
Wenn man als Fußballtrainer zweimal hintereinander das Tripple gewinnt, dann kann man nur noch verlieren. Evans wusste das bei The Raid 2 und schob daher kein Sequel nach. Vielmehr kredenzte er uns mit Gangs of London die actionstärkste Serien-Episode aller Zeiten. Mit Havoc gewinnt Gareth Evans aber weder einen Titel noch die Vizemeisterschaft, sondern landet im Mittelfeld. Der Streifen punktet zwar mit Tom Hardys gewohnt starker physischer Präsenz, doch dessen zynischer, lebenslang vom Dienst gezeichneter Charakter, der mit seinen Fehlentscheidungen leben muss, ist eben auch nur derselbe generische Genretyp wie der Rest der Charaktere. Der konspirative Plot generiert unterdessen auch nur begrenzt Spannung und endet in einer dutzendfach gesehenen Szenerie mit allen Beteiligten, in der der redundante Erklärbär steppt. Havoc interessiert sich leider kaum für seine Charaktere und gibt ihnen wenig Profil oder facettenreiche Motive außer Gier mit auf den Weg. Hardys Weihnachtseinkauf für dessen sechsjährige Tochter dürfte so ziemlich die einzige Andeutung von Charaktertiefe in diesem Film sein. Nun könnte man freilich anmerken, dass auch die beiden The Raid Streifen keine tiefgründige Handlung boten. Stimmt, aber sie versuchten es auch nicht. Havoc will in erster Linie ein rauer, düsterer Krimi sein, der die generische Konspiration mit deftiger Action aufwertet. Im Grunde gibt es hier nämlich bis auf ein, zwei kleinere Scharmützel nur zwei großangelegte Action-Sequenzen und die fokussieren sich mehr auf Schusswaffen als auf Martial Arts. Ohne Frage, die Action rockt und die Shootouts erinnerten mich in ihrer harten Inszenierung an A Better Tomorrow 2, doch der Wiederkennungswert von Evans liegt meist bei der wieder einmal genialen Kameraführung und nicht bei der Action selbst. Immer wieder hatte ich Timo Tjahjanto vor dem geistigen Auge. Das finale Hüttenmassaker erweckte bei mir zudem den Eindruck, als ob Evans noch einmal die fünfte Gangs of London Episode drehen wollte. Es bleibt wohl dabei: Sobald gestandene Regisseure für Netflix drehen, bleibt die einstige Genialität auf der Strecke.

