Filmtagebuch: deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Až přijde kocour
Stream, Mubi / Regie: Vojtěch Jasný
Miau Miau, die Katze ist da. Und alle Menschen offenbaren ihr wahres Wesen; bunt eingefärbt, ohne täuschende Fassaden. Vojtěch Jasný mischt in seinem Film «Až přijde kocour» märchenhafte Elemente, kindlicher Spass und Gesellschaftskritik zum kreativen Erlebnis.
Der Film der Tschechisches Neue Welle tanzt geschickt zwischen humorvollen Momenten und ernstgemeinter Beobachtung umher. Die Figuren sind spannend, die optischen Einfälle gelungen und die Prise Anarchie sehr willkommen.
Été 85
Stream, Filmingo / Regie: François Ozon
«Été 85» handelt von einem Sommer, in dem das Herz gleichermassen brennt, wie die Sonne. Jugendliche Verwirrungen, extreme Gefühle und die grosse Liebe – alles verbindet sich zu einem Sturm, bei dem nicht nur die Segelboote kentern.
François Ozon erzählt in seinem Film routiniert von zwei jungen Männern, bietet schöne Aufnahmen und passenden Songs. Wirklich Neues wird mit der Story aber nicht geboten, da es dem Regisseur selten gelingt, Tiefe zu generieren.
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The Lineup
BD / Regie: Don Siegel
Wie gnadenlos und leicht wahnsinnig sich Eli Wallach als Dancer durch die Geschichte bewegt, da konnte ich nur an Joe Pesci denken. Passenderweise liefert «The Lineup» gleich zu Beginn eine wilde Actionsequenz und endet mit einer tödlichen Autoverfolgungsjagd.
Die TV-Serie wurde unter der Regie von Don Siegel zum Film Noir, der sich weniger auf den Inhalt, als die Spannung konzentriert. Das macht Laune und liefert dank den Aussenschauplätzen viele tolle Bilder von San Francisco.
Visages, villages
BD / Regie: Agnès Varda, JR
(Docucember 23-03) Ein Freund von mir sagt gerne: Das Leben ist schön. Nach der Sichtung von «Visages, villages» muss ich ihm zustimmen, Regie-Ikone Agnès Varda und Fotografie-Künstler JR haben gemeinsam eine Dokumentation purer Menschlichkeit geschaffen.
Begegnungen im Alltag werden zu berührenden Momenten, ohne, dass Varda die Verletzlichkeit verstecken würde. Kunst und Freude finden zusammen, der Film lässt ein beschwingtes Gefühl entstehen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Im Nordwind
Stream, Filmo / Regie: Bettina Oberli
Der bürgerliche Traum platzt, der Vater wird entlassen. Ohne dies seiner Familie zu erzählen, hofft er weiterhin, die Wohlstandsträume aufrechterhalten zu können. Logisch sorgt das für Spannungen und die Teenagertochter wendet sich noch mehr von den Eltern ab.
«Im Nordwind» gewinnt keinen Innovationspreis, das Debüt von Bettina Oberli steckt zu fest in den klischierten Handlungen und Charakterisierungen fest. Leider wirken auch die Mundartdialoge oft gestellt und schrecklich, das Spiel hölzern, die Bilder grau. Immerhin gibt es kein Happy-End, sondern eine depressive Sicht auf das kapitalistisch gesteuerte Leben.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Theater Camp
Stream, Disney+ / Regie: Molly Gordon, Nick Lieberman
Die Herzlichkeit macht es aus, denn eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass ich eine eher plumpe Komödie über ein Theater-Sommercamp wirklich gut finden könnte. Unter der Regie von Molly Gordon und Nick Lieberman ist aber ein witziges Vergnügen entstanden, das trotz Überzeichnungen echte Emotionen liefert.
Warum alles im Rahmen eines Mockumentary passieren muss, wollte sich mir nicht erschliessen, dafür sind die Musical-Nummern gut und deren Texte zum Schiessen komisch. Kreativität und Toleranz sind halt geil.
Senna
BD / Regie: Asif Kapadia
(Docucember 23-04) «Senna» von Asif Kapadia ist eine Dokumentation über den verunglückten Formel-1-Fahrer Ayrton Senna. Aber auch viel mehr: Es ist ein nervenzerfetzender Thriller, ein Rennsport-Blockbuster mit adrenalindurchtränkten Bildern, ein menschliches Drama und eine grosse Tragödie.
Der geniale Schnitt, die Gestaltung der Geschichte und die Blicke hinter die Kulissen des geldgesteuerten Zirkus sind fesselnd. Am Ende ist man den Tränen nahe und hat viele Gefühle durchlaufen. Wow.
Utopia Blues
Stream, Filmo / Regie: Stefan Haupt
Der Traum vom eigenen Platz in der Welt: Mit seinem ersten Spielfilm «Utopia Blues» lieferte Stefan Haupt eine emotionale und rau wirkende Geschichte ab, die sich jugendlichen Sehnsüchten und Träumen widmet.
Aus Auflehnung wird Depression, aus Energie Destruktion. Mit digitalen Bildern und tiefen Budget gedreht, ist die Produktion ein Kind ihrer Zeit, weiss aber mitzureissen. Auch, weil die Mundart-Dialoge selten gestellt wirken.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Io Capitano
Kino / Regie: Matteo Garrone
Mit dem Flüchtlingsdrama «Io Capitano» lässt Matteo Garrone uns am verzweifelten Vorhaben zweier junger Männer aus Senegal teilhaben, die in der Hoffnung auf eine gute Zukunft den tödlichen Weg nach Europa auf sich nehmen.
Das erinnert von der Struktur her an «Hope» von Boris Lojkine und zeigt in gleicher Weise Hoffnung, Sehnsucht und die brutale Wirklichkeit. Die gute Kameraarbeit, die starke Leistung der Laiendarsteller und die Umschiffung üblicher Klischees macht den Film zu einer tragischen, aber wichtigen Erfahrung.
The Imposter
BD / Regie: Bart Layton
(Docucember 23-05) «The Imposter» ist immer wieder ein fesselndes und schwer zu glaubendes Erlebnis. Die Geschichte eines vermissten Jungen aus den USA, der einige Jahre später scheinbar in Spanien gefunden und mit seiner Familie wiedervereint wurde, ist als Dokumentation ein heftiger Thriller.
Bart Layton demontiert mit seiner genialen Inszenierung die herrschenden Vorurteile, baut das Mysterium des Falles geschickt auf und lässt die Zuschauer:innen die Vergangenheit in sehr gut gefilmten Nachstellungen durchleben. Unglaublich, mitreissend, berührend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Tótem
Kino / Regie: Lila Avilés
«Tótem» erzählt nicht bloss vom Umgang mit Trauer und Angst, sondern verdichtet das gesamte Leben mit allen Emotionen auf einen Tag. Dieses Vorhaben gelingt Lila Avilés sehr gut und lässt uns mit der mexikanischen Familie mitfühlen.
Die Perspektive von Kindern, das Verkraften des Todes und die alten Traditionen und Geistergeschichten – alles in warmes Licht getaucht, nah gefilmt und mit poetischer Atmosphäre veredelt.
Master Gardener
DVD / Regie: Paul Schrader
Was Paul Schrader mit «Master Gardener» macht, funktioniert. Er zeigt uns das Leben eines Mannes, der sich gewandelt hat und den Geistern der Vergangenheit doch nicht komplett entfliehen kann. Vieles wirkt an der Geschichte zu konstruiert, die Darsteller:innen Joel Edgerton, Sigourney Weaver und Quintessa Swindell mindern diesen Makel.
Die ruhige Stimmung, die gelungene Kameraarbeit und die hübschen Blumen bieten Harmonie in der brutalen Erzählung.
The Blind Man Who Did Not Want to See Titanic
Stream, Filmingo / Regie: Teemu Nikki
Wie Teemu Nikki mit seinem Film «The Blind Man Who Did Not Want to See Titanic» die Perspektive des blinden Mannes (sehr stark von Petri Poikolainen gespielt) zeigt, ist filmisch überzeugend. Unschärfe, Bildtiefe und Ausschnitte wurden überlegt gewählt.
Von der Liebeskomödie zum Thriller hangelt sich der Film in 80 Minuten an einer dünnen Geschichte entlang, die herzerwärmend ist. Auf das Gute im Menschen.
Burroughs: The Movie
BD / Regie: Howard Brookner
(Docucember 23-06) Texte oder Bücher von William Burroughs habe ich nie gelesen, trotzdem hat sein Name eine mystische Wirkung auf mich. Diese wird mit der Dokumentation «Burroughs: The Movie» aus den Achtzigerjahren noch verstärkt.
Howard Brookner hat es geschafft, während den fünf Jahren andauernden Dreharbeiten intime Momente, Aussagen und Aufnahmen zu sammeln. Sexualität, Politik, Drogenkonsum, Familienleben und Kreativität finden im interessant geschnittenen Film zusammen, ohne den Zauber der Figur zu zerstören.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Godzilla Minus One
Kino / Regie: Takashi Yamazaki
Das Nachkriegsjapan ist zerstört, demoralisiert und entmachtet. Die gesellschaftliche Schuldfrage lastet auf allen Schultern, Einzelpersonen hadern mit dem Leben. Genau in dieser Situation lässt Takashi Yamazaki Godzilla wüten. Das sorgt beim fulminanten «Godzilla Minus One» nicht nur für kaputte Städte und Schiffe, sondern heftige Emotionen und spürbare Verzweiflung.
Der Film ist packend, mitreissend und depressiv. Politische und soziale Fragen werden angesprochen, eine hohe Spannung aufgebaut und mit sehr gut geschriebenen Figuren eine dichte Geschichte erzählt. Die guten Bilder, der super Score (das Theme, wow!) und Szenen, die unter die Haut gehen (Angriff auf Ginza, Trauermomente) bilden einen unerwartet grossartigen Eintrag der Kaijū-Reihe.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Jip... nicht so wie bei "the Host"
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Wobei "The Host" mit anderen Grundsätzen arbeitet und die Wechsel zwischen Melancholie und Komik als Mittel nutzt. Damit würde ich Yamazakis Film eher nicht vergleichen - ausser, dass beide zum Kaijū-Genre gehören.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Dank Filme wie "the Host" und "Godzilla vs. Kong" weiß ich ein Werk wie "Godzilla Minus One" umso mehr zu schätzen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
"The Host" hat bei mir auch 8 Punkte erhalten, da ist für mich die Qualität ebenfalls sehr hoch. "Godzilla vs. Kong" ist Hochglanzmüll.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Renfield
DVD / Regie: Chris McKay
Wäre der gesamte Film mit so viel Liebe gemacht, wie die erste Rückblende in das Zeitalter der klassischen Universal-Horrorfilme und der trashige Abspann, dann hätte aus «Renfield» ein echter Spass werden können. Leider aber weiss Chris McKay nicht, was sein Film sein soll.
Action, Horror, Drama, Liebeskomödie oder Hochglanzmüll? Alles ist drin, Nicolas Cage wird als Dracula verschenkt, Hoult ist als Renfield langweilig und Awkwafinas Momente wollen nicht zünden. Dass Schnitt, Kameraführung, Logik und Struktur ebenfalls versagen, macht es nicht besser. Immerhin beeindruckt Shohreh Aghdashloos Stimme, wie immer.
Grizzly Man
DVD / Regie: Werner Herzog
(Docucember 23-07) Timothy Treadwell suchte die Nähe zu wilden Bären, um diese zu beschützen. In Wirklichkeit aber war es ein verzweifelter Versuch, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben. Werner Herzog erzählt mit «Grizzly Man» davon.
Die Dokumentation ist Herzog-typisch nicht eine blosse Abhandlung von Fakten, sondern ein Blick in die Seele Treadwells und eine poetische Näherung an dessen Leben und Taten. Das berührt, das reisst mit, das lässt melancholisch zurück.
Coyote Lake
DVD / Regie: Sara Seligman
In der ersten Viertelstunde hatte ich Hoffnung und die Prämisse des Thrillers «Coyote Lake» fühlte sich frisch und interessant an. Dann jedoch wird der Film von Sara Seligman zu einem schlecht konstruierten und unglaubwürdigen Mix aus Verbrechen und junger Liebe.
Camila Mendes in der Hauptrolle macht ihre Sache gut, die Aufnahmen sind dem Budget entsprechend annehmbar und gewisse Ideen, wie das gnadenlose Mutter-Tochter-Gespann hätten echt Potential. Es wollte aber nicht sein.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Last Christmas
DVD / Regie: Paul Feig
«Last Christmas» ist in meinen Ohren der schlimmste Song, den George Micheal jemals geschrieben hat. Glücklicherweise bietet der Film mit «Freedom! ‘90», «Faith» und «Praying For Time» genügend musikalische Glücksmomente.
Paul Feig nimmt bei seiner Romantikkomödie das Titelstück sehr wörtlich, lässt Emilia Clarke, Emma Thompson und Lydia Leonard Migrantinnen aus Jugoslawien spielen (!) und zelebriert üblen Kitsch. Leider schafft es Clarke als Weihnachtselfe nur auf den zweiten Platz in meinem Herzen, direkt hinter Rooney Mara aus «Carol» (Todd Haynes, 2015). Ihr Kostüm in der Schlussszene ist aber grossartig.
Henri-Georges Clouzot’s Inferno
BD / Regie: Serge Bromberg, Ruxandra Medrea
(Docucember 23-08) Was ein weiteres Meisterstück hätte werden können, wurde zu einem Desaster und kostete Henri-Georges Clouzot fast das Leben: Mit ihrer Dokumentation untersuchen Serge Bromberg und Ruxandra Medrea, was es mit «Inferno» auf sich hatte und warum alles zum Scheitern verurteilt war.
Die rekonstruierten Szenen des Films erhalten dabei sehr viel Gewicht, was den Infogehalt der Doku schmälert und den Hauptgrund für das Fiasko zu wenig betont: Die megalomanische, unterdrückende Weise von Clouzot, die in der damaligen Zeit von allen akzeptiert wurde.
Die Stille vor Bach
BD / Regie: Pere Portabella
(Docucember 23-09) Pere Portabella nähert sich der Musik von Johann Sebastian Bach mit seinem hybriden Kunstfilm «Die Stille vor Bach» aus dokumentarischer, nachgespielter Art. Lose zusammengefügte Szenen unterstreichen die Bedeutung der Musik in realen Umgebungen, historische Fakten werden eingestreut.
Das ist fragmentarisch schön, vielfach abstrakt und zelebriert den Komponisten auf menschliche Weise. Der Film lässt die Zuschauer:innen zusätzlich die Frage ergründen, wie viel Musik in den Umgebungsgeräuschen unseres Alltags zu hören ist.
Pusher II
DVD / Regie: Nicolas Winding Refn
Ach Tonny, du bist einfach zu naiv und doof um als Gangster durchstarten zu können. Das war nach dem ersten «Pusher» klar, das wird mit «Pusher II» unterstrichen. Erneut kehrt Nicolas Winding Refn ins dreckige Milieu von Kopenhagen zurück und liefert einen Low-Budget-Spass voller schlimmer Figuren, Drogen und Verbrechen ab. Das strotzt vor Energie und reisst durch die lebendige Kameraführung mit.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Mr. X
BD / Regie: Tessa Louise-Salomé
(Docucember 23-10) Ohne viele Filme von Leos Carax zu kennen, war die Dokumentation «Mr. X» einen interessanten Einblick in dessen Karriere und Mysterium. Von Tessa Louise-Salomé gut zusammengestellt, werden Karrierestationen abgearbeitet und mit beteiligten Personen gesprochen.
Der Reiz, das Oeuvre von Carax komplett zu sichten, wird geweckt, wirklich tiefreichende Aussagen gibt es aber keine. Dafür wird abstrakte Form von Filmen wie «Holy Motors» greifbarer.
The Flash
DVD / Regie: Andy Muschietti
Was in Comicform für Spass sorgen könnte, wir unter der Regie von Andy Muschietti zu einer Schlacht der geldgierigen Verwendung von IP-Produkten. «The Flash» ist nie ein Film, sondern ein miserabler Versuch, aus Nostalgie und Fantum möglichst viel Gewinn herauszupressen.
Das fühlt sich schlimm an, sieht noch schlechter aus und verkommt zu einer Misere aus dem Computer. Sogar der Score wirkt neben den Zitaten aus anderen Filmen bloss schlecht zusammengeklaut. Positiv sind Sasha Calle als Supergirl und Michael Keaton, der am Set stellenweise Spass zu haben schien.
Showgirls
BD / Regie: Paul Verhoeven
Lange geächtet, ist «Showgirls» heute ein Film, der sich auf überbordende Weise mit den misogynen Strukturen und Verhaltensweisen im Showgeschäft auseinandersetzt. Paul Verhoeven setzt dabei auf Sex und Krawall, trifft aber diverse Punkte sehr gut.
Laut, schrill und stellenweise auch dumm, unterhält «Showgirls» immer und legt ein flottes Tempo vor. Subtil ist nichts an dieser Erzählung, aber zugleich ein Beweis, dass der Regisseur in den Neunzigerjahren einige patriarchale Scheusslichkeiten offen zeigte.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Der mieseste Aspekt am Film ist für dich der beste? Mann, der Flash muss dich ja mal hart rechts überholt habenPositiv sind Sasha Calle als Supergirl
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Sie war die einzige Figur, von der ich gerne mehr gesehen hätte - aber nicht als schlecht gerenderte Superheldin im digitalen Himmel.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Gab es sie denn anders zu sehen? Ich meine kaum. Da hättest du auch Bösewicht Nummer 102 nehmen können anstelle der talentbefreiten Supergirl-Zone
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Bei einer brennenden Mülltonne von "Film" ist der am wenigsten tödlich stinkende Teil halt der beste - bei einem anderen Ergebnis wäre sie mir eventuell nicht zwingend als positiven Aspekt aufgefallen.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Na das lässt doch hoffen!
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Re: Filmtagebuch: deBohli
The Card Counter
DVD / Regie: Paul Schrader
Paul Schrader macht, was er kann: Er erzählt vom Alltag eines einsamen Mannes, der durch schlimme Vorfälle und schlechte Entscheidungen von der Gesellschaft ausgegrenzt wurde. Oscar Isaac kommt in der Hauptrolle slick daher, die Szenerie der Casinos ist aufregend.
Das ist nicht anders als in sonstigen Werken Schraders («Taxi Driver», «Master Gardener»), packt aber durch die Inszenierung und den Cast (toll: Tiffany Haddish, Tye Sheridan und Willem Dafoe).
Le chagrin et la pitié - Chronique d'une ville française sous l'occupation
DVD / Regie: Marcel Ophüls
(Docucember 23-11) Die Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg war eine komplexe und politisch vielschichtige Wandlung, über die ich bisher kaum nachgedacht habe. Die über vier Stunden lange Dokumentation «Le chagrin et la pitié» von Marcel Ophüls bietet einen sehr informativen Überblick über die schrecklichen Jahre.
Interviews mit Zeitzeugen, Archivaufnahmen und kritische Fragen decken politische Lügen auf, zeigen das Kräftemessen und die Scheinheiligkeit zu dieser Zeit, welche bis heute Bestand hat. Ein Film, den man bereits in der Schule sehen sollte.
You Don’t Nomi
BD / Regie: Jeffrey McHale
(Docucember 23-12) Aus dem dampfenden Haufen Scheisse über das Meisterwerk zum Meisterwerk des Drecks: Über «Showgirls» von Paul Verhoeven wurden seit 1995 viele extreme Meinungen publiziert, die Wahrheit ist mannigfaltig.
Jeffrey McHale zeigt das mit seiner Dokumenation «You Don’t Nomi» informativ und unterhaltsam auf, indem diverse Kritiker:innen zu Wort kommen und die gesellschaftlichen Aspekte beleuchtet werden.
Perfect Days
Kino / Regie: Wim Wenders
Das Sonnenlicht streift durch die Äste, der Wind bewegt die Blätter, das Leben wirkt ruhig. Warum nach mehr streben, wieso sich selbst hetzen? «Perfect Days» zelebriert die kleinen und bedächtigen Momente, das ausgeglichene Dasein.
Von Wim Wenders in Tokyo gedreht, ist die Schönheit zentral, die Szenenabfolge wird zur Meditation, die Musik nährt die Seele. Reduktion im Kino auf beste Weise. Takashi würde sagen: 8 von 10.
No Hard Feelings
DVD / Regie: Gene Stupnitsky
Stellt dir vor, die Hauptcharaktere bei «No Hard Feelings» würden das Geschlecht tauschen – sofort würden wir in einem Film von John Hughes landen. Schlimme Vorstellung? Sehr wohl, aber auch bei der Komödie von Gene Stupnitsky bereitet die Prämisse einiges an Unbehagen.
Da der Film aber erstaunlich leer wirkt, Jennifer Lawrence gut spielt und keine erzwungene Liebe passieren muss, kann gelacht werden. Meine Aufmerksamkeit konnte der Film trotzdem nur knapp halten.
Daguerréotypes
Stream, Mubi / Regie: Agnès Varda
(Docucember 23-13) Eine Dokumentation, in der die Magie des Alltags mit der Simplizität des Lebens zusammenkommt und eine vergangene Zeit von Paris zum Leben erweckt. «Daguerréotypes» berührt, ist humorvoll, bedächtig und wie immer bei Agnès Varda ein kleines Wunder.
Der geniale Schnitt, die liebenswürdige Präsentation und die Vermischung der hart arbeitenden Bevölkerung mit den Wundern des Magiers sind erquickend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Flux Gourmet
BD / Regie: Peter Strickland
Verrückt und experimentell, zugleich aber voller Hommagen an die Kinogeschichte und den Kunstbetrieb: «Flux Gourmet» ist ein berauschender Film mit fantastischer Ausstattung, grossartigem Kostümdesign und ausgefallenen Ideen.
Erneut beweist sich Peter Strickland als eigensinnigen Regisseur mit unvergleichlicher Vision. Das Ergebnis, welches das Kunstbusiness demontiert, Machtpositionen hinterfragt und satirische Kommentare erlaubt, fesselt.
Aloners
Stream, Mubi / Regie: Hong Sung-eun
Vermutet hätte ich bei «Aloners» ein Drama, das sich mit dem Leben einer Angestellten in einem Callcenter beschäftigt, wie etwa bei «About Kim Sohee» (July Jung, 2022). Hong Sung-eun zeigt mit ihrem Debüt aber mehr als das und widmet sich der Isolation und Vereinsamung der jungen Menschen in der südkoreanischen Gesellschaft.
Feinfühlig, ruhig und mit einigen übernatürlichen Elementen angereichert, wird eine berührende Geschichte erzählt, die zum Nachdenken über die Werte des Lebens anregt.
The Emperor’s Naked Army Marches On
BD / Regie: Kazuo Hara
(Docucember 23-14) Mit Brutalität auf der Suche nach Gerechtigkeit und Absolution: «The Emperor’s Naked Army Marches On» dokumentiert den Feldzug eines einzelnen Mannes, der sich gegen die Verschweigungspolitik Japans auflehnt und die Wahrheiten zum Zweiten Weltkrieg publik machen will.
Kazuo Hara hat mit seiner Kamera draufgehalten und zeigt die Wut- und Gewaltausbrüche ohne Distanz. Ein beeindruckendes Resultat, ein wuchtiger Film und ein Einblick in die Trauer und Sorgen der Nachkriegszeit.
Der lange Sommer der Theorie
Stream, Mubi / Regie: Irene von Alberti
Zwischen Drama und Dokumentation experimentiert Irene von Alberti bei ihrem Film «Der lange Sommer der Theorie» mit feministischen, sozialkritischen Themen der Gegenwart. Vom selbstreferenziellen Essay zur Bestandsaufnahme Berlins, lauten WG-Diskussionen und Interviews mit Fachpersonen ist alles dabei.
Antworten oder klare Aussagen liefert der Film keine, was nicht das Ziel war, aber eine Vertiefung erschwert. Als Anstoss zum Austausch kann die Produktion funktionieren, wirklich zündend fand ich es aber nicht.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Drei Filme zu Weihnachten:
The Apartment
BD / Regie: Billy Wilder
Komik und Tragödie sind bei Billy Wilders Film «The Apartment» nie getrennte Zustände. Hilflosigkeit und Hilfsbereitschaft vermengen sich, eingefangen in sehr guter Kameraarbeit und klugen Details in Struktur und Bildaufbau.
Ein Film, der nicht nur zu Weihnachten funktioniert und ein Cast, der mit Jack Lemmon, Shirley MacLaine und Fred MacMurray begeistert.
Fanny och Alexander
BD / Regie: Ingmar Bergman
Ist es nicht unglaublich, welch emotionale Bandbreite Ingmar Bergman in seinem Abschied ans Kino unterbringt? «Fanny och Alexander» beginnt mit herzerwärmenden Familienmomenten, mit Lachern und Liebe – um dann in dunkelste Gebiete abzudriften und die Schrecken der Menschheit offenzulegen.
Die Familiensage ist episch, pointiert und opulent gefilmt. Reale Schrecken treffen auf Elemente der Magie, der destruktive Glauben trifft auf die Macht des wachen Geistes. Als mir kurz die Vermutung aufkam, dass das Ende nur Imagination ist, schauderte ich. So stark wuchsen mir die Figuren ans Herz.
Eyes Wide Shut
BD / Regie: Stanley Kubrick
Filme mit jahrelanger Verspätung zu schauen, kann positive Effekte haben. Wie etwa die freudige Überraschung, bei «Eyes Wide Shut» Leelee Sobieski und Vinessa Shaw in kleineren Rollen erleben zu dürfen. Oder den Mythos eines Films an der Wirklichkeit zu testen.
Das letzte Werk von Stanley Kubrick besteht diesen Test sehr gut und ist ein Albtraum aus ewiger Nacht, gefährlichem Verlangen und der Schwäche des Fleisches. Die Musik ist wunderbar, die Tannenbäume leuchten intensiv und der Cast sehr gut zusammengestellt.
Weiter ging es nach den Festlichkeiten:
Ferrari
Kino / Regie: Michael Mann
Das Adrenalin wird in die Höhe getrieben, wenn die Autos über die Rennstrecken oder Strassen rasen. In diesen Momenten funktioniert «Ferrari» dank den Bildern von Erik Messerschmidt hervorragend. Schade, holpert es bei den sonstigen Szenen im Getriebe.
Michael Mann zeigt sich als technischen Könner, die biografischen Momente der Ferrari-Sippschaft wollten mich aber nicht berühren. Shailene Woodley zu sehen machte Freude, man fragt sich aber, wieso die Rollen mit Adam Driver und Penélope Cruz besetzt wurden und alle mit italienischem Akzent sprechen. Das macht die Mängel bei Drehbuch und Struktur noch sichtbarer.
Priscilla
Kino / Regie: Sofia Coppola
Was stellenweise wie eine Clip-Show von Priscilla Presleys Leben wirkt, kann dank zwei Aspekten sehr überzeugen: Sofia Coppola liefert eine berauschende Inszenierung mit wundervollen Bildern ab, Cailee Spaeny spielt in der Hauptrolle unglaublich gut. Von ihr werden wir in Zukunft hoffentlich noch viel sehen und hören.
Ansonsten ist «Priscilla» ein Biopic, das mit Legenden und falscher Heldenverehrung aufräumt und die Welt so zeigt, wie ist oft ist: Misogyn. Bitte mehr solche Filme und weniger weichgezeichnete Huldigungen toxischer Männer.
O Lucky Malcolm!
BD / Regie: Jan Harlan
(Docucember 23-15) Malcolm McDowell wirkt in seinen Rollen oft gefährlich rau und echt. Die Dokumentation «O Lucky Malcolm!» zeichnet sein Leben als Schauspieler nach und Jan Harlan lässt ihn viel zu Wort kommen.
Das grosse Glück ist dabei, dass McDowell ein sehr unterhaltsamer Erzähler ist und viele Anekdoten aus dem Leben frisch abliefert. So stört es nicht, dass die Dokumentation wenig Tiefe bietet und sich mit Erkenntnissen zurückhält.
The Apartment
BD / Regie: Billy Wilder
Komik und Tragödie sind bei Billy Wilders Film «The Apartment» nie getrennte Zustände. Hilflosigkeit und Hilfsbereitschaft vermengen sich, eingefangen in sehr guter Kameraarbeit und klugen Details in Struktur und Bildaufbau.
Ein Film, der nicht nur zu Weihnachten funktioniert und ein Cast, der mit Jack Lemmon, Shirley MacLaine und Fred MacMurray begeistert.
Fanny och Alexander
BD / Regie: Ingmar Bergman
Ist es nicht unglaublich, welch emotionale Bandbreite Ingmar Bergman in seinem Abschied ans Kino unterbringt? «Fanny och Alexander» beginnt mit herzerwärmenden Familienmomenten, mit Lachern und Liebe – um dann in dunkelste Gebiete abzudriften und die Schrecken der Menschheit offenzulegen.
Die Familiensage ist episch, pointiert und opulent gefilmt. Reale Schrecken treffen auf Elemente der Magie, der destruktive Glauben trifft auf die Macht des wachen Geistes. Als mir kurz die Vermutung aufkam, dass das Ende nur Imagination ist, schauderte ich. So stark wuchsen mir die Figuren ans Herz.
Eyes Wide Shut
BD / Regie: Stanley Kubrick
Filme mit jahrelanger Verspätung zu schauen, kann positive Effekte haben. Wie etwa die freudige Überraschung, bei «Eyes Wide Shut» Leelee Sobieski und Vinessa Shaw in kleineren Rollen erleben zu dürfen. Oder den Mythos eines Films an der Wirklichkeit zu testen.
Das letzte Werk von Stanley Kubrick besteht diesen Test sehr gut und ist ein Albtraum aus ewiger Nacht, gefährlichem Verlangen und der Schwäche des Fleisches. Die Musik ist wunderbar, die Tannenbäume leuchten intensiv und der Cast sehr gut zusammengestellt.
Weiter ging es nach den Festlichkeiten:
Ferrari
Kino / Regie: Michael Mann
Das Adrenalin wird in die Höhe getrieben, wenn die Autos über die Rennstrecken oder Strassen rasen. In diesen Momenten funktioniert «Ferrari» dank den Bildern von Erik Messerschmidt hervorragend. Schade, holpert es bei den sonstigen Szenen im Getriebe.
Michael Mann zeigt sich als technischen Könner, die biografischen Momente der Ferrari-Sippschaft wollten mich aber nicht berühren. Shailene Woodley zu sehen machte Freude, man fragt sich aber, wieso die Rollen mit Adam Driver und Penélope Cruz besetzt wurden und alle mit italienischem Akzent sprechen. Das macht die Mängel bei Drehbuch und Struktur noch sichtbarer.
Priscilla
Kino / Regie: Sofia Coppola
Was stellenweise wie eine Clip-Show von Priscilla Presleys Leben wirkt, kann dank zwei Aspekten sehr überzeugen: Sofia Coppola liefert eine berauschende Inszenierung mit wundervollen Bildern ab, Cailee Spaeny spielt in der Hauptrolle unglaublich gut. Von ihr werden wir in Zukunft hoffentlich noch viel sehen und hören.
Ansonsten ist «Priscilla» ein Biopic, das mit Legenden und falscher Heldenverehrung aufräumt und die Welt so zeigt, wie ist oft ist: Misogyn. Bitte mehr solche Filme und weniger weichgezeichnete Huldigungen toxischer Männer.
O Lucky Malcolm!
BD / Regie: Jan Harlan
(Docucember 23-15) Malcolm McDowell wirkt in seinen Rollen oft gefährlich rau und echt. Die Dokumentation «O Lucky Malcolm!» zeichnet sein Leben als Schauspieler nach und Jan Harlan lässt ihn viel zu Wort kommen.
Das grosse Glück ist dabei, dass McDowell ein sehr unterhaltsamer Erzähler ist und viele Anekdoten aus dem Leben frisch abliefert. So stört es nicht, dass die Dokumentation wenig Tiefe bietet und sich mit Erkenntnissen zurückhält.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
20.000 especies de abejas
DVD / Regie: Estibaliz Urresola Solaguren
Im falschen Körper geboren, von der Gesellschaft verunsichert: «20.000 especies de abejas» ist ein emotional treffender Spielfilm, der sich mit einem Mädchen auseinandersetzt, das als Junge geboren wurde.
Estibaliz Urresola Solaguren gönnt ihren Figuren viel Raum, bettet die Geschichte in eine realistische Umgebung und schafft es, die gesellschaftlichen Konflikte in einzelnen Szenen genial zu verdichten (Suche im Wald).
Les Plages d'Agnès
DVD / Regie: Agnès Varda
(Docucember 23-16) Agnès Varda blickt auf ihr Leben zurück, auf ihre Filme und Orte, an denen sie gewohnt hat. Das geschieht auf berührende, lebensfrohe und kluge Art, die Dokumentation «Les Plages d'Agnès» verzaubert durch die eigensinnige Sicht auf die Welt und die sehr gelungene Struktur.
Spiegel werden zu Portalen, Erinnerungen nachgestellt und das eigene Regie-Handwerk von Varda hinterfragt. Ein Film, der hoffnungsvoll stimmt und kreativ stimuliert.
Sweetie
Stream, Mubi / Regie: Jane Campion
Das Langfilm-Debüt von Jane Campion ist ein Fest der Ausstattung: Die Requisiten, Farben, Wohnungseinrichtungen und Fahrzeuge sind genial ausgewählt, in Kombination mit den Charakteren wirkt «Sweetie» vielfach märchenhaft.
Die Geschichte um eine dysfunktionale Familie ist aber ernst, tragisch und bietet neue Sichtweisen, die zur Reflektion einladen. Ein in vielen Aspekten spannender Film.
Mon crime
DVD / Regie: François Ozon
François Ozon dreht das Rad der Zeit zurück und präsentiert mit «Mon crime» eine filmische Komödie, die altbacken und nostalgisch wirkt. Nadia Tereszkiewicz, Rebecca Marder und Isabelle Huppert spielen sich mit intensiver Emotionalität durch die von Männern dominierte Gesellschaft.
Das ist ein Krimi, eine Satire und eine Hommage an alte Filme zugleich; aber irgendwie auch angestaubt und wenig mitreissend. Interessanterweise hat mich Tereszkiewicz an Lili Reinhart erinnert.
Skinamarink
Stream, RakutenTV / Regie: Kyle Edward Ball
Während die Sichtung von «Skinamarink» möglichst ohne Ablenkung im Dunkeln passieren sollte, ist es wichtig, danach über den Film zu diskutieren. Erst dann zeigen sich die wahren Tiefen von Kyle Edward Balls Arbeit.
Aus unverständlichen Momenten wird eine schreckliche Geschichte über häusliche Gewalt und Gefangenschaft, wenige Dialoge und Gesten zum intensiven Horror. Schade bloss, wirken die technischen Aspekte des Filmes nicht immer durchdacht.
Wieso wurde alles in der 70s-Optik inszeniert, während die Geschichte in den Neunzigerjahren spielt? Welche Sicht soll die Kameraarbeit verdeutlichen? Warum mussten Jump-Scares eingebaut werden? Trotzdem: Eine einzigartige Erfahrung im Bereich Horror.
Au poste!
Stream, Mubi / Regie: Quentin Dupieux
Quentin Dupieux liebt Meta-Spielerein in seinen Filmen und noch mehr liebt er die Willkür. Beim klein gehaltenen «Au poste!» kommen diese beiden Schlagworte auf unterhaltsame Weise zusammen, wobei besonders das Ende überzeugt.
Spiel, Ausstattung und einzelne Einfälle sind wie immer grotesk gelungen, die Geschichte eine reizvolle Demontage der Polizeikrimis. Grossen Eindruck hinterlässt diese Produktion verglichen mit seinen anderen Filmen aber nicht.
Un divan à New York
Stream, Mubi / Regie: Chantal Akerman
Um einen Gegenpol zu schaffen, habe ich nach der Sichtung von «Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles» Chantal Akermans Ausflug in die Gebiete der romantischen Komödie begutachtet. «Un divan à New York» ist eine von Juliette Binoche und William Hurt sehr gut gespielte Geschichte über Zufälle, Schrulligkeit und die Liebe.
Das bricht mit diversen Genrekonventionen und liefert einige witzig komponierte Momente in Paris und New York ab, wirkt aber nie revolutionär.
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Black Medusa
Stream, Mubi / Regie: Ismael Chebbi, Youssef Chebbi
Trauma, Misshandlung, Rache: Der oft verfilmte Dreisatz wird bei Ismael und Youssef Chebbi zu einem ästhetisch ansprechenden Film in Schwarzweiss, der sich mit Informationen und Erklärungen zurückhält.
«Black Medusa» lebt vom Spiel von Nour Hajri und Rym Hayouni, der künstlerisch ansprechenden Bildsprache und den eingebrachten Metaphern.
Los Angeles Plays Itself
Stream, Mubi / Regie: Thom Andersen
(Docucember 23-17) Thom Andersen kombiniert in seinem Essayfilm «Los Angeles Plays Itself» Gedanken über seine Heimatstadt Los Angeles, deren Hollywood-Versessenheit und die Darstellung der City im Film. Zusammengesetzt aus Filmclips, Fotos und eigenen Aufnahmen, entsteht ein Informationsfluss zu Wahrnehmung, Architektur, Politik und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten.
Das ist erhellend, vielschichtig und genial zusammengeschnitten – eine Dokumentation der anderen Art, die weit über die Euphorie eines Filmfans hinausreicht.
Actual People
Stream, Mubi / Regie: Kit Zauhar
Der Name ist Programm: Am Film «Actual People» fühlt sich alles real an. Die Figuren, deren Dialoge, die Räumlichkeiten und die Probleme – so ist es, heutzutage erwachsen zu werden. Zwischen WG-Partys, spontanem Sex und versauten Prüfungen liegt irgendwo der eigene Lebensweg.
Kit Zauhar zeigt als Regisseurin und Hauptdarstellerin ein gutes Gespür für Dramaturgie und Darstellung, ihr Film wirkt energetisch, belebend und direkt aus dem Leben gegriffen.
Stanley Kubrick: A Life in Pictures
BD / Regie: Jan Harlan
(Docucember 23-18) Die Karriere des grossen Regisseurs als filmische Dokumentation; mehr bietet «Stanley Kubrick: A Life in Pictures» nicht. Jan Harlan lässt Tom Cruise aus dem Off erzählen, kombiniert Archivaufnahmen, Filmausschnitte und Fotografien zu einer Chronologie und zeigt die Wandelbarkeit Kubricks.
Das ist selten aufregend und bietet wenig neue Fakten, für Fans lohnt sich die Sichtung dennoch. Ich hätte mir aber eine kritischere Auseinandersetzung mit Kubricks Art und dessen Dreharbeiten gewünscht.
The Reconstruction
Stream, Mubi / Regie: Avi Mograbi
(Docucember 23-19) Mit dokumentarischer Genauigkeit und kritischem Blick untersucht Avi Mograbi in seinem kurzgehaltenen Film «The Reconstruction» die Polizeiarbeit und Verurteilung der Täter eines schlimmen Mordfalles.
Zentral ist die Frage nach der Beweisführung und wieso eventuell unschuldige Personen nicht ausgeübte Verbrechen gestehen. Die Wahrheit bleibt am Ende aus, die korrupten Vorgehensweisen der Behörden halten dicht.
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Die letzten Sichtungen von 2023, danach gibt es die Statistik:
Le Théorème de Marguerite
Kino / Regie: Anna Novion
Ach ja, die Mathematik. Viel Faszination, wenig Verständnis; bei mir zumindest. Trotzdem schaue ich Menschen gerne zu, die über solchen Problemen grübeln und lese von den Wundern der Theorie. Anna Novion liefert davon nicht viel in ihrem Spielfilm «Le Théorème de Marguerite», sondern konzentriert sich auf die Person.
Ella Rumpf gelingt es, trotz den arg vielen Klischees, welche die Charaktere mittragen müssen, Marguerite Leben einzuhauchen und ihren Alltag spannend darzustellen. Was ein typisches Drama um Liebe und Veränderung ist, kann einen sehr guten Score und schöne Bilder vorweisen.
Le règne animal
Kino / Regie: Thomas Cailley
Ein Fuchs, ein roter Panda oder von mir aus eine Ente – in diese Tiere würde ich mich gerne verwandeln. Doch wählen kann man seine zukünftige Form nicht, was im Film «Le règne animal» für Entfremdung und Schrecken sorgt.
Thomas Cailley zeigt eine Welt, in der Coming Of Age und Fremdenhass neue Formen annehmen und deren Geschichte wie aus einer Graphic Novel wirkt. Dank dem guten Spiel von Romain Duris, Paul Kircher, Billie Blain und Adèle Exarchopoulos (deren Rolle viel zu klein ist!), den optisch gelungenen Einfällen (Unfall, Maisfeld) und dem klugen Drehbuch ist der Film eine positive Überraschung.
Le Théorème de Marguerite
Kino / Regie: Anna Novion
Ach ja, die Mathematik. Viel Faszination, wenig Verständnis; bei mir zumindest. Trotzdem schaue ich Menschen gerne zu, die über solchen Problemen grübeln und lese von den Wundern der Theorie. Anna Novion liefert davon nicht viel in ihrem Spielfilm «Le Théorème de Marguerite», sondern konzentriert sich auf die Person.
Ella Rumpf gelingt es, trotz den arg vielen Klischees, welche die Charaktere mittragen müssen, Marguerite Leben einzuhauchen und ihren Alltag spannend darzustellen. Was ein typisches Drama um Liebe und Veränderung ist, kann einen sehr guten Score und schöne Bilder vorweisen.
Le règne animal
Kino / Regie: Thomas Cailley
Ein Fuchs, ein roter Panda oder von mir aus eine Ente – in diese Tiere würde ich mich gerne verwandeln. Doch wählen kann man seine zukünftige Form nicht, was im Film «Le règne animal» für Entfremdung und Schrecken sorgt.
Thomas Cailley zeigt eine Welt, in der Coming Of Age und Fremdenhass neue Formen annehmen und deren Geschichte wie aus einer Graphic Novel wirkt. Dank dem guten Spiel von Romain Duris, Paul Kircher, Billie Blain und Adèle Exarchopoulos (deren Rolle viel zu klein ist!), den optisch gelungenen Einfällen (Unfall, Maisfeld) und dem klugen Drehbuch ist der Film eine positive Überraschung.
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