„Skiptrace“ ist ein großer Schritt tief zurück in die späten 90er, als Jackie Chan begann, amerikanische Partner für die alte Geschichte vom Ausländer und seinem Fremdenführer wider Willen zu suchen. An der Seite von Chris Tucker und Owen Wilson hat er seine größten internationalen Erfolge gefeiert und machte den Culture Clash zu seinem Erfolgsrezept.
Renny Harlin inszeniert für den einstmaligen Hongkong-Exportschlager nun in erster Linie eine Open-World-Turnhalle mit vielen unterschiedlichen Schauplätzen und gibt drehbuchseitig nicht einmal vor, von der altbekannten Routine abzuweichen. Stellenweise ist „Skiptrace“ schon in einem auffälligen Ausmaß rückständig, begonnen bei der Einführung der Hauptfiguren in besonders brenzligen Situationen. Wie oft hat man schon blutunterlaufene Gesichter gesehen, bis sich die Kamera dreht und eine über Kopf baumelnde Position des Charakters offenbart, der damit als besonders waghalsig oder verrückt dargestellt wird? Klischees wie diese häufen sich zunehmend und unterstreichen die altbackene Vorgehensweise, mit der die Story vorangetrieben wird.
Andererseits liefert Harlin als Ausgleich eine hohe Variation in Sachen Schauplätze und Action-Setpieces. Beim 62-jährigen Chan dauert inzwischen verständlicherweise alles eine Spur länger, insbesondere Sprints scheinen ihm neuerdings einige Probleme zu bereiten, im Verhältnis zu seinem Alter und dem über Jahrzehnte malträtierten Körper liefert er allerdings immer noch Verblüffendes ab und zeigt sich topfit. Nur selten bedient Harlin große Bombast-Action, mit der das Alter des Hauptdarstellers ja hätte kaschiert werden können, vielmehr orientiert er sich an den kleinen Kabinettstückchen, die in der Ära „Mr. Nice Guy“ immer wieder als Schmankerl für zwischendurch eingefügt wurden. Für den typischen Slapstick-Humor sind athletische Höchstleistungen nicht zwangsläufig vonnöten, wichtiger ist es, die Intelligenz des improvisierten und intuitiven Handelns durchscheinen zu lassen. Und das gelingt in vielen Szenen, ob nun der gehandicapte Partner auf der Flucht einfach per Mülltonne weiterbewegt wird oder eine Matrjoschka zum Abwehrschild umfunktioniert wird. Die Abfolge der Actionszenen mag dramaturgisch nicht ganz ausgereift sein, bis zum Ende sind aber immer wieder neue Tricks zu erwarten, die durch sehr unterschiedliche Sets noch zusätzlich variieren.
Die Chemie mit Co-Star Johnny Knoxville fällt allenfalls durchschnittlich aus und kann mit den Gefechten zwischen Chan und Tucker bzw. Wilson nicht mithalten, aber beide Hauptdarsteller machen auf ihre Weise einen guten Job und kommen manchmal sogar zum Abschluss wirklich gelungener Gags, die auch mal den unglaubwürdigen Ablauf des Drehbuchs hinterfragen (wenn Chan die Szene imitiert, in der seinem Partner im Fahrstuhl dramatisch ein Handy überreicht wird). Positiv fällt auch auf, dass man Chans Referenzen im Buddy-Genre keineswegs direkt zu kopieren versucht – es gibt kein Beschnüffeln wie in „Rush Hour“ oder „Shanghai Noon“, die Karten sind von Anfang an offengelegt.
Letztlich ist „Skiptrace“ eine wohltuende Rückkehr in bewährtes Terrain, auch wenn man weder von Harlins Regie- noch von Chans Kampfkünsten im Jahr 2016 noch allzu große Sprünge erwarten darf. Da die Buddy-Movie-Konkurrenz nach wie vor zu großen Teilen im Dornröschenschlaf verweilt, nimmt man diesen Rückfall in die alten Zeiten gerne mit.
Gute
