
© aller Bilder: Universum Film, Fotos: Rico Torres
Originaltitel: From Paris with Love
Herstellungsland: Frankreich
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Pierre Morel
Story und Produktion: Luc Besson
Darsteller: John Travolta, Jonathan Rhys Meyers, Kasia Smutniak, Amber Rose Revah, Melissa Mars, Richard Durden, Farid Elouardi, Chems Dahmani, Frédéric Chau u.a.
Ein Actionkracher, das weiß jeder Fan des hochtourigen und akut bleivergifteten Genres, braucht keine ultrakomplizierte Story, keine Charakterentwicklung und schon gar keine intelligenten Dialoge. All diese Punkte haben in einem Actioner ihre Schuldigkeit getan, sobald sie den Film von Actionszene A zu Actionszene B bringen, ohne dass der Zuschauer auf den Gedanken kommt, die Wäsche bügeln zu wollen oder ein gutes eventuell sogar intelligentes Buch zu lesen. Kurzweiligkeit ist das Ziel und krachendes Spektakel das Mittel. Das man es mit der Leichtigkeit des Seins äääh der Story auch zu gut meinen kann, beweist From Paris with Love.
Hierzu lieferte Krachbummspezialist Luc Besson die Story und irgendwie scheint er dabei nicht viel mehr als die Grundidee an seinen Drehbuchschreiberling weitergereicht zu haben. Dem fiel dann nicht mehr viel ein, wie er Bessons Idee eines Schreibtischhengstes, der ins Reallifeagentenleben gezerrt wird, halbwegs logisch ausschmücken könnte. Und so schaut man hier einen Film, der sich zwar behände von Actioneinlage zu Actioneinlage hangelt, am Ende aber viele Fragezeichen zurücklässt und im Zuschauer fast schon verzweiflungsartige Zustände auslöst, da sich dieser überhaupt nicht erklären kann, wie nun eigentlich die ersten 60 Minuten mit den restlichen 30 zusammenpassten und wieso in den ersten Minuten so viele Menschen sterben mussten, hatten sie doch mit der eigentlichen Handlung gar nichts am Hut … oder etwa doch? Kann mal bitte jemand Luc Besson anrufen? Nicht? Mist …

Mist, das denkt sich auch James Reece ständig. Der junge Mann wäre so gerne Agent im Außendienst, doch bis auf ein paar simple Autoaustauschereien und Nummernschildabschraubaktionen im Dienste der amerikanischen Botschaft in Paris will einfach nichts Spektakuläres für ihn abfallen. Seiner Verlobten macht er zwar vor, er sei der Agentenhotshot schlechthin, dich nicht einmal jene will ihm den gefährlichen Agenten so recht abnehmen. Doch James Chance soll kommen … und zwar in Gestalt des Amerikaners Charlie Wax. Dieser ist das komplette Gegenteil von Schreibtischhengst James: Flegelhaft, unflätig, groß, breit und allzeit gewaltbereit. Eine Stunde später zählt James bereits mehr als 20 Tote, die allesamt auf das Konto von Charlie gehen, während jener mit der Sensibilität einer Abrissbirne durch die französische Unter- und Halbwelt wütet und von James während seines „Auftrages“ chauffiert werden soll. Das Ganze wäre für James vermutlich sogar ganz witzig, würden sich um ihn herum nicht auf einmal noch mehr Leichen stapeln … und die Mingvase voller Kokain in seinen Armen lässt ihn auch nicht wirklich lockerer werden. Zudem hat er keinen Schimmer, wo der Auftrag von Charlie Wax die beiden hinführen wird.
Da geht es ihm wie dem Zuschauer, der bis kurz vor dem Showdown keine Ahnung hat, worauf die ganze Chose eigentlich hinauslaufen wird. Dadurch entsteht durchaus eine ordentliche Grundspannung, die den Film halbwegs über die Runden rettet. Leider offenbart sich das Storygeheimnis dann als arg konstruiert und hängt leider – wie bereits angedeutet – dramaturgisch ziemlich in der Luft, ohne irgendeinen rechten Sinn machen zu wollen. Ansonsten spult der Streifen alle Klischees des beliebten Buddymoviegenres ab und hat in Charlie und James ein wundervoll ungleiches Gespann, das sich mit Verve durch die verwickelte Story schraubt, wobei recht schnell auffällt, wer in dem Film der Star ist …

Denn Jonathan Rhys Meyers verkommt doch recht schnell zum Stichwortgeber und Körbezuspieler für den richtig aufdrehenden John Travolta, der hier mit sichtlichem Spaß die amerikanische Rampensau gibt. Dabei überdreht er zwar ab und an auch gar sehr und overacted sich um Kopf und Kragen, insgesamt macht Travolta aber einen sehr guten Job, der für einige herbe Lacher gut ist. Einzig die mühsame Pulp Fiction Referenz in Burgerform ließ mich dann ordentlich genervt mit den Augen rollen. Das war ein Stück zuviel des Guten. Problematisch wird’s leider in Sachen Bösewichter, denn aufgrund der Art und Weise, wie die Geschichte aufgezogen wird, wird der eigentliche Bösewicht erst gegen Ende des Filmes installiert, was ihm die Möglichkeit nimmt, irgendeine Form von echter Bedrohung aufzubauen und auch deshalb vor den Baum geht, weil der Bösewicht eben zum konstruierten Ende dazugehört, das ja allgemein einen etwas abgestandenen Eindruck hinterlässt.
Zumindest brettert Regisseur Pierre Morel, der unlängst mit Taken (96 Hours) bewiesen hat, dass er das Actionhandwerk versteht, mit ordentlich Tempo über die Storyprobleme hinweg und inszeniert harte, teils recht brutale und vor allem sehr zynische Actionscharmützel, in denen er gar beherzt am Bodycount dreht und ein paar sehr coole Momente aus der Hüfte schießt. Etwa wenn Charlie Wax in John Wooscher Zeitlupenästhetik mit zwei MP5s um sich ballernd eine ganze Armee von Killerschergen umnietet und dabei auch eine Fabrik mit Schaufensterpuppen zu Klump schießt. Leider fehlen dem Film aber ein paar spektakulärere Momente, beschränkt er sich doch weitestgehend auf Shoot Outs und bis auf zwei kleinere Explosionen will der große Big Bang einfach ausbleiben. Auch der Showdown mutet im Vergleich zu den bisher abgebrannten Actioneinlagen arg einfallslos und eilig abgehakt an. Und so manche Einlage versaut Morel gar heftig. Hier sei die elend lange, zu keiner Pointe geführte Szene um Travolta, einen Raketenwerfer und eine Autoverfolgungsjagd genannt.

Optisch inszeniert Morel ein dreckiges und heruntergekommenes Paris, was sich ab und an ein wenig mit dem angeschlagenen, eher witzigen Grundton beißt. Gerade in der Action arbeitet der Regisseur aber handwerklich absolut sauber und schraubt auch den unmittelbaren Wackelkameraeinsatz aus Taken deutlich zurück. Der aufgefahrene Score legt gut los, wird im weiteren Verlauf des Filmes aber immer schwächer und lässt richtig gute Themen komplett missen.
Was bleibt ist ein Buddy Movie, das den eigentlichen Kinobesuch lang ganz gut unterhält, mit der Logik aber extrem auf Kriegsfuss steht und sich einige derbe Schwächen im Storypart leistet, die From Paris with Love auch einige Tempounstimmigkeiten bescheren und immer wieder die Frage aufkommen lassen, wie denn nun Handlungspart A mit B zusammenhängt. Wer in diesem Zusammenhang auf ein klärendes Ende hofft, dürfte ziemlich enttäuscht werden. Kurzum: Dieser Film wird nur dann richtig funktionieren, wenn ihr euer Hirn an der Kasse abgebt, euch auf blaue Bohnen satt, einen amtlichen Bodycount, ordentlich Zynismus und einen wuchtig daherkommenden John Travolta einstellt. Wem das reicht, der wird seinen Spaß haben … Ich fand’s ein wenig dünne …

In diesem Sinne:
freeman