USA 1963
Deutscher Verleihtitel : Gesprengte Ketten
Regie: John Sturges
Drehbuch: James Clavell & W. R. Burnett
Darsteller: Steve McQueen (Captain Virgil Hilts) , James Garner (Flight Lieutenant Bob Hendley) , Richard Attenborough (Squadron Leader Roger Bartlett) , Charles Bronson (Flight Lieutenant Danny Willinski) , Donald Pleasence (Flight Lieutenant Colin Blythe) , James Coburn (Flying Officer Louis Sedgwick)
Laufzeit: circa 165 Minuten
FSK: 12

Handlung
Deutschland , 1944. In einem besonderen Kriegsgefangenlager in der Nähe der Schweizer Grenze werden Kriegsgefangene aus den USA & England einquartiert. Gemeinsam ist allen das sie bereits aus diversen anderen Gefängnissen ausgebrochen sind. Kaum angekommen werden auch schon wieder Ausbruchspläne geschmiedet. Ihr Plan – sie wollen durch einen Tunnel in die Freiheit entkommen...
Kritik
Die besten Geschichten schreibt immer noch das wahre Leben – das weiß auch Hollywood. Kino & Film ist Emotion & Emotionen können noch mehr verstärkt werden wenn am Anfang der Satz „Nach einer wahren Begebenheit“ steht. Und wenn das ganze sogar noch eine Heldengeschichte aus Kriegstagen ist dann ist es sogar noch besser.
Nun sollte man natürlich niemals erwarten das solche Filme tatsächlich die gesamte Wahrheit zeigen. Immer wieder werden die Tatsachen Filmtechnisch aufpoliert , damit diese besser ins Filmische Geschehen reinpassen (was aber natürlich auch mit der Dramaturgie des Mediums Film zusammenhängt). So auch hier – die Flucht fand ursprünglich nämlich zur Winterzeit bei frostigen Temperaturen statt & auch bei der Anzahl der Flüchtigen hat Hollywood mal kräftig etwas Bonus draufgeschlagen. Bei den einzelnen Personen wurden teilweise mehrere Charaktere in eine Figur gepackt (z.B. bei Bob Hendley alias James Garner). Der ursprüngliche Standort des Lagers war im Osten von Deutschland , im Film liegt er im tiefsten Bayern (was wohl auch am Drehort , der Bavaria Filmstudios lag).Wer mehr über die Hintergründe wissen will der lese sich mal diesen Wikipedia Artikel durch – oder der schaue sich die Dokumentationen an , die bei den SE Versionen der DVD im Bonusmaterial zu finden sind.
Nun sollte man natürlich von einem Amerikanischen Film aus dem Jahre 1963 keine ausgeglichene Darstellung sowohl der Deutschen als auch der Gefangenen erwarten. Dies ist ein Film über Helden , die es geschafft haben , den Deutschen ein Schnippchen zu schlagen. Der Film geht sogar noch soweit , das die Deutschen so gut wie keine Rolle spielen – Wachsoldaten sind nur Schemenhaft zu erkennen , lediglich der Lagerkommandant bekommt Screentime. Auch später bei der Flucht sind die Verfolger eher zweitrangig. Daran kann man sich stören , muß man aber nicht., 1963 war Hollywood noch nicht soweit , in Kriegsfilmen auch mal die andere Seite zu beleuchten (zumal damals die Deutschen Nachkriegsbedingt noch nicht den besten Ruf hatten).
Der Film ist recht deutlich in zwei Teile geteilt – die erste Hälfte mit der Organisation & Durchführung der Flucht aus dem Lager , in der Zweiten Hälfte geht der Film auf die diversen Fluchtwege ein , den die Protagonisten durch Deutschland nehmen. Eine große Einführung der Personen gibt es nicht. Direkt in den ersten Minuten werden die diversen Charaktere & ihr Funktion eingeführt & dabei gleichzeitig schon die Handlung vorangetrieben. Ein kluger Schachzug – ist der Film mit 165 Minuten ja auch recht lang & eine ausführliche Vorstellung hätte den Film unnötig verlängert.
Dabei kann sich Filmemacher Sturges auf ein hochkarätiges Schauspielensemble stützen , die genau nach Typ ausgewählt wurden. Kopf der ganzen Aktion ist Richard Attenborough , der als kühler Denker alle Fäden in der Hand hält. James Garner spielt dagegen den großen Organisator , der mit viel List & auch Witz fast alles Organisieren kann (mit Tauschgeschäften – aber wie er das genau macht lässt der Film eher im dunkeln). Charles Bronson ist auch hier der Wortkarge Macher , der sogar mal Nerven zeigen darf , als man merkt , das er Platzangst hat. Und Steve McQueen darf natürlich den großen Draufgänger spielen , der ein extremes Autoritätsproblem hat & für seine Überzeugung öfters in Einzelhaft landet.
In der ersten Hälfte legt der Film auch direkt ein starkes Tempo vor & der Zuschauer darf beim Tunnelgraben , der Organisation der falschen Papiere oder dem geheimen Nähen der Fluchtkleidung zusehen. Natürlich gibt es auch Rückschläge & Probleme , aber am Vorhaben hält man fest – das ganze wirkt natürlich stark komprimiert , denn die gesamte Vorbereitung hat in Wirklichkeit fast ein ganzes Jahr gedauert. Dann als erster Höhepunkt die Flucht , spannend inszeniert & auch hier mit diversen Problemen & Rückschlägen gespickt , um dann schließlich die ebenfalls sehr spannende zweite Hälfte einzuläuten , in der es um die Flucht aus Deutschland geht.
Das größte Schwäche in diesem Film dürfte aber sein , das sein großer Star – nämlich Steve McQueen – in der ersten Hälfte so gut wie kaum vorkommt , obwohl er in der Besetzungsliste & auf dem Plakat an erster Stelle steht. Man sieht McQueen in der ersten Hälfte immer wieder bei Fluchtversuchen , die dann immer wieder in Einzelhaft enden. McQueen war selber über diesen Verlauf der Rolle nicht sonderlich erfreut , er versüßte sich am Anfang die langen Drehpausen mit Motorradfahrten durch Bayern , doch dann drohte er sogar damit , die Rolle hinzuwerfen. Erste einige Drehbuchänderungen , die seiner Einzelhaft einen Sinn gaben & ihn in die Fluchtgruppe einordneten sowie die Aufnahme der berühmten Motorradverfolgungsjagd konnten McQueen daran hindern , den Dreh hinzuwerfen.
Der Actionhöhepunkt in der zweiten Hälfte ist natürlich eben diese Verfolgungsjagd durch Bayern , die McQueen wie üblich (fast) ohne Stuntman selber ausführte. Er soll er sogar bei den Szenen der Verfolger mit auf einem der Motorräder gesessen haben. Man schwitzt als Zuschauer förmlich mit , wenn McQueen ohne Helm (!) oder Schutzkleidung in hoher Geschwindigkeit über Stock & Stein der Bayrischen Landschaft rast. Und obwohl bei diesen Szene keine hektischen Schnitte gemacht wurden , sind diese sehr spannend in Szene gesetzt worden & wirken auch heute noch nicht angestaubt. Einzig bei dem Sprung über den Stacheldrahtzaun am Ende der Jagd wurde ein Stuntdouble eingesetzt.
Was mich persönlich sehr störte ist der sehr fröhliche Grundton , der fast den gesamten Film vorherrscht. Hauptsächlich wird dieses durch die Marschmusik von Elmer Bernstein hervorgerufen , die für mich an manchen Stellen einfach fehl am Platze ist. So z.B. bei der Szenen , wo McQueen in Einzelhaft eingesperrt wird – man bekommt als Zuschauer den Eindruck , hier einen fröhliche Bestrafung eines Schülerstreich mit anzusehen & nicht der Tatsache , das hier ein Mensch für mehrere Wochen in einen dunklen Bau in Einzelhaft gesperrt wird. Das ganze beißt sich dann zu guter letzt extrem mit dem Schlussminuten , wo der Film richtig Ernst wird & es einige Tote gibt. Nix gegen Humor , der manches aufheitern kann (was auch bei bestimmten Szenen in diesem Film auch sehr gut funktioniert) , aber einen Film mit einem Ernsten Thema ein solch falsches Musikalisches Umfeld zu geben finde ich dann doch etwas falsch.
Trotz dieses kleinen Mankos ist diese Heldengeschichte auch 45 Jahre nach ihrer Entstehung ein guter Unterhaltungsfilm. John Sturges legte viel Wert auf Realismus & die Überlebenden des Lagers bestätigen dies auch in den Dokumentationen , die auf der DVD zu finden sind. Sicherlich eine Heldengeschichte wie sie Hollywood mag & auch keine Geschichtsstunde , was aber dem Filmspaß nicht entgegenspricht.
Somit fällt das
Fazit
recht eindeutig aus: Bis auf den von mir kritisierten zu fröhlichen Grundton durch die Musik ist „Gesprengte Ketten“ auch heute noch ein spannender Film , der trotz seiner recht langen Laufzeit keine Minute langweilig ist. Alle Darsteller sind ihrem Image gerecht besetzt worden & erfüllen somit die Erwartungshaltung des Zuschauers. Der Film ist straff & spannend in Szene gesetzt worden & man wird gut unterhalten. Ein guter Klassiker den man schon in der Sammlung haben sollte.

Die DVD – die technischen Details
Bild und Ton , Extras
Bild ist für einen 45 Jahre alten Film erstaunlich gut , der hochgemixte Deutsche Ton ist gutes Stereo (aber kein echtes 5.1). Die Doppel DVD Version bringt (wie schon erwähnt) noch sehr aufschlussreiche Dokumentationen über den echten Hintergrund mit.
Die DVD von MGM ist FSK 12 und uncut. Im Moment ist der Film in Deutschland OOP , in UK gibt es die Single DVD mit Deutscher Tonspur sehr günstig. Die MGM Gold Edition ist für Filmfreunde , die mehr über die Hintergründe wissen wollen eindeutig die bessere Wahl & noch relativ günstig über den amazon Marketplace zu bekommen.
Ein Wort noch zur Cinema Premium Edition: Diese ist mit der MGM Gold Edition 1:1 identisch , man hat sich bei FOX (die i.M. den Vertrieb von MGM haben) nicht einmal die Mühe gemacht , eine neue EAN auf die DVD zu machen. Wer Glück hat kann diese Version günstig noch bekommen , sollte aber nicht eine besonders neue / andere / bessere Version erwarten.
ofdb Eintrag
Wikipedia Eintag