drei Jahren prakteziere, nur nicht mit dem Vegetarischen Essen Der Kunk-Fu Teil dürfte somit imo eher um die Bewegung und die Entspannungstechniken gedeht haben als um richtige Selbstverteidigung. Sowas haben wir auch und ich muß auch immer innerlich lachen wenn der Selfdefense Teil kommt und manche meinen man lerne da tödliche Schläge
Beim Qi-Gong heißt es bei uns immer "entspannt Euch" was angesichts mancher Bewegungen schon ein Widerspruch in sich ist
Wenn ich das so lese machst Du da in diesem Bootcamp nichts anderes was ich seit knapp drei Jahren prakteziere, nur nicht mit dem Vegetarischen Essen Der Kunk-Fu Teil dürfte somit imo eher um die Bewegung und die Entspannungstechniken gedeht haben als um richtige Selbstverteidigung. Sowas haben wir auch und ich muß auch immer innerlich lachen wenn der Selfdefense Teil kommt und manche meinen man lerne da tödliche Schläge
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste