"X" und "Pearl"
"X" und "Pearl"
Originaltitel: Pearl
Herstellungsland: USA-Kanada-Neuseeland
Erscheinungsjahr: 2022
Regie: Ti West
Darsteller: Mia Goth, Tandi Wright, David Corenswet, Matthew Sunderland, Emma Jenkins-Purro, ...
1918 angesiedelt, handelt es sich bei "Pearl" um ein Prequel zu dem im selben Jahr entstandenen Retro-Slasher "X":
Wieder mit Mia Goth in der Hauptrolle sowie erneut von Ti West in Szene gesetzt – und doch recht anders geartet…
Zur Besprechung geht´s hier!
knappe
Re: X
Originaltitel: X
Herstellungsland: USA-Kanada
Erscheinungsjahr: 2022
Regie: Ti West
Darsteller: Mia Goth, Jenna Ortega, Brittany Snow, Scott Mescudi, Martin Henderson, Owen Campbell, ...
Angesiedelt im Jahr 1979, reisen in Ti Wests Old-School-Horror-Hommage “X” sechs Personen in die texanische Provinz, um dort auf einem abgelegenen Farm-Gelände einen Porno zu drehen. Alles in der Hinsicht beginnt gut – bevor sie im Laufe der Nacht dann aber plötzlich um ihr Leben fürchten und kämpfen müssen…
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knappe
Re: X
X
Dass Ti West frühere Filmdekaden in Look und Feeling zurückbringen kann, ist kein Geheimnis - bewies er diese Kunst mehrfach, erstmals in seiner Seventies-Italohorror-Hommage "House of the Devil", die wahrscheinlich immer noch die Krönung seines bisherigen Schaffens ist. "X" nimmt sich erneut die 1970er vor, dort aber das amerikanische Grindhouse-Kino im Allgemeinen und "Texas Chainsaw Massacre" im Speziellen. Zwar ist es keine Autopanne, sondern ein Pornodreh, der eine Gruppe junger Menschen ins amerikanische Hinterland bringt, doch die Farm von Howard und Pearl strahlt ähnliche Vibes aus wie das Heim der Schlachtersippe in dem Tobe-Hooper-Meilenstein. Mit Pornodreh, nackten Tatsachen und Gesprächen über Vermarktung des fertigen Produkts huldigt West auch noch dem filmischen Lenden-Lamabada jener Zeit, dessen mit gewissem Anspruch gedrehte Kinoprojekte nach und nach durch schnell runtergekurbelte Ware für den Videomarkt ersetzt wurden. Weitere Referenzen Richtung Horrorklassiker sind das versenkte Auto im Sumpf ("Psycho") und die hungrigen Krokodile ("Eaten Alive").
So famos die Form, so altbekannt der Inhalt. Nach langsamem Aufbau und ausführlicher Einführung der Charaktere nach und nach weggehäckselt, mit überdeutlich feststehendem Final Girl, sodass allenfalls noch Spannung aus der Frage gezogen wird, ob vielleicht noch ein, zwei weitere Figuren die Endcredits erleben dürfen und in welcher Reihenfolge das Personal wohl draufgeht. Dann das ist erfreulich vielschichtig geraten und wird gut ausgearbeitet. Manche Figuren sind etwas sympathischer als andere: Schlechter weg kommen Pimp-Daddy Wayne und der etwas bigotte R.J., der das Pornodrehen erst in jeder Weise rechtfertigt, aber dann genauso emsig verhindern will, dass seine Holde Lorraine auch in einer Szene mitspielt. Letztere wird von Jenna Ortega verkörpert, die zum Horrorstar der Jahres 2022 aufsteigen sollte - es kamen außerdem noch "Scream 5", "Studio 666", "American Carnage" sowie die Netflix-Serie "Wednesday" mit ihr heraus. Die Morde sind bodenständig, hart und rau inszeniert, teilweise einfallsreich (Stichwort Krokodil) und bedienen den Slasherfan ziemlich ordentlich. Große Überraschungen bleiben aus, da die potentiellen Übeltäter von Anfang an feststehen und auch die Motive für ihr Handeln relativ gut erahnbar sind. Auf die Metaebene sollte man "X" in mancher Hinsicht allerdings nicht legen.
Aber solche Ansprüche stellt "X" gar nicht, sondern will vor allem das Terror- und Slasherkino nochmal zum Leben erwecken, dem Grindhouse-Filmemachen huldigen und lieber gut kopieren als sich was Neues auszudenken. Das ist zwar etwas überraschungsarm, aber vollkommen legitim und filmisch mehr als ordentlich umgesetzt.
Knappe
Dass Ti West frühere Filmdekaden in Look und Feeling zurückbringen kann, ist kein Geheimnis - bewies er diese Kunst mehrfach, erstmals in seiner Seventies-Italohorror-Hommage "House of the Devil", die wahrscheinlich immer noch die Krönung seines bisherigen Schaffens ist. "X" nimmt sich erneut die 1970er vor, dort aber das amerikanische Grindhouse-Kino im Allgemeinen und "Texas Chainsaw Massacre" im Speziellen. Zwar ist es keine Autopanne, sondern ein Pornodreh, der eine Gruppe junger Menschen ins amerikanische Hinterland bringt, doch die Farm von Howard und Pearl strahlt ähnliche Vibes aus wie das Heim der Schlachtersippe in dem Tobe-Hooper-Meilenstein. Mit Pornodreh, nackten Tatsachen und Gesprächen über Vermarktung des fertigen Produkts huldigt West auch noch dem filmischen Lenden-Lamabada jener Zeit, dessen mit gewissem Anspruch gedrehte Kinoprojekte nach und nach durch schnell runtergekurbelte Ware für den Videomarkt ersetzt wurden. Weitere Referenzen Richtung Horrorklassiker sind das versenkte Auto im Sumpf ("Psycho") und die hungrigen Krokodile ("Eaten Alive").
So famos die Form, so altbekannt der Inhalt. Nach langsamem Aufbau und ausführlicher Einführung der Charaktere nach und nach weggehäckselt, mit überdeutlich feststehendem Final Girl, sodass allenfalls noch Spannung aus der Frage gezogen wird, ob vielleicht noch ein, zwei weitere Figuren die Endcredits erleben dürfen und in welcher Reihenfolge das Personal wohl draufgeht. Dann das ist erfreulich vielschichtig geraten und wird gut ausgearbeitet. Manche Figuren sind etwas sympathischer als andere: Schlechter weg kommen Pimp-Daddy Wayne und der etwas bigotte R.J., der das Pornodrehen erst in jeder Weise rechtfertigt, aber dann genauso emsig verhindern will, dass seine Holde Lorraine auch in einer Szene mitspielt. Letztere wird von Jenna Ortega verkörpert, die zum Horrorstar der Jahres 2022 aufsteigen sollte - es kamen außerdem noch "Scream 5", "Studio 666", "American Carnage" sowie die Netflix-Serie "Wednesday" mit ihr heraus. Die Morde sind bodenständig, hart und rau inszeniert, teilweise einfallsreich (Stichwort Krokodil) und bedienen den Slasherfan ziemlich ordentlich. Große Überraschungen bleiben aus, da die potentiellen Übeltäter von Anfang an feststehen und auch die Motive für ihr Handeln relativ gut erahnbar sind. Auf die Metaebene sollte man "X" in mancher Hinsicht allerdings nicht legen.
Spoiler
Show
Konsequent zu Ende gedacht besagt Wests Film letztendlich, dass sexuelles Verlangen im Alter potentiell mörderisch ist und dass man besser die Schrotflinte rausholt, wenn Oma und Opa untenrun noch nicht komplett gefühlstot sind.
Knappe
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Re: "X" und "Pearl"
Review zu "Pearl" ist nun hinterlegt.
Link gibt´s oben im Thread.
knappe
Re: "X" und "Pearl"
Sehr schön, ich freu mich drauf!
Jetzt nach "Infinity Pool" komme ich auch ein bisschen besser auf Mia Goth klar, die hatte mich in "X" nur so mäßig gekriegt.
Jetzt nach "Infinity Pool" komme ich auch ein bisschen besser auf Mia Goth klar, die hatte mich in "X" nur so mäßig gekriegt.
Re: "X" und "Pearl"
Bin gespannt, wie er Dir gefällt.
Re: "X" und "Pearl"
Scheinen bei solch einer Bewertung ja echt Horror-Hits zu sein. Habe schon lange nichts mehr für mich Brauchbares gefunden. Sind die was für meine verwöhnte Schnute?
Re: "X" und "Pearl"
Ein atmospärischer, unterhaltsamer, gut gemachter Pornodreh-70er-Jahre-Slasher... und ein hochwertiges "buntes, aber düsteres" (Mörder-)Drama ... jeweils in einem speziellen Retro-Stil präsentiert, jeweils Motive wie "große Träume" und "bestimmte Auswirkungen nicht frei ausgelebter Sexualität" thematisierend sowie jeweils Ti-West-typisch. In beiden Fällen eher was für "Film-Freunde" - nicht für solche, die primär auf stumpfe Gewalt, Tempo, Jump-Scares und so aus sind. Ist halt "A24" und nicht "Blumhouse".
Re: "X" und "Pearl"
Da gibts Unterschiede? Gibts eigentlich auch ein gutes Horrorlabel? GnihihihihiIst halt "A24" und nicht "Blumhouse".
In diesem Sinne:
freeman
Re: "X" und "Pearl"
Fangen wir einfach damit an, dass "A24" an sich kein Horror-Label ist... und enden wir damit, dass erstere Frage "selbstentlarvend" genug ist, um keine weitere Lebenszeit mit einer Antwort zu verschwenden
Re: "X" und "Pearl"
Du, Stefan, ich helfe wo ich kann. Die Antworten: Nein und Nein!
Gnihihihihihi
@ Timo: Ich kann dir zumindest "X" echt mal nahelegen. Es ist definitiv mal kein 0815-Horror. Bei meiner Kinovorstellung sind ab einem bestimmten Zeitpunkt sogar Zuschauer aus dem Kino geflüchtet und kamen nicht wieder. Das ist eng mit dem Motiv der fiesen Killer verbunden und alleine das ist schonmal was anderes. Der Streifen braucht etwas, um in Schwung zu kommen, das herrlich naive Bild vom Dreh eines Pornos hilft aber, selbst das zu überbrücken. Fand ich beim zweiten Mal gucken sogar noch einen Ticken besser. Is also n'Grower, trotz A24.
In diesem Sinne:
freeman
Gnihihihihihi
@ Timo: Ich kann dir zumindest "X" echt mal nahelegen. Es ist definitiv mal kein 0815-Horror. Bei meiner Kinovorstellung sind ab einem bestimmten Zeitpunkt sogar Zuschauer aus dem Kino geflüchtet und kamen nicht wieder. Das ist eng mit dem Motiv der fiesen Killer verbunden und alleine das ist schonmal was anderes. Der Streifen braucht etwas, um in Schwung zu kommen, das herrlich naive Bild vom Dreh eines Pornos hilft aber, selbst das zu überbrücken. Fand ich beim zweiten Mal gucken sogar noch einen Ticken besser. Is also n'Grower, trotz A24.
In diesem Sinne:
freeman
Re: "X" und "Pearl"
Gut, dann spule ich den mal an.
- deBohli
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Re: "X" und "Pearl"
Wir haben uns am Wochenende die gesamte Trilogie angeschaut, da "MaXXXine" aktuell noch in den Kinos zu sehen ist. Und ich bin begeistert.
X
Ti West lässt die dreckige Zeit von Romero, Hooper und Craven wieder aufleben, vermischt in «X» den Schmuddel der Erotikfilme mit der drastischen Gegenkultur der Siebzigerjahre. Das funktioniert als moderner Horrorfilm und stilistische Verbeugung zugleich, verpackt in perfekter Bildsprache und Schnitttechnik.
Dass mein Gehirn erst nach der Hälfte der Spielzeit begriffen hatte, warum der Film «X» heisst, spricht weniger für mich. Der Titel zeigt dafür die gebotene Vielschichtigkeit gelungen auf.
Pearl
Willkommen zur grossen Mia Goth-Show, ein Albtraum in Technicolor-Farben und Bildern, die in ihrer Weite die Abgründe des 20. Jahrhunderts mit dem Tinseltown-Anstrich vermischen. «Pearl» ist nicht nur die Vorgeschichte zu «X», sondern eine Hommage an die Hochphase Hollywoods, an Tanz und Spektakel. Sehr gelungen verwebt Ti West Querverweise, Metaelemente und Rückbezüge in seinem Horrorfilm zu einem Fest für Filmfans.
«Toto, I've a feeling we're not in Kansas anymore.»
MaXXXine
Das Ende der Trilogie, der Gestank der VHS-Subkultur und das Abdriften in absurd-doofe Storyentwicklungen: Ti West imitiert mit «MaXXXine» die Horror-Eigenheiten der Achtzigerjahre stilistisch und inhaltlich perfekt, der Soundtrack liefert ab und der Cast lässt Jubeln. Neben der grossartigen Mia Goth sind Kevin Bacon, Elizabeth Debicki, Michelle Monaghan, Bobby Cannavale und Giancarlo Esposito perfekt; die Dialoge liefern Metaverweise und das Ende schliesst den Kreis.
Jetzt warte ich ungeduldig auf die 90er Neo-Noir-Episode und den 2000er Slacker-Slasher.
X
Ti West lässt die dreckige Zeit von Romero, Hooper und Craven wieder aufleben, vermischt in «X» den Schmuddel der Erotikfilme mit der drastischen Gegenkultur der Siebzigerjahre. Das funktioniert als moderner Horrorfilm und stilistische Verbeugung zugleich, verpackt in perfekter Bildsprache und Schnitttechnik.
Dass mein Gehirn erst nach der Hälfte der Spielzeit begriffen hatte, warum der Film «X» heisst, spricht weniger für mich. Der Titel zeigt dafür die gebotene Vielschichtigkeit gelungen auf.
Pearl
Willkommen zur grossen Mia Goth-Show, ein Albtraum in Technicolor-Farben und Bildern, die in ihrer Weite die Abgründe des 20. Jahrhunderts mit dem Tinseltown-Anstrich vermischen. «Pearl» ist nicht nur die Vorgeschichte zu «X», sondern eine Hommage an die Hochphase Hollywoods, an Tanz und Spektakel. Sehr gelungen verwebt Ti West Querverweise, Metaelemente und Rückbezüge in seinem Horrorfilm zu einem Fest für Filmfans.
«Toto, I've a feeling we're not in Kansas anymore.»
MaXXXine
Das Ende der Trilogie, der Gestank der VHS-Subkultur und das Abdriften in absurd-doofe Storyentwicklungen: Ti West imitiert mit «MaXXXine» die Horror-Eigenheiten der Achtzigerjahre stilistisch und inhaltlich perfekt, der Soundtrack liefert ab und der Cast lässt Jubeln. Neben der grossartigen Mia Goth sind Kevin Bacon, Elizabeth Debicki, Michelle Monaghan, Bobby Cannavale und Giancarlo Esposito perfekt; die Dialoge liefern Metaverweise und das Ende schliesst den Kreis.
Jetzt warte ich ungeduldig auf die 90er Neo-Noir-Episode und den 2000er Slacker-Slasher.
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