Filmtagebuch: Wallnuss
Moderator: SFI
Sherlock - Der blinde Banker
Nach dem wahrhaft famosen Einstand, den die britische BBC-Adaption der Originalromane von Sir Arthur Conan Doyle hingelegt hatte, wagt man sich nun im ersten Sequel daran, Sherlock Holmes und seinen Kollegen Doktor Watson in den klassischen Krimialltag zu schicken. Damit etabliert man auf der einen Seite deren fertiges Zusammenspiel nach ihrer Einführung, muss auf der anderen Seite aber auch ein paar dramaturgische Defizite einbüßen, denn natürlich fehlt dieser sehr typischen Kriminalgeschichte ein wenig das Tempo und der Esprit des Vorgängers. Konnte dieser sich voll und ganz auf das erste Annähern der Protagonisten fokussieren, muss man sich nun ohne Umwege einem spannenden Fall widmen. Damit dieser es auch schafft, den Zuschauer volle 90 Minuten zu beschäftigen, weitet man das Umfeld von der Jagd nach einem Serienkiller auf einen sektenartigen Schmugglerkult, geheimnisvolle Schriftzeichen und ein lange getrenntes Geschwisterpaar aus. Während die Anzahl an offenen Fragen und Rätseln am Anfang noch durchaus ansprechend aufgenommen werden, bekommt man im weiteren Verlauf leider ein wenig das Gefühl, dass das Drehbuch Komplexität mit Verwirrung zu verwechseln scheint. Nicht nur einmal verliert man zwischen den Zusammenhängen der unterschiedlichen Ereignisse den Faden oder verdreht die Augen, wenn es wieder einzig und allein Gevatter Zufall zu sein scheint, der den an sich genialen Meisterdetektiv auf eine neue Spur führt. Über weite Strecken der Laufzeit sind es deshalb hauptsächlich die erneut grandiosen darstellerischen Darbietungen von Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, deren Timing bei sarkastischen Wortgefechten hervorragend pointiert gesetzt ist und die dieses Mal den restlichen Cast vollends an die Wand spielen, denn leider glänzen sowohl Mark Gatiss als Mycroft Holmes als auch der besonders lieb gewonnene Rupert Graves als Inspektor Lestrade durch Abwesenheit, wobei der Part des Letzteren hier von Paul Chequer übernommen wird. Nur fehlt es diesem in seiner Rolle als Detecitve Inspector nicht nur an Charisma, sondern auch an ein paar guten Wortgefechten mit Holmes. Positiv kann hingegen vermerkt werden, dass man sich atmosphärisch noch stärker entwickelt hat. Chinatown, The Gherkin, ein mysteriöser Zirkus, ein alter U-Bahn-Schacht... die Locations sind stimmig und überzeugend in die Handlung eingebettet. Wenngleich es hier und da etwas sehr überzogen wird und spätestens im Hollywoodesken Showdown jeglicher Realismus flöten geht, so kann man andersherum aber auch nicht leugnen, dass man sich dabei gut unterhalten fühlt. Zwar wird ein für das große Finale nicht unrelevanter Charakter viel zu spät eingeführt, doch wie am Ende gleich mehrmals zahlreiche winzige Details aus vorherigen Szenen aufgegriffen und zusammen zur Rätsels Lösung kombiniert werden, dass ist witzig, es ist clever und es lädt zum erneuten Ansehen ein. Wie schon "Ein Fall von Pink" ist auch hier der britische Touch deutlich spürbar, was bei einem Setting wie dem von Sherlock Holmes ungeheuerlich wichtig ist. Noch dominanter als vorher fällt einem hier auch der tolle Soundtrack von Bond-Komponist David Arnold auf, der mit einem ungemein dynamischen und eleganten Theme vielen kleinen Momenten etwas ganz eigenes verschafft.
Fazit: Auch "Der blinde Banker" jongliert selbstironisch mit den Erwartungen seines Publikums und den berühmten Vorlagen, ohne sich allzu sehr an einer davon festhalten zu müssen. Hatte man im Piloten zeitweise noch das Gefühl, dass das alles etwas zu schnell gehen würde, ist es hier genau umgekehrt, hier passiert im Mittelteil zu wenig (interessantes), um dann in den letzten 20 Minuten etwas zu überhastet aufgearbeitet zu werden. An Atmosphäre und Spaß mangelt es dafür nicht, Chinatown ist eine wundervolle Kulisse und verleiht dem Abenteuer zwischen den grauen Häuserfassaden von London den nötigen Schuss Exotik. Außerdem sind es natürlich weiterhin die ironischen Wortgefechte zwischen den beiden Hauptdarstellern, die einen immer wieder herzhaft auflachen lassen und die eine oder andere Länge vergessen machen. Doch wird man das Gefühl nicht los, dass das Erlebte für den Zuschauer furchtbar belanglos gewesen ist und mehr dazu diente, eine Grundsituation zu etablieren, die man dann in späteren Filmen munter variieren kann. So ist noch mehr als der pinke Fall dies der wahre Prototyp von "Sherlock", der eben gerade deshalb auch schwächer sein darf als das, was laut dem verheißungsvollen Cliffhanger noch auf den Zuschauer zu kommen wird. Mag sein, dass man nicht immer ganz mitgekommen ist und den Plot im Ganzen wohl kaum rekonstruieren könnte, aber vielleicht ist es ja nun an der Zeit, endlich mit dem Auftritt einer sehnlichst erwarteten Figur das Tempo wieder gehörig anzuziehen. "Don’t worry, next date won’t be like this." - Ich nehme sie beim Wort, Watson.
Nach dem wahrhaft famosen Einstand, den die britische BBC-Adaption der Originalromane von Sir Arthur Conan Doyle hingelegt hatte, wagt man sich nun im ersten Sequel daran, Sherlock Holmes und seinen Kollegen Doktor Watson in den klassischen Krimialltag zu schicken. Damit etabliert man auf der einen Seite deren fertiges Zusammenspiel nach ihrer Einführung, muss auf der anderen Seite aber auch ein paar dramaturgische Defizite einbüßen, denn natürlich fehlt dieser sehr typischen Kriminalgeschichte ein wenig das Tempo und der Esprit des Vorgängers. Konnte dieser sich voll und ganz auf das erste Annähern der Protagonisten fokussieren, muss man sich nun ohne Umwege einem spannenden Fall widmen. Damit dieser es auch schafft, den Zuschauer volle 90 Minuten zu beschäftigen, weitet man das Umfeld von der Jagd nach einem Serienkiller auf einen sektenartigen Schmugglerkult, geheimnisvolle Schriftzeichen und ein lange getrenntes Geschwisterpaar aus. Während die Anzahl an offenen Fragen und Rätseln am Anfang noch durchaus ansprechend aufgenommen werden, bekommt man im weiteren Verlauf leider ein wenig das Gefühl, dass das Drehbuch Komplexität mit Verwirrung zu verwechseln scheint. Nicht nur einmal verliert man zwischen den Zusammenhängen der unterschiedlichen Ereignisse den Faden oder verdreht die Augen, wenn es wieder einzig und allein Gevatter Zufall zu sein scheint, der den an sich genialen Meisterdetektiv auf eine neue Spur führt. Über weite Strecken der Laufzeit sind es deshalb hauptsächlich die erneut grandiosen darstellerischen Darbietungen von Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, deren Timing bei sarkastischen Wortgefechten hervorragend pointiert gesetzt ist und die dieses Mal den restlichen Cast vollends an die Wand spielen, denn leider glänzen sowohl Mark Gatiss als Mycroft Holmes als auch der besonders lieb gewonnene Rupert Graves als Inspektor Lestrade durch Abwesenheit, wobei der Part des Letzteren hier von Paul Chequer übernommen wird. Nur fehlt es diesem in seiner Rolle als Detecitve Inspector nicht nur an Charisma, sondern auch an ein paar guten Wortgefechten mit Holmes. Positiv kann hingegen vermerkt werden, dass man sich atmosphärisch noch stärker entwickelt hat. Chinatown, The Gherkin, ein mysteriöser Zirkus, ein alter U-Bahn-Schacht... die Locations sind stimmig und überzeugend in die Handlung eingebettet. Wenngleich es hier und da etwas sehr überzogen wird und spätestens im Hollywoodesken Showdown jeglicher Realismus flöten geht, so kann man andersherum aber auch nicht leugnen, dass man sich dabei gut unterhalten fühlt. Zwar wird ein für das große Finale nicht unrelevanter Charakter viel zu spät eingeführt, doch wie am Ende gleich mehrmals zahlreiche winzige Details aus vorherigen Szenen aufgegriffen und zusammen zur Rätsels Lösung kombiniert werden, dass ist witzig, es ist clever und es lädt zum erneuten Ansehen ein. Wie schon "Ein Fall von Pink" ist auch hier der britische Touch deutlich spürbar, was bei einem Setting wie dem von Sherlock Holmes ungeheuerlich wichtig ist. Noch dominanter als vorher fällt einem hier auch der tolle Soundtrack von Bond-Komponist David Arnold auf, der mit einem ungemein dynamischen und eleganten Theme vielen kleinen Momenten etwas ganz eigenes verschafft.
Fazit: Auch "Der blinde Banker" jongliert selbstironisch mit den Erwartungen seines Publikums und den berühmten Vorlagen, ohne sich allzu sehr an einer davon festhalten zu müssen. Hatte man im Piloten zeitweise noch das Gefühl, dass das alles etwas zu schnell gehen würde, ist es hier genau umgekehrt, hier passiert im Mittelteil zu wenig (interessantes), um dann in den letzten 20 Minuten etwas zu überhastet aufgearbeitet zu werden. An Atmosphäre und Spaß mangelt es dafür nicht, Chinatown ist eine wundervolle Kulisse und verleiht dem Abenteuer zwischen den grauen Häuserfassaden von London den nötigen Schuss Exotik. Außerdem sind es natürlich weiterhin die ironischen Wortgefechte zwischen den beiden Hauptdarstellern, die einen immer wieder herzhaft auflachen lassen und die eine oder andere Länge vergessen machen. Doch wird man das Gefühl nicht los, dass das Erlebte für den Zuschauer furchtbar belanglos gewesen ist und mehr dazu diente, eine Grundsituation zu etablieren, die man dann in späteren Filmen munter variieren kann. So ist noch mehr als der pinke Fall dies der wahre Prototyp von "Sherlock", der eben gerade deshalb auch schwächer sein darf als das, was laut dem verheißungsvollen Cliffhanger noch auf den Zuschauer zu kommen wird. Mag sein, dass man nicht immer ganz mitgekommen ist und den Plot im Ganzen wohl kaum rekonstruieren könnte, aber vielleicht ist es ja nun an der Zeit, endlich mit dem Auftritt einer sehnlichst erwarteten Figur das Tempo wieder gehörig anzuziehen. "Don’t worry, next date won’t be like this." - Ich nehme sie beim Wort, Watson.
Sherlock - Das große Spiel
Anstatt ein patriotisches VR vor Langeweile an die Wand zu schießen, ist es ein unschuldiger Smiley, der dem gelangweilten Meisterdetektiv ausgeliefert ist. Da ist er wieder, der selbstironische Umgang mit der Vorlage, der im ersten Film einen solchen Spaß machte und im Sequel ein wenig vernachlässigt wurde. Doch nicht nur er ist im nun mehr dritten Abenteuer zurückgekehrt, auch ein alter Feind, ein ratloser Police Inspector und ein ungeliebter Verbündeter melden sich erneut in der Baker Street und lassen die Schmuggelaffäre aus dem "blinden Banker" praktisch sofort vergessen, viel mehr knüpft man direkt an den sagenhaften Piloten an und entspinnt in nur wenigen Minuten ein aufregendes Netz an Rätseln, Intrigen, Morden und ein paar Bombenanschlägen. Die spielerische Leichtigkeit, mit der ein solches Maß an Handlung und Details in nur 90 Minuten verpackt werden, ist beeindruckend. Umso überraschender aber, dass bei all den Ermittlungen und Wendungen trotzdem der geliebte Humor nie zu kurz kommt. Auch hier scherzen sich Martin Freeman und Benedict Cumberbatch als das wohl witzigste Duo der Fernsehgeschichte durch die verschiedenen Tatorte, bis alles in einem packenden Finale zusammenläuft. Vorher jedoch gibt es wahnwitzige Zweikämpfe, eine Vielzahl an Möglichkeiten für Holmes, mit seinen kombinatorischen Fähigkeiten anzugeben und natürlich eine Menge Drama, immer auch im Zusammenspiel mit ein wenig Charakterzeichnung, die für den ein oder anderen vielleicht etwas unterentwickelt daherkommt, aber in ihrer Subtilität genau passend dosiert auftritt und den Plot an den richtigen Stellen reichhaltiger macht. Hatte man im Vorgänger manchmal noch das Gefühl, dass wichtige Zusammenhänge einfach so an einen vorbeirauschten, so ist das Tempo hier zwar noch höher und die Handlung noch komplexer, doch insgesamt durch clevere Dialoge und die wunderbare Regie wesentlich übersichtlicher. Ob es daran liegt, dass hier genau wie im Erstling wieder Paul McGuigan und nicht wie im mittleren Teil Euros Lyn als Regisseur die Zügel in der Hand hielt? Die optischen Schmankerl, mit denen man Sherlocks Gedankengänge zu visualisieren weiß, sind jedenfalls wieder einmal aufregend und in ihrer Einfachheit brillant umgesetzt. Ein wenig missfallen tut einem während der wendungsreichen Anderthalb Stunden jedoch ein ganz anderes Problem. Wie auch in den Vorgängern ist es hier so, dass einem die Details, an denen Holmes am Ende die Lösung des Falles konstruiert, nur so kurz und beiläufig gezeigt werden, dass man sie unmöglich bereits vorab entdecken kann. Auf der einen Seite ist dies natürlich ein nachvollziehbarer Trick, das Publikum im Nachhinein dazu zu bewegen, sich bestimmte Szenen noch einmal anzusehen und ansonsten in Ehrfurcht vor dem großen Sherlock Holmes zu erstarren. Doch hätte es sich gerade bei dieser Schnitzeljagd vielleicht angeboten, die Karten etwas offener auf den Tisch zu legen, denn anders als sonst hat man hier das befremdliche Gefühl, genau wie Watson einfach nur hinter dem unschlagbaren Detektiv hinterher zu dackeln und ihm beim Lösen der verschiedenen Rätsel zu bewundern. Macht man dies bei einem großen Rahmenfall gerne bereitwillig mit und liegt sonst ja auch ein Teil des Spaßes darin, wirkt es bei dieser Vielzahl spätestens beim dritten Mal nur noch aufgesetzt und nimmt einem selbst ein wenig den Spaß an der Sache. Das alles ist im großen und wirklich spannenden Showdown dann aber wieder vergessen. Wie man hier Originaldialogzeilen von Arthur Conan Doyle gekonnt in ein glaubhaftes und zu jedem Zeitpunkt bedrohliches Szenario einbettet, um dem Zuschauer am Ende dann auch noch mit einem fiesen Cliffhanger zu entlassen, dass zeugt schon von einer gewissen filmischen Raffinesse, die man den Beteiligten mittlerweile unbestritten nachsagen kann.
Fazit: "Das große Spiel" ist ein hochspannender und abwechslungsreicher Detektivthriller mit vielen Wendungen, mehreren harten Rätselnüssen und einem explosiven Finale. Gekonnt werden auch hier echte Zitate aus den Vorlagen mit zeitgenössischen Inhalten vermischt und das Resultat ist ein aufregender Cocktail, wie er selbst den kritischsten Holmes-Anhängern schmecken wird. Ist man als Zuschauer selbst leider etwas zu lange zur Passivität verdammt und mag die Besetzung sowie das gesamte Erscheinungsbild eines spät auftretenden Charakters auf den ersten Blick stark irritierend wirken, so muss man wahrscheinlich insbesondere bei Letzterem einfach mal abwarten, was die kommenden Nachfolger noch bringen werden. Denn für sich genommen begeistert auch der dritte Teil der von Mark Gatiss und Steven Moffat ins Leben gerufenen Sherlock-Reihe mit seiner angenehm intelligenten Darstellung, die im ansonst eher drögen TV-Alltag schon fast verloren gegangen schien. Wenngleich man auch das Gefühl nicht los wird, dass der ganz große Knall noch auf sich warten lässt, doch immerhin verspricht einem das böse Ende zumindest eines: Sherlock wird zurückkehren. Mit massig Arbeit im Gepäck. "All that matters to me is the work. Without it my brain rots."
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Anstatt ein patriotisches VR vor Langeweile an die Wand zu schießen, ist es ein unschuldiger Smiley, der dem gelangweilten Meisterdetektiv ausgeliefert ist. Da ist er wieder, der selbstironische Umgang mit der Vorlage, der im ersten Film einen solchen Spaß machte und im Sequel ein wenig vernachlässigt wurde. Doch nicht nur er ist im nun mehr dritten Abenteuer zurückgekehrt, auch ein alter Feind, ein ratloser Police Inspector und ein ungeliebter Verbündeter melden sich erneut in der Baker Street und lassen die Schmuggelaffäre aus dem "blinden Banker" praktisch sofort vergessen, viel mehr knüpft man direkt an den sagenhaften Piloten an und entspinnt in nur wenigen Minuten ein aufregendes Netz an Rätseln, Intrigen, Morden und ein paar Bombenanschlägen. Die spielerische Leichtigkeit, mit der ein solches Maß an Handlung und Details in nur 90 Minuten verpackt werden, ist beeindruckend. Umso überraschender aber, dass bei all den Ermittlungen und Wendungen trotzdem der geliebte Humor nie zu kurz kommt. Auch hier scherzen sich Martin Freeman und Benedict Cumberbatch als das wohl witzigste Duo der Fernsehgeschichte durch die verschiedenen Tatorte, bis alles in einem packenden Finale zusammenläuft. Vorher jedoch gibt es wahnwitzige Zweikämpfe, eine Vielzahl an Möglichkeiten für Holmes, mit seinen kombinatorischen Fähigkeiten anzugeben und natürlich eine Menge Drama, immer auch im Zusammenspiel mit ein wenig Charakterzeichnung, die für den ein oder anderen vielleicht etwas unterentwickelt daherkommt, aber in ihrer Subtilität genau passend dosiert auftritt und den Plot an den richtigen Stellen reichhaltiger macht. Hatte man im Vorgänger manchmal noch das Gefühl, dass wichtige Zusammenhänge einfach so an einen vorbeirauschten, so ist das Tempo hier zwar noch höher und die Handlung noch komplexer, doch insgesamt durch clevere Dialoge und die wunderbare Regie wesentlich übersichtlicher. Ob es daran liegt, dass hier genau wie im Erstling wieder Paul McGuigan und nicht wie im mittleren Teil Euros Lyn als Regisseur die Zügel in der Hand hielt? Die optischen Schmankerl, mit denen man Sherlocks Gedankengänge zu visualisieren weiß, sind jedenfalls wieder einmal aufregend und in ihrer Einfachheit brillant umgesetzt. Ein wenig missfallen tut einem während der wendungsreichen Anderthalb Stunden jedoch ein ganz anderes Problem. Wie auch in den Vorgängern ist es hier so, dass einem die Details, an denen Holmes am Ende die Lösung des Falles konstruiert, nur so kurz und beiläufig gezeigt werden, dass man sie unmöglich bereits vorab entdecken kann. Auf der einen Seite ist dies natürlich ein nachvollziehbarer Trick, das Publikum im Nachhinein dazu zu bewegen, sich bestimmte Szenen noch einmal anzusehen und ansonsten in Ehrfurcht vor dem großen Sherlock Holmes zu erstarren. Doch hätte es sich gerade bei dieser Schnitzeljagd vielleicht angeboten, die Karten etwas offener auf den Tisch zu legen, denn anders als sonst hat man hier das befremdliche Gefühl, genau wie Watson einfach nur hinter dem unschlagbaren Detektiv hinterher zu dackeln und ihm beim Lösen der verschiedenen Rätsel zu bewundern. Macht man dies bei einem großen Rahmenfall gerne bereitwillig mit und liegt sonst ja auch ein Teil des Spaßes darin, wirkt es bei dieser Vielzahl spätestens beim dritten Mal nur noch aufgesetzt und nimmt einem selbst ein wenig den Spaß an der Sache. Das alles ist im großen und wirklich spannenden Showdown dann aber wieder vergessen. Wie man hier Originaldialogzeilen von Arthur Conan Doyle gekonnt in ein glaubhaftes und zu jedem Zeitpunkt bedrohliches Szenario einbettet, um dem Zuschauer am Ende dann auch noch mit einem fiesen Cliffhanger zu entlassen, dass zeugt schon von einer gewissen filmischen Raffinesse, die man den Beteiligten mittlerweile unbestritten nachsagen kann.
Fazit: "Das große Spiel" ist ein hochspannender und abwechslungsreicher Detektivthriller mit vielen Wendungen, mehreren harten Rätselnüssen und einem explosiven Finale. Gekonnt werden auch hier echte Zitate aus den Vorlagen mit zeitgenössischen Inhalten vermischt und das Resultat ist ein aufregender Cocktail, wie er selbst den kritischsten Holmes-Anhängern schmecken wird. Ist man als Zuschauer selbst leider etwas zu lange zur Passivität verdammt und mag die Besetzung sowie das gesamte Erscheinungsbild eines spät auftretenden Charakters auf den ersten Blick stark irritierend wirken, so muss man wahrscheinlich insbesondere bei Letzterem einfach mal abwarten, was die kommenden Nachfolger noch bringen werden. Denn für sich genommen begeistert auch der dritte Teil der von Mark Gatiss und Steven Moffat ins Leben gerufenen Sherlock-Reihe mit seiner angenehm intelligenten Darstellung, die im ansonst eher drögen TV-Alltag schon fast verloren gegangen schien. Wenngleich man auch das Gefühl nicht los wird, dass der ganz große Knall noch auf sich warten lässt, doch immerhin verspricht einem das böse Ende zumindest eines: Sherlock wird zurückkehren. Mit massig Arbeit im Gepäck. "All that matters to me is the work. Without it my brain rots."
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Sherlock - Ein Skandal in Belgravia
Der technische Fortschritt ist des Menschen Himmel und Hölle zugleich. Mit einem Handy kann man heute beinahe alles managen, sein ganzes Leben kann auf einem Smartphone geordnet werden, wichtige Daten hat man immer bei sich, sollte man sie grade benötigen. Genauso bringen sie aber auch einen großen Nachteil mit sich: Man ist immer und überall erreichbar und so gut wie nie mehr ungestört. Möchte man also gerade eine Konfrontation mit seiner Nemesis in einem Schwimmbad zu ihrem tödlichen Abschluss bringen, so kann es durchaus vorkommen, dass man plötzlich von einem nervigen Gesprächspartner unterbrochen wird und peinlich berührt die Unterhaltung vertagen muss. Tja, auch wenn es nicht so klingt, aber das Warten auf eine Fortsetzung des Cliffhangers aus "Das große Spiel" hat sich wahrhaftig gelohnt. Und damit nicht genug. Nicht nur diese prekäre Situation wird im vierten Sherlock-Film gekonnt und verblüffend aufgelöst, die kompletten 90 Minuten erweisen sich für den Zuschauer als eine Reise quer durch alle menschlichen Emotionen. Wut, Angst, Verzweiflung, Erleichterung, ein wenig Liebe... all dies ist für das Publikum spürbar, nicht nur bei den handelnden Protagonisten, sondern auch bei sich selbst. "Ein Skandal in Belgravia" ist weniger ein Krimi oder ein Thriller, sondern viel mehr eine reichhaltige Charakterstudie, ein Portrait zweier bemerkenswerter Persönlichkeiten und die wahrscheinlich rührendste Liebesgeschichte, die man bislang im TV-Bereich gesehen hat. Doch sollte man nicht nur in diese Kategorie denken, denn was Regisseur Paul McGuigan, die Produzenten Steven Moffat und Mark Gatiss, die Hauptdarsteller Martin Freeman und Benedict Cumberbatch und Komponist David Arnold hier abliefern, ist auf solch hohem Niveau, dass man selbst den besten Kinofilmen Konkurrenz macht. Selten war man so in einer Geschichte gefangen, fieberte mit den Charakteren mit und war derart geplättet von dem, was man da gerade gesehen hat. Erst nach dem vollständigen Ablaufen der Laufzeit von Anderthalb Stunden wagt man es, wieder aufzuatmen und über das nachzudenken, was gerade passiert ist. Mit irrsinnig hohem Tempo und einem genialen Gespür für Suspense und Timing verstehen es alle Beteiligten, den Zuschauer zu verblüffen, ihn zu entsetzen, zu begeistern und an der Nase herum zu führen. Dabei ist die tatsächliche Handlung eigentlich gar nicht so wichtig und eher beiläufig, hier geht es um das Zusammenspiel der Charaktere, um Aktion und Reaktion. Wem kann man vertrauen, wer spielt wen gerade gegen einander aus? Das alles wird in grandiose Wortgefechte und brillante Dialoge verpackt. Und wenn gerade nicht geredet wird, dann jagen einen eine starke Kameraführung und ein faszinierender Sinn für die unterschiedlichsten optischen Schmankerl wie Zooms oder Slow-Motion-Einlagen durch die immer wieder aufkeimenden Actionmomente. Man könnte wohl jede einzelne Szene genau analysieren, nur um festzustellen, mit welch famosen Feingefühl und Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde. Allein deshalb schon sollte man den Film unbedingt mehrmals sehen, um auch wirklich alle verborgenen Inhalte entdeckt zu haben. Das der eigentliche Fall absolut nebensächlich ist und bereits nach rund 25 Minuten unspektakulär aufgeklärt wird, passt ins Gesamtbild und macht sehr deutlich, worauf der wahre Schwerpunkt liegt. Doch würde das alles vermutlich nicht annähernd so fantastisch wirken, wäre die Besetzung der Figur Irene Adler ein Fehlgriff. Lara Pulver erweist sich jedoch als die absolute Idealbesetzung und spielt all ihre Vorgängerinnen aus früheren Adaptionen mit Leichtigkeit an die Wand. Nie war Irene Adler erotischer, verführerischer, anziehender als hier. Ihr sehr sinnliches Spiel und ihre sanfte Stimme tun ihr übriges und lassen in vielen Szenen mit ihr und Cumberbatch ein echtes Feuer erwachen, das wesentlich echter wirkt, als in so manch anderen Filmromanzen. Erfreulicherweise werden aber auch die kleineren Nebencharaktere aus vergangenen Episoden nicht vergessen, gerade die lieb gewonnene Mrs. Hudson und die nicht minder sympathische Molly bekommen hier etwas größere Auftritte, die in ihrer Schönheit einfach nur herzzerreißend sind und berührender nicht sein könnten. Großartig gelingt es, dem bislang kühlen und unemotionalen Sherlock Holmes hier eine menschlichere Ader zu verleihen, ihn mitfühlen und leiden zu lassen. Als Gegenpart operiert hier Mark Gatiss in seiner Funktion als Mycroft wie immer als der weiterhin völlig unberührte Bruder, der dann jedoch auch ziemlich schnell die Erfahrung machen muss, dass er nicht so distanziert bleiben kann, wie er gerne würde. Die große finale Wendung am Ende ist dann der ultimative Triumph, nicht nur über Adler, sondern auch über den Zuschauer, dem nichts übrig bleibt, als sich von seinen Emotionen überwältigt in den Sessel fallen zu lassen.
Fazit: Hallelujah! Was um alles in der Welt ist da gerade vor meinen Augen abgelaufen? So oder so ähnlich lautet wohl der erste Gedanke, der einem beim Einsetzen des Abspanns durch den Kopf geht. Man braucht einen Augenblick, man muss durchatmen und sich dessen bewusst werden, was gerade passiert ist. Was hat man gesehen? Einen menschlicheren Sherlock Holmes denn je, zusammen mit seinem weiblichem Gegenstück. Eine Frau, die von außen die berechnende Domina spielt, die alles und jeden in die Knie zwingt, immer die Oberhand behält und sogar ein ganzes Land mit einem Fingerschnipp erpressen kann, wenn sie nur will. Doch im Inneren schlägt ein menschliches Herz. Und genau dieses wird ihr noch zum Verhängnis werden, lässt es doch Rückschlüsse auf ihre Gefühle zu. Auch Holmes ist nach außen hin kühl, distanziert, beinahe asexuell im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht und an menschlichen Trieben nicht interessiert. Doch was genau geht in ihm wirklich vor? Die genaue Antwort darauf wird offengelassen, es bleibt dem Zuschauer überlassen, den überraschenden Ausgang zu deuten. Über den Skandal in Belgravia braucht man darüber hinaus keine weiteren Worte zu verlieren, wenn einem die Superlative ausgehen, sollte man bekanntlich aufhören. Hatte man sich nach "Das große Spiel" endlich einen gehörigen Knall gewünscht, so steht er nun unerwartet vor einem und schlägt treffsicher ein wie eine Bombe. In Anbetracht der Vorstellung, dass dies ja nicht das Ende ist und noch ein paar weitere Abenteuer auf einen warten, kann man als Zuschauer nur freudig die Hände über den Kopf zusammen schlagen und braucht sich auch nicht zu schämen, es laut zuzugeben. - I am Sherlocked!
Der technische Fortschritt ist des Menschen Himmel und Hölle zugleich. Mit einem Handy kann man heute beinahe alles managen, sein ganzes Leben kann auf einem Smartphone geordnet werden, wichtige Daten hat man immer bei sich, sollte man sie grade benötigen. Genauso bringen sie aber auch einen großen Nachteil mit sich: Man ist immer und überall erreichbar und so gut wie nie mehr ungestört. Möchte man also gerade eine Konfrontation mit seiner Nemesis in einem Schwimmbad zu ihrem tödlichen Abschluss bringen, so kann es durchaus vorkommen, dass man plötzlich von einem nervigen Gesprächspartner unterbrochen wird und peinlich berührt die Unterhaltung vertagen muss. Tja, auch wenn es nicht so klingt, aber das Warten auf eine Fortsetzung des Cliffhangers aus "Das große Spiel" hat sich wahrhaftig gelohnt. Und damit nicht genug. Nicht nur diese prekäre Situation wird im vierten Sherlock-Film gekonnt und verblüffend aufgelöst, die kompletten 90 Minuten erweisen sich für den Zuschauer als eine Reise quer durch alle menschlichen Emotionen. Wut, Angst, Verzweiflung, Erleichterung, ein wenig Liebe... all dies ist für das Publikum spürbar, nicht nur bei den handelnden Protagonisten, sondern auch bei sich selbst. "Ein Skandal in Belgravia" ist weniger ein Krimi oder ein Thriller, sondern viel mehr eine reichhaltige Charakterstudie, ein Portrait zweier bemerkenswerter Persönlichkeiten und die wahrscheinlich rührendste Liebesgeschichte, die man bislang im TV-Bereich gesehen hat. Doch sollte man nicht nur in diese Kategorie denken, denn was Regisseur Paul McGuigan, die Produzenten Steven Moffat und Mark Gatiss, die Hauptdarsteller Martin Freeman und Benedict Cumberbatch und Komponist David Arnold hier abliefern, ist auf solch hohem Niveau, dass man selbst den besten Kinofilmen Konkurrenz macht. Selten war man so in einer Geschichte gefangen, fieberte mit den Charakteren mit und war derart geplättet von dem, was man da gerade gesehen hat. Erst nach dem vollständigen Ablaufen der Laufzeit von Anderthalb Stunden wagt man es, wieder aufzuatmen und über das nachzudenken, was gerade passiert ist. Mit irrsinnig hohem Tempo und einem genialen Gespür für Suspense und Timing verstehen es alle Beteiligten, den Zuschauer zu verblüffen, ihn zu entsetzen, zu begeistern und an der Nase herum zu führen. Dabei ist die tatsächliche Handlung eigentlich gar nicht so wichtig und eher beiläufig, hier geht es um das Zusammenspiel der Charaktere, um Aktion und Reaktion. Wem kann man vertrauen, wer spielt wen gerade gegen einander aus? Das alles wird in grandiose Wortgefechte und brillante Dialoge verpackt. Und wenn gerade nicht geredet wird, dann jagen einen eine starke Kameraführung und ein faszinierender Sinn für die unterschiedlichsten optischen Schmankerl wie Zooms oder Slow-Motion-Einlagen durch die immer wieder aufkeimenden Actionmomente. Man könnte wohl jede einzelne Szene genau analysieren, nur um festzustellen, mit welch famosen Feingefühl und Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde. Allein deshalb schon sollte man den Film unbedingt mehrmals sehen, um auch wirklich alle verborgenen Inhalte entdeckt zu haben. Das der eigentliche Fall absolut nebensächlich ist und bereits nach rund 25 Minuten unspektakulär aufgeklärt wird, passt ins Gesamtbild und macht sehr deutlich, worauf der wahre Schwerpunkt liegt. Doch würde das alles vermutlich nicht annähernd so fantastisch wirken, wäre die Besetzung der Figur Irene Adler ein Fehlgriff. Lara Pulver erweist sich jedoch als die absolute Idealbesetzung und spielt all ihre Vorgängerinnen aus früheren Adaptionen mit Leichtigkeit an die Wand. Nie war Irene Adler erotischer, verführerischer, anziehender als hier. Ihr sehr sinnliches Spiel und ihre sanfte Stimme tun ihr übriges und lassen in vielen Szenen mit ihr und Cumberbatch ein echtes Feuer erwachen, das wesentlich echter wirkt, als in so manch anderen Filmromanzen. Erfreulicherweise werden aber auch die kleineren Nebencharaktere aus vergangenen Episoden nicht vergessen, gerade die lieb gewonnene Mrs. Hudson und die nicht minder sympathische Molly bekommen hier etwas größere Auftritte, die in ihrer Schönheit einfach nur herzzerreißend sind und berührender nicht sein könnten. Großartig gelingt es, dem bislang kühlen und unemotionalen Sherlock Holmes hier eine menschlichere Ader zu verleihen, ihn mitfühlen und leiden zu lassen. Als Gegenpart operiert hier Mark Gatiss in seiner Funktion als Mycroft wie immer als der weiterhin völlig unberührte Bruder, der dann jedoch auch ziemlich schnell die Erfahrung machen muss, dass er nicht so distanziert bleiben kann, wie er gerne würde. Die große finale Wendung am Ende ist dann der ultimative Triumph, nicht nur über Adler, sondern auch über den Zuschauer, dem nichts übrig bleibt, als sich von seinen Emotionen überwältigt in den Sessel fallen zu lassen.
Fazit: Hallelujah! Was um alles in der Welt ist da gerade vor meinen Augen abgelaufen? So oder so ähnlich lautet wohl der erste Gedanke, der einem beim Einsetzen des Abspanns durch den Kopf geht. Man braucht einen Augenblick, man muss durchatmen und sich dessen bewusst werden, was gerade passiert ist. Was hat man gesehen? Einen menschlicheren Sherlock Holmes denn je, zusammen mit seinem weiblichem Gegenstück. Eine Frau, die von außen die berechnende Domina spielt, die alles und jeden in die Knie zwingt, immer die Oberhand behält und sogar ein ganzes Land mit einem Fingerschnipp erpressen kann, wenn sie nur will. Doch im Inneren schlägt ein menschliches Herz. Und genau dieses wird ihr noch zum Verhängnis werden, lässt es doch Rückschlüsse auf ihre Gefühle zu. Auch Holmes ist nach außen hin kühl, distanziert, beinahe asexuell im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht und an menschlichen Trieben nicht interessiert. Doch was genau geht in ihm wirklich vor? Die genaue Antwort darauf wird offengelassen, es bleibt dem Zuschauer überlassen, den überraschenden Ausgang zu deuten. Über den Skandal in Belgravia braucht man darüber hinaus keine weiteren Worte zu verlieren, wenn einem die Superlative ausgehen, sollte man bekanntlich aufhören. Hatte man sich nach "Das große Spiel" endlich einen gehörigen Knall gewünscht, so steht er nun unerwartet vor einem und schlägt treffsicher ein wie eine Bombe. In Anbetracht der Vorstellung, dass dies ja nicht das Ende ist und noch ein paar weitere Abenteuer auf einen warten, kann man als Zuschauer nur freudig die Hände über den Kopf zusammen schlagen und braucht sich auch nicht zu schämen, es laut zuzugeben. - I am Sherlocked!
Sherlock - Die Hunde von Baskerville
"Der Hund der Baskervilles" gilt als die bekannteste Sherlock Holmes Geschichte, die Sir Arthur Conan Doyle verfasst hat und ist bereits rund 25-mal verfilmt worden. Wie also adaptiert man diese allseits bekannte Schauermär über einen rätselhaften Geisterhund im finsteren Dartmoor so, dass man auf der einen Seite nicht bloß einen Abklatsch vorheriger Verfilmungen abliefert und auf der anderen trotzdem dem Original in gewisser Hinsicht treu bleibt? Vor genau diesem Rätsel müssen auch Steven Moffat und Mark Gatiss gestanden haben, als sie sich entschlossen haben, innerhalb ihrer Sherlock-Reihe als fünften Teil den "Hound" auszuwählen. Sich der enormen Erwartungshaltung der großen Anhängerschaft bewusst, entschloss man sich also dazu, die Grunddynamik des Gothic-Horrors beizubehalten und die Handlung von einem alten Familienansitz weg zu einer militärischen Forschungseinrichtung zu verlagern, in der Genexperimente an Tieren durchgeführt werden. Diese relativ untypische Umgebung für eine Sherlock Holmes Geschichte mag auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken, ist aber durch ihre Unvorhersehbarkeit und den interessanten wissenschaftlichen Aspekt zugleich eine der größten Stärken des Filmes. Außerdem steht diese Kulisse mit ihrer klinischen Sterilität in einem angenehmen Kontrast zu den naturellen Aufnahmen der Moorgegend, in denen Regisseur Paul McGuigan in seiner nun schon vierten Regiearbeit für diese Filmreihe es versteht, die Stimmung einzufangen und so im Mittelteil und gerade am Ende wahrhaftig schaurige Momente zu erzeugen, in denen man als Zuschauer einen leichten Nervenkitzel zu verspüren meint. Überhaupt ist es weniger die manchmal leicht vorhersehbare Geschichte, die hier zu fesseln verspricht, mehr sind es die wundervollen Landschaftsaufnahmen, die kräftigen Farben, die Wirkung der ländlichen Umgebung, die dazu auch noch alle gewohnt exorbitant inszeniert werden. Ohne Zweifel kann man feststellen, dass "Die Hunde von Baskerville" der mit Abstand atmosphärischste Sherlock-Film ist und besonders daher einen Großteil seiner Faszination zieht. Auch wenn das mystische und fantastische Element der Handlung nicht ganz in das gewohnt realistische Setting passen will, versteht man diesen Umstand gut dadurch zu kaschieren, indem man den Schwerpunkt mehr die Erwartungshaltung des Publikums verlagert und witzigerweise dies sogar als eigentlichen Teil der Auflösung verwendet. Besonders begeisternd wird es daher auch immer dann, wenn man sich an klassischen Horrorfilm-Szenarien orientiert oder sich voll und ganz auf die Wirkung seiner Hauptdarsteller verlässt. Am spannendsten ist dabei die Wandlung, die der Charakter des Sherlock Holmes so langsam durchläuft. Hatte er im Vorgänger "Ein Skandal in Belgravia" gerade Bekanntschaft mit dem Gefühl der Liebe machen müssen, begegnet er nur der Angst und dem Selbstzweifel, was zum ersten Mal die Freundschaft zwischen ihm und Dr. Watson auf eine harte Probe stellt. Die Momente, in denen der soziopathische Holmes diesen emotionalen Teil seiner Selbst durchlaufen muss, leben hauptsächlich durch das fantastische Schauspiel von Benedict Cumberbatch. Musste man ihn schon in den vier vorherigen Filmen immer wieder für seine vortreffliche Darstellung loben, übertrifft er sich hier nahezu selbst und liefert eine Leistung ab, die eigentlich schon zu gut für einen TV-Film ist. Etwas verhaltener spielt hingegen Martin Freeman dieses Mal seinen Watson, zwar darf er sich zu Beginn wieder ein paar süffisante Wortduelle mit Cumberbatch liefern, bekommt aber im restlichen Film kaum Raum, seinen Charakter weiter zu entwickeln und wirkt zum ersten Mal ein wenig desorientiert im Geschehen. Ganz anders bei Rupert Graves Inspector Lestrade. Erschien er in der Vorgängern meist als liebenswürdiger Kamerad, aber gleichzeitig auch als relativ einfältiger Detective, bringt er mit seinem Auftritt tatsächlich eine gewisse Vertrautheit in das kleine Dorf Kempten und darf mit dem Hinweis von Sherlock darauf, dass er "braun wie eine Nuss" sei, gleich auch als Referenz auf die Originalgeschichte "Eine Studie in Scharlachrot" dienen. Überhaupt, Verweise gibt es wieder eine ganze Menge. Wenn Holmes nicht gerade wie in "Der Schwarze Peter" blutig mit einer Harpune durch die Baker Street geht, spricht er vielleicht gerade 1:1 einen Dialog aus "Der blaue Karfunkel" nach, indem er einem Fremdenführer eine angebliche Wette mit Watson um 50 Pfund vorspiegelt. Als dann in der Auflösung auch noch zahlreiche Elemente aus der direkten Vorlage aufgegriffen und in einem neuen Kontext gestellt werden, ist es wieder da, das Wissen darum, dass man hier mit massig Respekt und Ehrfurcht vor den Originalen gearbeitet hat. Besonders schön ist auch, dass man einen zeitgemäßen Spin für den Höllenhund findet, ohne dabei auf die all zu offensichtliche Lösung zu verfallen, welche dafür als falsche Fährte immerhin Erwähnung findet.
Fazit: Nachdem sich der Vorgänger als ein wahres Meisterwerk der Unterhaltung entpuppte, konnte im direkten Vergleich die Fortsetzung eigentlich nur verlieren, zumal sie auch noch in diesem Fall damit zu kämpfen hat, für den bisherigen Verlauf der Reihe eher untypisch angelegt zu sein. An die Brillanz des belgravischen Skandals kommen die Hunde tatsächlich nicht ran. Aber es wäre wohl auch vermessen gewesen, dass ernsthaft zu erwarten. Die Handlung selbst ist wesentlich konventioneller angelegt und bietet eher sekundäre Spannung ohne große Überraschungen. Manchmal braucht man jedoch keine komplexen und interessanten Fälle und Rätsel, viel wichtiger sind komplexe und interessante Charaktere, die diese aufklären. Und Sherlock wäre nicht Sherlock, wenn nicht genau dieser Faktor gegeben wäre. Es ist auch hier das Zwischenmenschliche, der Subtext, auf den es ankommt und der auch diesen Film zu bester Fernsehunterhaltung werden lässt, gepaart mit einer schaurig-schönen Atmosphäre. Und wenn dann am Ende wider aller Erwartungen doch der eigentlich als Unsinn abgetane Monsterhund auftaucht und sich dieses leichte Kribbeln am Rücken bemerkbar macht, stellt man fest, dass einen auch das fünfte Abenteuer des kultigen Detektivs voll erwischt hat. Eines ist also in Anbetracht des kommenden Aufeinandertreffens mit Holmes Nemesis schon einmal gewiss: Man darf gespannt sein!
"Der Hund der Baskervilles" gilt als die bekannteste Sherlock Holmes Geschichte, die Sir Arthur Conan Doyle verfasst hat und ist bereits rund 25-mal verfilmt worden. Wie also adaptiert man diese allseits bekannte Schauermär über einen rätselhaften Geisterhund im finsteren Dartmoor so, dass man auf der einen Seite nicht bloß einen Abklatsch vorheriger Verfilmungen abliefert und auf der anderen trotzdem dem Original in gewisser Hinsicht treu bleibt? Vor genau diesem Rätsel müssen auch Steven Moffat und Mark Gatiss gestanden haben, als sie sich entschlossen haben, innerhalb ihrer Sherlock-Reihe als fünften Teil den "Hound" auszuwählen. Sich der enormen Erwartungshaltung der großen Anhängerschaft bewusst, entschloss man sich also dazu, die Grunddynamik des Gothic-Horrors beizubehalten und die Handlung von einem alten Familienansitz weg zu einer militärischen Forschungseinrichtung zu verlagern, in der Genexperimente an Tieren durchgeführt werden. Diese relativ untypische Umgebung für eine Sherlock Holmes Geschichte mag auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken, ist aber durch ihre Unvorhersehbarkeit und den interessanten wissenschaftlichen Aspekt zugleich eine der größten Stärken des Filmes. Außerdem steht diese Kulisse mit ihrer klinischen Sterilität in einem angenehmen Kontrast zu den naturellen Aufnahmen der Moorgegend, in denen Regisseur Paul McGuigan in seiner nun schon vierten Regiearbeit für diese Filmreihe es versteht, die Stimmung einzufangen und so im Mittelteil und gerade am Ende wahrhaftig schaurige Momente zu erzeugen, in denen man als Zuschauer einen leichten Nervenkitzel zu verspüren meint. Überhaupt ist es weniger die manchmal leicht vorhersehbare Geschichte, die hier zu fesseln verspricht, mehr sind es die wundervollen Landschaftsaufnahmen, die kräftigen Farben, die Wirkung der ländlichen Umgebung, die dazu auch noch alle gewohnt exorbitant inszeniert werden. Ohne Zweifel kann man feststellen, dass "Die Hunde von Baskerville" der mit Abstand atmosphärischste Sherlock-Film ist und besonders daher einen Großteil seiner Faszination zieht. Auch wenn das mystische und fantastische Element der Handlung nicht ganz in das gewohnt realistische Setting passen will, versteht man diesen Umstand gut dadurch zu kaschieren, indem man den Schwerpunkt mehr die Erwartungshaltung des Publikums verlagert und witzigerweise dies sogar als eigentlichen Teil der Auflösung verwendet. Besonders begeisternd wird es daher auch immer dann, wenn man sich an klassischen Horrorfilm-Szenarien orientiert oder sich voll und ganz auf die Wirkung seiner Hauptdarsteller verlässt. Am spannendsten ist dabei die Wandlung, die der Charakter des Sherlock Holmes so langsam durchläuft. Hatte er im Vorgänger "Ein Skandal in Belgravia" gerade Bekanntschaft mit dem Gefühl der Liebe machen müssen, begegnet er nur der Angst und dem Selbstzweifel, was zum ersten Mal die Freundschaft zwischen ihm und Dr. Watson auf eine harte Probe stellt. Die Momente, in denen der soziopathische Holmes diesen emotionalen Teil seiner Selbst durchlaufen muss, leben hauptsächlich durch das fantastische Schauspiel von Benedict Cumberbatch. Musste man ihn schon in den vier vorherigen Filmen immer wieder für seine vortreffliche Darstellung loben, übertrifft er sich hier nahezu selbst und liefert eine Leistung ab, die eigentlich schon zu gut für einen TV-Film ist. Etwas verhaltener spielt hingegen Martin Freeman dieses Mal seinen Watson, zwar darf er sich zu Beginn wieder ein paar süffisante Wortduelle mit Cumberbatch liefern, bekommt aber im restlichen Film kaum Raum, seinen Charakter weiter zu entwickeln und wirkt zum ersten Mal ein wenig desorientiert im Geschehen. Ganz anders bei Rupert Graves Inspector Lestrade. Erschien er in der Vorgängern meist als liebenswürdiger Kamerad, aber gleichzeitig auch als relativ einfältiger Detective, bringt er mit seinem Auftritt tatsächlich eine gewisse Vertrautheit in das kleine Dorf Kempten und darf mit dem Hinweis von Sherlock darauf, dass er "braun wie eine Nuss" sei, gleich auch als Referenz auf die Originalgeschichte "Eine Studie in Scharlachrot" dienen. Überhaupt, Verweise gibt es wieder eine ganze Menge. Wenn Holmes nicht gerade wie in "Der Schwarze Peter" blutig mit einer Harpune durch die Baker Street geht, spricht er vielleicht gerade 1:1 einen Dialog aus "Der blaue Karfunkel" nach, indem er einem Fremdenführer eine angebliche Wette mit Watson um 50 Pfund vorspiegelt. Als dann in der Auflösung auch noch zahlreiche Elemente aus der direkten Vorlage aufgegriffen und in einem neuen Kontext gestellt werden, ist es wieder da, das Wissen darum, dass man hier mit massig Respekt und Ehrfurcht vor den Originalen gearbeitet hat. Besonders schön ist auch, dass man einen zeitgemäßen Spin für den Höllenhund findet, ohne dabei auf die all zu offensichtliche Lösung zu verfallen, welche dafür als falsche Fährte immerhin Erwähnung findet.
Fazit: Nachdem sich der Vorgänger als ein wahres Meisterwerk der Unterhaltung entpuppte, konnte im direkten Vergleich die Fortsetzung eigentlich nur verlieren, zumal sie auch noch in diesem Fall damit zu kämpfen hat, für den bisherigen Verlauf der Reihe eher untypisch angelegt zu sein. An die Brillanz des belgravischen Skandals kommen die Hunde tatsächlich nicht ran. Aber es wäre wohl auch vermessen gewesen, dass ernsthaft zu erwarten. Die Handlung selbst ist wesentlich konventioneller angelegt und bietet eher sekundäre Spannung ohne große Überraschungen. Manchmal braucht man jedoch keine komplexen und interessanten Fälle und Rätsel, viel wichtiger sind komplexe und interessante Charaktere, die diese aufklären. Und Sherlock wäre nicht Sherlock, wenn nicht genau dieser Faktor gegeben wäre. Es ist auch hier das Zwischenmenschliche, der Subtext, auf den es ankommt und der auch diesen Film zu bester Fernsehunterhaltung werden lässt, gepaart mit einer schaurig-schönen Atmosphäre. Und wenn dann am Ende wider aller Erwartungen doch der eigentlich als Unsinn abgetane Monsterhund auftaucht und sich dieses leichte Kribbeln am Rücken bemerkbar macht, stellt man fest, dass einen auch das fünfte Abenteuer des kultigen Detektivs voll erwischt hat. Eines ist also in Anbetracht des kommenden Aufeinandertreffens mit Holmes Nemesis schon einmal gewiss: Man darf gespannt sein!
War es banal oder eben einfach auch ein Spiel mit den Erwartungen des Publikums, die sich in Anbetracht der langen Laufzeit wahrscheinlich die absurdesten Theorien haben durch den Kopf gehen lassen? :)Cinefreak hat geschrieben:hier war ich minimal enttäuscht, den fiesen Cliffhanger in der Schwimmhalle so banal aufzulösen
The Amazing Spider-Man
Nur knappe 10 Jahre nach dem "Spider-Man" 2002 das erste Mal das Licht der Filmwelt erblickte, wird unter der Leitung des Regisseurs Marc Webb das Franchise einem Reboot unterzogen. Der Sinn dahinter leuchtete im Vorfeld nun den wenigsten ein, ist für viele die Trilogie von Sam Raimi doch eigentlich rundum gelungenes Popcornkino, das erst bei seinem letzten Abenteuer ziemlich ins Schlingern geriet und erheblich an Sympathiepunkten einbüßen musste. Also setzte man eben kurzerhand alles noch mal auf Anfang und beginnt mit einem Peter Parker, bevor er durch den Biss einer genmanipulierten Spinne zum Superhelden mutiert. Bei der Besetzung des verhältnismäßig jungen Helden entschied man sich für Andrew Garfield, dessen gesamtes Auftreten für die Zielgruppe 12-14 wohl die perfekte Identifikationsfigur darstellt, genauso sieht es auch bei der Charakter-Zeichnung seiner von Emma Stone gespielten Freundin aus. Zwar brauchen sich beide vor Tobey Maguire und Kirsten Dunst auf keinen Fall zu verstecken, doch so begabt sie als Darsteller auch sein mögen, wirkt ihre Romanze leider stark gekünstelt, so dass man die in den Dialogen thematisierte Liebe der beiden doch hin und wieder ernsthaft in Frage stellen muss. Doch wenigstens, soviel kann man sagen, trauen sich die Verantwortlichen hier, sich ein wenig von den Raimi-Filmen zu distanzieren und etwas Eigenes zu versuchen. Wo jedoch ist dieser Mut bei jedem anderen Storyeckpfeiler gewesen? Vor allem was die Handlung rund um Onkel Ben, dessen Verkörperung von Martin Sheen nicht annähernd die Herzen der Zuschauer so gewinnt, wie sein Vorgänger, und die richtige Entstehung Spider-Mans nach dem Biss angeht, fragt man sich teilweise, warum um alles in der Welt dieser Film nötig gewesen ist, wenn einem nur das gezeigt wird, was einem ohnehin schon bekannt ist. So überrascht es auch nicht, dass zwar ein anderer Schurke, hier die Echse anstatt des Goblins, gewählt wurde, dieser aber das exakt gleiche Dilemma (multiple Persönlichkeitsspaltung) vorweisen darf und dann am Ende eigentlich auch nur dazu da ist, aus Spideys Liebchen noch eine Damsel in Distress zu formen. Ärgerlich wird es erst dann, wenn im Showdown sogar exakt der üble Patriotismus hervorgeholt wird, der einen schon bei den älteren Filmen fast zum Ausschalten bewogen hatte. Sicherlich, unterhaltsam gemacht ist das alles, einige Oneliner sind sehr witzig und auf der Habenseite begeistern auch die schönen CGI-Effekte, die nicht nur wirklich gut gemacht sind, sondern auch erfreulicherweise nicht ständig Überhand nehmen. Aber irgendwo wird man das Gefühl nicht los, dass nichts davon diesen Film ernsthaft rechtfertigt. Er ist und bleibt eine manchmal sogar exakte Neuverfilmung des Erstlings von Raimi, besonders erschreckend ist das dann, wenn einzelne Einstellungen oder Kamerafahrten 1:1 übernommen wirken. Man könnte teilweise einzelne Frames aus den beiden Filmen miteinander vertauschen und würde nur gering den Unterschied bemerken. Der einzige tatsächlich gänzlich neue Aspekt ist der deutlich realistischere Touch, der teilweise ein wenig an Nolans Dark-Knight-Legacy angelehnt wirkt. Nicht nur der dunklere Look und die naturelleren Farbtöne, auch beispielsweise der Umstand, dass die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft nun keine Netze mehr direkt aus ihrer Haut schießt, sondern spezielle Apparate am Anzug befestigt hat. Macht das den Inhalt allerdings in irgendeiner Form reichhaltiger oder interessanter? Ich melde Zweifel an.
Fazit: Einsteigern in die Spinnen-Materie könnte "The Amazing Spider-Man" einen netten Abend bescheren. Alle anderen werden aber wohl kaum drumherum kommen, sich ein paar Fragen zu stellen: Warum hat man, wenn schon eine Neuverfilmung, sich nicht noch viel viel deutlicher vom Vergangenen entfernt? Weswegen bewegt man sich so nahe an einer Vorlage, die man doch eigentlich vergessen machen will? Wieso konnte man nicht direkt in einem bestehenden Universum mit einem fertigen Helden einsteigen? Brauchte es eine weitere Origin-Story? Wer auf diese Fragen eine Antwort findet, wird vielleicht Gefallen an dem fertigen Resultat haben. Doch auch hier hat man mit einem gehörigen Problem zu kämpfen. Hatte Raimi noch den Vorteil, dass Superheldengenre selbst wieder belebt zu haben, wirkt die Amazing-Variante neben großen und sehr erfolgreichen Filmen wie "Iron Man", "The Dark Knight" oder "The Avengers" wie einer unter vielen und kann leider in Bezug auf die Schauwerte und den Entertainment-Faktor nicht mit diesen mithalten. Was übrig bleibt, ist solides Popcorn-Kino, das an Überflüssigkeit aber schwerlich zu überbieten ist.
The Amazing Spider-Man: Rise of Electro
So richtig warm wurde man anno 2012 mit der Neuverfilmung der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft irgendwie nicht. Hatte Regisseur Marc Webb da noch den Nachteil, sich auf der einen Seite mit den drei Raimi-Vorgängern auseinandersetzen zu müssen, ohne gleichzeitig die Comic-Backgrounds zu verraten, merkt man dem Sequel relativ schnell an, dass man deutlich befreiter loslegen kann. Anstatt sich erneut durch die immer gleichen Origin-Storys zuquälen, steigt man direkt mit dem Spinnenmann in den Häuserschluchten von New York ein und darf ein paar schöne, größtenteils sogar handgemachte, Actionszenen bewundern, in denen es ordentlich kracht. Danach kehrt erstmal wieder Alltag ein und man nimmt sich vorbildlicherweise Zeit, den titelgebenden Superschurken Electro zu etablieren und vor allem auch Jamie Foxx in dieser Rolle aufzugehen. Dabei kümmert man sich anfangs einmal darum, einen Bogen zum Vorgänger zu schlagen, was die heldenhaften Charaktere angeht und andersherum auch um glaubhafte Motivationen des neuen Feindes. Das alles gipfelt in einem sehr packenden Duell mitten auf dem Times Square, dass von Maestro Hans Zimmer mit einem wahnsinnig druckvollen Sound vortrefflich begleitet wird. Danach herrscht jedoch von einer Sekunde auf die andere wieder eine erschreckende inhaltliche Ebbe im Script. Lange Zeit verlässt man sich auf die kaum vorhandene Chemie zwischen Garfield und Stone und verliert dabei völlig das Ziel aus den Augen, eine stringente und spannende Geschichte zu erzählen. Während wir einmal zu der etwas sehr eigenwilligen Beziehungsdynamik von Parker und Stacy den Kopf schütteln dürfen, wundern wir uns gleichzeitig, wie planlos die Handlung zwischen der Oscorp-Verschwörung, Peters Suche nach der Wahrheit über seine Eltern und den beiden großen Gegenspielern hin und her verläuft, ohne, dass am Ende alles irgendwie so recht zusammenpassen will. Zwar freut man sich besonders zum Abschluss hin wieder über die großen Actioneinlagen und das launige Spiel von Jungstar Dane DeHaan, doch ist man vielleicht etwas zu euphorisiert auf dessen Seite. Denn ausgerechnet Spider-Man, der freundliche und immer gut gelaunte Pfadfinder verkommt hier zu einer tierischen Nervensäge. Was ihm teilweise an Onelinern und dämlichen Kommentaren in den Mund gelegt wird, ist ein wahrer Alptraum und jenseits von gut und böse. Und wenn eines nicht passieren darf, dann, dass man mit den Schurken mehr mitfiebert, als mit den eigentlichen Sympathieträgern. Maguires Spider-Man erschien damals noch menschlicher, herzlicher und fehlerhafter... es war einfacher, ihn als Helden zu akzeptieren, weshalb Szenen, die vor Pathos nur so triefen, einfacher durchgingen. In der neuen Reihe hat Webb aber nun erhebliche Probleme, solche Sachen in den Griff zu bekommen, denn auch in "Rise of Electro" gibt es diese Momente. Nur wollen sie überhaupt nicht zum eigentlich schnellen Ton des Filmes passen und wirken wie noch größere Fremdkörper, als sie es eigentlich sowieso schon tun würden. Auch folgt der Film leider nur selten so etwas, wie einer inneren Logik. Waren die Konflikte zwischen Maguire und Dunst zwar unendlich nervig, dafür aber zumindest nachvollziehbar in ihrer Banalität, bekommt man hier eher den Eindruck, unser Protagonist sei einfach nur ein cooler Junge, der nie genau weiß, was er in seinem Leben will und trotzdem irgendwie die Mädels rumkriegt. Schade, dass man sich so eine Identifikation beinahe vollständig verbaut. Natürlich will man auch hier eigentlich das jüngere Publikum ansprechen und diese durch erstaunliche Bilder und Actionszenen für sich gewinnen, was sogar in Ordnung ist, immerhin verlangt ja auch diese Zielgruppe Produkte. Doch bei aller Kurzweiligkeit versagt "The Amazing Spider-Man 2" leider auf charakterlicher Ebene völlig.
Fazit: Die Darsteller leisten einen passablen Job und auch Webbs Regie funktioniert in den schnellen Kampfszenen. Dafür hapert es inhaltlich ganz enorm. Ob das nur der Zielgruppe geschuldet ist oder Spider-Man einfach tatsächlich nicht mehr hergibt, vermag ich nicht zu sagen. Zwar bewegt man sich dieses Mal deutlicher auf anderen Pfaden, als noch beim Plagiats-Vorgänger, doch fehlt einfach immer noch zu deutlich der Kontrast, als das man Maguire, Dunst, Franco und die anderen bereits vergessen hätte. Auf dem Papier mögen die meisten Ideen gut geklungen haben, besonders das überraschende und ungewöhnliche Ende muss mal eine tolle Idee gewesen sein, doch fördert das alles kein wirklich zufrieden stellendes Ergebnis, wenn die Herangehensweise unentschlossen und fahrig wirkt. Mit mehr Bedacht wäre hier sicherlich mehr drin gewesen, so reicht es erneut nur für einen kurzweiligen Abend, aus dem man aber vermutlich nur dann etwas mitnehmen wird, wenn man in netter Gesellschaft gewesen ist. Kino fürs Auge? Ja. Kino für Herz, Seele und Geist? Leider nein.
Hier geht es zu Spiderman, Spiderman 2 und Spiderman 3. :)
Nur knappe 10 Jahre nach dem "Spider-Man" 2002 das erste Mal das Licht der Filmwelt erblickte, wird unter der Leitung des Regisseurs Marc Webb das Franchise einem Reboot unterzogen. Der Sinn dahinter leuchtete im Vorfeld nun den wenigsten ein, ist für viele die Trilogie von Sam Raimi doch eigentlich rundum gelungenes Popcornkino, das erst bei seinem letzten Abenteuer ziemlich ins Schlingern geriet und erheblich an Sympathiepunkten einbüßen musste. Also setzte man eben kurzerhand alles noch mal auf Anfang und beginnt mit einem Peter Parker, bevor er durch den Biss einer genmanipulierten Spinne zum Superhelden mutiert. Bei der Besetzung des verhältnismäßig jungen Helden entschied man sich für Andrew Garfield, dessen gesamtes Auftreten für die Zielgruppe 12-14 wohl die perfekte Identifikationsfigur darstellt, genauso sieht es auch bei der Charakter-Zeichnung seiner von Emma Stone gespielten Freundin aus. Zwar brauchen sich beide vor Tobey Maguire und Kirsten Dunst auf keinen Fall zu verstecken, doch so begabt sie als Darsteller auch sein mögen, wirkt ihre Romanze leider stark gekünstelt, so dass man die in den Dialogen thematisierte Liebe der beiden doch hin und wieder ernsthaft in Frage stellen muss. Doch wenigstens, soviel kann man sagen, trauen sich die Verantwortlichen hier, sich ein wenig von den Raimi-Filmen zu distanzieren und etwas Eigenes zu versuchen. Wo jedoch ist dieser Mut bei jedem anderen Storyeckpfeiler gewesen? Vor allem was die Handlung rund um Onkel Ben, dessen Verkörperung von Martin Sheen nicht annähernd die Herzen der Zuschauer so gewinnt, wie sein Vorgänger, und die richtige Entstehung Spider-Mans nach dem Biss angeht, fragt man sich teilweise, warum um alles in der Welt dieser Film nötig gewesen ist, wenn einem nur das gezeigt wird, was einem ohnehin schon bekannt ist. So überrascht es auch nicht, dass zwar ein anderer Schurke, hier die Echse anstatt des Goblins, gewählt wurde, dieser aber das exakt gleiche Dilemma (multiple Persönlichkeitsspaltung) vorweisen darf und dann am Ende eigentlich auch nur dazu da ist, aus Spideys Liebchen noch eine Damsel in Distress zu formen. Ärgerlich wird es erst dann, wenn im Showdown sogar exakt der üble Patriotismus hervorgeholt wird, der einen schon bei den älteren Filmen fast zum Ausschalten bewogen hatte. Sicherlich, unterhaltsam gemacht ist das alles, einige Oneliner sind sehr witzig und auf der Habenseite begeistern auch die schönen CGI-Effekte, die nicht nur wirklich gut gemacht sind, sondern auch erfreulicherweise nicht ständig Überhand nehmen. Aber irgendwo wird man das Gefühl nicht los, dass nichts davon diesen Film ernsthaft rechtfertigt. Er ist und bleibt eine manchmal sogar exakte Neuverfilmung des Erstlings von Raimi, besonders erschreckend ist das dann, wenn einzelne Einstellungen oder Kamerafahrten 1:1 übernommen wirken. Man könnte teilweise einzelne Frames aus den beiden Filmen miteinander vertauschen und würde nur gering den Unterschied bemerken. Der einzige tatsächlich gänzlich neue Aspekt ist der deutlich realistischere Touch, der teilweise ein wenig an Nolans Dark-Knight-Legacy angelehnt wirkt. Nicht nur der dunklere Look und die naturelleren Farbtöne, auch beispielsweise der Umstand, dass die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft nun keine Netze mehr direkt aus ihrer Haut schießt, sondern spezielle Apparate am Anzug befestigt hat. Macht das den Inhalt allerdings in irgendeiner Form reichhaltiger oder interessanter? Ich melde Zweifel an.
Fazit: Einsteigern in die Spinnen-Materie könnte "The Amazing Spider-Man" einen netten Abend bescheren. Alle anderen werden aber wohl kaum drumherum kommen, sich ein paar Fragen zu stellen: Warum hat man, wenn schon eine Neuverfilmung, sich nicht noch viel viel deutlicher vom Vergangenen entfernt? Weswegen bewegt man sich so nahe an einer Vorlage, die man doch eigentlich vergessen machen will? Wieso konnte man nicht direkt in einem bestehenden Universum mit einem fertigen Helden einsteigen? Brauchte es eine weitere Origin-Story? Wer auf diese Fragen eine Antwort findet, wird vielleicht Gefallen an dem fertigen Resultat haben. Doch auch hier hat man mit einem gehörigen Problem zu kämpfen. Hatte Raimi noch den Vorteil, dass Superheldengenre selbst wieder belebt zu haben, wirkt die Amazing-Variante neben großen und sehr erfolgreichen Filmen wie "Iron Man", "The Dark Knight" oder "The Avengers" wie einer unter vielen und kann leider in Bezug auf die Schauwerte und den Entertainment-Faktor nicht mit diesen mithalten. Was übrig bleibt, ist solides Popcorn-Kino, das an Überflüssigkeit aber schwerlich zu überbieten ist.
The Amazing Spider-Man: Rise of Electro
So richtig warm wurde man anno 2012 mit der Neuverfilmung der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft irgendwie nicht. Hatte Regisseur Marc Webb da noch den Nachteil, sich auf der einen Seite mit den drei Raimi-Vorgängern auseinandersetzen zu müssen, ohne gleichzeitig die Comic-Backgrounds zu verraten, merkt man dem Sequel relativ schnell an, dass man deutlich befreiter loslegen kann. Anstatt sich erneut durch die immer gleichen Origin-Storys zuquälen, steigt man direkt mit dem Spinnenmann in den Häuserschluchten von New York ein und darf ein paar schöne, größtenteils sogar handgemachte, Actionszenen bewundern, in denen es ordentlich kracht. Danach kehrt erstmal wieder Alltag ein und man nimmt sich vorbildlicherweise Zeit, den titelgebenden Superschurken Electro zu etablieren und vor allem auch Jamie Foxx in dieser Rolle aufzugehen. Dabei kümmert man sich anfangs einmal darum, einen Bogen zum Vorgänger zu schlagen, was die heldenhaften Charaktere angeht und andersherum auch um glaubhafte Motivationen des neuen Feindes. Das alles gipfelt in einem sehr packenden Duell mitten auf dem Times Square, dass von Maestro Hans Zimmer mit einem wahnsinnig druckvollen Sound vortrefflich begleitet wird. Danach herrscht jedoch von einer Sekunde auf die andere wieder eine erschreckende inhaltliche Ebbe im Script. Lange Zeit verlässt man sich auf die kaum vorhandene Chemie zwischen Garfield und Stone und verliert dabei völlig das Ziel aus den Augen, eine stringente und spannende Geschichte zu erzählen. Während wir einmal zu der etwas sehr eigenwilligen Beziehungsdynamik von Parker und Stacy den Kopf schütteln dürfen, wundern wir uns gleichzeitig, wie planlos die Handlung zwischen der Oscorp-Verschwörung, Peters Suche nach der Wahrheit über seine Eltern und den beiden großen Gegenspielern hin und her verläuft, ohne, dass am Ende alles irgendwie so recht zusammenpassen will. Zwar freut man sich besonders zum Abschluss hin wieder über die großen Actioneinlagen und das launige Spiel von Jungstar Dane DeHaan, doch ist man vielleicht etwas zu euphorisiert auf dessen Seite. Denn ausgerechnet Spider-Man, der freundliche und immer gut gelaunte Pfadfinder verkommt hier zu einer tierischen Nervensäge. Was ihm teilweise an Onelinern und dämlichen Kommentaren in den Mund gelegt wird, ist ein wahrer Alptraum und jenseits von gut und böse. Und wenn eines nicht passieren darf, dann, dass man mit den Schurken mehr mitfiebert, als mit den eigentlichen Sympathieträgern. Maguires Spider-Man erschien damals noch menschlicher, herzlicher und fehlerhafter... es war einfacher, ihn als Helden zu akzeptieren, weshalb Szenen, die vor Pathos nur so triefen, einfacher durchgingen. In der neuen Reihe hat Webb aber nun erhebliche Probleme, solche Sachen in den Griff zu bekommen, denn auch in "Rise of Electro" gibt es diese Momente. Nur wollen sie überhaupt nicht zum eigentlich schnellen Ton des Filmes passen und wirken wie noch größere Fremdkörper, als sie es eigentlich sowieso schon tun würden. Auch folgt der Film leider nur selten so etwas, wie einer inneren Logik. Waren die Konflikte zwischen Maguire und Dunst zwar unendlich nervig, dafür aber zumindest nachvollziehbar in ihrer Banalität, bekommt man hier eher den Eindruck, unser Protagonist sei einfach nur ein cooler Junge, der nie genau weiß, was er in seinem Leben will und trotzdem irgendwie die Mädels rumkriegt. Schade, dass man sich so eine Identifikation beinahe vollständig verbaut. Natürlich will man auch hier eigentlich das jüngere Publikum ansprechen und diese durch erstaunliche Bilder und Actionszenen für sich gewinnen, was sogar in Ordnung ist, immerhin verlangt ja auch diese Zielgruppe Produkte. Doch bei aller Kurzweiligkeit versagt "The Amazing Spider-Man 2" leider auf charakterlicher Ebene völlig.
Fazit: Die Darsteller leisten einen passablen Job und auch Webbs Regie funktioniert in den schnellen Kampfszenen. Dafür hapert es inhaltlich ganz enorm. Ob das nur der Zielgruppe geschuldet ist oder Spider-Man einfach tatsächlich nicht mehr hergibt, vermag ich nicht zu sagen. Zwar bewegt man sich dieses Mal deutlicher auf anderen Pfaden, als noch beim Plagiats-Vorgänger, doch fehlt einfach immer noch zu deutlich der Kontrast, als das man Maguire, Dunst, Franco und die anderen bereits vergessen hätte. Auf dem Papier mögen die meisten Ideen gut geklungen haben, besonders das überraschende und ungewöhnliche Ende muss mal eine tolle Idee gewesen sein, doch fördert das alles kein wirklich zufrieden stellendes Ergebnis, wenn die Herangehensweise unentschlossen und fahrig wirkt. Mit mehr Bedacht wäre hier sicherlich mehr drin gewesen, so reicht es erneut nur für einen kurzweiligen Abend, aus dem man aber vermutlich nur dann etwas mitnehmen wird, wenn man in netter Gesellschaft gewesen ist. Kino fürs Auge? Ja. Kino für Herz, Seele und Geist? Leider nein.
Hier geht es zu Spiderman, Spiderman 2 und Spiderman 3. :)
Sherlock - Der Reichenbachfall
Das (vorerst) große Finale der Sherlock-Saga endet nicht in den Schweizer Bergen. Und das dürfte es dann auch schon sein, sowohl an Kritikpunkten als auch an dem, was man inhaltlich zu diesem Film sagen darf. Selten fällt es so schwer, ein Review zu schreiben, wie es hier der Fall ist. Man will nicht allzu sehr in Lobeshymnen ausbrechen, doch aus diesem Grund fehlen einem dann ein wenig die Worte, dass Gesehene zu beschreiben. Wie auch schon bei "Ein Skandal in Belgravia" ist es unbeschreiblich, was hier auf TV-Niveau abgeliefert wurde. Hatte man vorher noch Bedenken, wenn man an die Besetzung des Moriartys dachte, kann Andrew Scott hier selbst die größten Zweifler zum Verstummen bringen. Er IST das kriminelle Mastermind, der Teufel in Persona, der Einzige, der Sherlocks Intellekt in jeder Hinsicht gewachsen ist und teilweise sogar noch um eine Ecke weiter denkt als er. Genau wie Benedict Cumberbatch geht er nun mehr vollends in dieser Rolle auf und liefert sich in der Baker Street und auf dem Dach des St Bartholomew's Hospital eines der packendsten Duelle der jüngsten Krimi-Geschichte. Überhaupt, die pure Qualität der vorgetragenen Dialoge ist so unermesslich hoch, dass es ein wahrer Genuss ist. Grade auch das letzte Gespräch zwischen Holmes und Watson ist so unfassbar berührend, dass es selbst den härtesten unter den Zuschauern das Gefühl der Fassungslosigkeit nahe bringen wird. Theoretisch kann man sich jetzt nur noch wiederholen: Die Hauptdarsteller, dieses Mal insbesondere auch Freeman, sind fantastisch, die Regie von Sherlock-Debütant Toby Haynes umwerfend, die Anspielungen an die alten Originalromane famos und die Handlung ist so komplex und tiefgründig, wie es in Anderthalb Stunden möglich ist. Eigentlich sind es aber vor allem die letzten 20 Minuten, die Geschichte schreiben werden. Nicht genug, dass man hier mit dem fiesesten Cliffhanger, den es nur geben kann, aufwartet, man trifft hier das Publikum auf eine Art, dass es das Aufkommen echter Tragik möglich macht. Mitreißend ist als Begriff tatsächlich viel zu schwach, um das Erlebnis ansatzweise adäquat zum Ausdruck zu bringen. Mag der Plot selbst rund um den in Ungnade gefallenen Helden auf der Flucht nicht allzu neu sein, ist es bislang nur selten mit solch einer Konsequenz und Intensität umgesetzt worden. Natürlich ist dies den Charakteren zu verdanken, aber auch der Einbindung der Reflexion von Fremdwahrnehmung. Sherlock und Moriarty werden als Personen im Reichenbachfall nicht nur immer wieder parallelisiert und gleichgesetzt, viel mehr drehen sie sich um eben dieses angesprochene Thema, den berühmten äußeren Eindruck. So kann Moriarty mit seinem großen Plan überhaupt nur triumphieren, weil Holmes selbst für den Missmut ihm gegenüber verantwortlich ist und deswegen quasi schon verlangt, dass man sich ihm negativ entgegen stellt. Dieser Konflikt wird insbesondere an der Figur des von Mark Gatiss dargestellten Mycroft verdeutlicht. Moriarty hingegen beherrscht diese Wirkung nach außen hin perfekt und weiß genau um den Eindruck, den er bei seiner Nemesis hinterlassen hat. Das es ihm deshalb umso einfacher möglich ist, mit seinem Gegner zu spielen, ist der besondere Clou in ihrer Beziehung und wird ebenfalls in dem tollen Schlussdialog zwischen den beiden thematisiert. Das alles ist erzählerische Komplexität, die man in kaum einem anderen Krimi auch nur hoffen wagt zu finden. In all diesen Konflikten ist es gerade die Rolle des Dr. Watsons, der uns als Zuschauer an die Hand nehmen und begleiten muss. Überraschend gelungen wird er in die ganze Handlung eingebunden und wirkt nie wie das fünfte Rad am Wagen, sondern wie ein fester Bestandteil dieses Universums, was die Wirkung von Holmes letzter Tat fördert und besonders stark macht. Die Freundschaft, die man in den vorherigen Filmen zwischen den Protagonisten aufgebaut hat, ist fantastisch geschrieben und findet hier ihren ultimativen Höhepunkt, wenn der hochfunktionale Soziopath beinahe vollständig verschwunden wirkt und nur die Personalie Holmes übrig bleibt. Und diese ist verletzlich, zerbrechlich und aufopfernd... menschlich eben.
Fazit: Ich habe dem Gesehenen nur noch wenige Worte beizufügen. Nach dem von sachgemäßer Seite eingenommenen Augenschein ist fast als sicher anzunehmen, dass es sich auch beim sechsten Sherlock-Film um ein wahres Meisterwerk der TV-Unterhaltung handelt und – wie es unter den gegebenen Verhältnissen sich ja kaum anders denken lässt – wieder einmal Zeugnis über das hohe Qualitätsniveau des britischen Entertainments abgelegt wird. Jeder Versuch, daran anknüpfen zu wollen, müsste schlechterdings hoffnungslos bleiben und so ruhen vielleicht auf ewig im Filmregal für immerdar Seite an Seite zwei der wahrscheinlich besten Staffeln einer Fernsehserie, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte. Doch Aufgabe war auf keine Weise zu ermitteln, ganz zweifellos gehörte der Optimismus, den man bei der Zuversicht an eine dritte Staffel äußerte, zu eben den Überraschungen, die Steven Moffat in seinem Solde hatte. Was die nächsten Abenteuer betrifft, so wird es wohl noch in jedermanns Erinnerung sein, wie auch damals Ende des 19. Jahrhunderts Arthur Conan Doyle seinen Helden wieder auferstehen ließ und sein Tod damit nicht endgültig gewesen war. Den Ruchlosen, wie die Fans die Produzenten nach dem Abschluss dieses Filmes nennen mögen, wird bis zur Ausstrahlung des siebten Filmes nicht allzu viel zu entlocken sein, zumal die Versuchung eh viel zu groß sein dürfte, dass am Ende aufgeworfene Mysterium selbst aufzulösen, rund um die Sherlock-Holmes-Verfilmung, welche in meiner Erinnerung stets als die aufregendste und spannendste aller Versionen bestehen wird, mit dem mich das Leben jemals in Berührung gebracht hat.
Das (vorerst) große Finale der Sherlock-Saga endet nicht in den Schweizer Bergen. Und das dürfte es dann auch schon sein, sowohl an Kritikpunkten als auch an dem, was man inhaltlich zu diesem Film sagen darf. Selten fällt es so schwer, ein Review zu schreiben, wie es hier der Fall ist. Man will nicht allzu sehr in Lobeshymnen ausbrechen, doch aus diesem Grund fehlen einem dann ein wenig die Worte, dass Gesehene zu beschreiben. Wie auch schon bei "Ein Skandal in Belgravia" ist es unbeschreiblich, was hier auf TV-Niveau abgeliefert wurde. Hatte man vorher noch Bedenken, wenn man an die Besetzung des Moriartys dachte, kann Andrew Scott hier selbst die größten Zweifler zum Verstummen bringen. Er IST das kriminelle Mastermind, der Teufel in Persona, der Einzige, der Sherlocks Intellekt in jeder Hinsicht gewachsen ist und teilweise sogar noch um eine Ecke weiter denkt als er. Genau wie Benedict Cumberbatch geht er nun mehr vollends in dieser Rolle auf und liefert sich in der Baker Street und auf dem Dach des St Bartholomew's Hospital eines der packendsten Duelle der jüngsten Krimi-Geschichte. Überhaupt, die pure Qualität der vorgetragenen Dialoge ist so unermesslich hoch, dass es ein wahrer Genuss ist. Grade auch das letzte Gespräch zwischen Holmes und Watson ist so unfassbar berührend, dass es selbst den härtesten unter den Zuschauern das Gefühl der Fassungslosigkeit nahe bringen wird. Theoretisch kann man sich jetzt nur noch wiederholen: Die Hauptdarsteller, dieses Mal insbesondere auch Freeman, sind fantastisch, die Regie von Sherlock-Debütant Toby Haynes umwerfend, die Anspielungen an die alten Originalromane famos und die Handlung ist so komplex und tiefgründig, wie es in Anderthalb Stunden möglich ist. Eigentlich sind es aber vor allem die letzten 20 Minuten, die Geschichte schreiben werden. Nicht genug, dass man hier mit dem fiesesten Cliffhanger, den es nur geben kann, aufwartet, man trifft hier das Publikum auf eine Art, dass es das Aufkommen echter Tragik möglich macht. Mitreißend ist als Begriff tatsächlich viel zu schwach, um das Erlebnis ansatzweise adäquat zum Ausdruck zu bringen. Mag der Plot selbst rund um den in Ungnade gefallenen Helden auf der Flucht nicht allzu neu sein, ist es bislang nur selten mit solch einer Konsequenz und Intensität umgesetzt worden. Natürlich ist dies den Charakteren zu verdanken, aber auch der Einbindung der Reflexion von Fremdwahrnehmung. Sherlock und Moriarty werden als Personen im Reichenbachfall nicht nur immer wieder parallelisiert und gleichgesetzt, viel mehr drehen sie sich um eben dieses angesprochene Thema, den berühmten äußeren Eindruck. So kann Moriarty mit seinem großen Plan überhaupt nur triumphieren, weil Holmes selbst für den Missmut ihm gegenüber verantwortlich ist und deswegen quasi schon verlangt, dass man sich ihm negativ entgegen stellt. Dieser Konflikt wird insbesondere an der Figur des von Mark Gatiss dargestellten Mycroft verdeutlicht. Moriarty hingegen beherrscht diese Wirkung nach außen hin perfekt und weiß genau um den Eindruck, den er bei seiner Nemesis hinterlassen hat. Das es ihm deshalb umso einfacher möglich ist, mit seinem Gegner zu spielen, ist der besondere Clou in ihrer Beziehung und wird ebenfalls in dem tollen Schlussdialog zwischen den beiden thematisiert. Das alles ist erzählerische Komplexität, die man in kaum einem anderen Krimi auch nur hoffen wagt zu finden. In all diesen Konflikten ist es gerade die Rolle des Dr. Watsons, der uns als Zuschauer an die Hand nehmen und begleiten muss. Überraschend gelungen wird er in die ganze Handlung eingebunden und wirkt nie wie das fünfte Rad am Wagen, sondern wie ein fester Bestandteil dieses Universums, was die Wirkung von Holmes letzter Tat fördert und besonders stark macht. Die Freundschaft, die man in den vorherigen Filmen zwischen den Protagonisten aufgebaut hat, ist fantastisch geschrieben und findet hier ihren ultimativen Höhepunkt, wenn der hochfunktionale Soziopath beinahe vollständig verschwunden wirkt und nur die Personalie Holmes übrig bleibt. Und diese ist verletzlich, zerbrechlich und aufopfernd... menschlich eben.
Fazit: Ich habe dem Gesehenen nur noch wenige Worte beizufügen. Nach dem von sachgemäßer Seite eingenommenen Augenschein ist fast als sicher anzunehmen, dass es sich auch beim sechsten Sherlock-Film um ein wahres Meisterwerk der TV-Unterhaltung handelt und – wie es unter den gegebenen Verhältnissen sich ja kaum anders denken lässt – wieder einmal Zeugnis über das hohe Qualitätsniveau des britischen Entertainments abgelegt wird. Jeder Versuch, daran anknüpfen zu wollen, müsste schlechterdings hoffnungslos bleiben und so ruhen vielleicht auf ewig im Filmregal für immerdar Seite an Seite zwei der wahrscheinlich besten Staffeln einer Fernsehserie, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte. Doch Aufgabe war auf keine Weise zu ermitteln, ganz zweifellos gehörte der Optimismus, den man bei der Zuversicht an eine dritte Staffel äußerte, zu eben den Überraschungen, die Steven Moffat in seinem Solde hatte. Was die nächsten Abenteuer betrifft, so wird es wohl noch in jedermanns Erinnerung sein, wie auch damals Ende des 19. Jahrhunderts Arthur Conan Doyle seinen Helden wieder auferstehen ließ und sein Tod damit nicht endgültig gewesen war. Den Ruchlosen, wie die Fans die Produzenten nach dem Abschluss dieses Filmes nennen mögen, wird bis zur Ausstrahlung des siebten Filmes nicht allzu viel zu entlocken sein, zumal die Versuchung eh viel zu groß sein dürfte, dass am Ende aufgeworfene Mysterium selbst aufzulösen, rund um die Sherlock-Holmes-Verfilmung, welche in meiner Erinnerung stets als die aufregendste und spannendste aller Versionen bestehen wird, mit dem mich das Leben jemals in Berührung gebracht hat.
Source Code
In der Regel befinden sich Filme, die sich mit Thematiken wie Paralleluniversen oder Zeitreisen beschäftigen immer auf sehr ausgetrampelten Pfaden. Zu groß ist die Fülle an Büchern, Filmen und Serien, welche hier bereits jeden nur entfernt möglichen Betrachtungspunkt dieser Geschichten eingenommen haben. Doch da auch Wiederholungen oder Neu-Interpretationen durchaus ihren Reiz haben können, wagt sich dieses Mal der britische Regisseur Duncan Jones an dieses weite Feld und versucht mit "Source Code" neben dem von jedem Film zu erwartenden Unterhaltungswert auch, sein Publikum zum nachdenken zu bringen. In wie weit gelingt ihm das? Zu Beginn entfaltet der von ihm und Drehbuchautor Ben Ripley entwickelte Plot seinen größten Reiz: Das unbekannte und mysteriöse Elemente der Geschichte. Ohne große Einleitung wird man sehr schnell und unvorbereitet mit dem Protagonisten in das Szenario geworfen und beginnt genau wie er erst nach und nach die Zusammenhänge genauer zu verstehen und das Puzzle zusammenzusetzen. Dabei wird man erfreulicherweise recht selten an die Hand genommen und so dauert es seine Zeit, bis einem die Motivation der von Jeffrey Wright, Jake Gyllenhaal und Vera Farmiga gespielten Charaktere wirklich klar wird und man das Gefühl hat, nun völlig über die Hintergründe im Bilde zu sein. Doch in der Regel sind es immer genau diese Momente, in denen die Handlung mit dem nächsten Twist aufwartet und das aufgebaute Verständnis mit großer Freude erneut über den Haufen wirft. Eine lange Zeit lang macht dies eine Menge Spaß und man erfreut sich an dem spannenden Rätsel, in welches man sich begeben hat. Besonderen Gefallen findet man daran an dem verführerisch sympathischen Spiel von Michelle Monaghan, der es wahrscheinlich selbst in der Rolle eines Kobolds gelingen würde, jeden mit ihrer Ausstrahlung mühelos um den Finger zu wickeln. Nicht nur sie kann aber als Idealbesetzung gelistet werden, auch Gyllenhaal macht eine erstaunlich gute Figur als Actionheld mit emotionalen Trieben, die ihn verwundbar und verletzlich werden lassen. Mit seiner Darstellung füllt er die, eigentlich uninteressante und stereotype Rolle, mit so viel Leben, dass allein durch sein Vorkommen in den unterschiedlichen Gefahrensituationen eine stetige Grundspannung für den Zuschauer gegeben ist. Leider trauen sich die Verantwortlichen hinter der Geschichte allerdings im späteren Verlauf nicht, diese dann auch konsequent zu Ende zu erzählen. Damit verbaut man sich nicht nur einen überzeugenden Abschluss, sondern auch das vorher Aufgebaute, denn rekapituliert man hinterher die Ereignisse, scheint nur noch weniges einen Sinn zu ergeben. Insbesondere die tatsächliche Funktion des ominösen Source Codes pendelt am Ende irgendwo zwischen verkappter Quantenphysik und Hokuspokus-Dimensionsportal hin und her und das vermeintliche Hollywood-Happy-End mag gut gemeint sein, würzt dem Ganzen aber noch einen überaus bitteren (weil völlig überflüssigen) Nachgeschmack bei. Ist vorher vieles noch betont spannend und interessant erzählt worden, wird hier mit geringer Subtilität versucht, die Romantiker im Kinosaal zufrieden zu stellen, was bei der Ausgangslage grundsätzlich schief gehen musste. Dafür ist diese gezeigte Version zu optimistisch, zu lebensbejahend, wofür der Film zuvor jedoch nicht ansatzweise einen thematischen Boden geschaffen hat.
Fazit: Kurzer und aufregender, am Ende jedoch zunehmend den Blick aufs Wesentliche verlierender Sci-Fi-Thriller, der mit verschiedenen Erklärungen und Handlungsebenen Langezeit immer wieder aufs Neue sein Publikum verblüffen kann, schlussendlich für einen großen Film aber zu belanglos und unlogisch daherkommt und damit leider nur halb so philosophisch und psychologisch wirkt, wie wohl ursprünglich von seinen Machern beabsichtigt. Unterhaltsam mag das alles bis zur letzten Minute sein, der unnötig pathetische und wirre Abschluss zieht den vorherigen sehr guten Gesamteindruck allerdings völlig runter und lässt viele Aktionen in einem eher fragwürdigen Licht erscheinen sowie jegliches Gespür für Feingefühl vermissen. Sinnbildlich dafür auch einer der letzten Momente: Zum Schluss steht der Protagonist mit seinem neuen Leben und seiner Liebsten vor dem Cloud Gate in Chicago (einer riesigen verspiegelten Skulptur) und betrachtet die vielen verzerrten Spiegelbilder. Wer die Metapher findet, darf sie behalten.
In der Regel befinden sich Filme, die sich mit Thematiken wie Paralleluniversen oder Zeitreisen beschäftigen immer auf sehr ausgetrampelten Pfaden. Zu groß ist die Fülle an Büchern, Filmen und Serien, welche hier bereits jeden nur entfernt möglichen Betrachtungspunkt dieser Geschichten eingenommen haben. Doch da auch Wiederholungen oder Neu-Interpretationen durchaus ihren Reiz haben können, wagt sich dieses Mal der britische Regisseur Duncan Jones an dieses weite Feld und versucht mit "Source Code" neben dem von jedem Film zu erwartenden Unterhaltungswert auch, sein Publikum zum nachdenken zu bringen. In wie weit gelingt ihm das? Zu Beginn entfaltet der von ihm und Drehbuchautor Ben Ripley entwickelte Plot seinen größten Reiz: Das unbekannte und mysteriöse Elemente der Geschichte. Ohne große Einleitung wird man sehr schnell und unvorbereitet mit dem Protagonisten in das Szenario geworfen und beginnt genau wie er erst nach und nach die Zusammenhänge genauer zu verstehen und das Puzzle zusammenzusetzen. Dabei wird man erfreulicherweise recht selten an die Hand genommen und so dauert es seine Zeit, bis einem die Motivation der von Jeffrey Wright, Jake Gyllenhaal und Vera Farmiga gespielten Charaktere wirklich klar wird und man das Gefühl hat, nun völlig über die Hintergründe im Bilde zu sein. Doch in der Regel sind es immer genau diese Momente, in denen die Handlung mit dem nächsten Twist aufwartet und das aufgebaute Verständnis mit großer Freude erneut über den Haufen wirft. Eine lange Zeit lang macht dies eine Menge Spaß und man erfreut sich an dem spannenden Rätsel, in welches man sich begeben hat. Besonderen Gefallen findet man daran an dem verführerisch sympathischen Spiel von Michelle Monaghan, der es wahrscheinlich selbst in der Rolle eines Kobolds gelingen würde, jeden mit ihrer Ausstrahlung mühelos um den Finger zu wickeln. Nicht nur sie kann aber als Idealbesetzung gelistet werden, auch Gyllenhaal macht eine erstaunlich gute Figur als Actionheld mit emotionalen Trieben, die ihn verwundbar und verletzlich werden lassen. Mit seiner Darstellung füllt er die, eigentlich uninteressante und stereotype Rolle, mit so viel Leben, dass allein durch sein Vorkommen in den unterschiedlichen Gefahrensituationen eine stetige Grundspannung für den Zuschauer gegeben ist. Leider trauen sich die Verantwortlichen hinter der Geschichte allerdings im späteren Verlauf nicht, diese dann auch konsequent zu Ende zu erzählen. Damit verbaut man sich nicht nur einen überzeugenden Abschluss, sondern auch das vorher Aufgebaute, denn rekapituliert man hinterher die Ereignisse, scheint nur noch weniges einen Sinn zu ergeben. Insbesondere die tatsächliche Funktion des ominösen Source Codes pendelt am Ende irgendwo zwischen verkappter Quantenphysik und Hokuspokus-Dimensionsportal hin und her und das vermeintliche Hollywood-Happy-End mag gut gemeint sein, würzt dem Ganzen aber noch einen überaus bitteren (weil völlig überflüssigen) Nachgeschmack bei. Ist vorher vieles noch betont spannend und interessant erzählt worden, wird hier mit geringer Subtilität versucht, die Romantiker im Kinosaal zufrieden zu stellen, was bei der Ausgangslage grundsätzlich schief gehen musste. Dafür ist diese gezeigte Version zu optimistisch, zu lebensbejahend, wofür der Film zuvor jedoch nicht ansatzweise einen thematischen Boden geschaffen hat.
Fazit: Kurzer und aufregender, am Ende jedoch zunehmend den Blick aufs Wesentliche verlierender Sci-Fi-Thriller, der mit verschiedenen Erklärungen und Handlungsebenen Langezeit immer wieder aufs Neue sein Publikum verblüffen kann, schlussendlich für einen großen Film aber zu belanglos und unlogisch daherkommt und damit leider nur halb so philosophisch und psychologisch wirkt, wie wohl ursprünglich von seinen Machern beabsichtigt. Unterhaltsam mag das alles bis zur letzten Minute sein, der unnötig pathetische und wirre Abschluss zieht den vorherigen sehr guten Gesamteindruck allerdings völlig runter und lässt viele Aktionen in einem eher fragwürdigen Licht erscheinen sowie jegliches Gespür für Feingefühl vermissen. Sinnbildlich dafür auch einer der letzten Momente: Zum Schluss steht der Protagonist mit seinem neuen Leben und seiner Liebsten vor dem Cloud Gate in Chicago (einer riesigen verspiegelten Skulptur) und betrachtet die vielen verzerrten Spiegelbilder. Wer die Metapher findet, darf sie behalten.
Godzilla
Als Allegorie auf das japanische Trauma durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki 1945 gedacht, erblickte 1954 der König der Monster - Gojira - das Licht der Welt. Der Name, eine Kreuzung der japanischen Wörter für Gorilla und Wal, stand da noch für den Tod selbst und Godzilla wurde zur Verkörperung von purer Zerstörungswut. Im Laufe der Jahre wandelte sich diese Vorstellung allerdings drastisch und in späteren Filmen wurde er zum Retter der Welt und Beschützer der Menschheit umfunktioniert. Das Hollywood-Remake von Regisseur Gareth Edwards orientiert sich zwar auch am Original von 1954, passt aber ebenso perfekt zu den späteren Trash-Filmen und setzt seinen gewaltigen Protagonisten absolut brachial in Szene. Dabei ist es auf der einen Seite erfreulich, dass er insgesamt nur selten in vollem Umfang zu sehen ist, womit seine tatsächlichen Auftritte dafür umso imposanter geraten, und auf der Anderen auch deshalb so gelungen, weil das Ausmaß seiner Kräfte zu jedem Zeitpunkt spürbar war. Hier wird zum Glück und zu allgemeiner Freude gerade im Effektbereich alles richtig gemacht und in den epischen Kämpfen bleibt kein einziger Stein auf dem anderen. Mehr noch als in ähnlich gelagerten Zerstörungsorgien aus Filmen wie "Pacific Rim", "Man of Steel" oder "The Avengers" geht es hier nicht nur um die Vernichtung an sich, sondern auch um die Physis der Kontrahenten und die enormen Kräfte, die bei deren Aufeinandertreffen wirken. Spannend wird der Film deswegen immer dann, wenn das riesige Monster und seine Anatomie im Vordergrund stehen, besonders gelungen ist dies bei einer beeindruckenden Sequenz rund um die Golden Gate Bridge und San Francisco. Ebenfalls gefällt die Konsequenz, die Edwards bei der ansonstigen Bebilderung seines Streifens an den Tag legt. Er setzt sehr auf dunkle Farben und erzeugt mit seiner erstaunlichen Humorlosigkeit eine düstere und harte Atmosphäre, die in den actionbetonten Momenten des Filmes ungeheuer aussichtslos gerät. Leider jedoch spiegelt das Drehbuch diese Intelligenz und Kreativität nicht unbedingt wieder, denn anstatt sich auf seinen ungewöhnlichen und ohnehin einzigartigen Helden zu konzentrieren, mutiert der Film besonders in der zweiten Hälfte zu einer regelrecht ermüdenden US-Army-Werbung. Hat man zu Beginn mit Bryan Cranston und Ken Watanabe noch zwei große Sympathieträger am Bord, spielen diese nach der ersten Dreiviertelstunde für die Handlung überhaupt keine Rolle mehr und der Fokus verlagert sich auf den von Aaron Taylor-Johnson gespielten Soldaten, der zu seiner Familie zurückkehren will. Nicht genug, dass diese unfassbar vorhersehbar und langweilig geraten ist, der Film zeigt in seinen Anfangsszenen suboptimalerweise mit Cranstons Figur zusätzlich auf, was für ein Potential in der Geschichte dieses Charakters gelegen hätte, bevor man sich offenbar dazu entschied, natürlich wieder einmal die Leistung amerikanischer Alliierter zu glorifizieren. Das Edwards dies immerhin als Aufhänger für sein Monster-Spektakel nutzt ist sicher noch der größte Verdienst an diesem elementaren Handlungsbestandteil, ändert aber nichts daran, dass es vor allem im etwas zweifelhaften Mittelteil immer wieder zu unsäglichen Fremdscham-Momenten kommen muss, leider auch deswegen, weil Taylor-Johnson es zu keinem Zeitpunkt versteht, die langatmigen Geschehnisse mit Charisma oder Spielfreude zu füllen. Er selbst bleibt blass und belanglos und unterstützt damit den sowieso schon misslungenen Eindruck umso mehr. Schade, vor allem auch deswegen, weil in anderer Hinsicht das Drehbuch ziemlich gute Arbeit leistet, insbesondere beim Einflechten politischer und ökologischer Thematiken, die subtil und nicht zu präsent in die Dialoge eingeflochten werden. Im Nachhinein hätte hier sogar noch mehr Fokus drauf liegen dürfen, doch für eine zukünftige Trilogie hat man hier einen guten Ansatz gelegt, auf dem man in den folgenden Sequeln aufbauen kann.
Fazit: Warum ein Film über den Wolkenkratzer zum Einsturz bringenden König der Monster sich Langezeit um einen uninteressanten und theoretisch unwichtigen Durchschnittssoldaten mit Klischeebackground scheren muss, weiß außer den Autoren wohl niemand so genau. Genauso rätselhaft erscheint das ungewöhnliche Marketing rund um die Veröffentlichung des Filmes, die eigentlich einen ganz anderen Film propagierte, als letzten Endes vorliegt. Dennoch bleibt am Ende ein nicht unbedingt perfekter, dafür aber optisch umwerfender und inhaltlich zumindest hin und wieder unterhaltender Mix aus Zerstörungsszenen und spannenden atmosphärischen Konstellationen, denen ein etwas stärkerer und dafür weniger aufdringlicher Soundtrack sicher noch besser zu Gesicht gestanden hätten. Edwards holt mit seiner Neuauflage von Godzilla wirklich alles aus dieser Bestie heraus und zelebriert dabei eines der glaubwürdigsten Aufeinandertreffen der jüngeren Monsterfilm-Geschichte, ohne das Genre dabei komplett neu zu erfinden. Aus visueller Sicht erscheint er dabei optisch immer wieder sehr anspruchsvoll, um sich dann im Gegenzug inhaltlich als laues Lüftchen bestehend aus bereits gesehenem und zweckdienlicher Publikumsbefriedigung zu entpuppen. Ob eine tiefere Charakterisierung tatsächlich dienlich gewesen wäre oder einfach ein komplett anderer Film hätte gedreht werden müssen, so oder so hält "Godzilla" auch 60 Jahre nach seiner Entstehung im Jahr 2014 sein Publikum immer noch satte 2 Stunden bei der Stange. Nun heißt es, mit diesem Wissen gestärkt in eine voraussichtlich bald bevorstehende weitere Runde zu gehen. Gojira Will Return!
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Als Allegorie auf das japanische Trauma durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki 1945 gedacht, erblickte 1954 der König der Monster - Gojira - das Licht der Welt. Der Name, eine Kreuzung der japanischen Wörter für Gorilla und Wal, stand da noch für den Tod selbst und Godzilla wurde zur Verkörperung von purer Zerstörungswut. Im Laufe der Jahre wandelte sich diese Vorstellung allerdings drastisch und in späteren Filmen wurde er zum Retter der Welt und Beschützer der Menschheit umfunktioniert. Das Hollywood-Remake von Regisseur Gareth Edwards orientiert sich zwar auch am Original von 1954, passt aber ebenso perfekt zu den späteren Trash-Filmen und setzt seinen gewaltigen Protagonisten absolut brachial in Szene. Dabei ist es auf der einen Seite erfreulich, dass er insgesamt nur selten in vollem Umfang zu sehen ist, womit seine tatsächlichen Auftritte dafür umso imposanter geraten, und auf der Anderen auch deshalb so gelungen, weil das Ausmaß seiner Kräfte zu jedem Zeitpunkt spürbar war. Hier wird zum Glück und zu allgemeiner Freude gerade im Effektbereich alles richtig gemacht und in den epischen Kämpfen bleibt kein einziger Stein auf dem anderen. Mehr noch als in ähnlich gelagerten Zerstörungsorgien aus Filmen wie "Pacific Rim", "Man of Steel" oder "The Avengers" geht es hier nicht nur um die Vernichtung an sich, sondern auch um die Physis der Kontrahenten und die enormen Kräfte, die bei deren Aufeinandertreffen wirken. Spannend wird der Film deswegen immer dann, wenn das riesige Monster und seine Anatomie im Vordergrund stehen, besonders gelungen ist dies bei einer beeindruckenden Sequenz rund um die Golden Gate Bridge und San Francisco. Ebenfalls gefällt die Konsequenz, die Edwards bei der ansonstigen Bebilderung seines Streifens an den Tag legt. Er setzt sehr auf dunkle Farben und erzeugt mit seiner erstaunlichen Humorlosigkeit eine düstere und harte Atmosphäre, die in den actionbetonten Momenten des Filmes ungeheuer aussichtslos gerät. Leider jedoch spiegelt das Drehbuch diese Intelligenz und Kreativität nicht unbedingt wieder, denn anstatt sich auf seinen ungewöhnlichen und ohnehin einzigartigen Helden zu konzentrieren, mutiert der Film besonders in der zweiten Hälfte zu einer regelrecht ermüdenden US-Army-Werbung. Hat man zu Beginn mit Bryan Cranston und Ken Watanabe noch zwei große Sympathieträger am Bord, spielen diese nach der ersten Dreiviertelstunde für die Handlung überhaupt keine Rolle mehr und der Fokus verlagert sich auf den von Aaron Taylor-Johnson gespielten Soldaten, der zu seiner Familie zurückkehren will. Nicht genug, dass diese unfassbar vorhersehbar und langweilig geraten ist, der Film zeigt in seinen Anfangsszenen suboptimalerweise mit Cranstons Figur zusätzlich auf, was für ein Potential in der Geschichte dieses Charakters gelegen hätte, bevor man sich offenbar dazu entschied, natürlich wieder einmal die Leistung amerikanischer Alliierter zu glorifizieren. Das Edwards dies immerhin als Aufhänger für sein Monster-Spektakel nutzt ist sicher noch der größte Verdienst an diesem elementaren Handlungsbestandteil, ändert aber nichts daran, dass es vor allem im etwas zweifelhaften Mittelteil immer wieder zu unsäglichen Fremdscham-Momenten kommen muss, leider auch deswegen, weil Taylor-Johnson es zu keinem Zeitpunkt versteht, die langatmigen Geschehnisse mit Charisma oder Spielfreude zu füllen. Er selbst bleibt blass und belanglos und unterstützt damit den sowieso schon misslungenen Eindruck umso mehr. Schade, vor allem auch deswegen, weil in anderer Hinsicht das Drehbuch ziemlich gute Arbeit leistet, insbesondere beim Einflechten politischer und ökologischer Thematiken, die subtil und nicht zu präsent in die Dialoge eingeflochten werden. Im Nachhinein hätte hier sogar noch mehr Fokus drauf liegen dürfen, doch für eine zukünftige Trilogie hat man hier einen guten Ansatz gelegt, auf dem man in den folgenden Sequeln aufbauen kann.
Fazit: Warum ein Film über den Wolkenkratzer zum Einsturz bringenden König der Monster sich Langezeit um einen uninteressanten und theoretisch unwichtigen Durchschnittssoldaten mit Klischeebackground scheren muss, weiß außer den Autoren wohl niemand so genau. Genauso rätselhaft erscheint das ungewöhnliche Marketing rund um die Veröffentlichung des Filmes, die eigentlich einen ganz anderen Film propagierte, als letzten Endes vorliegt. Dennoch bleibt am Ende ein nicht unbedingt perfekter, dafür aber optisch umwerfender und inhaltlich zumindest hin und wieder unterhaltender Mix aus Zerstörungsszenen und spannenden atmosphärischen Konstellationen, denen ein etwas stärkerer und dafür weniger aufdringlicher Soundtrack sicher noch besser zu Gesicht gestanden hätten. Edwards holt mit seiner Neuauflage von Godzilla wirklich alles aus dieser Bestie heraus und zelebriert dabei eines der glaubwürdigsten Aufeinandertreffen der jüngeren Monsterfilm-Geschichte, ohne das Genre dabei komplett neu zu erfinden. Aus visueller Sicht erscheint er dabei optisch immer wieder sehr anspruchsvoll, um sich dann im Gegenzug inhaltlich als laues Lüftchen bestehend aus bereits gesehenem und zweckdienlicher Publikumsbefriedigung zu entpuppen. Ob eine tiefere Charakterisierung tatsächlich dienlich gewesen wäre oder einfach ein komplett anderer Film hätte gedreht werden müssen, so oder so hält "Godzilla" auch 60 Jahre nach seiner Entstehung im Jahr 2014 sein Publikum immer noch satte 2 Stunden bei der Stange. Nun heißt es, mit diesem Wissen gestärkt in eine voraussichtlich bald bevorstehende weitere Runde zu gehen. Gojira Will Return!
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X-Men
1963 erschien im Marvel-Comicbuchverlag zum ersten Mal eine Truppe bestehend aus Mutanten mit unterschiedlichen sonderbaren Fähigkeiten, deren Mission es war, uns normale Menschen vor den weniger freundlich-gesinnten Mutanten unter der Anführung des grausamen Magneto zu beschützen. In all den Jahren haben die sympathischen Superhelden allerlei Fans dazu gewonnen und so erschien es nur logisch, dass Hollywood sich irgendwann mit dieser Materie beschäftigen würde. Im Jahre 2000 war es dann endlich so weit und Regisseur Bryan Singer übernahm das Kommando über den Haufen an außergewöhnlichen Charakteren. Und so erscheint es auf den ersten Blick als absolut logisch und folgerichtig, dass er sich viel Zeit nimmt, um diese würdig einzuführen, weshalb es auch nicht verwundert, dass "X-Men" mehr wie ein Prolog, denn wie ein eigenständiger Film anmutet. Doch stört dies erstaunlicherweise eigentlich gar nicht, denn Singer erweist sich als ein begnadeter Geschichtenerzähler und scheint genau der Richtige für diesen Stoff zu sein. Vom betont traurigen und melancholischen Beginn in einem der Nazi-KZs bis hin zum actionbetonten Finale im Herzen von Liberty Island ist seine Superhelden-Verfilmung ein unterhaltsames, aber auch überraschend anspruchsvolles und durchaus tiefgängiges Actiondrama mit einem perfekt aufeinander abgestimmten Cast. Im Vordergrund stehen dabei Charismatiker Hugh Jackman als Wolverine und die sympathisch agierende Anna Paquin als Rogue, mit denen wir als Zuschauer gemeinsam in die Welt der Mutanten abtauchen. Diese Momente, in denen es vor allem darum geht, die "nicht allzu weit entfernte Zukunft" zu erkunden geraten ungemein stimmungsvoll und atmosphärisch und das beinahe mit einem vollständigen Verzicht auf unnötige Spektakelszenen. Anstatt auf deftige Schauwerte und effektlastige Action zu setzen, ist Singer viel mehr am Innenleben seiner Protagonisten interessiert. Vortrefflich versteht er es dabei in den ohnehin knappen 100 Minuten jedem der 10 entweder guten oder bösen Figuren ein gewisses Eigenleben zu geben und sie dabei immer wieder im Sinne der Handlung aufeinander treffen zu lassen. Im Sinne der Handlung sind dann auch die natürlich nicht komplett entfallenen Actionszenen eingeflochten, anstelle hier die Geschehnisse überflüssigerweise auszubremsen, unterstreichen sie die Stimmung und entwickeln sogar die Geschehnisse. Genauso sollte ein Film aufgebaut sein und nur selten ist das in einer vorherigen Comicverfilmung jemals besser gelungen. Was die "X-Men" dann aber tatsächlich vom sonstigen Blockbuster-Kino abhebt, ist ihr thematischer Bezug auf große geschichtliche Epochen wie die bereits erwähnte NS-Zeit in Deutschland, die Ausrottung der Indianer in den vereinten Staaten und die Unterdrückung von Afroamerikanern. Wenngleich dies für einen Unterhaltungsfilm erst bedenklich erscheint, passt es wie die Faust aufs Auge und verleiht den beiden interessantesten Charakteren des Filmes umso mehr Gewicht. Denn auch das beinahe schon filmhistorisch fest manifestierte Gesetz der zwei "alten Freunde, die zu Feinden werden mussten" findet sich hier wieder. Nur das diese Hassliebe in diesem Fall zwischen den beiden schauspielerischen Schwergewichten Patrick Stewart und Ian McKellen ausgetragen wird. Stewart ist mit seiner Theatererfahrung natürlich clever auf den handlungsunfähigen alten Professor X besetzt, doch McKellen entpuppt sich sogar als absolute Idealbesetzung. Niemand außer ihm kann einem Antagonisten gleichermaßen bedrohlich und größenwahnsinnig wie auch sympathisch und verbittert darstellen und sein Erik Lensherr ist genau die richtige Mischung aus boshaftem Genie und vom Schicksal enttäuschter Identifikationsfigur um allerlei Möglichkeiten für spannende moralische und ethische Diskussionen auch nach dem Ende des Filmes zu ergeben. Natürlich bleibt all das recht verhalten und ist längst nicht so omnipräsent, wie es vielleicht klingen mag. Insbesondere die zwei relativ kurzen Kampfszenen mögen nicht wirklich revolutionär und eher routiniert abgefilmt wirken und mit Sicherheit kommen besonders Halle Berry als Storm, James Marsden als Cyclops und Famke Janssen als Jean Grey zu Gunsten von Jackmans Logan etwas zu kurz, aber da diese ohnehin hier nur für spätere Sequels eingeführt werden, kann man dies sicherlich mit einem zugedrückten Auge leicht verzeihen.
Fazit: Mit einem bescheidenen Budget von 75 Millionen US-Dollar inszeniert Bryan Singer zaghaft, aber bestimmt den faktisch ersten Film im Genre der modernen Comicverfilmungen, auf dessen internationalen Erfolg bis heute sämtliche Superhelden-Filme aufbauen. Dabei überzeugt er im Vergleich zu seinen späteren Erben als stilistisch eigenständiges Werk ohne dem Folgen der Einmaleins-Formel des Actionfilmes. Dabei mag der Vorwurf berechtigt sein, das Ganze verhalte sich noch arg dialoglastig und teilweise stark vorhersehbar, doch muss man die Intention dahinter betrachten. Statt uns von Anfang an vor vollendete Tatsachen zu stellen, will man uns viel mehr Zeit geben, diese für Nicht-Comicleser auf den ersten Blick seltsame Welt zu erkunden und hat deshalb mehr im Sinn, ein zukünftiges Franchise aufzubauen. Dieser Grundstein für zukünftige Zusammentreffen ist hiermit also erfolgreich gelegt, während die in diesem Film gezeigte Alibibedrohung hingegen bewusst und absichtlich völlig nebensächlich und beinahe schon lächerlich geraten ist. Der Glaubwürdigkeit der Geschichte schadet das aber zu keinem Zeitpunkt und wenn Hugh Jackman in Gestalt von Wolverine an den Ur-Westernhelden Clint Eastwood erinnert und McKellen seinen Kontrahenten Stewart in Anlehnung an Archimedes bittet "seine Kreise nicht zu stören", dann ist das Gefühl dabei schon mal ein verdammt gutes. Alles Weitere liegt (noch) in "nicht allzu weit entfernter Zukunft".
1963 erschien im Marvel-Comicbuchverlag zum ersten Mal eine Truppe bestehend aus Mutanten mit unterschiedlichen sonderbaren Fähigkeiten, deren Mission es war, uns normale Menschen vor den weniger freundlich-gesinnten Mutanten unter der Anführung des grausamen Magneto zu beschützen. In all den Jahren haben die sympathischen Superhelden allerlei Fans dazu gewonnen und so erschien es nur logisch, dass Hollywood sich irgendwann mit dieser Materie beschäftigen würde. Im Jahre 2000 war es dann endlich so weit und Regisseur Bryan Singer übernahm das Kommando über den Haufen an außergewöhnlichen Charakteren. Und so erscheint es auf den ersten Blick als absolut logisch und folgerichtig, dass er sich viel Zeit nimmt, um diese würdig einzuführen, weshalb es auch nicht verwundert, dass "X-Men" mehr wie ein Prolog, denn wie ein eigenständiger Film anmutet. Doch stört dies erstaunlicherweise eigentlich gar nicht, denn Singer erweist sich als ein begnadeter Geschichtenerzähler und scheint genau der Richtige für diesen Stoff zu sein. Vom betont traurigen und melancholischen Beginn in einem der Nazi-KZs bis hin zum actionbetonten Finale im Herzen von Liberty Island ist seine Superhelden-Verfilmung ein unterhaltsames, aber auch überraschend anspruchsvolles und durchaus tiefgängiges Actiondrama mit einem perfekt aufeinander abgestimmten Cast. Im Vordergrund stehen dabei Charismatiker Hugh Jackman als Wolverine und die sympathisch agierende Anna Paquin als Rogue, mit denen wir als Zuschauer gemeinsam in die Welt der Mutanten abtauchen. Diese Momente, in denen es vor allem darum geht, die "nicht allzu weit entfernte Zukunft" zu erkunden geraten ungemein stimmungsvoll und atmosphärisch und das beinahe mit einem vollständigen Verzicht auf unnötige Spektakelszenen. Anstatt auf deftige Schauwerte und effektlastige Action zu setzen, ist Singer viel mehr am Innenleben seiner Protagonisten interessiert. Vortrefflich versteht er es dabei in den ohnehin knappen 100 Minuten jedem der 10 entweder guten oder bösen Figuren ein gewisses Eigenleben zu geben und sie dabei immer wieder im Sinne der Handlung aufeinander treffen zu lassen. Im Sinne der Handlung sind dann auch die natürlich nicht komplett entfallenen Actionszenen eingeflochten, anstelle hier die Geschehnisse überflüssigerweise auszubremsen, unterstreichen sie die Stimmung und entwickeln sogar die Geschehnisse. Genauso sollte ein Film aufgebaut sein und nur selten ist das in einer vorherigen Comicverfilmung jemals besser gelungen. Was die "X-Men" dann aber tatsächlich vom sonstigen Blockbuster-Kino abhebt, ist ihr thematischer Bezug auf große geschichtliche Epochen wie die bereits erwähnte NS-Zeit in Deutschland, die Ausrottung der Indianer in den vereinten Staaten und die Unterdrückung von Afroamerikanern. Wenngleich dies für einen Unterhaltungsfilm erst bedenklich erscheint, passt es wie die Faust aufs Auge und verleiht den beiden interessantesten Charakteren des Filmes umso mehr Gewicht. Denn auch das beinahe schon filmhistorisch fest manifestierte Gesetz der zwei "alten Freunde, die zu Feinden werden mussten" findet sich hier wieder. Nur das diese Hassliebe in diesem Fall zwischen den beiden schauspielerischen Schwergewichten Patrick Stewart und Ian McKellen ausgetragen wird. Stewart ist mit seiner Theatererfahrung natürlich clever auf den handlungsunfähigen alten Professor X besetzt, doch McKellen entpuppt sich sogar als absolute Idealbesetzung. Niemand außer ihm kann einem Antagonisten gleichermaßen bedrohlich und größenwahnsinnig wie auch sympathisch und verbittert darstellen und sein Erik Lensherr ist genau die richtige Mischung aus boshaftem Genie und vom Schicksal enttäuschter Identifikationsfigur um allerlei Möglichkeiten für spannende moralische und ethische Diskussionen auch nach dem Ende des Filmes zu ergeben. Natürlich bleibt all das recht verhalten und ist längst nicht so omnipräsent, wie es vielleicht klingen mag. Insbesondere die zwei relativ kurzen Kampfszenen mögen nicht wirklich revolutionär und eher routiniert abgefilmt wirken und mit Sicherheit kommen besonders Halle Berry als Storm, James Marsden als Cyclops und Famke Janssen als Jean Grey zu Gunsten von Jackmans Logan etwas zu kurz, aber da diese ohnehin hier nur für spätere Sequels eingeführt werden, kann man dies sicherlich mit einem zugedrückten Auge leicht verzeihen.
Fazit: Mit einem bescheidenen Budget von 75 Millionen US-Dollar inszeniert Bryan Singer zaghaft, aber bestimmt den faktisch ersten Film im Genre der modernen Comicverfilmungen, auf dessen internationalen Erfolg bis heute sämtliche Superhelden-Filme aufbauen. Dabei überzeugt er im Vergleich zu seinen späteren Erben als stilistisch eigenständiges Werk ohne dem Folgen der Einmaleins-Formel des Actionfilmes. Dabei mag der Vorwurf berechtigt sein, das Ganze verhalte sich noch arg dialoglastig und teilweise stark vorhersehbar, doch muss man die Intention dahinter betrachten. Statt uns von Anfang an vor vollendete Tatsachen zu stellen, will man uns viel mehr Zeit geben, diese für Nicht-Comicleser auf den ersten Blick seltsame Welt zu erkunden und hat deshalb mehr im Sinn, ein zukünftiges Franchise aufzubauen. Dieser Grundstein für zukünftige Zusammentreffen ist hiermit also erfolgreich gelegt, während die in diesem Film gezeigte Alibibedrohung hingegen bewusst und absichtlich völlig nebensächlich und beinahe schon lächerlich geraten ist. Der Glaubwürdigkeit der Geschichte schadet das aber zu keinem Zeitpunkt und wenn Hugh Jackman in Gestalt von Wolverine an den Ur-Westernhelden Clint Eastwood erinnert und McKellen seinen Kontrahenten Stewart in Anlehnung an Archimedes bittet "seine Kreise nicht zu stören", dann ist das Gefühl dabei schon mal ein verdammt gutes. Alles Weitere liegt (noch) in "nicht allzu weit entfernter Zukunft".
X-Men United
Der mutierte Homo Superior kehrt zurück. Im Jahr 2000 hatte "X-Men" nicht nur das Genre des modernen Comicfilmes begründet, sondern auch eine feinsinnige und emotionale Geschichte über die Verfolgung von Außenseitern und dem Umgehen mit dem Anders sein erzählt. Die einst beschädigte Männerfreundschaft zwischen dem Charismatiker Charles Xavier, der weise versucht, seine Schützlinge auf den Weg der Toleranz und (Selbst-)Akzeptanz zu führen, stand dabei genau so im Vordergrund wie die Vergangenheit seines radikalen Gegenspielers Erik Lensherr, der auf die Ignoranz der Menschen mit der totalen Vernichtung antworten möchte. Nachdem gerade diese Motive durch 9/11 und die damit verbundene islamophobe Hetzkampagne in der zivilisierten westlichen Welt noch mehr an Bedeutung gewannen, als man vorher ahnen konnte, war ein Sequel unvermeidlich. Ein Segen für den Zuschauer, dass man dafür nicht nur die komplette Besetzungsriege des Vorgängers, sondern auch Regisseur Bryan Singer zurückgewinnen konnte. Genau wie beim Erstling des Franchises darf er zum zweiten Mal seine Fähigkeiten als Geschichtenerzähler unter Beweis stellen und entfesselt ein fantastisches Actiondrama mit noch viel mehr Tiefgang, aber auch deutlich mehr Schauwerten. Während man vorher mit den von Patrick Stewart und Ian McKellen gespielten Pro- und Antagonisten eine klassische weltpolitische Konstellation, nämlich die einer unterdrückten und verfolgten Minderheit, in der verschiedene Lager zum einen den Ausgleich mit dem Gegner, zum anderen die Eskalation anstreben, vorfinden konnte, verschieben sich in "X-Men United" die Fronten. Der von Brian Cox angenehm fies gespielte General William Stryker verfolgt keine Ideologie, seine Ziele sind weitaus persönlicherer Natur und dürften vor allem für Nicht-Comicleser eine positive Überraschung bieten. Anstatt sich aber auf die pure Konstellation Gut gegen Böse zu verlassen, geht Singer einen ganzen Schritt weiter, in dem er eben diese Verhältnisse auflöst und seine Charaktere ambivalenter gestaltet. Neben der bereits in "X-Men" etablierten Clique rund um Famke Janssens Jean Grey, James Marsdens Cyclops und Halle Berrys Storm werden sie hier tatkräftig vom jungen Shawn Ashmore als cooler Iceman unterstützt, der mit seinen Fähigkeiten eine angemessene Verstärkung der Mutantencrew abgibt, aber durch seine Beziehung zu Anna Paquins Rogue, die, aufgrund ihrer Mutation, nie allzu persönlich werden kann und seinem Zerwürfnis mit seinen Eltern auch seine eigenen Dämonen mitbringt. Jackmans Logan hingegen ist weiterhin auf der Suche nach seinem wahren Ich und scheint eine Zeitlang seiner Antwort ganz nah, als er sich die Frage stellen muss, worauf es im Leben eigentlich wirklich ankommt. Ob man diese Themen für unnötige Psychologisierung hält oder nicht, muss man erkennen, dass eine solch thematische Vielfalt im Blockbuster-Geschäft eine Seltenheit darstellen. Und wenn es doch mal vordergrundig auftritt, dann gehen solche Aspekte meist direkt unter anderen Aspekten unter. Doch den Film durch seine vielen Figuren zu sehr von der Geschichte entfernen zu lassen kann hier wohl kaum als Vorwurf gelten, denn sämtliche Charaktere werden immer vollständig in das Konstrukt mit eingesponnen. Selbstredend natürlich, dass trotzdem jeder Comiccharakter seine ganz persönliche Highlightszene bekommt, in der er sich beweisen darf. Das wirkt zwar hin und wieder etwas konstruiert, doch muss man den kreativen Köpfen gratulieren, dass ihnen das Kunststück gelingt, ungefähr 15 verschiedene Hauptfiguren unter einen Hut zu bekommen. Um den ohnehin schon sehr langen Film nicht unnötig Tempo verlieren zu lassen, inszeniert Singer in gut gewählten Abständen immer wieder neue Actionhöhepunkte, deren technische Brillanz nur noch von ihrer ungemein filmischen Gestaltung übertroffen wird. Statt sich auf puren Bombast zu verlassen, lässt die Regie die Action zu einer perfekten Symbiose aus Effekten, Design, Schnitt und absurden Kamerafahrten werden und begeistert dabei in ihrer Vielseitigkeit. John Ottmans unfassbar akzentuierter Soundtrack tut dabei natürlich sein Übriges. Jedoch können all diese wirklich tollen Momente nicht gegen den absoluten Triumph des Filmes ankommen: Die Eröffnungsszene im weißen Haus. Direkt nach dem elegant-futuristischen Intro begeistert "X-Men United" mit der vielleicht besten Eröffnungssequenz des modernen Kinofilmes. Schnell, geheimnisvoll, storytreibend und absolut beeindruckend umgesetzt. So würde man gerne immer in einen Film eingeführt werden. Leider kann man dieses Maß an Perfektion nicht die ganze Laufzeit über retten und so gerät ausgerechnet der Showdown deutlich zu lang und dessen Länge wird zudem durch immer mehr abstruse Höhepunkt merklich zu rechtfertigen versucht. Weniger wäre hier mehr gewesen und hätte womöglich auch eine deutlich packendere Wirkung erzielt.
Fazit: Auch in der Fortsetzung begeistern die X-Men als echte Charaktere mit Motivationen, Gefühlen und Idealen. Während die Wertevorstellungen einiger Personen immer mehr einzubrechen scheinen, müssen die anderen sich umso mehr an ihren Glauben (sinnbildlich dafür die biblischen Verweise durch Alan Cummings Figur) an einer besseren Welt festhalten. So erweist sich auch "X-Men United" erneut als Plädoyer für eine freiere Welt mit mehr Rechtschaffenheit, Akzeptanz und Gemeinschaftsempfinden für alle und als deutliche Botschaft gegen die Verstoßung anderer. Wichtige Werte, die aber nicht einfach nur platt vorgetragen, sondern subtil in ein Actioninferno eingewoben werden, dass sich sehen lassen kann und nur zum Ende hin ein wenig an Abwechslung vermissen lässt. Aus filmischer Sicht vorbildlich, von Seiten der Besetzung vielseitig und spannend gestaltet und insgesamt trotz kleiner Abschlusschwächen rundum überzeugend und - vor allem - aufrichtig in seiner Aussage. So sollte ein moderner Actionfilm aussehen! Bravo!
Der mutierte Homo Superior kehrt zurück. Im Jahr 2000 hatte "X-Men" nicht nur das Genre des modernen Comicfilmes begründet, sondern auch eine feinsinnige und emotionale Geschichte über die Verfolgung von Außenseitern und dem Umgehen mit dem Anders sein erzählt. Die einst beschädigte Männerfreundschaft zwischen dem Charismatiker Charles Xavier, der weise versucht, seine Schützlinge auf den Weg der Toleranz und (Selbst-)Akzeptanz zu führen, stand dabei genau so im Vordergrund wie die Vergangenheit seines radikalen Gegenspielers Erik Lensherr, der auf die Ignoranz der Menschen mit der totalen Vernichtung antworten möchte. Nachdem gerade diese Motive durch 9/11 und die damit verbundene islamophobe Hetzkampagne in der zivilisierten westlichen Welt noch mehr an Bedeutung gewannen, als man vorher ahnen konnte, war ein Sequel unvermeidlich. Ein Segen für den Zuschauer, dass man dafür nicht nur die komplette Besetzungsriege des Vorgängers, sondern auch Regisseur Bryan Singer zurückgewinnen konnte. Genau wie beim Erstling des Franchises darf er zum zweiten Mal seine Fähigkeiten als Geschichtenerzähler unter Beweis stellen und entfesselt ein fantastisches Actiondrama mit noch viel mehr Tiefgang, aber auch deutlich mehr Schauwerten. Während man vorher mit den von Patrick Stewart und Ian McKellen gespielten Pro- und Antagonisten eine klassische weltpolitische Konstellation, nämlich die einer unterdrückten und verfolgten Minderheit, in der verschiedene Lager zum einen den Ausgleich mit dem Gegner, zum anderen die Eskalation anstreben, vorfinden konnte, verschieben sich in "X-Men United" die Fronten. Der von Brian Cox angenehm fies gespielte General William Stryker verfolgt keine Ideologie, seine Ziele sind weitaus persönlicherer Natur und dürften vor allem für Nicht-Comicleser eine positive Überraschung bieten. Anstatt sich aber auf die pure Konstellation Gut gegen Böse zu verlassen, geht Singer einen ganzen Schritt weiter, in dem er eben diese Verhältnisse auflöst und seine Charaktere ambivalenter gestaltet. Neben der bereits in "X-Men" etablierten Clique rund um Famke Janssens Jean Grey, James Marsdens Cyclops und Halle Berrys Storm werden sie hier tatkräftig vom jungen Shawn Ashmore als cooler Iceman unterstützt, der mit seinen Fähigkeiten eine angemessene Verstärkung der Mutantencrew abgibt, aber durch seine Beziehung zu Anna Paquins Rogue, die, aufgrund ihrer Mutation, nie allzu persönlich werden kann und seinem Zerwürfnis mit seinen Eltern auch seine eigenen Dämonen mitbringt. Jackmans Logan hingegen ist weiterhin auf der Suche nach seinem wahren Ich und scheint eine Zeitlang seiner Antwort ganz nah, als er sich die Frage stellen muss, worauf es im Leben eigentlich wirklich ankommt. Ob man diese Themen für unnötige Psychologisierung hält oder nicht, muss man erkennen, dass eine solch thematische Vielfalt im Blockbuster-Geschäft eine Seltenheit darstellen. Und wenn es doch mal vordergrundig auftritt, dann gehen solche Aspekte meist direkt unter anderen Aspekten unter. Doch den Film durch seine vielen Figuren zu sehr von der Geschichte entfernen zu lassen kann hier wohl kaum als Vorwurf gelten, denn sämtliche Charaktere werden immer vollständig in das Konstrukt mit eingesponnen. Selbstredend natürlich, dass trotzdem jeder Comiccharakter seine ganz persönliche Highlightszene bekommt, in der er sich beweisen darf. Das wirkt zwar hin und wieder etwas konstruiert, doch muss man den kreativen Köpfen gratulieren, dass ihnen das Kunststück gelingt, ungefähr 15 verschiedene Hauptfiguren unter einen Hut zu bekommen. Um den ohnehin schon sehr langen Film nicht unnötig Tempo verlieren zu lassen, inszeniert Singer in gut gewählten Abständen immer wieder neue Actionhöhepunkte, deren technische Brillanz nur noch von ihrer ungemein filmischen Gestaltung übertroffen wird. Statt sich auf puren Bombast zu verlassen, lässt die Regie die Action zu einer perfekten Symbiose aus Effekten, Design, Schnitt und absurden Kamerafahrten werden und begeistert dabei in ihrer Vielseitigkeit. John Ottmans unfassbar akzentuierter Soundtrack tut dabei natürlich sein Übriges. Jedoch können all diese wirklich tollen Momente nicht gegen den absoluten Triumph des Filmes ankommen: Die Eröffnungsszene im weißen Haus. Direkt nach dem elegant-futuristischen Intro begeistert "X-Men United" mit der vielleicht besten Eröffnungssequenz des modernen Kinofilmes. Schnell, geheimnisvoll, storytreibend und absolut beeindruckend umgesetzt. So würde man gerne immer in einen Film eingeführt werden. Leider kann man dieses Maß an Perfektion nicht die ganze Laufzeit über retten und so gerät ausgerechnet der Showdown deutlich zu lang und dessen Länge wird zudem durch immer mehr abstruse Höhepunkt merklich zu rechtfertigen versucht. Weniger wäre hier mehr gewesen und hätte womöglich auch eine deutlich packendere Wirkung erzielt.
Fazit: Auch in der Fortsetzung begeistern die X-Men als echte Charaktere mit Motivationen, Gefühlen und Idealen. Während die Wertevorstellungen einiger Personen immer mehr einzubrechen scheinen, müssen die anderen sich umso mehr an ihren Glauben (sinnbildlich dafür die biblischen Verweise durch Alan Cummings Figur) an einer besseren Welt festhalten. So erweist sich auch "X-Men United" erneut als Plädoyer für eine freiere Welt mit mehr Rechtschaffenheit, Akzeptanz und Gemeinschaftsempfinden für alle und als deutliche Botschaft gegen die Verstoßung anderer. Wichtige Werte, die aber nicht einfach nur platt vorgetragen, sondern subtil in ein Actioninferno eingewoben werden, dass sich sehen lassen kann und nur zum Ende hin ein wenig an Abwechslung vermissen lässt. Aus filmischer Sicht vorbildlich, von Seiten der Besetzung vielseitig und spannend gestaltet und insgesamt trotz kleiner Abschlusschwächen rundum überzeugend und - vor allem - aufrichtig in seiner Aussage. So sollte ein moderner Actionfilm aussehen! Bravo!
Ich finde, X-Men United ist ein wahres Highlight durch seine Vielfältigkeit, optische Brillanz und natürlich die famosen Actionszenen, von denen das Nightcrawler-Opening so für mich beinahe unübertroffen in seiner Gesamtheit ist. Und dann ist da ja auch der, wie mir selbst auffällt, von mir viel zu wenig gewürdigte Brian Cox als Stryker, der eine sehr genussvolle Verkörperung des klassischen Arschlochs gibt und dabei für mich sogar noch cooler ist als Hugh Jackman in seiner Paraderolle. Einzig und allein der Showdown zieht sich wirklich zu sehr in die Länge, aber das eigentliche Problem dabei ist vor allem die fehlende Abwechslung durch den statischen Schauplatz, an dem das ganze spielt. (Und theoretisch sind es ja primär auch nur irgendwelche verdreckten Gänge.) Dafür hat dieses Kapitel aber auch seine starken Momente (Storm und Nightcrawler im Cerebro, Wolverine vs. Lady Deathstrike), aber wird merklich gestreckt, ganz schlimm ist das besonders bei dem völlig überflüssigen Kampf zwischen Jean und Scott. (Ohnehin eigentlich ein Witz, wie in der X-Men-Trilogie mit dieser Figur (Cyclops) umgegangen wird. Gab es da irgendwann mal Aufstände von wütenden Comiclesern zu dem Thema?)
X-Men: Der letzte Widerstand
Jede Geschichte findet irgendwann ein Ende. Nach dem der Homo Superior mit "X-Men" und "X-Men United" das Comicfilmgenre revolutionierte, musste er sich 2006 seiner schwierigsten Aufgabe stellen: Dem großen Finale einer bis dahin vielversprechenden Trilogie. Die Vorbereitungen dafür dürften für alle relativ chaotisch verlaufen sein. Bryan Singer, Regisseur der vorherigen Filme, widmete sich lieber anderen Projekten und nahm seinen Cyclops-Star James Marsden gleich mit, weshalb dessen Auftritt hier auf wenige Minuten reduziert wurde. An seiner Stelle übernahm Brett Ratner und inszenierte den Abschluss des X-Men-Dreiers als kurzen und reduzierten Blockbuster mit massig Action und viel Bombast. Und genau das ist auch eines der Hauptprobleme dieses Filmes und der traurige Grund, warum "Der letzte Widerstand" nicht wirklich mit seinen Vorgängern harmonieren will. Denn zeichnete sich die Mutantenbande vorher durch wohlüberlegte gesellschaftskritische Geschichten mit ideologischen Thematiken aus, werden diese hier nur angedeutet und gehen zwischen all den Kloppereien und Kämpfen völlig unter. Anstatt auf eine durchdachte und intelligente Handlung zu setzen, hetzt Ratner wie bei einem Marathon durch seine 105 Minuten und lässt dabei nahezu alle wichtigen Momente der Handlung verpuffen. Auf der einen Seite fehlt einem dabei die Tiefe, wenn die wenigen vorhandenen interessanten Aspekte nur kurz angeschnitten werden, auf der anderen erscheinen einem sogar die Todesszenen früherer relevanter Charaktere als absolut belanglos. Die erste Stunde ist dabei nicht mehr als eine langatmige Ansammlung von unspannenden und konturlosen Szenen, die durch gespielte Dramatik aufgefangen zu versucht werden und in denen man mit der Verknüpfung gleich mehrerer unzusammenhängender Handlungsstränge so etwas wie Abwechslung vorzutäuschen hofft. Später wird es dann etwas besser und im wieder einmal sehr langen Showdown versteht es die Regie dann auch, ihre Protagoniste ein wenig in Szene zu setzen und zumindest visuell schwere Geschütze aufzufahren. Diese letzte halbe Stunde macht durchaus eine Menge Spaß, wenngleich sie natürlich auch nur von ihrer Bildgewalt lebt und kaum durch einen ohnehin gar nicht vorhandenen Background. Hätte ein reiner Actionfilm mit den X-Men-Charakteren durch die tiefgehende Charakterisierung in den Vorgängern seinen Reiz haben und funktionieren können, wird selbst dieser theoretisch vorhandene Vorteil hier mit großer Freude an die Wand gefahren. So kommt man nicht darum herum, bei vielen Figuren von einem Verrat an ihrer eigentlichen Persönlichkeit zu sprechen. Wolverine, wie immer durch den Vollzeit-Charismatiker Hugh Jackman verkörpert, trifft es dabei noch am Wenigsten, seine Kollegen erwischt es dafür umso erdrückender. Nachdem bereits der kurze Auftritt von Cyclops eine Enttäuschung sein dürfte, verkommt Patrick Stewarts Professor X zu einem reinen Statisten, dessen mehr als nur krasse Entscheidung in der Vergangenheit statt für moralische Diskussionen zu sorgen am Ende ein eher fragwürdiges Licht auf den Charakter wirft. Anna Paquin als Rogue darf sich durch eine überflüssige Dreiecks-Beziehung quälen, nur, damit der Film den ganzen Konflikt ihrer Figur in wenigen Sätzen entgegen aller vorher aufgebauten Prinzipien beantwortet. Grausam ist es insbesondere in Hinblick auf Rebecca Romijin als Mystique und dem ständigen Antagonisten Magneto. Erstere wird innerhalb von drei Szenen nicht nur schrecklich entmystifiziert, sondern auch unrühmlich verabschiedet und aus dem verbitterten Erik Lensherr wird plötzlich ein grausamer Feldherr. Ist doch gerade das faszinierende Element an seinem Charakter gewesen, dass er eben nicht bloß böse und hassenswert ist, sondern einfach eine andere, stellenweise auch deutlich radikalere Vorstellung davon hat, wie man das "Mutantenproblem" lösen müsse als Xavier, funktioniert man ihn hier zum gefühllosen General um, der seine Soldaten auch ruhig einmal im Sinne des Sieges auf dem Schlachtfeld opfert. Ian McKellens ansonsten so großartige Präsenz kann dementsprechend hier kaum aufblühen und er reiht sich ein in die lange Liste des verschenkten Potenzials. Famke Janssen und Halle Berry mischen beide zwar wieder mit, haben allerdings auch keine allzu nennenswerten Höhepunkte. Wenigstens die meisten Kampfszenen überzeugen und sind, wenn sie auch aus filmischer Sicht längst nicht so elegant und umwerfend wie bei Singer inszeniert wurden, in technischer Hinsicht einwandfrei und ein paar nette Spielereien erlaubt man sich zumindest. Das launige Spiel mit den unterschiedlichsten Mutationen bietet ein paar gut dosierte Lacher und mit den Neubesetzungen Kelsey Grammer, Vinnie Jones und der bezaubernden Ellen Page hat man immerhin ein paar deutlich motivierte Gesichter an Bord, die ein wenig frischen Wind mit einbringen. Was allerdings der gefühlt 10 Sekunden lange Auftritt von Ben Foster als Angel sollte, weiß wohl auch nur die Marketingabteilung.
Fazit: Einen Film mit gleich zwei Rückblenden zu starten, erscheint nicht nur auf dem Papier dramaturgisch unklug. Leider kann der finale Teil der "X-Men-Trilogie" inhaltlich überhaupt nicht überzeugen und setzt seine Vorgänger ad absurdum fort, sodass bei dem Wiedersehen mit altbekannten Charakteren statt der gewollten Euphorie nur irritiertes Gähnen aufkommt. Trotzdem ist bei Weitem nicht alles schlecht, denn durch das hohe Tempo und die schnell geschnittenen audiovisuellen Actionszenen sowie dem lauten Soundtrack von John Powell lebt "Der letzte Widerstand" von seiner Kurzweiligkeit und den Überraschungen der Erstsichtung. Doch kommt bei all der seichten Unterhaltung nie von dem Gedanken los, dass die X-Men einst für mehr standen, als einen vergnüglichen Samstagnachmittag. Wo es früher vor Ideologien, nachvollziehbaren Motivationen, komplexen politischen Konstellationen und interessanten Charakteren nur so wimmelte, verkommt all das zu einem Festival der Oberflächlichkeiten, dass sich immer nur so viel Tiefgang erlaubt, wie man der Zielgruppe ab 10 Jahren eben zumuten möchte. Brett Ratner opfert die Seele des Franchises zu Gunsten von epischen Schlachten und ausufernden Kämpfen. Was hätte Bryan Singer aus dieser Ausgangssituation wohl rausgeholt?
Jede Geschichte findet irgendwann ein Ende. Nach dem der Homo Superior mit "X-Men" und "X-Men United" das Comicfilmgenre revolutionierte, musste er sich 2006 seiner schwierigsten Aufgabe stellen: Dem großen Finale einer bis dahin vielversprechenden Trilogie. Die Vorbereitungen dafür dürften für alle relativ chaotisch verlaufen sein. Bryan Singer, Regisseur der vorherigen Filme, widmete sich lieber anderen Projekten und nahm seinen Cyclops-Star James Marsden gleich mit, weshalb dessen Auftritt hier auf wenige Minuten reduziert wurde. An seiner Stelle übernahm Brett Ratner und inszenierte den Abschluss des X-Men-Dreiers als kurzen und reduzierten Blockbuster mit massig Action und viel Bombast. Und genau das ist auch eines der Hauptprobleme dieses Filmes und der traurige Grund, warum "Der letzte Widerstand" nicht wirklich mit seinen Vorgängern harmonieren will. Denn zeichnete sich die Mutantenbande vorher durch wohlüberlegte gesellschaftskritische Geschichten mit ideologischen Thematiken aus, werden diese hier nur angedeutet und gehen zwischen all den Kloppereien und Kämpfen völlig unter. Anstatt auf eine durchdachte und intelligente Handlung zu setzen, hetzt Ratner wie bei einem Marathon durch seine 105 Minuten und lässt dabei nahezu alle wichtigen Momente der Handlung verpuffen. Auf der einen Seite fehlt einem dabei die Tiefe, wenn die wenigen vorhandenen interessanten Aspekte nur kurz angeschnitten werden, auf der anderen erscheinen einem sogar die Todesszenen früherer relevanter Charaktere als absolut belanglos. Die erste Stunde ist dabei nicht mehr als eine langatmige Ansammlung von unspannenden und konturlosen Szenen, die durch gespielte Dramatik aufgefangen zu versucht werden und in denen man mit der Verknüpfung gleich mehrerer unzusammenhängender Handlungsstränge so etwas wie Abwechslung vorzutäuschen hofft. Später wird es dann etwas besser und im wieder einmal sehr langen Showdown versteht es die Regie dann auch, ihre Protagoniste ein wenig in Szene zu setzen und zumindest visuell schwere Geschütze aufzufahren. Diese letzte halbe Stunde macht durchaus eine Menge Spaß, wenngleich sie natürlich auch nur von ihrer Bildgewalt lebt und kaum durch einen ohnehin gar nicht vorhandenen Background. Hätte ein reiner Actionfilm mit den X-Men-Charakteren durch die tiefgehende Charakterisierung in den Vorgängern seinen Reiz haben und funktionieren können, wird selbst dieser theoretisch vorhandene Vorteil hier mit großer Freude an die Wand gefahren. So kommt man nicht darum herum, bei vielen Figuren von einem Verrat an ihrer eigentlichen Persönlichkeit zu sprechen. Wolverine, wie immer durch den Vollzeit-Charismatiker Hugh Jackman verkörpert, trifft es dabei noch am Wenigsten, seine Kollegen erwischt es dafür umso erdrückender. Nachdem bereits der kurze Auftritt von Cyclops eine Enttäuschung sein dürfte, verkommt Patrick Stewarts Professor X zu einem reinen Statisten, dessen mehr als nur krasse Entscheidung in der Vergangenheit statt für moralische Diskussionen zu sorgen am Ende ein eher fragwürdiges Licht auf den Charakter wirft. Anna Paquin als Rogue darf sich durch eine überflüssige Dreiecks-Beziehung quälen, nur, damit der Film den ganzen Konflikt ihrer Figur in wenigen Sätzen entgegen aller vorher aufgebauten Prinzipien beantwortet. Grausam ist es insbesondere in Hinblick auf Rebecca Romijin als Mystique und dem ständigen Antagonisten Magneto. Erstere wird innerhalb von drei Szenen nicht nur schrecklich entmystifiziert, sondern auch unrühmlich verabschiedet und aus dem verbitterten Erik Lensherr wird plötzlich ein grausamer Feldherr. Ist doch gerade das faszinierende Element an seinem Charakter gewesen, dass er eben nicht bloß böse und hassenswert ist, sondern einfach eine andere, stellenweise auch deutlich radikalere Vorstellung davon hat, wie man das "Mutantenproblem" lösen müsse als Xavier, funktioniert man ihn hier zum gefühllosen General um, der seine Soldaten auch ruhig einmal im Sinne des Sieges auf dem Schlachtfeld opfert. Ian McKellens ansonsten so großartige Präsenz kann dementsprechend hier kaum aufblühen und er reiht sich ein in die lange Liste des verschenkten Potenzials. Famke Janssen und Halle Berry mischen beide zwar wieder mit, haben allerdings auch keine allzu nennenswerten Höhepunkte. Wenigstens die meisten Kampfszenen überzeugen und sind, wenn sie auch aus filmischer Sicht längst nicht so elegant und umwerfend wie bei Singer inszeniert wurden, in technischer Hinsicht einwandfrei und ein paar nette Spielereien erlaubt man sich zumindest. Das launige Spiel mit den unterschiedlichsten Mutationen bietet ein paar gut dosierte Lacher und mit den Neubesetzungen Kelsey Grammer, Vinnie Jones und der bezaubernden Ellen Page hat man immerhin ein paar deutlich motivierte Gesichter an Bord, die ein wenig frischen Wind mit einbringen. Was allerdings der gefühlt 10 Sekunden lange Auftritt von Ben Foster als Angel sollte, weiß wohl auch nur die Marketingabteilung.
Fazit: Einen Film mit gleich zwei Rückblenden zu starten, erscheint nicht nur auf dem Papier dramaturgisch unklug. Leider kann der finale Teil der "X-Men-Trilogie" inhaltlich überhaupt nicht überzeugen und setzt seine Vorgänger ad absurdum fort, sodass bei dem Wiedersehen mit altbekannten Charakteren statt der gewollten Euphorie nur irritiertes Gähnen aufkommt. Trotzdem ist bei Weitem nicht alles schlecht, denn durch das hohe Tempo und die schnell geschnittenen audiovisuellen Actionszenen sowie dem lauten Soundtrack von John Powell lebt "Der letzte Widerstand" von seiner Kurzweiligkeit und den Überraschungen der Erstsichtung. Doch kommt bei all der seichten Unterhaltung nie von dem Gedanken los, dass die X-Men einst für mehr standen, als einen vergnüglichen Samstagnachmittag. Wo es früher vor Ideologien, nachvollziehbaren Motivationen, komplexen politischen Konstellationen und interessanten Charakteren nur so wimmelte, verkommt all das zu einem Festival der Oberflächlichkeiten, dass sich immer nur so viel Tiefgang erlaubt, wie man der Zielgruppe ab 10 Jahren eben zumuten möchte. Brett Ratner opfert die Seele des Franchises zu Gunsten von epischen Schlachten und ausufernden Kämpfen. Was hätte Bryan Singer aus dieser Ausgangssituation wohl rausgeholt?
Ist doch zum Verrückt werden mit uns beidenCinefreak hat geschrieben:ich glaube, den fand ich wieder ne ganze Ecke stärker
Nein, im ernst, X-Men 3 ist aus optischer und audiovisueller Sicht natürlich ein Fest für die Sinne, aber verrät seine Vorgänger einfach zu sehr, um in irgendeiner Art und Weise im Gedächtnis zu bleiben. Am deutlichsten wird das bei der Golden-Gate-Bridge-Szene: Mit einem riesigen Aufwand an CGI-Aufnahmen und Modellarbeiten haben die da eine beeindrucke Sequenz erschaffen, die aber total untergeht, weil sie erstens dramaturgisch überhaupt nicht gerechtfertigt ist und zweitens den Charakter Erik Lensherr auf eine Art und Weise demontiert, dass man es beinahe als Unverschämtheit empfindet. Ratner ist darüberhinaus als Geschichtenerzähler aber auch kein Naturtalent wie Singer, sodass er den vielen Figuren und Handlungssträngen (Heilmittel, Liebes-Dreieck, Phoenix etc.) nicht gewachsen ist und alles ein wenig untergeht zwischen den zahllosen Actionszenen, von denen einige ziemlich gut gemacht sind (Showdown, Kampf im Grey-Anwesen), andere aber einfallslos und überflüssig eingefügt werden (Wolverine im Mutantenlager, Trainingssequenz)...
Fand den letzten Widerstand im Kino damals schwächer als die 1 und 2, habe aber auch das Gefühl, dass der manchmal über Gebühr gebasht wird. Hab ihn aber auch seitdem nicht mehr gesehen, muss irgendwann demnächst die ganze Reihe mal wieder am Stück sehen.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]
Habe ihn letztes im Fernsehen mal wieder zur Hälfte oder so angeschaut:McClane hat geschrieben:Fand den letzten Widerstand im Kino damals schwächer als die 1 und 2, habe aber auch das Gefühl, dass der manchmal über Gebühr gebasht wird. Hab ihn aber auch seitdem nicht mehr gesehen, muss irgendwann demnächst die ganze Reihe mal wieder am Stück sehen.
Imo wird er nicht oft genug genügend stark gebashed...
A Million Ways to Die in the West
Kein anderes Filmgenre ist in den letzten 25 Jahren so oft totgesagt worden, wie der Western und das obwohl es an modernen Genrevertretern wie "The Lone Ranger" oder "Django Unchained" gar nicht so sehr mangelt, wie man eigentlich denkt. Das noch Leben im wilden Westen steckt und man einiges aus den Motiven dieser Geschichten rausholen kann, möchte nun auch Seth Macfarlane beweisen, der für seine Arbeiten an den Cartoonserien "Family Guy" und "American Dad" weltberühmt wurde. Als Autor, Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller nimmt er daher den Kampf auf und versucht sich an einer Hommage an alte Meisterwerke mit reichlichen Angriffen auf die Lachmuskeln. Was seinen Film dabei von anderen Parodien der letzten Jahre glücklicherweise unterscheidet, ist sein durchaus liebevoller Umgang mit den Vorbildern, vor denen er sich beinahe erfurchtsvoll zu verneigen scheint. Und genau dieses Maß an Respekt ist es, was die absurden und komischen Momente in "A Million Ways to Die in the West" umso lustiger werden lässt. Macfarlanes Humorkonzept dürfte jedem bekannt sein: Es gibt massig derbe Gags, versaute Anspielungen, pubertierende Oneliner und das gern zitierte "Unter die Gürtellinie gehen" wird extrem ausgereizt. Dieser Linie bleibt das Mastermind auch auf der großen Leinwand treu und wer einen schwachen Magen hat oder mit relativ platten Gags nichts anfangen kann, der ist bei diesem Film mit Sicherheit an der falschen Adresse gelandet. Doch wo Macfarlane drauf steht, da ist eben auch Macfarlane drin und deswegen kann man es für Fans seines Werkes als Glücksfall betrachten, dass er auch hier nicht davor scheut, seine Philosophien umzusetzen und er sogar den geliebten Skit-Humor beibehält, bei dem Gags sich nicht unbedingt organisch durch den Filmfluss ergeben, sondern über Anekdoten oder Einleitungssätze eingeführt werden, um dann durch eine Pointe oder einen Schnitt zu Ende gebracht zu werden. Dieses Stilmittel macht vor allem in der ersten Hälfte mächtig Spaß, wenngleich es auch der Struktur der Handlung nicht unbedingt zuträglich ist. Allerdings stellt die Geschichte rund um einen Schafshirten, der sich für seine große Liebe in ein gefährliches Duell begeben muss ohnehin nur einen Mittel zum Zweck dar, von daher sollte man sich an dieser sowieso nicht festbeißen, denn auf dem Weg zum großen Finale begibt man sich in dieser Hinsicht auf ein Festival der Vorhersehbarkeiten. Gekonnt ausgeglichen wird das aber durch das charmant agierende Darstellerensemble und die wirklich bissigen Dialoge. Es ist teilweise echt überraschend, aber zwischendurch auch wahrhaft schockierend, was Ikonen wie Charlize Theron als das taffe Mädchen oder Liam Neeson als cooler Gangster hier von sich geben dürfen. Selten hat man im Kino ein so freches Repertoire an politisch inkorrekten Witzen, Wortspielen und Situationen präsentiert bekommen. Nicht genug, dass selbst die heftigsten sexuellen Inhalte und allerlei derbe Ausdrücke ihren Weg in das Endprodukt gefunden haben, sogar mit der ein oder anderen krassen Gewaltszene wird man konfrontiert, bei der einem das Lachen beinahe im Halse stecken bleibt. Die Protagonisten dieses Filmes sind weit von typischen Western-Konstellationen entfernt, hier handelt es sich um Männer oder Frauen, die furzen, fluchen, ficken und faxen. Blut, Kotze, Kot und Sperma kommen dabei natürlich auch erwartungsgemäß nicht zu kurz, wobei die witzigste Sequenz zweifelsohne das Schieß-Training von Macfarlanes Figur ist, bei der man als fast einzige Szene komplett ohne diese "Eigenschaften" auskommt. Direkt im Anschluss daran bekommt man auch etwas geboten, was die Hommage in "A Million Ways to Die in the West" deutlich werden lässt. Immer wieder baut die Regie elegante Kamerafahrten und Panoramaaufnahmen des wilden Westens ein und garniert das ganze mit einem vorzüglich altmodischen Soundtrack. Dabei werden Erinnerungen wach und diese leise und versteckte Liebeserklärung harmoniert trotz ihrer Andersartigkeit auf eine gewisse Art und Weise toll mit dem harten Kontrast durch die modernen Sexwitze und Gewaltszenen. Einzig und allein eine etwas unnötige und im Allgemeinen auch zu lange Musicaleinlage bringt einen überflüssigerweise aus dieser Stimmung heraus, was aber nur 5-10 Minuten des Genusses beeinträchtigt.
Fazit: Dekonstruierend, sarkastisch, willkürlich, rotzfrech, pubertär, kindlich und völlig verspielt! Das alles ist Seth Macfarlane, genau das erwartet man von ihm und genau das liefert er hier ab und deshalb sollten sich Fans seiner Werke ohne Zögern ins Lichtspielhaus begeben. Alle anderen wagen sich auf eine scharfe Gradwanderung. Die einen werden mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Saal gehen, die anderen werden sich vielleicht zurecht fragen, was der ganze Schwachsinn gerade eigentlich sollte. Alle Parteien haben irgendwo recht und natürlich ist und bleibt Humor Geschmackssache, zumal hier sicher nicht jeder Gag ein Treffer ist und die ein oder andere Pointe ins Leere läuft und nur eine peinliche Stille unter den Zuschauern erzeugt. Doch wer vor Tabubrüchen keinen Halt macht, wird bei "A Million Ways to Die in the West" noch mit etwas anderem belohnt und das ist eine handwerklich toll gefilmte Komödie mit einigen inszenatorischen Einfällen und einem zumindest in jederlei Hinsicht mutigem Konzept, dass überraschenderweise konsequent bis zum Ende durchgehalten wird. Die Schauspieler leisten dabei ebenso gute Arbeit wie das Script und dank künstlerisch ambitionierten und optisch schönen Höhepunkten wird dem Auge auf jeden Fall etwas geboten. Wie das bei dem einzelnen Betrachter aufgeht, muss sich zeigen. Fest steht: Jeder Filmfan sollte die drei vielleicht coolsten Cameoauftritte der letzten Jahre auf jeden Fall einmal gesehen haben! Howdy!
Kein anderes Filmgenre ist in den letzten 25 Jahren so oft totgesagt worden, wie der Western und das obwohl es an modernen Genrevertretern wie "The Lone Ranger" oder "Django Unchained" gar nicht so sehr mangelt, wie man eigentlich denkt. Das noch Leben im wilden Westen steckt und man einiges aus den Motiven dieser Geschichten rausholen kann, möchte nun auch Seth Macfarlane beweisen, der für seine Arbeiten an den Cartoonserien "Family Guy" und "American Dad" weltberühmt wurde. Als Autor, Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller nimmt er daher den Kampf auf und versucht sich an einer Hommage an alte Meisterwerke mit reichlichen Angriffen auf die Lachmuskeln. Was seinen Film dabei von anderen Parodien der letzten Jahre glücklicherweise unterscheidet, ist sein durchaus liebevoller Umgang mit den Vorbildern, vor denen er sich beinahe erfurchtsvoll zu verneigen scheint. Und genau dieses Maß an Respekt ist es, was die absurden und komischen Momente in "A Million Ways to Die in the West" umso lustiger werden lässt. Macfarlanes Humorkonzept dürfte jedem bekannt sein: Es gibt massig derbe Gags, versaute Anspielungen, pubertierende Oneliner und das gern zitierte "Unter die Gürtellinie gehen" wird extrem ausgereizt. Dieser Linie bleibt das Mastermind auch auf der großen Leinwand treu und wer einen schwachen Magen hat oder mit relativ platten Gags nichts anfangen kann, der ist bei diesem Film mit Sicherheit an der falschen Adresse gelandet. Doch wo Macfarlane drauf steht, da ist eben auch Macfarlane drin und deswegen kann man es für Fans seines Werkes als Glücksfall betrachten, dass er auch hier nicht davor scheut, seine Philosophien umzusetzen und er sogar den geliebten Skit-Humor beibehält, bei dem Gags sich nicht unbedingt organisch durch den Filmfluss ergeben, sondern über Anekdoten oder Einleitungssätze eingeführt werden, um dann durch eine Pointe oder einen Schnitt zu Ende gebracht zu werden. Dieses Stilmittel macht vor allem in der ersten Hälfte mächtig Spaß, wenngleich es auch der Struktur der Handlung nicht unbedingt zuträglich ist. Allerdings stellt die Geschichte rund um einen Schafshirten, der sich für seine große Liebe in ein gefährliches Duell begeben muss ohnehin nur einen Mittel zum Zweck dar, von daher sollte man sich an dieser sowieso nicht festbeißen, denn auf dem Weg zum großen Finale begibt man sich in dieser Hinsicht auf ein Festival der Vorhersehbarkeiten. Gekonnt ausgeglichen wird das aber durch das charmant agierende Darstellerensemble und die wirklich bissigen Dialoge. Es ist teilweise echt überraschend, aber zwischendurch auch wahrhaft schockierend, was Ikonen wie Charlize Theron als das taffe Mädchen oder Liam Neeson als cooler Gangster hier von sich geben dürfen. Selten hat man im Kino ein so freches Repertoire an politisch inkorrekten Witzen, Wortspielen und Situationen präsentiert bekommen. Nicht genug, dass selbst die heftigsten sexuellen Inhalte und allerlei derbe Ausdrücke ihren Weg in das Endprodukt gefunden haben, sogar mit der ein oder anderen krassen Gewaltszene wird man konfrontiert, bei der einem das Lachen beinahe im Halse stecken bleibt. Die Protagonisten dieses Filmes sind weit von typischen Western-Konstellationen entfernt, hier handelt es sich um Männer oder Frauen, die furzen, fluchen, ficken und faxen. Blut, Kotze, Kot und Sperma kommen dabei natürlich auch erwartungsgemäß nicht zu kurz, wobei die witzigste Sequenz zweifelsohne das Schieß-Training von Macfarlanes Figur ist, bei der man als fast einzige Szene komplett ohne diese "Eigenschaften" auskommt. Direkt im Anschluss daran bekommt man auch etwas geboten, was die Hommage in "A Million Ways to Die in the West" deutlich werden lässt. Immer wieder baut die Regie elegante Kamerafahrten und Panoramaaufnahmen des wilden Westens ein und garniert das ganze mit einem vorzüglich altmodischen Soundtrack. Dabei werden Erinnerungen wach und diese leise und versteckte Liebeserklärung harmoniert trotz ihrer Andersartigkeit auf eine gewisse Art und Weise toll mit dem harten Kontrast durch die modernen Sexwitze und Gewaltszenen. Einzig und allein eine etwas unnötige und im Allgemeinen auch zu lange Musicaleinlage bringt einen überflüssigerweise aus dieser Stimmung heraus, was aber nur 5-10 Minuten des Genusses beeinträchtigt.
Fazit: Dekonstruierend, sarkastisch, willkürlich, rotzfrech, pubertär, kindlich und völlig verspielt! Das alles ist Seth Macfarlane, genau das erwartet man von ihm und genau das liefert er hier ab und deshalb sollten sich Fans seiner Werke ohne Zögern ins Lichtspielhaus begeben. Alle anderen wagen sich auf eine scharfe Gradwanderung. Die einen werden mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Saal gehen, die anderen werden sich vielleicht zurecht fragen, was der ganze Schwachsinn gerade eigentlich sollte. Alle Parteien haben irgendwo recht und natürlich ist und bleibt Humor Geschmackssache, zumal hier sicher nicht jeder Gag ein Treffer ist und die ein oder andere Pointe ins Leere läuft und nur eine peinliche Stille unter den Zuschauern erzeugt. Doch wer vor Tabubrüchen keinen Halt macht, wird bei "A Million Ways to Die in the West" noch mit etwas anderem belohnt und das ist eine handwerklich toll gefilmte Komödie mit einigen inszenatorischen Einfällen und einem zumindest in jederlei Hinsicht mutigem Konzept, dass überraschenderweise konsequent bis zum Ende durchgehalten wird. Die Schauspieler leisten dabei ebenso gute Arbeit wie das Script und dank künstlerisch ambitionierten und optisch schönen Höhepunkten wird dem Auge auf jeden Fall etwas geboten. Wie das bei dem einzelnen Betrachter aufgeht, muss sich zeigen. Fest steht: Jeder Filmfan sollte die drei vielleicht coolsten Cameoauftritte der letzten Jahre auf jeden Fall einmal gesehen haben! Howdy!
Sherlock - Der leere Sarg
Zwei Jahre lang mussten wir warten. Zwei Jahre war es her, dass der berüchtigte Meisterdetektiv Sherlock Holmes in "Der Reichenbachfall" seiner Nemesis Jim Moriarty gegenüber stand und auf dem Dach des St. Bartholomew Hospitals eine folgenschwere Entscheidung treffen musste. Der Cliffhanger stellte sich dabei als einer der fiesesten überhaupt heraus und daher dreht sich in "Der leere Sarg" erst einmal alles nur um eine Frage: Wie zur Hölle hat er das gemacht? Die Antwort darauf soll an dieser Stelle nicht verraten werden, doch die Art und Weise, wie mit den zahlreichen Theorien der Fans in dieser langen Durststrecken-Pause gespielt und teilweise absolut herrlich durch den Kakao gezogen wird, ist einzigartig und vielleicht einer der großartigsten Einfälle, den die Produzenten Mark Gatiss und Steven Moffat jemals hatten. Neben der Auflösung dieses Handlungselementes gibt es aber noch etwas ganz anderes treibendes für den Fortlauf, was eigentlich viel essentieller als Holmes vergangene Tat ist. Nach zwei voneinander getrennten Jahren müssen er und Dr. Watson sich wieder annähern und erneut zu dem Team werden, dass sie einst gewesen sind. Diese Aufgabe steht im Vordergrund und sie ist gerade wegen ihrer hoch emotionalen Ladung eine ungeheuer spannende Angelegenheit. Als Sherlock das erste Mal wieder auf seinen alten Weggefährten trifft, nimmt er sogar wie selbst verständlich an, dass dieser über seine Auferstehung erfreut sei. Doch die Realität sieht anders aus und es liegt an der schauspielerischen Kompetenz von Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, das diese Momente sowohl offenkundig als auch subtil Gefühle zeigen. Überhaupt treiben auch in diesem Film wieder die Charaktere die Handlung voran. Holmes, der mit dieser ihm fremden Situation plötzlich überfordert ist und nach all seinen Fortschritten in den Vorgängern wieder als der hochfunktionale Soziopath aus "Ein Fall von Pink" erscheint, Watson, der sich verraten, enttäuscht und gedemütigt fühlt und dazwischen gibt es auch noch ein schönes Wiedersehen mit all den alten Bekannten vergangener Episoden, sogar Moriarty darf sich in einer grandiosen Szene kurz zurückmelden. Die Spannung resultiert dabei immer aus den Erwartungshaltungen und tatsächlichen Ereignissen, etwa, wenn Watson sich doch noch für eine Annäherung entscheidet oder Mycroft sich überraschend als der klügere Holmes rausstellt, was sogar seinen Ursprung in den Originalen von Sir Arthur Conan Doyle hat. Natürlich gibt es auch ansonsten weitere zahlreiche Anspielungen an genannte Werke, doch muss man in der heutigen Zeit etwas schwerere Geschütze auffahren, so gibt es beispielsweise ungefähr in der Mittel des Filmes eine lange Verfolgungsjagd durch die Londoner Straßen, in der mit reichlich optischen Tricks wie Slo-Motion gearbeitet und eine ungeheuerliche Dynamik erzeugt wird. Das alles wirkt jedoch nie aufgesetzt oder gar störend, es passt hervorragend in dieses Universum und besonders stilistisch unterscheidet sich "Der leere Sarg" eigentlich gar nicht von seinen Vorgängern. Auf dem Regiesessel erweist Sherlock-Neuling Jeremy Lovering als fähiger Mann für das Franchise und setzt diese gewisse Eigenart der Reihe gekonnt fort. Ein bereits vorher auftretendes Element wird allerdings enorm gesteigert im direkten Vergleich: Der Humor. In keinem anderen Sherlock-Film gab es so viel zu lachen, wie in diesem und das tut auf der einen Seite der Stimmung zwar ziemlich gut und lockert zwischen den dramatischen Szenen auf, andersherum übertreibt man es mit dem ein oder anderen Running-Gag dabei vielleicht aber etwas zu sehr. Genauso gerät und das muss man bei einem Kriminalfilm nun einmal auch beachten der eigentliche Fall völlig in den Hintergrund und ist eigentlich nur wenige Minuten präsent, um dann im Showdown schließlich auf einmal für Spannung sorgen zu sollen. Hier stimmt das Verhältnis nicht unbedingt und die Spionagegeschichte rund um ein Terrornetzwerk mag durch seine Bezüge zu Guy Fawkes und den 5. November 1605 zwar ganz nett sein, ist aber doch reichlich abgehoben und bietet einfach zu wenig Möglichkeiten für den Meisterdetektiv, seinen genialen Intellekt zu offenbaren. Natürlich war es Sinn der Sache, andere Aspekte des Universus in den Fokus des Zuschauers zu befördern, doch nimmt es am Ende dann leider ein paar absurde Züge an, die man nur mit viel gutem Willen ignorieren kann. Schade drum.
Fazit: "Back to Baker Street, Sherlock." Endlich ist er wieder da!, möchte man begeistert aufschreien und für das große Wiedersehen hat man sich einiges einfallen lassen. Allerlei faszinierend witzige Theorien, wie Sherlock denn nun aus der brenzligen Situation im Reichenbachfall entkommen ist, spaßige und bissig-sarkastische Wortgefechte zwischen den Protagonisten und eine stark geschriebene Charakterentwicklung machen den leeren Sarg genauso zu einem Fest, wie auch die packende Actionszene im Mittelteil und die vielen ästhetischen inszenatorischen Kniffe der Regie. Die Reinkarnation des Sherlock-Universums überzeugt in dieser Hinsicht auf ganzer Linie und ist in ihrem Aufbau ein deutliches Zugeständnis an die Fans und ihr Engagement für diese Sendung, insbesondere nach dem Ende der zweiten Staffel. Doch leider muss man fairerweise den blassen und beinahe störenden, weil völlig überflüssigen Kriminalfall kritisieren, der anders als beispielsweise bei "Ein Skandal in Belgravia" einen für seine Unbedeutsamkeit zu großen Anteil an der Handlung des Filmes hat und damit ein wenig losgelöst vom eigenen Geschehen passiert. Doch bei all den witzigen und aufrichtigen Momenten zwischen den beiden unvergleichlichen Protagonisten ist das Publikum bestimmt gewillt, diese Schwächen zu verzeihen.
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Zwei Jahre lang mussten wir warten. Zwei Jahre war es her, dass der berüchtigte Meisterdetektiv Sherlock Holmes in "Der Reichenbachfall" seiner Nemesis Jim Moriarty gegenüber stand und auf dem Dach des St. Bartholomew Hospitals eine folgenschwere Entscheidung treffen musste. Der Cliffhanger stellte sich dabei als einer der fiesesten überhaupt heraus und daher dreht sich in "Der leere Sarg" erst einmal alles nur um eine Frage: Wie zur Hölle hat er das gemacht? Die Antwort darauf soll an dieser Stelle nicht verraten werden, doch die Art und Weise, wie mit den zahlreichen Theorien der Fans in dieser langen Durststrecken-Pause gespielt und teilweise absolut herrlich durch den Kakao gezogen wird, ist einzigartig und vielleicht einer der großartigsten Einfälle, den die Produzenten Mark Gatiss und Steven Moffat jemals hatten. Neben der Auflösung dieses Handlungselementes gibt es aber noch etwas ganz anderes treibendes für den Fortlauf, was eigentlich viel essentieller als Holmes vergangene Tat ist. Nach zwei voneinander getrennten Jahren müssen er und Dr. Watson sich wieder annähern und erneut zu dem Team werden, dass sie einst gewesen sind. Diese Aufgabe steht im Vordergrund und sie ist gerade wegen ihrer hoch emotionalen Ladung eine ungeheuer spannende Angelegenheit. Als Sherlock das erste Mal wieder auf seinen alten Weggefährten trifft, nimmt er sogar wie selbst verständlich an, dass dieser über seine Auferstehung erfreut sei. Doch die Realität sieht anders aus und es liegt an der schauspielerischen Kompetenz von Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, das diese Momente sowohl offenkundig als auch subtil Gefühle zeigen. Überhaupt treiben auch in diesem Film wieder die Charaktere die Handlung voran. Holmes, der mit dieser ihm fremden Situation plötzlich überfordert ist und nach all seinen Fortschritten in den Vorgängern wieder als der hochfunktionale Soziopath aus "Ein Fall von Pink" erscheint, Watson, der sich verraten, enttäuscht und gedemütigt fühlt und dazwischen gibt es auch noch ein schönes Wiedersehen mit all den alten Bekannten vergangener Episoden, sogar Moriarty darf sich in einer grandiosen Szene kurz zurückmelden. Die Spannung resultiert dabei immer aus den Erwartungshaltungen und tatsächlichen Ereignissen, etwa, wenn Watson sich doch noch für eine Annäherung entscheidet oder Mycroft sich überraschend als der klügere Holmes rausstellt, was sogar seinen Ursprung in den Originalen von Sir Arthur Conan Doyle hat. Natürlich gibt es auch ansonsten weitere zahlreiche Anspielungen an genannte Werke, doch muss man in der heutigen Zeit etwas schwerere Geschütze auffahren, so gibt es beispielsweise ungefähr in der Mittel des Filmes eine lange Verfolgungsjagd durch die Londoner Straßen, in der mit reichlich optischen Tricks wie Slo-Motion gearbeitet und eine ungeheuerliche Dynamik erzeugt wird. Das alles wirkt jedoch nie aufgesetzt oder gar störend, es passt hervorragend in dieses Universum und besonders stilistisch unterscheidet sich "Der leere Sarg" eigentlich gar nicht von seinen Vorgängern. Auf dem Regiesessel erweist Sherlock-Neuling Jeremy Lovering als fähiger Mann für das Franchise und setzt diese gewisse Eigenart der Reihe gekonnt fort. Ein bereits vorher auftretendes Element wird allerdings enorm gesteigert im direkten Vergleich: Der Humor. In keinem anderen Sherlock-Film gab es so viel zu lachen, wie in diesem und das tut auf der einen Seite der Stimmung zwar ziemlich gut und lockert zwischen den dramatischen Szenen auf, andersherum übertreibt man es mit dem ein oder anderen Running-Gag dabei vielleicht aber etwas zu sehr. Genauso gerät und das muss man bei einem Kriminalfilm nun einmal auch beachten der eigentliche Fall völlig in den Hintergrund und ist eigentlich nur wenige Minuten präsent, um dann im Showdown schließlich auf einmal für Spannung sorgen zu sollen. Hier stimmt das Verhältnis nicht unbedingt und die Spionagegeschichte rund um ein Terrornetzwerk mag durch seine Bezüge zu Guy Fawkes und den 5. November 1605 zwar ganz nett sein, ist aber doch reichlich abgehoben und bietet einfach zu wenig Möglichkeiten für den Meisterdetektiv, seinen genialen Intellekt zu offenbaren. Natürlich war es Sinn der Sache, andere Aspekte des Universus in den Fokus des Zuschauers zu befördern, doch nimmt es am Ende dann leider ein paar absurde Züge an, die man nur mit viel gutem Willen ignorieren kann. Schade drum.
Fazit: "Back to Baker Street, Sherlock." Endlich ist er wieder da!, möchte man begeistert aufschreien und für das große Wiedersehen hat man sich einiges einfallen lassen. Allerlei faszinierend witzige Theorien, wie Sherlock denn nun aus der brenzligen Situation im Reichenbachfall entkommen ist, spaßige und bissig-sarkastische Wortgefechte zwischen den Protagonisten und eine stark geschriebene Charakterentwicklung machen den leeren Sarg genauso zu einem Fest, wie auch die packende Actionszene im Mittelteil und die vielen ästhetischen inszenatorischen Kniffe der Regie. Die Reinkarnation des Sherlock-Universums überzeugt in dieser Hinsicht auf ganzer Linie und ist in ihrem Aufbau ein deutliches Zugeständnis an die Fans und ihr Engagement für diese Sendung, insbesondere nach dem Ende der zweiten Staffel. Doch leider muss man fairerweise den blassen und beinahe störenden, weil völlig überflüssigen Kriminalfall kritisieren, der anders als beispielsweise bei "Ein Skandal in Belgravia" einen für seine Unbedeutsamkeit zu großen Anteil an der Handlung des Filmes hat und damit ein wenig losgelöst vom eigenen Geschehen passiert. Doch bei all den witzigen und aufrichtigen Momenten zwischen den beiden unvergleichlichen Protagonisten ist das Publikum bestimmt gewillt, diese Schwächen zu verzeihen.
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Habe ich denn etwas anderes behaupten? :)
Für mich passt die am Ende von Holmes persönlich vorgetragene Theorie ganz gut und sie ergibt auch in ihrer Vollkommenheit Sinn, da es mir ehrlich gesagt persönlich aber völlig egal ist, wie er es denn nun gemacht haben soll, kann ich auch damit leben, wenn man es nun später doch noch einmal anders erklärt oder jetzt in etwa offen lässt.
Für mich passt die am Ende von Holmes persönlich vorgetragene Theorie ganz gut und sie ergibt auch in ihrer Vollkommenheit Sinn, da es mir ehrlich gesagt persönlich aber völlig egal ist, wie er es denn nun gemacht haben soll, kann ich auch damit leben, wenn man es nun später doch noch einmal anders erklärt oder jetzt in etwa offen lässt.
Vorsicht, es wird sentimental!
Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Der Weltbestseller "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" vom Autor John Green erzählt die Geschichte zweier krebskranker Jugendlicher, die sich im Angesicht des Todes an den gemeinsamen Wunsch einer Reise in die Niederlande klammern und dabei eine Einsicht gewinnen, die nur wenigen Menschen vergönnt ist. Die Liebe ist eine seltene und komplizierte Angelegenheit, für die man sich voll und ganz aufopfern muss, um sie wirklich zu erfahren. Ein romantisches Teenager-Drama mit hoher Authenzität also und keine einfache Krebs-Geschichte. Überraschend, aber auch schön ist es daher zu wissen, dass auch die Filmadaption von Josh Boone kein einfacher Spielfilm über die tödliche Krankheit, sondern ein tief berührendes Werk voller Herzschmerz geworden ist. Dreht man eine Romanze, dann gilt der Grundsatz, dass die Emotionen im Film absolut echt sein müssen, um beim Zuschauer anzukommen. Dafür legte Green bereits den Ansatz und Boone behält diesen auch bei, denn in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gibt es bei der Darstellung der Jugendlichen keine erzwungene Coolness und glücklicherweise auch nicht den berühmten erhobenen Zeigefinger. Die Protagonisten fühlen sich tatsächlich echt an und haben daher auch ein enormes Identifikationspotenzial, insbesondere für die jüngere Zielgruppe. Pathos weicht hier der Natürlichkeit der Personen und das allein ist für eine Hollywood-Produktion mutig genug. Dieser Mut erstreckt sich jedoch über weite Teile der Laufzeit. Statt durch unnötigen Kitsch oder gestellte Sentimentalitäten den Blick auf die Handlung und die Charaktere zu verlieren, erlaubt man es sich, den Fokus immer auf das Wesentliche zu verlagern. Anstatt rührselige Szenarien oder außergewöhnlich-romantische Sets zu suchen, erdet man derartige Konstellationen immer wieder und erschafft damit einen realistischen Touch, in dem sich jeder viel eher wiederfindet, als in den üblichen Hochglanzbildern aus der Traumfabrik. Shailene Woodleys Hazel steht dabei stets im Vordergrund, was in Anbetracht ihres mimischen Repertoires auch völlig nachvollziehbar erscheint, trifft sie doch genau den richtigen Ausdruck zwischen einer Heranwachsenden und einer gereiften Persönlichkeit. Überragend versteht sie es, aus Hazel mehr als ein zerbrechliches und gleichzeitig kesses junges Ding zu machen, ihre Erscheinung hat Charakter und Identität und gerade diese Mischung lässt die intensiven und melodramatischen Momente in der letzten halben Stunde des Filmes zu. Leider kann man das nicht unbedingt von ihrem Filmpartner Ansel Elgort sagen. Auf seine optische Erscheinung eingeschränkt, darf er langezeit nur das Klischee des Mädchenschwarms, der immer im genau richtigen Moment die richtigen Worte findet, bedienen und bekommt zu wenig Macken und Fehler, um so menschlich wie sein Gegenpart zu wirken. Am besten wird das in den Szenen in Holland deutlich, in denen es dann teilweise doch eine Spur zu rosarot wird und die Handlung ein wenig ihren Fokus verliert. Hat man vorher schon mit Bezügen auf das Christentum, den Hinduismus, den Nihilismus und sozialkritischen Monologen eine ganze Bandbreite an Thematiken eröffnet, bettet man hier plötzlich auch noch durch eine Szene im Anne-Frank-Haus einzelne Motive aus den Verfolgungen durch die NS-Ideologie ein. Nicht genug, dass man sich hier von jeder Subtilität verabschiedet, es wirkt bisweilen sogar unfreiwillig komisch und ist natürlich in Teilen auch dafür mitverantwortlich, dass am Ende keines dieser Themen vernünftig zu Ende gebracht wird. Immer wieder werden neue Ansichten und dramatische Sinnesfragen angerissen, ohne, dass man sich irgendwann die Zeit nehmen würde, eine von ihnen auch einmal zu beantworten. Die Geschichte wirkt daher unvollständig, was auf der einen Seite gewollt sein mag, auf der anderen aber nicht unbedingt zufriedenstellend ist. Sinnbildlich dafür steht der toll gespielte Kurzauftritt von Willem Dafoe. Sein Peter Van Houten stellt in einer Szene der jungen Hazel mehere interessante und relevante Fragen über die eigentliche Intention ihrer Lebenswünsche, die das Publikum zum Nachdenken anregen könnten. Schade nur, dass durch die Entkräftung der Szene durch die Protagonisten im Nachhinein nie wieder wirklich darauf eingegangen wird. Es verläuft im Sande und gerät (vielleicht ehrlich als Analogie zum Leben eines Einzelnen gedacht) in Vergessenheit.
Fazit: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" ist ein schwieriger Film und will auch ein schwieriger Film sein. Er stellt die richtigen Fragen, aber gibt kaum Antworten. Figuren werden in den Vordergrund gestellt, die authentisch sind und unberechenbar sein sollen, schlussendlich aber dann doch immer das zu Erwartende tun und in Vorhersehbarkeiten abdriften. Kitsch soll keine Rolle spielen, tut es dann aber im etwas zu langen Mittelteil trotzdem. Und dennoch ist man in den letzten Minuten so sehr zu Tränen gerührt, wie man es von einem Hollywood-Film überhaupt nicht gewohnt ist. Denn obwohl er nicht perfekt sein mag, ist dieser miese Verräter auch ein kleines und berührendes Werk über das Leben und dessen Fehlbarkeit, was er mit seiner eigenen Unvollkommenheit sogar noch unterstreicht. Auf wunderschön traurige Art ist es eine sehr ruhige Geschichte, die sich weder vornimmt, den Krebs zu verharmlosen, noch mit falschem Pathos in Manipulation zu verfallen. Wenngleich man aus dramaturgischer Sicht sicher noch an viellen Ecken und Enden arbeiten könnte, ist dieses leise Stück Film eine absolute Rarität in unserer heutigen Konsum-Kultur und zudem der famose Triumph einer vielversprechenden Jungschauspielerin. Ungeschminkt, nicht voyeuristisch, emotional, nicht sentimental, positiv lebensbejahend, aber nicht beschönigend. Es müsste mehr solcher Filme geben.
Der Weltbestseller "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" vom Autor John Green erzählt die Geschichte zweier krebskranker Jugendlicher, die sich im Angesicht des Todes an den gemeinsamen Wunsch einer Reise in die Niederlande klammern und dabei eine Einsicht gewinnen, die nur wenigen Menschen vergönnt ist. Die Liebe ist eine seltene und komplizierte Angelegenheit, für die man sich voll und ganz aufopfern muss, um sie wirklich zu erfahren. Ein romantisches Teenager-Drama mit hoher Authenzität also und keine einfache Krebs-Geschichte. Überraschend, aber auch schön ist es daher zu wissen, dass auch die Filmadaption von Josh Boone kein einfacher Spielfilm über die tödliche Krankheit, sondern ein tief berührendes Werk voller Herzschmerz geworden ist. Dreht man eine Romanze, dann gilt der Grundsatz, dass die Emotionen im Film absolut echt sein müssen, um beim Zuschauer anzukommen. Dafür legte Green bereits den Ansatz und Boone behält diesen auch bei, denn in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gibt es bei der Darstellung der Jugendlichen keine erzwungene Coolness und glücklicherweise auch nicht den berühmten erhobenen Zeigefinger. Die Protagonisten fühlen sich tatsächlich echt an und haben daher auch ein enormes Identifikationspotenzial, insbesondere für die jüngere Zielgruppe. Pathos weicht hier der Natürlichkeit der Personen und das allein ist für eine Hollywood-Produktion mutig genug. Dieser Mut erstreckt sich jedoch über weite Teile der Laufzeit. Statt durch unnötigen Kitsch oder gestellte Sentimentalitäten den Blick auf die Handlung und die Charaktere zu verlieren, erlaubt man es sich, den Fokus immer auf das Wesentliche zu verlagern. Anstatt rührselige Szenarien oder außergewöhnlich-romantische Sets zu suchen, erdet man derartige Konstellationen immer wieder und erschafft damit einen realistischen Touch, in dem sich jeder viel eher wiederfindet, als in den üblichen Hochglanzbildern aus der Traumfabrik. Shailene Woodleys Hazel steht dabei stets im Vordergrund, was in Anbetracht ihres mimischen Repertoires auch völlig nachvollziehbar erscheint, trifft sie doch genau den richtigen Ausdruck zwischen einer Heranwachsenden und einer gereiften Persönlichkeit. Überragend versteht sie es, aus Hazel mehr als ein zerbrechliches und gleichzeitig kesses junges Ding zu machen, ihre Erscheinung hat Charakter und Identität und gerade diese Mischung lässt die intensiven und melodramatischen Momente in der letzten halben Stunde des Filmes zu. Leider kann man das nicht unbedingt von ihrem Filmpartner Ansel Elgort sagen. Auf seine optische Erscheinung eingeschränkt, darf er langezeit nur das Klischee des Mädchenschwarms, der immer im genau richtigen Moment die richtigen Worte findet, bedienen und bekommt zu wenig Macken und Fehler, um so menschlich wie sein Gegenpart zu wirken. Am besten wird das in den Szenen in Holland deutlich, in denen es dann teilweise doch eine Spur zu rosarot wird und die Handlung ein wenig ihren Fokus verliert. Hat man vorher schon mit Bezügen auf das Christentum, den Hinduismus, den Nihilismus und sozialkritischen Monologen eine ganze Bandbreite an Thematiken eröffnet, bettet man hier plötzlich auch noch durch eine Szene im Anne-Frank-Haus einzelne Motive aus den Verfolgungen durch die NS-Ideologie ein. Nicht genug, dass man sich hier von jeder Subtilität verabschiedet, es wirkt bisweilen sogar unfreiwillig komisch und ist natürlich in Teilen auch dafür mitverantwortlich, dass am Ende keines dieser Themen vernünftig zu Ende gebracht wird. Immer wieder werden neue Ansichten und dramatische Sinnesfragen angerissen, ohne, dass man sich irgendwann die Zeit nehmen würde, eine von ihnen auch einmal zu beantworten. Die Geschichte wirkt daher unvollständig, was auf der einen Seite gewollt sein mag, auf der anderen aber nicht unbedingt zufriedenstellend ist. Sinnbildlich dafür steht der toll gespielte Kurzauftritt von Willem Dafoe. Sein Peter Van Houten stellt in einer Szene der jungen Hazel mehere interessante und relevante Fragen über die eigentliche Intention ihrer Lebenswünsche, die das Publikum zum Nachdenken anregen könnten. Schade nur, dass durch die Entkräftung der Szene durch die Protagonisten im Nachhinein nie wieder wirklich darauf eingegangen wird. Es verläuft im Sande und gerät (vielleicht ehrlich als Analogie zum Leben eines Einzelnen gedacht) in Vergessenheit.
Fazit: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" ist ein schwieriger Film und will auch ein schwieriger Film sein. Er stellt die richtigen Fragen, aber gibt kaum Antworten. Figuren werden in den Vordergrund gestellt, die authentisch sind und unberechenbar sein sollen, schlussendlich aber dann doch immer das zu Erwartende tun und in Vorhersehbarkeiten abdriften. Kitsch soll keine Rolle spielen, tut es dann aber im etwas zu langen Mittelteil trotzdem. Und dennoch ist man in den letzten Minuten so sehr zu Tränen gerührt, wie man es von einem Hollywood-Film überhaupt nicht gewohnt ist. Denn obwohl er nicht perfekt sein mag, ist dieser miese Verräter auch ein kleines und berührendes Werk über das Leben und dessen Fehlbarkeit, was er mit seiner eigenen Unvollkommenheit sogar noch unterstreicht. Auf wunderschön traurige Art ist es eine sehr ruhige Geschichte, die sich weder vornimmt, den Krebs zu verharmlosen, noch mit falschem Pathos in Manipulation zu verfallen. Wenngleich man aus dramaturgischer Sicht sicher noch an viellen Ecken und Enden arbeiten könnte, ist dieses leise Stück Film eine absolute Rarität in unserer heutigen Konsum-Kultur und zudem der famose Triumph einer vielversprechenden Jungschauspielerin. Ungeschminkt, nicht voyeuristisch, emotional, nicht sentimental, positiv lebensbejahend, aber nicht beschönigend. Es müsste mehr solcher Filme geben.
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