
50
von Hideo Yokoyama
Hideo Yokoyama hat es geschafft, er hat sich seinen Platz in meinem Leserherzen erschrieben. Nach dem grossartigen Roman "64" und den spannenden Kurzgeschichten "2" gibt es mit "50" nun endlich seinen Debütroman auf Deutsch zu lesen. Eine japanische Kriminalgeschichte, die sich angenehm von dem hierzulande bekannten Einheitsbrei abhebt.
Nicht nur handelt "50" von einem Mordfall eines Polizisten, sondern von Ethik, dem Gesundheitssystem und der Problematik von Demenz, den internen Machtkämpfen der Staatsapparate - und natürlich der japanischen Verhaltensweise. Ohne Schockmomente oder billige Finten bietet das Buch eine mitreissende Geschichte, die aus wechselnden Perspektiven und daher mit immer wieder neuen Argumentationen fortgeführt wird.
Toll auch, dass sich der Atrium Verlag bei der Gestaltung dieser Bücher so viel Mühe gibt. Farbiger Schnitt, geschmackvolle Motive und eine einheitliche Wirkung bei allen Veröffentlichungen zu Yokoyama.


Recursion
von Blake Crouch
Blake Crouch hat es wieder getan: Nach "Dark Matter" hat er erneut einen SF-Thriller geschrieben, der mich nicht nur gepackt, sondern zugleich fasziniert hat. Eine Freude, welche man bei den besten Genre-Werken verspürt, die nicht nur eine packende Geschichte auftischen, sondern auf gute Art mit Wissenschaft und Physik herumspielen. "Recursion" macht dies, indem es eine Welt aufzeigt, in der man Zeitreisen ermöglicht hat. Im geheimen natürlich, und durch die Technologie, in Erinnerungen einzutauchen.
Das bietet tolle Möglichkeiten, Geschehnisse mehrschichtig und repetitiv anzulegen, Situationen auf den Kopf zu stellen und mit Figuren und Orte zu spielen. Crouch gelingt dies scheinbar mühelos, ohne komplexe Sprache oder zu verkopftes Konstrukt. Der Roman liest sich schnell und befriedigt nicht nur Nischenfans auf tolle Weise.


Freie Sicht aufs Kino. Beiträge zur Filmkritik in der Schweiz
von Philipp Brunner, Tereza Fischer und mehr
Mit dem Essayband "Freie Sicht aufs Kino" untersuchen Autorinnen und Autoren die Geschichte der Filmkritik in der Schweiz, und deren heutige Relevanz. Mit drei nachgedruckten Texten, welche in den Neunzigerjahren diese Aufgabe zu stemmen versuchten, bietet der Band zu Beginn einen Blick zurück, um dann den heutigen Zustand der journalistischen Sparte zu erkennen.
Herausgegeben von der Zeitschrift "Filmbulletin", bietet "Freie Sicht aufs Kino" einen spannenden Überblick der Schweizer Szene, welche Problematiken, Möglichkeiten und Dimensionen aufzeigt. Als Filmliebhaber ist es für mich immer spannend, die theoretischen Aspekte der Kunstform in Betracht zu ziehen, zu der auch die kritische Reflektion des Gesehenen gehört. Dank der zugänglichen Textform ermöglicht sich bei der Lektüre eine weitreichende Verknüpfung. Konsumverhalten und Medienkritik im allgemeinen, Sehgewohnheiten und Geschmacksfragen werden verwoben.
Ein spannender Band mit viel Hintergrundwissen, der Lust auf intelligente Diskussionen über Filme und TV-Sendungen macht.
