
Originaltitel: Hunger, the
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1983
Regie: Tony Scott
Darsteller: Catherine Deneuve, David Bowie, Susan Sarandon, Cliff De Young, Beth Ehlers, Dan Hedaya, Rufus Collins, Suzanne Bertish, James Aubrey, Ann Magnuson, John Stephen Hill, Shane Rimmer
Wenn man aus der bildgewordenen Epilepsie “Domino” Rückschlüsse auf die Anfänge des Regisseurs Tony Scott ziehen will, überrascht sein Spielfilmdebüt, mit dem er sich für die Style-over-Substance-Schleuder “Top Gun” bewarb, nicht eine Sekunde. Der stilverliebte Vampirfilm “Begierde” ist in erster Linie ein optisches Fest, erzählerisch aber ein gähnendes Loch. Obwohl freilich über die Jahrzehnte MTV das seine dazu beigetragen hat, dass die Schnittfrequenz immer weiter geschrumpft ist und diese Arbeit aus dem Jahr 1983 aus heutiger Sicht beinahe schon langsam wirkt, ist besonders im Finale die Freude an optischen Täuschungen durch Schnittmontage kaum zu übersehen.
In vielerlei Hinsicht sind es aber weniger Tony Scotts Finger, die den Stil bestimmen, sondern die Finger der Epoche, in welcher man sich befand. Über weite Strecken kokettiert “Begierde” mit der Subtilität und verschleiert die Vampirthematik durch Ablenkungsmanöver. Hektisch zusammengesetzte Horrorsequenzen bieten immer wieder Bilder von wild kreischenden Affen auf, appellieren an das Animalische im Menschen, lenken die Aufmerksamkeit auf humane Aspekte, um das Untote so lange wie möglich zurückzuhalten. Die Zweideutigkeit zwischen Mensch und Vampir kann und will nicht so standhaft aufrechterhalten werden, wie es in Kathryn Bigelows “Near Dark” (1987) der Fall war; eher erscheint das Gezeigte wie ein Vorbote von “Lost Boys” (1987) oder “Fright Night” (1985), ohne deren jugendliche Verspieltheit zu besitzen. Im Gegenteil, eine Verbindung von Grusel und Humor ist dieser Arbeit fremd. Erwachsene Menschen in einem Bad aus Romantik für Erwachsene, um einen Cast zwischen Susan Sarandon, David Bowie und Catherine Deneuve - das führt uns schon näher an Cronenbergs “Die Fliege” (1986) heran.
Dazu trägt freilich auch die Vanitaskomponente im Plot bei. Konträr zur vermeintlichen Unsterblichkeit des Vampirwesens, die jedoch seit “Dracula” (1933) mit allerhand sich im Laufe der Zeit verändernden Achillesfersen zu kämpfen hatte, altern hier Lebewesen innerhalb von Sekunden live auf der Leinwand. Ein Effekt, den man in ähnlicher Form schließlich in Spielbergs “Indiana Jones und der letzte Kreuzzug” (1989) bewundern konnte. Der Stop-Motion-Verfall charakterisiert dabei die Vorliebe der Achtziger Jahre für die charmanten On-Set-Tricks von Ray Harryhausen, die dann Tim Burton noch einmal so richtig mit “Beetlejuice” (1988) zelebrierte. Das führt zu modrigen, staubigen Masken von zerfallenden Menschen auf dem direkten Weg ins Zombietum, mit Remininszenzen quer durch das Gruselgenre von “Nacht der reitenden Leichen” (1971) bis “Die Geister, die ich rief”(1988). Die Angst vor dem Altern ist ein zentraler Punkt in dieser Geschichte, für sie wird der Vampirismus eingeführt, wo Robert Zemeckis ein knappes Jahr später den Schönheitswahn auf die Schippe nahm (“Der Tod steht ihr gut”, 1992).
Verpackt wird all das in sinnliche Bilder voller Kontraste, leuchtende, weißblaue Farben, wehende Vorhänge, makellose weiße Haut mit roten Lippen und faltige, ausgehöhlte Gegenstücke. Dezente, kaum wahrzunehmende Splatter- und Goreffekte, wenn die glatte Haut von einem spitzen Gegenstand aufgeschlitzt wird und einen schwarzroten Riss hinterlässt, der plötzlich aufquellt. Die Kamera läuft in Höhepunkten mit nur halb so vielen Bildern pro Sekunde wie üblich, verlangsamt, verzerrt damit den Moment und setzt einen Kontrapunkt zum Zerfall, der im gleichen Moment auf der Leinwand dargestellt wird. Und nicht zu vergessen die hohe Schnittfrequenz - hier kämpft sich Tony Scott wieder gegen die Pragmatismen der Achtziger durch und lässt eine Handschrift erkennen, die ihn dann zum “Top Gun”-Regisseur machte.
Doch inmitten dieser stylishen Opulenz sind die Charaktere entfremdet, als seien sie nicht mehr als Gegenstände. Weder Susan Sarandon noch Catherine Deneuve, ja nicht einmal der eckige David Bowie können Interesse für sich ernten. Kaltes Fleisch, das wie tot durch die Gegend wandelt. Tiefe vermag Scott mit seinen Bildern nicht zu kolportieren. So wie man sie aufnimmt, gehen sie wieder fort, ohne weitere Eindrücke zu hinterlassen. Merkwürdig unreflektiert ist es, was geboten wird, unkonzentriert von einem Ansatz zum anderen wandelnd, die Charaktere dabei geradezu ausnutzend. So möchte man sich nicht in dieses Universum begeben; aus Angst, es könne sich lediglich um eine Luftblase handeln. Was sich dann auch bestätigt.
Gut anzuschauen ist dieses Werk, denn wo es Sterilität ausstrahlt, ist es doch zumindest immer ein optischer Genuss, der viele Elemente der Achtziger in sich vereint. Dass er jedoch am Ende derart nichtssagend auf den Rezipienten herniederprasselt, ist in Anbetracht der Marke Tony Scott dann auch nicht mehr weiter schockierend.

Von Warner gibt es eine ungeschnittene DVD (KJ) mit minimaler Ausstattung. Im TV läuft der Film trotz KJ-Freigabe stets ungeschnitten.