
Originaltitel: Zui quan
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1978
Regie: Yuen Woo Ping
Darsteller: Jackie Chan, Simon Yuen Siu Tin, Hwang Jang Lee, Hsia Hsu, Dean Shek, Sharon Yeung, Yuen Shun Yi
Wer weiß, vielleicht war Jackie Chans zum Ende der Siebziger Jahre hin aufblühende Karriere nichts als eine glückliche Fügung äußerer Umstände. Fakt ist: Wäre er ewig dem Handlungsbereich von Lo Wei, seiner ersten Filmstation, unterlegen geblieben, gäbe es heute wohl kaum einen Superstar Jackie Chan, sondern nichts weiter als einen zunächst vielversprechenden, irgendwann aber ausgelaugten Kampfkünstler, von dessen Existenz höchstens Eastern-Spezialisten etwas wüssten. Ein Chris Tucker und ein Owen Wilson wären aber inzwischen mit einem anderen, glücklicheren chinesischen Wirbelwind auf Böse-Buben-Jagd gegangen, jemandem, der Jackies Platz bei Golden Harvest eingenommen hätte, um anschließend die USA zu erobern.
Wie es aber das Universum wollte, litt Lo Wei Ende der Siebziger Jahre unter Geldnot und war gezwungen, seinen Superstar kurzfristig an die Produktionsfirma Seasonal zu verkaufen, was sich wohl rückblickend als das entscheidende Ereignis in Jackies Karriere herausstellte. Bedenkt man nun, dass die Geldnot wohl in einem kausalen Zusammenhang mit dem Misserfolg der Lo Wei-Jackie Chan-Koproduktionen stand, hat die ganze Sache vielleicht doch nicht so sehr etwas mit seltsamen Zufällen zu tun, sondern war eine über kurz oder lang unvermeidliche Entwicklung, die so und nicht anders kommen musste.
Wollte Lo Wei nämlich unmissverständlich konventionelle Kung Fu-Streifen nach Bruce Lee-Muster drehen, war Jackie eher darauf aus, seine Vision einer “Kung Fu Comedy” zu verwirklichen - eine unvereinbare Situation, wenn zwei Künstler mit vollkommen gegensätzlichen Intentionen ein und dieselbe Leinwand bemalen. Seasonal war dagegen daran interessiert, den Lo Wei-Star voll und ganz zu unterstützen. Jackie musste also nicht mehr gegen den Strich pinseln, und das tat dem eigentlichen Endresultat, den beiden Jackie-Seasonal-Produktionen “Die Schlange im Schatten des Adlers” und “Sie nannten ihn Knochenbrecher” so gut, dass sie auch ein kommerzieller Erfolg wurden - der Take-Off war erfolgt.
Nun ist der erste Teil der legendären “Drunken Master”-Reihe sicherlich nicht das Über-Werk, als das es manchmal gerne verkauft wird, nur weil es eben einen der Meilensteine darstellt im Fundus des Meisters. Im Rahmen der berühmt-berüchtigten “Meister-bildet-Schüler-aus”-Streifen steht “Sie nannten ihn Knochenbrecher” allerdings gleich durch diverse Elemente ziemlich weit oben in der Rangliste.
In erster Linie fällt die erfrischende Selbstironie positiv aus, die alle Elemente betrifft, die sich im Genre traditionell eingebürgert haben und die nun eben zum Teil gebrochen werden. Nicht gleichzusetzen ist die Ironie bzw. Parodie mit den üblichen Albernheiten, die mit Chan nicht unbedingt neu erfunden wurden, sondern die auch schon vorher da waren. Vielmehr ist gemeint, wie klassische Eckpfeiler des Martial Arts-Films mit Ausbildungsunterbau demontiert werden. Wenn Jackie in der Kampfschule beginnt, seinem (dümmlichen) Ausbilder Lektionen zu erteilen und er mit seiner frechen Art auch noch Erfolg hat, dann ist das eine Parodie auf die Unfehlbarkeit der Ausbilderhierarchie - wenngleich das Opfer hier nur ein Ersatz ist und Jackie später auch noch für seine Taten bestraft wird. Nach dem gleichen Muster stopft er später seinen Meister - gespielt von Simon Yuen, der schon in Jackies erster Hauptrolle dessen Ausbilder mimte - ins Wasserfass und haut ab... ein Moment, in dem der unnahbare, weise Meister seine Würde verliert. Kurz vor dem Endkampf gibt es zudem noch die klassische Ausbildung in Drunken Boxing nach überliefertem Rezept, und als Jackie die einzelnen Stile durchackert, kommt es ihm zwischendurch in den Sinn, besonders dümmlich erscheinende Stile wie die Fee mit tuckigen Gebärden nachzuäffen.
Das Drunken Boxing selbst darf wohl in seiner Konzeption auch irgendwo als Parodie ausgelegt werden, zumindest in seiner Art und Weise, wie es in diesem Film präsentiert wird. Die schwummrig-wackeligen Übergänge zwischen den einzelnen Kampfstellungen laufen nämlich der Präzision und Körperbeherrschung des klassisch gelehrten Kung Fu vollkommen zuwider. Die überragende Stilbeherrschung der Protagonisten ist demzufolge freilich ein Spott über die klassischen Kämpfer, die trotz oder sogar gerade wegen des vermeintlichen Defizits des Betrunkenseins ihre abgefüllten Sieger nicht zu besiegen vermögen.
Um den Spott perfekt zu machen, wird ein Kämpfer alter Schule gleich im, man möchte fast sagen nihilistischen Intro eingeführt als schier unbesiegbar erscheinender Kämpfer, der aber mit seinen Fähigkeiten nichts Gutes im Sinn hat, da er für Geld tötet. Die Tatsache, dass er nicht auf die Forderungen seines Opfers eingeht, für das Doppelte den ursprünglichen Auftraggeber zu ermorden, verleiht ihm allerdings ein gewisses Maß an Würde, was auch als Darlegung des Respekts an die Tradition verstanden werden kann. Dieser Killer (gespielt von Jang Lee Hwang) hat zumindest Prinzipien, eine Sache, die man von unserem Jungspund Wong Fei-Hung (Chan) nicht unbedingt behaupten kann. Und doch wird er - erwartungsgemäß - im spektakulär choreografierten Finale auf freiem Feld besiegt.
Wie Jackie Chan mit den ihm dargebotenen Möglichkeiten nun umgeht, zeugt von der Freiheit, die ihm zugestanden haben muss, denn ganz ähnlich wie in “Die Schlange im Schatten des Adlers” merkt man ihm die Freude daran an, einen Charakter ohne Auflagen frei entfalten zu können. Die Markanz des Charakters Wong Fei-Hung ist damit gar einer der Schauwerte, womit den Martial Arts-Szenen, in so mancher Lo Wei-Produktion der einzige Sehwert, ein wenig von der Bürde genommen wird, den ganzen Film tragen zu müssen. Zwar übertreffen sich die Martial Arts-Sequenzen auch diesmal wieder gegenseitig durch die ausgewogene Mischung aus verschiedenen Stilen mit dem Drunken Boxing als Highlight im letzten Drittel, doch Chan erschafft hier wahrlich einen individuellen Charakter. Inwiefern hier Anteile der realen Person Wong Fei-Hung, einem zwischen 1847 und 1925 lebenden chinesischen Volkshelden, reinfallen, dürfte je nach Sichtweise variieren; Fakt ist, dass in die Kämpfe einige Elemente eingebauten, die für Fei-Hung charakteristisch waren. So galt der praktizierende Arzt als Wohltäter der Armen, und im Film sehen wir, wie Jackie einem armen Souvenirhändler das Geld für einen zerbrochenen Artikel wiederholt, den ein arroganter Dieb ohne Rücksicht zerbrochen hat. Zum anderen erwischen wir Jackies Fei-Hung allerdings auch beim Zechprellen und Belästigen von jungen Frauen, was der Gesamtperson einen höchst interessanten, mehrdimensionalen Anstrich verleiht.
Die parodistischen Elemente sind leider beileibe nicht stark genug ausgeprägt, um mit dem Genrezweig des Ausbildungsfilms anständig abschließen zu können. Zu oft vermischen sich die immer gut gemeinten Seitenhiebe mit ordinärer Herumalberei, als dass der Gesamteindruck wirklich als konsequent zu bezeichnen wäre. In vielen Momenten hätte man sich einfach noch mehr Mut gewünscht, die Ideen durchzusetzen, damit die Wirkung die maximale Effektivität erreichte. Gewissermaßen ist “Sie nannten ihn Knochenbrecher” das östliche Pendant zu Terrence Hills und Bud Spencers Abrechnung mit dem Western in “Die rechte und die linke Hand des Teufels”.
Dennoch hatte dieser zweite große Erfolg Chans wenigstens für ihn selbst eine große Bedeutung: “Sie nannten ihn Knochenbrecher” ebneten den Weg zum Produktionsstudio Golden Harvest, das Jackie durch seine beste Zeit hindurch begleitete. Der Erfolg des Films ist nicht ganz unbegründet, denn zweifellos handelt es sich um einen in jeder Sekunde kurzweiligen Martial Arts-Streifen, der zeitweise mit den Traditionen des östlichen Kampfsportfilms spielt und dabei in der Lage ist, die Aufmerksamkeit des Publikums zum Teil von den reinen Fights abzuwenden und sie auf das Gesamtprodukt zu richten, das zudem noch gut ausgearbeitete Charaktere und eine witzige Geschichte zu bieten hat.

Wie so viele Filme aus dem Fundus des Meisters gibt es diesen hier in Deutschland leider auch nur massiv geschnitten - wer die ungeschnittene haben will, muss den Blicks ins Ausland richten - etwa nach England oder Holland. Oder eben nach Hongkong.
Screens

Ein Motiv für die erbärmlichsten Weicheier der Actionfilmgeschichte

KRAFTATZE!

Jackie muss für seinen jugendlichen Blödsinn büßen

Drunken Meister will seine Lektionen mit aller Kraft ins Jackies Hirn quetschen

Nächste Lektion: Riesenpötte

Generalprobe für das große Finale

...für das Jackie mächtig gebechert hat.

Die Verwirr-Taktik geht auf: "Hö?"